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Archiv "Sowjetunion: Korjagin entlassen" (05.03.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

N

och bei keiner Präsenta- tion eines wissenschaft- lichen Gutachtens im Auftrag der Bundesregierung ist bisher eine so verwirrende Mehrfachstrategie praktiziert worden wie beim (ersten) Gut- achten des siebenköpfigen

„Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Ge- sundheitswesen". Ehe die Ex- pertise mit dem Titel „Medizini- sche und ökonomische Orien- tierung" (Umfang: 547 DIN- A 4-Seiten) an den eigentlichen Adressaten, das Plenum der Konzertierten Aktion, überge- ben werden konnte, sind vorab wohldosiert und in zeitlich auf- einander abgestimmten Etap- pen wichtige Einzelheiten an die Öffentlichkeit gedrungen und publizistisch „ausgeschlachtet"

worden.

Der Beginn der Chronolo- gie: 12. Dezember 1985: Errich- tung des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, nachdem sich das Bundesarbeitsministeri- um von den Verbänden der Konzertierten Aktion (unver-

Konzertierte Aktion

Fulminant getönt

bindlich) Namenslisten für die Berufung des Rates hat einrei- chen lassen. Zuvor hatte die KAG am 18. November 1985 für eine (zeitlich befristete) Etablierung eines unabhängigen Rates votiert.

Nächste Etappe: Trotz des enormen Arbeitspensums und personeller Engpässe kommt das fulminante Gutachten des Rates planmäßig über. Der Re- daktionsschlußtermin — 31. Ja- nuar — wurde jetzt erreicht. Bei der ersten Runde des Vorberei- tenden Ausschusses, am 10. Fe- bruar, wurde die Expertise wäh- rend eines Fototermins an Bundesarbeitsminister Norbert Blüm ausgehändigt; auch der Vorbereitende Ausschuß wurde mit Vorabexemplaren bedient.

Parallel dazu erhielten auch ei- nige Pressevertreter das Ein- gangs- und Schlußkapitel (mit den brisanten Empfehlungen).

Damit war aber das Gutach- ten praktisch in der Welt. Hinz und Kunz, Berufene und Unbe- rufene konnten darüber reden, schreiben, kommentieren. Die Mitglieder der Konzertierten Aktion vernahmen das teils ge- lassen, teils verstimmt; hieß es doch ursprünglich, allein das Plenum der Konzertierten Ak- tion würde am 26. März das Gutachten debattieren. Dazu gibt es kaum noch Anlaß. Mit dem Gutachten befaßte sich die Konzertierte Aktion bereits vor- ab in einer acht Stunden dauern- den Klausurtagung im Hause der Sozialausschüsse in Königs- winter. Den Konzertierern wur- de aufgetragen, lediglich Fragen an die Sachverständigen zu stel- len, ohne im Detail und im Grundsatz zu bohren. Tags dar- auf, am 24. Februar, wurde der Pressetroß erneut in die „Kaser- ne", das Domizil des Bundesar- beitsministeriums, gebeten, um das Gutachten noch besser zu

„verkaufen". Da muß man sich fragen: Sollen Gutachten und Gutachter zu politischen Schau- geschäften herhalten? HC

B

ei Redaktionsschluß war es wohl Tatsache: Der sowjetische Psychiater Dr. Anatolij Korjagin ist bei sei- ner Familie in Charkow. Er war 1981 zu sieben Jahren Haftlager und weiteren fünf Jahren Ver- bannung verurteilt worden, weil er Material über den politischen Mißbrauch der Psychiatrie in der Sowjetunion gesammelt und in den Westen geschickt hatte.

Auch das DEUTSCHE ÄRZTE- BLATT hat mehrmals ausführ- lich über Korjagins Schicksal berichtet; der Deutsche Ärzte- tag hat gegen seine Verfolgung protestiert.

Alle freien Ärzte werden die Nachrichten über die Entlas- sung Korjagins und anderer Dis- sidenten freudig begrüßen. Das gilt auch für Mitglieder der „In- ternationalen Ärzte für die Ver- hütung des Atomkrieges"

(IPPNW), die oft dem Vorwurf, sie seien gegenüber der Sowjet-

Sowjetunion

Korjagin entlassen

union zu „blauäugig", den An- spruch entgegengesetzt haben, auch sie hätten ihre Kontakte zu sowjetischen Ärzten und/oder Politikern dazu benutzt, sich für mehr Menschenrechte in der So- wjetunion einzusetzen. Falls sie etwas zum neun Kurs Gorba- tschows beigetragen haben soll- ten, dann um so besser.

Neuerdings haben sie ja ei- nen „direkten Draht" in die so- wjetische Führungsspitze, denn der Ko-Präsident der IPPNW, Jewgeni Tschasow, hat das so- wjetische Gesundheitsministeri- um übernommen. Ob man ihn nun deswegen gleich zum Vor- kämpfer der Menschenrechte hochstilisieren muß, wie es westdeutsche IPPNW-Vertreter

jetzt nach ihrer Teilnahme am Moskauer „Friedensforum" ta- ten, muß angesichts von Tscha- sows Biographie wohl offenblei- ben (siehe „Nachrichten" in diesem Heft). Allerdings: Einen

„hard liner" würde Gorbat- schow sicherlich gerade jetzt nicht in die Regierung geholt haben. Das legt die Frage nahe, wie Tschasow sich äußern wird, falls die Sowjetunion demnächst wieder Atombomben testet.

Die beiden IPPNW-Profes- soren Horst-Eberhard Richter und Karl Bonhoeffer sollten den Rundbrief ihrer eigenen Organi- sation aufmerksamer lesen.

Dort wird der IPPNW-Kollege Röding aus der DDR zitiert, der ganz ungeniert über die „Tria- ge" nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl berichtete. Soll denn wirklich nur im Westen

„Kriegsmedizin" sein, was im Osten angeblich zum „neuen Friedensgeist" gehört? gb

Dt. Ärztebi. 84, Heft 10, 5. März 1987 (1) A-525

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