drei Krankheiten MCG, MGN bezie- hungsweise FSGS war mit einer Spezi- fität von 94,1 Prozent, 92,3 Prozent und 89,3 Prozent möglich.
Diese Resultate zeigen die Vorteile von „support vector machines“ ge- genüber dem anderen verwendeten statistischen Verfahren. Eine weitere Verbesserung der korrekten Zuord- nung wird auch hier mit größer wer- denden Fallzahlen möglich sein. Pro- spektive Studien müssen diese viel versprechenden Ergebnisse bestätigen und zeigen, dass mit dieser umfassen- den Polypeptidanalyse mit hinreichen- der Sensitivität und Spezifität die Dia- gnose einer bestimmten Glomerulo- nephritis gestellt werden kann.
Als klinische Konsequenz könnte zumindest bei einem Teil der Patien- ten zur Diagnose einer Glomerulo- nephritis auf eine Nierenbiopsie ver- zichtet werden. Darüber hinaus wei- sen erste Ergebnisse darauf hin, dass die Methode Aussagen zum Anspre- chen oder Versagen einer Therapie lie- fern kann. Dies hätte für die Thera- pieplanung einen entscheidenden Vor- teil.
Zur weiteren Ausschöpfung der Mög- lichkeiten der Urinanalyse wurden Pa- tienten mit einem Typ-2-Diabetes-melli- tus mit und ohne Mikroalbuminurie oder manifester Proteinurie untersucht (n = 66). Ein „diabetisches“ Polypeptid- muster konnte etabliert werden (Grafik 3). Ein Muster der „diabetischen Nie- renschädigung“ bei Patienten mit einer Albuminurie mit Werten von mehr als 100 mg Albumin/L konnte ebenfalls identifiziert werden. Interessanterweise fand sich dieses Schädigungsmuster auch bei 35 Prozent der Patienten mit ei- ner Albuminurie mit Werten unter 100 mg Albumin/L und sogar bei zwei Pati- enten, bei denen keine Albuminaus- scheidung nachzuweisen war.
Hier kann vermutet werden, dass diese Patienten – zurzeit mit den bis- lang verfügbaren Untersuchungsme- thoden noch ohne Hinweise für eine diabetische Nephropathie – bereits ei- ne frühe renale Schädigung haben und somit gefährdet sind, ohne therapeu- tische Intervention, das Vollbild ei- ner diabetischen Nephropathie zu ent- wickeln, wie dies bei etwa 30 Prozent der Diabetiker bei nicht optimaler Be-
handlung zu erwarten ist. Durch die Proteomanalyse ist eine frühzeitige Diagnostik möglich. So könnte eher therapeutisch interveniert werden, um nicht nur das Fortschreiten der Er- krankung zu verhindern, sondern eine Rückbildung der Schädigung zu errei- chen. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich auch der Erfolg einer medikamentösen Intervention in den Proteinmustern des Urins abbilden lässt.
Die Ausweitung der Proteomanaly- se auf weitere Körperflüssigkeiten wie Liquor und Serum und die Anwen- dung bei anderen nicht renalen Er- krankungen hat bereits begonnen.
Auch hier können entscheidende dia- gnostische Vorteile erwartet werden (5).
Schlussfolgerung
Der Einsatz der Massenspektroskopie nach kapillarelektrophoretischer Tren- nung scheint eine viel versprechende Methodik für die zukünftige klinische Diagnostik zu sein. Eine große Anzahl von Polypeptiden kann in jeder einzel- nen Probe schnell und verlässlich ab- gebildet werden. Eine differenzialdia- gnostische Anwendung erscheint mög- lich, vorausgesetzt, die Ergebnisse können durch prospektive Studien be- stätigt werden. Darüber hinaus bietet dieser Ansatz die Möglichkeit, noch unbekannte Peptide und Proteine im Urin durch Sequenzierung zu identifi- zieren und damit zur Aufklärung der Pathogenese von Erkrankungen bei- zutragen.
Manuskript eingereicht: 22. 7. 2003, revidierte Fassung angenommen: 31. 3. 2004
Frau Prof. Haubitz und Herr Prof. Haller sind wissen- schaftliche Berater für nephrologische Fragestellungen von Mosaiques Diagnostics and Therapeutics, Hanno- ver. Herr Prof. Fliser hat keinen Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2004; 101: A 1514–1517 [Heft 21]
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Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Marion Haubitz Abteilung Nephrologie
Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1
30623 Hannover
E-Mail: Haubitz.Marion@MH-Hannover.de M E D I Z I N
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2121. Mai 2004 AA1517
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se). DÄ/MWR