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Archiv "Sexueller Kindesmissbrauch: „Der Skandal besteht weiter fort“" (20.09.2013)

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A 1716 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 38

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20. September 2013

SEXUELLER KINDESMISSBRAUCH

„Der Skandal besteht weiter fort“

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung legte Wert darauf, keinen Abschlussbericht vorzulegen. Die Unabhängige Stelle müsse von der nächsten Bundesregierung weitergeführt werden. Denn es sei noch viel zu tun.

K

eine Entwarnung und kein Schlussstrich“ war die Bilanz des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des se- xuellen Kindesmissbrauchs, Johan- nes-Wilhelm Rörig. „Zwar erleben wir uns als Zeitzeugen einer verän- derten Bewusstseinslage und haben einen viel klareren Blick auf die Se- xualität von Jungen und Mädchen als noch in den 70er und 80er Jahren“, sagte Rörig. „Doch der Skandal be- steht weiter fort.“ Die Fallzahlen von Betroffenen sexuellen Missbrauchs seien ungebrochen hoch, resümierte er dreieinhalb Jahre nach Bekannt- werden der ersten Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg und anderen Institutionen. 2012 wurden demnach 12 623 Fälle von sexuel- lem Missbrauch an Kindern unter 14 Jahren angezeigt (Bundesministeri- um des Inneren, 2013). Die Dunkel- ziffer soll deutlich höher sein.

„Wir sind noch weit davon ent- fernt, unsere Kinder in Kindertages- stätten, Schulen und Sportstätten schützen zu können“, sagte Rörig.

Es gebe keine durchgängigen Schutz- konzepte; bei Prävention und Inter- vention bestehe weiterhin erhebli- cher Investionsbedarf. Häufig wür- den nur Einzelaktivitäten in den In- stitutionen durchgeführt. Positiv sei jedoch, dass Weiter- und Fortbil- dungen für die Mitarbeiter verstärkt angeboten würden.

Die Länder zahlen nicht Auch bei Hilfe und Beratung für die Betroffenen sei bis heute immer noch zu wenig erreicht worden, so Rörig. „Es ist sehr ärgerlich, dass es fast zwei Jahre nach Ende des Run- den Tisches noch nicht gelungen ist, die Länder und Kommunen für die dringend notwendige Stabili - sierung und den Ausbau der Be - ratungsstellen zu gewinnen.“ Der Bund hatte den Fonds sexueller

Missbrauch mit 50 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Der Runde Tisch hatte daraufhin beschlossen, dass die Länder ebenfalls 50 Millio- nen Euro für Hilfe und Beratung von Betroffenen aufbringen sollen.

Einzig Mecklenburg-Vorpommern habe seinen Anteil zugesagt, Bay- ern eine Einzahlung zumindest sig- nalisiert. Besondere Versorgungslü-

cken gebe es bei Fachberatungsstel- len für Behinderte, Jungen, Männer und Migranten.

„Es fehlt an einer weitergehen- den unabhängigen Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch – der Run- de Tisch war keine Aufarbeitung“, sagte Rörig. Den Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz, das Forschungsprojekt „Sexueller Miss- brauch an Minderjährigen durch ka- tholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige“ neu als interdisziplinäres Projekt aus - zuschreiben, habe er positiv aufge - nommen. Das Forschungsprojekt war aufgrund des fehlenden Konsen- ses in der Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen Forschungsinsti- tut Niedersachsen im Januar vorläu- fig beendet worden. Nun sollen Wis- senschaftler verschiedener Fachdis- ziplinen das Projekt weiterführen.

Die Unabhängige Stelle eines Missbrauchsbeauftragten und die Be- teiligung von Betroffenen müssten auch in der nächsten Legislaturpe - riode gesetzlich verankert werden, forderte Rörig. Bisher hätten sich nur zwei Parteien eindeutig dazu ge- äußert, die Unabhängige Stelle wei- terführen zu wollen: die FDP und die Grünen. Aktuell zeigte sich Rö- rig „vorsichtig optimistisch“, dass auch andere Parteien dem Thema den gebührenden Platz einräumen werden.

Die Bundespsychotherapeuten- kammer (BPtK) begrüßt unterdes- sen, dass das neue Hilfeportal des Missbrauchsbeauftragten www.hil feportal-missbrauch.de Betroffe- nen auch den Zugang zu psycho- therapeutischen Privatpraxen er- leichtert. Ohne diese Behandlungs- plätze von approbierten Psycho- therapeuten, die ohne Zulassung im Rahmen der Kostenerstattung arbeiten, sei eine gesicherte Ver- sorgung von psychisch kranken Menschen oft nicht möglich. Be- klagt wurden von den Betroffenen immer wieder lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz. Das Hilfe- portal ist zudem ein wesentlicher Punkt der Rahmenempfehlung, die die Kassenärztliche Bundesverei- nigung, die Bundesärztekammer, die BPtK, der GKV-Spitzenver- band und die Deutsche Kranken- hausgesellschaft vor einem Jahr beschlossen haben.

Therapeutische Hilfe

Qualifizierte ärztliche und Psycho- logische Psychotherapeuten, die über Erfahrungen in der Therapie von Betroffenen sexuellen Miss- brauchs verfügen, werden weiterhin gebeten, sich in die Datenbank ein- zutragen: www.datenerfassung.hilfe portal-missbrauch.de.

Petra Bühring

„Die Fallzahlen sind unverändert hoch“, Johannes- Wilhelm Rörig, Missbrauchsbeauf- tragter der Bundes- regierung

Foto: dpa

P O L I T I K

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