Aus Bund und Ländern
Nervenärzte fordern zusätzliche Mittel für innovative Medikamente
KITZINGEN. Der Be- rufsverband Deutscher Ner- venärzte hält die medizinische Behandlung vieler Patienten mit chronisch neurologischen und psychiatrischen Erkran- kungen für gefährdet. Neuro- logen, Psychiater und Ner- venärzte stünden vor der un- lösbaren Aufgabe, den Pati- enten den medizinischen Fort- schritt verordnen zu wollen, dies aber wegen der Budgetie- rung der Arzneimittelausga- ben nicht tun zu können.
Die Delegiertenversamm- lung des Verbandes forderte zusätzliche Geldmittel für im- munmodulatorische Medika- mente bei Multipler Sklerose, für innovative Medikamente bei Morbus Parkinson und Epilepsie, für Antidementiva und für innovative nebenwir- kungsarme Psychopharmaka zur Depressions- und Psycho- senbehandlung. Die Ärzte- schaft könne auf dem We- ge der Budgethaftung mit dem Arzthonorar „nicht der Rückversicherer der Kosten- träger für die Finanzierung des medizinischen Fortschritts
sein“. SG
EU-Wettbewerb im Gesundheitswesen gewinnt an Bedeutung
NÜRNBERG. Budgetie- rung, Bedarfsplanung und an- dere Abschottungsinstrumen- te des deutschen Gesundheits- marktes gehören in fünf bis zehn Jahren der Vergangen- heit an. Zu diesem Ergebnis kamen die 170 Teilnehmer des 5. Bayreuther Gesundheitsfo- rums zum Thema „Gesund- heitsversorgung in der Eu- ropäischen Union – Eine Her- ausforderung mit ökonomi- scher, politischer und rechtli- cher Dimension“, das die For- schungsstelle für Sozialrecht und Gesundheitsökonomie an der Universität Bayreuth in Kooperation mit der bayeri-
schen Techniker Krankenkas- se veranstaltete.
Aufgrund der zu erwarten- den Entwicklung der Recht- sprechung des Europäischen Gerichtshofes sind die derzei- tigen Steuerungsinstrumente der deutschen Gesundheits- politik nicht mehr lange auf- rechtzuerhalten, waren sich die Experten einig. Bereits heute habe jeder EU-Bürger das Recht, Gesundheitslei- stungen und Gesundheitsgü- ter innerhalb der Europäi- schen Union zu beziehen, ver- bunden mit dem Anspruch auf Kostenübernahme durch seine „territoriale“ Kranken-
kasse, maximal bis zu deren Leistungshöhe im Inland, sag- te Prof. Dr. Peter Oberender, Direktor der Forschungsstelle für Sozialrecht und Gesund- heitsökonomie an der Univer- sität Bayreuth. EB
Ergotherapeuten fordern neue Heilmittelrichtlinien
KASSEL. Der Deutsche Verband der Ergotherapeu- ten (DVE) hat an den Gesetz- geber und Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkas- sen appelliert, neue Heilmit-
telrichtlinien zu verabschie- den, die mehr Transparenz schaffen. Fehlende oder eine unzulängliche Rechtsgrund- lage verunsicherten Ärzte bei der Verordnung von Heil- mitteln, sagte die Vorsitzende des DVE, Reinhild Ferber, beim 44. Ergotherapie-Kon- greß. Immer mehr werde nach Budgetregelungen und Ratio- nalisierungsmaßnahmen ent- schieden und nicht nach dem Therapiebedarf des Patien- ten. Ferber kritisierte zudem die Pläne der Bundesregie- rung zur Gesundheitsreform.
Die Budgetierung trage der demographischen Entwick- lung und damit dem Mehrbe- darf an Therapie für chro- nisch Kranke in keiner Weise Rechnung.
Zugleich stellte der DVE den ersten Entwurf eines neuen Bildungsplans für die Aus- und Weiterbildung vor.
Die Ausbildung zum staat- lich anerkannten Ergothera- peuten soll künftig inner- halb von acht Semestern an der Fachhochschule absol-
viert werden. SG
Forschungsinstitut für bessere Verzahnung der Sektoren
KÖLN. „Schlummernde Wirtschaftlichkeitsreserven“
im deutschen Gesundheitswe- sen hat das Forschungsinstitut für Sozialpolitik an der Kölner Universität insbesondere an der Schnittstelle zwischen am- bulanter und stationärer Ver- sorgung ausgemacht. Der eu- ropäische Vergleich lasse in Deutschland trotz des über- durchschnittlichen Ressour- ceneinsatzes nur durchschnitt- liche Gesundheitsergebnisse erkennen, heißt es in der „Köl- ner Erklärung zur Gesund- heitspolitik“. Die bisherigen Bemühungen um eine verbes- serte Verzahnung von ambu- lantem und stationärem Sek- tor hätten sich als unzurei- chend erwiesen. Institutsdi- rektor Prof. Dr. rer. pol. Dr.
Jürgen Zerche fordert eine
„mutige“ Abkehr vom bisheri- gen sektorenbezogenen Den-
ken. JF
A-1548 (32) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 23, 11. Juni 1999
P O L I T I K NACHRICHTEN
Erhebliche Luftbelastungen wurden im Monat Mai vor allem in den östlichen Bundesländern gemessen. Neben erhöhten Ozonkonzentrationen führten Luft- verunreinigungen durch hohe Staub-und Stickstoffdioxideinträge zu gesund- heitsrelevanten Belastungen. Lungengängige Feinstäube (< 10 mm) können schon bei geringen Konzentrationen zu einem Gesundheitsrisiko werden. In Ver- bindung mit Schwebstaubbelastungen kann Ozon Allergiereaktionen verstärken.
Luftqualität in Deutschland im Mai 1999 (Datenbasis: Monatsmaximalwerte)
Grafik
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Bundesweit höchster Meßwert:
n keine Angaben l Schwefeldioxid (629 µg/m3) n schwach belastet
F
Stickstoffdioxid (312 µg/m3)*n mäßig belastet 3Schwebstaub (931 µg/m3)*
n deutlich belastet Kohlenmonoxid (6600 µg/m3) n erheblich belastet
H
Ozon (192 µg/m3)** Richtwertüberschreitung