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Archiv "Die Kausaltherapie: Numerus clausus" (05.09.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT

Man wird weiter einwenden: Wer soll angesichts der bereits beste- henden umfangreichen Unter- richtsverpflichtungen den Unter- richt am Lebenden übernehmen?

Will man neue Unterrichtsformen einführen, muß man notgedrun- gen an traditionellen Veranstal- tungen einsparen. Dies scheint mir eines grundsätzlichen Über- denkens wert. Vor allem sollte man Ideal und Realität verglei- chen. Vielerorts folgt man dem Ideal, dem Studenten die anato- mischen Grundlagen für alle Teil- gebiete der Medizin zu vermitteln.

Wer sich noch an die mündlichen Prüfungen im Staatsexamen erin- nern kann, weiß wie wenig von den im vorklinischen Unterricht gelehrten Einzelheiten auf Dauer im Gedächtnis haften bleibt. Der Unterricht sollte daher mehr auf das Vermitteln von Fähigkeiten, als auf das Vortragen von Wis- sensstoff ausgerichtet sein. Wis- sensstoff kann der Student eben- sogut zu Hause aus dem Lehr- buch erarbeiten, die Fähigkeit,

„anatomisch" zu sehen und zu ta- sten, hingegen muß am lebenden Menschen geübt werden. Dabei sind die Anleitung und die Kon- trolle durch den Erfahrenen von unschätzbarem Wert.

Zur humanitären Forderung an den Anatomen gehört also auch, daß er sinnvolle Prioritäten setzt, den Studenten von weniger wich- tigem Lehrstoff entlastet und mit

ihm statt dessen Fähigkeiten und Einstellungen für die ärztliche Praxis übt.

(Dieser Beitrag enthält Teile der Eröffnungsrede des Verfassers auf der 79. Versammlung der Ana- tomischen Gesellschaft in Bo- chum am 26. März 1984.)

• Fortsetzung folgt

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dr. phil.

Herbert Lippert Postfach 61 01 80 3000 Hannover 61

Die Kausaltherapie:

Numerus clausus

Weitere Beschränkungen der Zu- lassung zum Medizinstudium dür- fen nicht länger tabu sein. Die Bil- dungspolitiker sperren sich zwar, eine Anpassung der Kapazitäten ist jedoch unausweichlich, wenn das System der ärztlichen —vor al- lem ambulanten — Versorgung nicht aus den Fugen geraten soll.

Zu diesem Ergebnis führte eine Analyse der künftigen ärztlichen Berufsmöglichkeiten anläßlich ei- nes berufspolitischen Seminars auf dem Meran-Kongreß der Bun- desärztekammer. BÄK-Vizepräsi- dent Dr. Gustav Osterwald äußerte angesichts der jüngsten Statistik:

„Die tatsächliche Entwicklung hat jede Prognose in den Schatten gestellt."

Osterwald wie auch die anderen anwesenden Berufspolitiker stimmten darin überein, den Nachwuchs integrieren zu wollen.

Nordrhein-Kammerpräsident Prof.

Dr. Horst Bourmer: „Dazu sind wir kollegial verpflichtet." Er warnte aber auch, wenn die Integration nicht gelinge, dann entstehe ein radikales Potential, „das die ge- samte körperschaftliche Struktur aufrollen würde".

In den nächsten drei bis vier Jah- ren wird die Lage freilich noch nicht dramatisch sein. Denn, so rechnete KBV-Vorstandsmitglied Dr. Gerhard Löwenstein, erst da- nach sind die hohen Approba- tionszahlen fällig, basierend auf 11 000 bis 12 000 Studienanfän- gern. Die großen Zahlen kommen zu einer denkbar ungünstigen Zeit, nämlich wenn — bedingt durch den Altersaufbau der heute Niedergelassenen — die Quote der aus der Praxis ausscheidenden Ärzte drastisch zurückgehe.

Als kurzfristige Maßnahme, mit der ersten Nachwuchswelle fertig zu werden, empfahl Löwenstein dringend die Gründung von Ge- meinschaftspraxen. Außerdem

könnten Ungleichgewichte in der ärztlichen Versorgung, die regio- nal noch bestünden, ausgegli- chen werden. Osterwald riet fer- ner, die Ärzte müßten sich Betäti- gungsfelder zurückholen. Ähnlich äußerte sich auch Bourmer und Dr. Erwin Hirschmann (NAV), die außerdem auf neue Tätigkeitsfel- der, etwa im psychosozialen Be- reich oder in der Prävention, hin- wiesen. Diese Möglichkeiten sind freilich beschränkt, denn — um mit Dr. Erwin Odenbach (BÄK) zu for- mulieren — „wer von nichtärzt- lichen Berufen da heute drin ist, der bleibt auch drin".

Ob mit oder ohne neue Aufgaben

— Dr. Osterwald zeigte sich über- zeugt, daß heute und künftig nur derjenige in der freien Praxis überlebensfähig ist, der für die gesetzliche Krankenkasse arbei- tet. Wird die aber, so fragte zwei- felnd ein Zuhörer in Meran, für eventuelle neue Aufgaben der Ärzte auch bezahlen wollen? Die Kassenzulassung werde nicht mehr so ohne weiters ein aus- kömmliches Einkommen garan- tieren, meinte Dr. Hirschmann, sondern vielleicht nur für ein Teil- einkommen reichen. Allgemein- arzt Prof. Dr. Hans Hamm wagte in diesem Zusammenhang eine Pro- gnose: 1995 sei in der Allgemein- praxis mit einer Scheinzahl von nur noch 300 bis 400 zu rechnen.

Wird es zu dirigistischen Maßnah- men kommen, um zumindest der Kassenpraxis eine Art Bestands- schutz zu sichern? Die Frage stand in Meran im Raum. Forde- rungen nach einer Drosselung des Zugangs zur Kassenpraxis wurden indes nicht laut, was aber nicht heißt, daß solches nicht ge- dacht und gefordert wird. Laut Hirschmann sogar „ausgerechnet bei Verfechtern der freien Markt- wirtschaft". „Wir wissen kein Pa- tentrezept" resümierte Dr. Lö- wenstein, „wenn sich die Politik nicht endlich dazu entschließt, den Hahn dort zuzudrehen, wo das Verderben herkommt." Der Numerus clausus also als die ein- zig kausale Therapie. NJ 2542 (22) Heft 36 vom 5. September 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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