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656 Bayerisches Ärzteblatt 12/2006

Die Ablösung des Bundes-Angestellten- tarifvertrags (BAT) für den öffentlichen Dienst mit seinen Veränderungen (dadurch und durch die Vielzahl der notwendig ge- wordenen Kommentierungen wurde der BAT zu einem vielbändigen, kaum lesbaren Werk) nach über 50 Jahren Gültigkeit durch einen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), stellt einen bedeutsamen Wechsel dar. Nach der Vertragsunterzeich- nung im September 2005 hat allerdings der Marburger Bund (MB) eine besondere und hervorgehobene Rolle eingenommen, die gewerkschaftspolitisch und in ihrer Bedeutung für die eigenen Mitglieder hier kurz dargestellt werden soll.

Der Wechsel vom BAT zum TVöD wurde erfor- derlich, um die berechtigten, auch vom MB seit langem erhobenen Forderungen nach einem Leistungsbezug in der Vergütung einzuführen.

Abgelöst werden sollten die alten Eingruppie- rungsmerkmale – ca. 18 000 unterschiedliche Tätigkeitsmerkmale im BAT –, der bisherige Zeit- und Bewährungsaufstieg und andere aus dem Beamtenrecht entliehene „Alimentations- merkmale“, beispielsweise die so genannten Kinderzuschläge und Ortszuschläge, für den öffentlichen Dienst. Berücksichtigung finden sollten die Veränderungen hinsichtlich der Arbeitszeit und der damit verknüpften Recht- sprechung auf Bundes- wie auf Europa-Ebene.

Soweit noch konnte der MB bei der gemein- samen Reformarbeit in einer Kooperation mit ver.di mitgehen. Der Ausstieg des MB aus dieser Kooperation am 10. September 2005 markiert die eigentliche gewerkschaftspolitische Wende und schuf innerhalb eines knappen Jahres auch einen ziemlich radikal veränderten MB.

Da zwischenzeitlich Begriffe aus der gesund- heitspolitischen Debatte wie „Kostenexplosion“,

„Beitragssatzstabilität“, „Unter-, Über- und Fehlversorgung“, „Mehr Wettbewerb im Ge- sundheitswesen“ oder „Kostenneutralität“ bei immer mehr Leistungen und Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts bei den Reform- partnern stark verinnerlicht wurden, entstand ein Tarifwerk, in dem erstmalig die Beschäf- tigten im Gesundheitsbereich bei den mate- riellen Auswirkungen eines TVöD schlechter gestellt wurden als im BAT. Diesen materiellen Rückschritt, heute immer noch als Fortschritt verkauft, weigerte sich der MB für seine Mit- glieder mitzumachen. Seit dem 10. September 2005 ist der MB damit „echt“ Gewerkschaft ge- worden, sind seine Mitgliederzahlen sprunghaft angestiegen, sind unzählige Mitglieder nicht nur eingetreten, sondern auch aktiv geworden, sind laut und unmissverständlich für ihre Inter- essen auf die Straße gegangen. Der MB hat von ver.di die „gewerkschaftspolitischen Ideale“

übernommen und übernehmen müssen, die im Kern bedeuten, für seine Mitglieder bei Tarif- verhandlungen wenigstens materielle Verbes- serungen zu erreichen. Der MB hat sich im Ge- gensatz zu der anderen großen Gewerkschaft eben nicht dazu hergegeben, im Tarifsystem des TVöD eine Mangelverwaltung auf Dauer zu etablieren. Jetzt hat der MB zwei Tarifverträge (TV), für die er selbst die Verantwortung trägt, jetzt geht die Arbeit erst wirklich an. Denn diese Tarifverträge müssen auch fortentwickelt werden, sind erst der Anfang, nicht die Endsta- tion gewerkschaftlicher Interessenarbeit.

Was ist erreicht worden?

Dass die Wünsche der Mitglieder und gewerk- schaftliche Forderungen nicht in den Himmel wachsen, hat der MB in den vergangenen zwölf Monaten teilweise schmerzhaft erfahren.

Q Die in unseren TV erarbeiteten Entgelttabel- len mit vier Entgeltgruppen – Arzt/Facharzt/

Oberarzt/Leitender Oberarzt – beschreibt die differenzierte ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus um vieles besser als im TVöD und stellt schon für sich ein Merkmal eines Leistungsbezuges dar.

Q Im Bereich der Universitätskliniken gibt es nur mehr zwei Bereitschaftsdienststufen, im VKA-Bereich nur mehr drei; damit konn- te der MB das bisherige leistungsunfreund- liche und realitätsfremde System der vier Bereitschaftsdienststufen aufbrechen.

Q Materiell konnte gesichert werden, dass die Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken finan- ziell besser, in vielen Fällen wenigstens nicht schlechter gestellt werden als im BAT; die erzielten verbandsinternen Verbesserungen haben allerdings die hoch gesteckten Ziele bei weitem verfehlt.

Q Die Regelungen zur Arbeitszeit füllen end- lich den Rahmen von Arbeitszeitgesetz, europarechtlichen Bestimmungen und der aktuellen Rechtsprechung wirkungsvoll aus und schaffen dabei auch den Landesver- bänden des MB einen größeren Handlungs- spielraum durch die Möglichkeit, Arbeits- zeit-Regelungen durch landesbezirkliche Tarifverträge zu gestalten.

Bei den Tarifverhandlungen sah sich die Ver- handlungskommission des MB entsprechenden Kommissionen auf Länderebene (TdL) und auf kommunaler Ebene (VKA) gegenüber, die jah- relange Verhandlungserfahrungen im Tarifge- schäft mitbrachten. Daher hat der MB an eini- gen Stellen „Federn lassen“ müssen und war zu Zugeständnissen gezwungen. Beispielhaft seien hier die Eingruppierungsmerkmale „Oberarzt“

und „Leitender Oberarzt“ erwähnt. Die Tatsa- che, dass der MB in teilweise zermürbenden Verhandlungen an dieser Stelle „Schlimmeres verhindern“ konnte, wird dem Verband eine kontroverse interne Diskussion und erhebliche Probleme bei der Umsetzung nicht ersparen.

Der große Erfolg aber für den Verband und sei- ne Mitglieder liegt

Q in den eigenen Tarifverträgen selbst, Q dass der Verband und seine Mitglieder den

Begriff „ärztliche Solidarität“ neu „ge- schrieben“ haben,

Q dass sie gezeigt haben, dass Ärztinnen und Ärzte sich eben nicht einem gesundheitspo- litischen Diktat so einfach beugen, Q dass Ärztinnen und Ärzte auch kampagnen-

fähig sein können.

Die große Herausforderung für den MB liegt jetzt darin, diesen Erfolg nach innen wie nach außen zu sichern, die eigene Professionalität für TV zu steigern und die TV kontinuierlich fortzuschreiben.

Dr. Christoph Emminger, Vorsitzender des Marburger Bundes, Landesverband Bayern, Mitglied der Verhandlungs- kommission für die Tarifverhandlungen im VKA-Bereich

Tarifverträge – ein Paradigmenwechsel?

Dr. Christoph Emminger

Gastkommentar

Referenzen

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(3) 1 Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 2 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Mitarbeitende keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts

(5) Zur Teilnahme an Sitzungen von Prüfungs- und von Berufsbildungsausschüssen nach dem Berufsbildungsgesetz sowie für eine Tätigkeit in Organen von Sozialversicherungs- trägern

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