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Archiv "Gebührenordnung für Ärzte Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden — der Streit geht weiter" (27.03.1985)

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(1)

Recht für den Arzt

W ie aufgrund des Werde- gangs der Gebührenord- nung für Ärzte vom 11. 12.

1982 und den folgenden Ausle- gungsstreitigkeiten bekannt ist, haben Ärzte aus fast allen Fachge- bieten und aus unterschiedlichen Funktionen das Bundesverfas- sungsgericht angerufen, um die verfassungsrechtliche Überprü- fung des hier angesprochenen Normenkomplexes herbeizufüh- ren. Dabei haben sich die Be- schwerdeführer sowohl gegen die Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der Gebührenordnung in

§ 11 BÄO vom 2. 10. 1961 als auch gegen einzelne Vorschriften der GOÄ unmittelbar gewandt. Der 1.

Senat des Bundesverfassungsge- richts hat nunmehr unter dem 12.

12. 1984 hierzu und auch zugleich zu den Anträgen auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung ent- schieden. Den nachfolgend abge- druckten Leitsätzen und Gründen des Beschlusses ist zu entneh- men, daß das Bundesverfassungs- gericht die Verfassungsbeschwer- den nur insoweit für zulässig ge- halten hat, als sie sich gegen § 11 BÄO richten; die Verfassungs- beschwerden gegen die Gebüh- renordnung selbst sind als unzu- lässig zurückgewiesen worden.

Soweit die Verfassungsbeschwer- den zulässig sind, sind sie vom Bundesverfassungsgericht jedoch für unbegründet gehalten wor- den. Das bedeutet, daß die ge- setzliche Ermächtigungsnorm in § 11 BÄO zum Erlaß einer bundes- einheitlichen Gebührenordnung für Ärzte sowohl mit der Kompe- tenzordnung des Grundgesetzes übereinstimmt, als auch die Er- mächtigungsnorm selbst den Er- fordernissen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht (hinreichen- de Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverord- nung). Das Bundesverfassungsge- richt beschäftigt sich daher im we-

sentlichen mit der Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers nach Art. 74 Nr. 11 GG (Recht der Wirt- schaft), eine Bundesgebühren- ordnung für Ärzte überhaupt er- lassen zu dürfen und der Frage des Inhalts von § 11 BÄO. Die Gründe der Entscheidung ent- sprechen insoweit der bereits 1960/61 von der damaligen Bun- desregierung und der Bundesärz- tekammer gemeinsam vorgetra- genen Argumentation gegenüber dem Bundesrat, welcher kompe- tenzrechtliche Bedenken gegen eine Bundesgebührenordnung hatte, diese jedoch im Gesetzge- bungsverfahren wieder aufgab.

Damit bleiben allerdings diejeni- gen Teile der Verfassungsbe- schwerden, welche sich gegen die Gebührenordnung vom 2. 11.

1982 in der Fassung der 1. Ände- rungsverordnung richten, unent- schieden. Das Bundesverfas- sungsgericht hat hier nach dem Grundsatz der Subsidiarität sein Verwerfungsmonopol verneint und die Beschwerdeführer auf den Rechtsstreit vor den „Fachge- richten" verwiesen. Die aufgewor- fenen Verfassungsrechtsfragen zum Inhalt der Gebührenordnung bleiben also weiterhin offen. Das betrifft insbesondere die Ein- schränkung der Vertragsfreiheit der Ärzte, die Kategorisierung und die Bewertung ärztlicher Lei- stungen. Hierzu sind jetzt Ent- scheidungen der Zivilgerichte und auch denkbare Fälle von Ent- scheidungen der Verwaltungsge- richte abzuwarten.

Leitsätze zum Beschluß des Er- sten Senats vom 12. Dezember 1984 — 1 13v13 1249/83 u. a. —

1. Unmittelbar gegen die Gebührenord- nung für Ärzte vom 12. November 1982 erhobene Verfassungsbeschwerden sind mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität unzulässig. Das Bun- desverfassungsgericht hat diese Rechts- verordnung erst dann auf Grundrechts- verstöße zu überprüfen, wenn die Ge- richte zuvor über deren Gültigkeit ent- schieden und den Norminhalt sowie sei- ne Bedeutung für einen vom Beschwer- deführer unterbreiteten Sachverhalt ge- klärt haben.

2. Der Bundesgesetzgeber war nach Art.

74 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) zum Erlaß ärztlicher Gebührenvorschriften (hier: Ermächtigung zum Erlaß von Ge- bührenordnungen in § 11 Bundesärz- teordnung) befugt.

Gründe:

A.

Die Beschwerdeführer wenden sich un- mittelbar gegen § 11 der Bundesärz- teordnung sowie gegen die durch Ver- ordnung vom 20. Dezember 1983 geän- derte Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982.

I.

1. Mit der Bundesärzteordnung vom 2.

Oktober 1961 (BGBl. I S. 1857) — BÄO — hat der Bundesgesetzgeber die Zulas- sungsvoraussetzungen zum ärztlichen Beruf geregelt. Daneben enthält sie fol- gende Ermächtigung, auf deren Grund- lage auch die Gebührenordnung für Ärz- te 1982 erlassen wurde:

§ 11 Die Bundesregierung wird ermäch- tigt, durch Rechtsverordnung mit Zu- stimmung des Bundesrates die Entgelte

Gebührenordnung für Ärzte

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden —

der Streit geht weiter

(2)

Gebührenordnung für Ärzte

für ärztliche Tätigkeit in einer Gebühren- ordnung zu regeln. In dieser Gebühren- ordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die ärztlichen Leistungen festzuset- zen. Dabei ist den berechtigten Interes- sen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.

In der Begründung des Regierungsent- wurfs war ausgeführt, die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß dieses Gesetzes ergebe sich aus Art. 74 Nr. 19 GG (Zulas- sung zu ärztlichen und anderen Heilbe- rufen und zum Heilgewerbe). Im Hin- blick auf Bedenken des Bundesrates ge- gen eine Kompetenz des Bundes zum Erlaß des § 11 BÄO berief sich die Bun- desregierung später insoweit zusätzlich auf Art. 74 Nr. 11 GG (Recht der Wirt- schaft). Nachdem der Bundesrat seine Bedenken gegen § 11 BÄO nicht mehr aufrechterhalten hatte, wurde das Ge- setz mit seiner Zustimmung verabschie- det. Von der Ermächtigung des § 11 BÄO machte die Bundesregierung erstmals mit dem Erlaß der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 (BGBl. 1 S. 89) Gebrauch. Diese löste alte Preisvor- schriften für ärztliche Entgelte ab (vgl. § 10 Abs. 2), behielt aber das bis dahin gül- tige System der Abdingbarkeit der Ver- gütungsregelung aufgrund einer Verein- barung bei (vgl. § 1 Satz 2). In einem als Anlage beigefügten Gebührenverzeich- nis wurden rund 1050 Positionen ver- schiedener ärztlicher Leistungen ausge- wiesen; der zu jeder Position angegebe- ne Bewertungssatz konnte vom Arzt un- ter den Voraussetzungen des § 2 bis zum Sechsfachen angehoben werden.

2. Die Gebührenordnung von 1965 wur- de durch die am 1. Januar 1983 in Kraft getretene Gebührenordnung für Ärzte — GOÄ — vom 12. November 1982 (BGBl. 1 S. 1522) ersetzt. Mit der Neuregelung verfolgte die Bundesregierung das Ziel, die Vergütung privatärztlicher Leistun- gen den zwischenzeitlich eingetretenen medizinischen, technischen und wirt- schaftlichen Entwicklungen anzupassen und den Schutz der Zahlungspflichtigen zu verbessern (vgl. BRDrucks. 295/82).

Die neue Gebührenordnung, welche nunmehr in ihrem Gebührenverzeichnis etwa 2400 Positionen ärztlicher Leistun- gen beschreibt und bewertet, läßt Ab- weichungen nur noch hinsichtlich der Höhe der Vergütung zu und verlangt hierfür den Abschluß einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arzt und Patient (§ 2). Die Vergütung wird ohne Abschluß einer solchen Vereinbarung auf höch- stens das Dreieinhalbfache der im Ge- bührenverzeichnis erfaßten Sätze be- schränkt, wobei für bestimmte Leistun- gen Regelsätze in Höhe des 1,8fachen und 2,3fachen vorgeschrieben sind (vgl.

§ 5). Die §§ 7 ff. GOÄ enthalten Bestim- mungen über Reiseentschädigung, We- gegeld und Auslagen. Außerdem schreibt § 12 GOÄ vor, daß jeder An- spruch auf die Vergütung ärztlicher Lei- stungen erst fällig wird, wenn der Arzt ei- ne der Gebührenordnung entsprechen-

de Rechnung erstellt hat. Soweit ferner mit den Gebühren auch Leistungen des Arztes abgegolten werden, die er unter Inanspruchnahme Dritter, namentlich von Krankenhäusern, erbracht hat (vgl.

dazu § 4), trifft § 14 Abs. 2 Satz 2 GOA (in der durch Verordnung vom 20. Dezem- ber 1983 [BGBl. 1 S. 1500] geänderten Fassung) eine Übergangsregelung. Da- nach ist der Arzt bei stationärer privater Behandlung von Patienten verpflichtet, bis zum 1. Januar 1985 Kosten, welche die Krankenhäuser unmittelbar erheben, in seiner Rechnung auszuweisen und von seinem Honorar unter Angabe des Umfangs der Minderung abzuziehen.

Mit ihren Verfassungsbeschwerden rü- gen die beschwerdeführenden Ärzte in erster Linie eine Verletzung ihrer Grund- rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Teil von ihnen macht ferner geltend, Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG seien ebenfalls verletzt.

Zwölf der Beschwerdeführer, die auch Patienten in Krankenhäusern stationär behandeln, beantragen außerdem, § 14 Abs. 2 Satz 2 GOÄ durch einstweilige An- ordnung außer Vollzug zu setzen.

Zur Begründung der Verfassungsbe- schwerden tragen die Beschwerdefüh- rer im wesentlichen vor:

1. Ein Grundrechtsverstoß liege vor al- lem darin, daß die angegriffene Gebüh- renordnung ohne eine den formellen Anforderungen des Grundgesetzes ent- sprechende Ermächtigung erlassen wor- den sei. Der Bund habe eine Regelungs- kompetenz gemäß Art. 74 Nr. 19 GG aus- schließlich für die Zulassung zum ärzt- lichen Heilberuf. Dabei handele es sich um eine abschließende Regelung. Für eine ärztliche Gebührenordnung lasse sich deshalb eine Gesetzgebungsbefug- nis des Bundes weder aus Art. 74 Nr. 11 GG noch aus Art. 74 Nr. 1 GG (bürgerli- ches Recht) ableiten. Sowohl § 11 BÄO als auch die hierauf beruhende Verord- nung seien daher nichtig.

2. Die Ermächtigung in § 11 BÄO sei auch nicht hinreichend konkretisiert und verstoße deshalb zusätzlich gegen Art.

80 Abs. 1 Satz 2 GG. Das in dieser Vor- schrift zum Ausdruck gekommene

„Programm" beschränke sich auf die Bezeichnung des Regelungsgegen- stands (Entgelte für ärztliche Tätigkeit), die Ausgestaltung als Rahmengebühr und die Verpflichtung, dem berechtigten Interesse beider beteiligter Seiten Rech- nung zu tragen. Offen blieben das Span- nungsverhältnis zwischen Mindest- und Höchstsätzen sowie die Kriterien für die Bemessung des Honorars innerhalb des Rahmens. Die Ermächtigung sei so weit gefaßt, daß sie es ermögliche, die unter- schiedlichsten Regelungen — wie in den Gebührenordnungen von 1965 und 1982

— zu erlassen. Auch gestatte sie es, durch die Ausgestaltung der Verord-

nung steuernd in die Freiheit der Berufs- wahl einzugreifen.

3. Schließlich sei die neue Verordnung zumindest teilweise nicht von der Er- mächtigungsnorm gedeckt und jeden- falls unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG.

Sie sei gesundheitspolitisch orientiert und übernehme nicht nur einzelne Be- stimmungen aus dem Kassenarztrecht, sondern auch Bewertungsmaßstäbe aus der Reichsversicherungsordnung. Damit werde vernachlässigt, daß sich das Lei- stungsspektrum für die Behandlung von Privatpatienten grundlegend von demje- nigen der Kassenärzte unterscheide. Ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen von Arzt und Patient sei nicht erreicht worden. Die Mindestsätze des Gebührenverzeichnisses stellten kein ausreichendes Entgelt für die ärztliche Leistung dar; insoweit werde ein Rah- mencharakter nur vorgetäuscht. In — bei- spielhaft aufgeführten — Einzelfällen sei- en die Leistungen so unterbewertet, daß noch nicht einmal die entstehenden Ko- sten gedeckt würden.

Für die Bundesregierung hat der Bun- desminister für Arbeit und Sozialord- nung Stellung genommen; er hält die Verfassungsbeschwerden für unbegrün- det.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bun- des zum Erlaß des § 11 BÄO ergebe sich zwar nicht aus Art. 74 Nr. 19 GG, aber aus Art. 74 Nr.1 und Nr. 11 GG. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung entsprächen den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, insbesondere sei die Ermächtigung hinreichend be- stimmt. Die Gebührenordnung von 1982 überschreite auch nicht den ihr gesteck- ten Ermächtigungsrahmen und regele in zulässiger Weise die ärztliche Berufs- ausübung.

B.

Die Verfassungsbeschwerden sind nur zulässig, soweit sich die Beschwerde- führer gegen § 11 BÄO wenden; im übri- gen sind sie unzulässig.

Die unmittelbar gegen Rechtsnormen gerichteten Verfassungsbeschwerden sind rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 93 Abs. 2 BVerfGG eingelegt wor- den. Zwar ist § 11 BÄO, auf dem die an- gegriffenen Bestimmungen der Gebüh- renordnung für Ärzte beruhen, bereits am 1. Januar 1962 in Kraft getreten. Die Beschwerdeführer waren jedoch nicht gehalten, Verfassungsbeschwerde ge- gen diese Bestimmung einzulegen, be- vor die Bundesregierung von der Er- 938

(82) Heft 13 vom 27. März 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

(3)

MäChtigunQ Gebrauch gemacht und da- mit für die Ärzte anwendbares Recht ge- schaffen hatte. Das ist zwar bereits mit der am 1. April 1965 in Kraft getretenen Gebührenordnung vom 18. März 1965 geschehen. Die von den Beschwerde- führern geltend gemachten Grund- rechtsverstöße ergeben sich aber erst aus der Gebührenordnung vom 12. No- vember 1982. Dies gilt insbesondere für die Abweichungen von der bis dahin un- eingeschränkt zulässigen Abdingbar- keit. Unter diesen Umständen kann die Rüge der Verfassungswidrigkeit der Er- mächtigungsnorm, jedenfalls wenn sie — wie hier — innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der neuen Verordnung erhoben wurde, nicht verspätet sein (vgl.

BVerfGE 34, 165 [178 f.]).

Die Beschwerdeführer sind durch die angegriffenen Vorschriften auch selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

Das Erfordernis des unmittelbaren Be- troffenseins ist erfüllt, wenn die ange- griffene Norm direkt in grundrechtlich geschützte Positionen eingreift, ohne daß es noch einer Umsetzung des „Ge- setzbefehls" durch Gesetz (BVerfGE 30, 1 [17]; 43, 291 [386]), durch Verordnung (vgl. BVerfGE 53, 366 [389]), durch Sat- zung (vgl. BVerfGE 61, 260 [274]) oder insbesondere durch einen Vollzugsakt der Exekutive (vgl. BVerfGE 58, 81 [104 ff.]; 65, 1 [36]) bedarf. Die in der Gebüh- renordnung von 1982 angeordneten neuartigen Beschränkungen der Ver- tragsfreiheit bei Vereinbarungen über die Vergütung privatärztlicher Leistun- gen treffen die Beschwerdeführer in die- sem Sinne unmittelbar; ein besonderer hoheitlicher Vollziehungsakt ist nicht mehr erforderlich.

Soweit die Beschwerdeführer begehren, die Gebührenordnung insgesamt wegen Überschreitung der Ermächtigung und einzelne ihrer Vorschriften wegen Grundrechtswidrigkeit für nichtig zu er- klären, steht der Zulässigkeit der Verfas- sungsbeschwerden der Grundsatz der Subsidiarität entgegen (vgl. BVerfGE 49, 1 [7 f.]; 55, 244 [247]; 60, 360 [369 f.]; 64, 301 [319]). Können bereits die Fachge- richte bei Normen, die nicht dem Ver- werfungsmonopol des Bundesverfas- sungsgerichts unterliegen, einer Grund- rechtsverletzung abhelfen, besteht kein Anlaß zu seiner sofortigen Inanspruch- nahme.

1. Es kann daher nicht Aufgabe des Bun- desverfassungsgerichts sein, die Ange- messenheit einzelner Gebührensätze zu klären, allgemeine Ermittlungen zu nachteiligen finanziellen Auswirkungen einzelner Vorschriften und Gebührenzif- fern anzustellen und etwa zu prüfen, ob in den vom Beschwerdeführer zu 2) an- geführten Beispielen bei Abrechnung

nach der Gebührenordnung von 1982 tatsächlich nicht einmal eine Kostendek- kung zu erzielen ist. Die von den Be- schwerdeführern erstrebte Kontrolle einzelner Vorschriften würde das Bun- desverfassungsgericht dazu zwingen, deren Gültigkeit unabhängig von kon- kreten Anwendungsfällen und ohne An- haltspunkte für Auswirkungen auf die einzelnen Beschwerdeführer zu unter- suchen. Das ist aber nicht Sinn und Funktion der Verfassungsbeschwerde, sondern muß einer Prüfung durch die Fachgerichte im Rahmen von Rechts- streitigkeiten über Gebührenforderun- gen vorbehalten bleiben.

Auch soweit die Beschwerdeführer rü- gen, die Gebührenordnung für Ärzte sei nicht mehr von der Ermächtigungsnorm des § 11 BÄO gedeckt, sind sie nicht ge- hindert, mit diesem Vortrag im Einzelfall vor den zuständigen Fachgerichten um Rechtsschutz nachzusuchen. Denn das Verwerfungsmonopol des Bundesver- fassungsgerichts bezieht sich nur auf nachkonstitutionelle Gesetze im formel- len Sinne, nicht aber auf Verordnungen (vgl. BVerfGE 1, 184 [189 ff., 201]; st.

Rspr.).

2. Die Verfassungsbeschwerden sind hingegen zulässig, soweit die Beschwer- deführer geltend machen, die angegrif- fene Gebührenordnung beschränke das Grundrecht der Berufsfreiheit deshalb in verfassungswidriger Weise, weil sie auf einer entgegen den Kompetenzvor- schriften des Grundgesetzes erlassenen und inhaltlich nicht hinreichend be- stimmten Ermächtigungsgrundlage be- ruhe. Der Zulässigkeit dieser Rügen steht der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht entge- gen, weil keiner der Gründe vorliegt, die nach diesem Grundsatz zur Anrufung der Fachgerichte nötigen. Die Verfas- sungswidrigkeit des § 11 BÄO Wann nur das Bundesverfassungsgericht feststel- len. Die Entscheidung darüber setzt we- der nähere Sachverhaltsermittlungen noch die Auslegung und Anwendung von Vorschriften des einfachen Rechts voraus, sondern hängt allein von der Be- urteilung verfassungsrechtlicher Fragen ab.

C.

Soweit die Verfassungsbeschwerden zu- lässig sind, erweisen sie sich jedoch als unbegründet. Dem Bundesgesetzgeber hat die Kompetenz zum Erlaß des § 11 BÄO zugestanden; die Vorschrift wird auch den Anforderungen von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht.

I.

Als Prüfungsmaßstab kommt allein Art.

12 Abs. 1 GG in Betracht. Die angegriffe- nen Normen regeln die Frage, für wel- che Leistungen und in welcher Höhe Ärzte von Privatpatienten Honorare for- dern können; damit betreffen sie ein

zentrales Element der ärztlichen Berufs- ausübung. Regelungen der Berufsaus- übung sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig. Ein solches Gesetz muß mit der Verfassung in Einklang ste- hen, also auch kompetenzgemäß sein.

Wird die Berufsausübung durch eine Rechtsverordnung des Bundes geregelt, so muß diese auf einer den Anforderun- gen des Art. 80 Abs. 1 GG genügenden Ermächtigung beruhen.

Der Bundesgesetzgeber war nach Art.

74 Nr. 11 GG, nicht hingegen nach Art.

74 Nr. 19 GG, befugt, die Bundesregie- rung in § 11 BÄO zu ermächtigen, die Entgelte für ärztliche Tätigkeit durch Rechtsverordnung zu regeln.

1. Abgrenzung und Inhalt der Gesetzge- bungsbefugnis des Bundes und der Län- der werden ausschließlich durch die Vorschriften des Grundgesetzes (Art. 70 ff. GG) bestimmt (BVerfGE 45, 297 [341]), wobei es auf den Gegenstand des Ge- setzes und nicht auf dessen Anknüp- fungspunkt ankommt (vgl. BVerfGE 4, 60 [67, 69 f.]). Die einzelnen, in Art. 74 und 75 GG aufgezählten Materien der Ge- setzgebung sind nicht jeweils für sich in abstrakter Deutung zu bestimmen; ihre gegenseitige Abgrenzung ergibt sich vielmehr aus dem Gesamtgefüge der grundgesetzlichen Kompetenzvorschrif- ten (vgl. BVerfGE 7, 29 [44]). Bei der Aus- legung der Art. 70 ff. GG kommt ferner dem geschichtlichen Zusammenhang der deutschen Gesetzgebung besonde- re Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 48, 367 [373]; 67, 299 [315]). Daneben gewinnen Entstehung und Staatspraxis für die Aus- legung besonderes Gewicht (BVerfGE 61, 149 [175]).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze er- gibt sich die Zuständigkeit des Bundes- gesetzgebers für die Ermächtigung in § 11 BÄO aus der Kompetenz für das Recht der Wirtschaft.

a) Hierfür spricht vor allem der histori- sche Zusammenhang. Bereits die Ge- werbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (BGBl. S. 245) traf nicht nur für die ärztliche Approba- tion eine einheitliche Regelung, sondern in § 80 Abs. 2 auch hinsichtlich des ärzt- lichen Honorars; dort heißt es: „Die Be- zahlung der approbirten Aerzte u.s.w. (§

29 Absatz 1.) bleibt der Vereinbarung überlassen. Als Norm für streitige Fälle im Mangel einer Vereinbarung können jedoch für diesselben Taxen von den Centralbehörden festgesetzt werden."

Diese Regelung wurde später Reichsge- setz (vgl. zu den Einzelheiten Land- mann/Rohmer, Gewerbeordnung, 10.

Aufl., 1952, Einl. S. 3 f.). Ärztliche Gebüh- renordnungen waren danach also reichsrechtlich zugelassen. Die ärztliche Tätigkeit wurde dem Gewerbewesen zu- gerechnet, für welches das Reich gemäß Art. 4 Nr. 1 der Reichsverfassung vom 16.

(4)

Gebührenordnung für Ärzte

April 1871 die Gesetzgebungszuständig- keit hatte.

Unter der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 galt diese Rechtsla- ge fort. Das Reich besaß nun allerdings neben der Gesetzgebungszuständigkeit für das Gewerbe (Art. 7 Nr. 16 WRV) auch die Kompetenz für das Gesundheitswe- sen (Art. 7 Nr. 8 WRV). Die Bundesstaa- ten — später die Länder — haben stets un- ter Bezugnahme auf die Ermächtigung des § 80 Abs. 2 GewO Gebühren- ordnungen erlassen (vgl. etwa schon für Preußen die Gebührenordnung für ap- probirte Aerzte und Zahnärzte vom 15.

Mai 1896, MBI. 1896, S. 105 und vom 1.

September 1924, Volkswohlfahrt S. 371 — die sog. Preugo —). Die Reichsärzteord- nung vom 13. Dezember 1935 (RGBI. I S.

1433) setzte zwar die Vorschriften der Reichsgewerbeordnung außer Kraft, weil der ärztliche Beruf nicht mehr dem Gewerbe zugeordnet wurde. Mit ihrem § 15 Abs. 1 enthielt sie aber eine dem frü- heren Recht entsprechende Ermächti- gung, nunmehr ausschließlich an den Reichsminister des Innern. Auch wenn in der Folgezeit von dieser Ermächti- gung kein Gebrauch gemacht wurde, spricht der historische Zusammenhang gegen eine Zuständigkeit der Länder zur Regelung des ärztlichen Gebührenwe- sens.

b) Daß die Regelung der ärztlichen Ge- bühren unter dem Grundgesetz weiter- hin als eine Materie der Bundesgesetz- gebung angesehen und dem Recht der Wirtschaft zugeordnet worden ist, zeigt auch die Staatspraxis. Die Bundesregie- rung hatte die Gesetzgebungszuständig- keit des Bundes zum Erlaß von § 11 BÄO auf Art. 74 Nr. 11 GG gestützt (vgl. oben A 1). Dabei berief sie sich nicht nur auf die Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts zu einer weiten Ausle- gung des Begriffs Recht der Wirtschaft, sondern auch darauf, daß das geltende ärztliche Gebührenrecht auf das Preis- recht gestützt worden sei (vgl.

BTDrucks. 111/2745 S. 10). So hatte der Bundesminister für Wirtschaft die Ge- bührensätze der Preugo zur Anglei- chung an das gestiegene Lohn-Preis- Gefüge durch Verordnungen PR Nr.

74/52 vom 11. Dezember 1952 (BAnz.

1952, Nr. 243) und PR Nr. 10/57 vom 8.

Juli 1957 (BAnz. 1957 Nr. 130) unter Be- rufung auf § 2 des Preisgesetzes (vom 10. April 1948 [WiGBI. S. 27]) erhöht.

Auch der Bundesrat hat mit seiner Zu- stimmung zu § 11 BÄO und zu den Ge- bührenordnungen von 1965 und 1982 die Bundeskompetenz zum Erlaß dieser Vorschriften anerkannt.

c) Ist damit die Regelung der ärztlichen Gebühren auch unter dem Grundgesetz als eine Materie der Bundesgesetzge- bung angesehen und dem Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) zugeordnet worden, so steht dies nicht nur mit der geschichtlichen Entwicklung, sondern auch mit dem Sinn dieser Kompetenz- vorschrift in Einklang.

Der Begriff „Recht der Wirtschaft" im Sinne des Art. 74 Nr. 11 GG ist nach gefe- stigter Rechtsprechnung des Bundes- verfassungsgerichts weit zu verstehen (BVerfGE 5, 25 [28 f.]; 28, 119 [146]; 29, 402 [409]; 41, 344 [352]). Zu ihm gehören nicht nur diejenigen Vorschriften, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeu- gung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs be- ziehen (vgl. BVerfGE 8, 143 [148]; 26, 246 [254]; 28, 119 [146]), sondern auch alle anderen das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden Normen (BVerfGE 29, 402 [409]; 55, 274 [308]). Hierzu zählen Ge- setze mit wirtschaftsregulierendem oder wirtschaftslenkendem Inhalt (vgl. BVerf- GE 4, 7 [13]; 29, 402 [409]; 67, 256 [257]).

Soweit § 11 BÄO zur Festlegung von Mindest- und Höchstsätzen für ärztliche Leistungen ermächtigt, hat er wirt- schaftslenkende und wirtschaftsregulie- rende, nämlich preisrechtliche Regelun- gen zum Gegenstand. Zu derartigen Ein- griffen steht dem Bund aber unter dem Gesichtspunkt des Art. 74 Nr. 11 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompe- tenz zu. Darüber hinaus kann auch nicht zweifelhaft sein, daß ärztliche Gebüh- renordnungen nicht nur einen entschei- denden Teil der wirtschaftlichen Betäti- gung der Ärzte als solche regeln, son- dern auch gesamtwirtsch -ftlich von eini- ger Bedeutung sind. Von der Festset- zung der Entgelte für privatärztliche Lei- stungen sind rund 8,4 Millionen Perso- nen oder 13,6% der Bevölkerung (vgl.

die Begründung des Entwurfs der Ge- bührenordnung für Ärzte [BRDrucks.

295/82]) betroffen; auch erreichen die Honorare, wie die Bundesregierung dar- gelegt hat, mit jährlich rund 5 Milliarden DM für 1982 und 1983 eine keinesfalls geringfügige Höhe.

d) Dem dargelegten Ergebnis steht die Entstehungsgeschichte des Art. 74 Nr.

11 GG nicht entgegen. Ihr lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß ärztliche Gebührenordnungen nicht unter das Recht der Wirtschaft fallen könnten. Bei der Aufzählung einzelner Wirtschaftszweige in dieser Vorschrift (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versi- cherungswesen) fehlt zwar der ärztliche Heilberuf. Auf die Frage, ob diese Auf- stellung abschließend den Inhalt der Ma- terie „Recht der Wirtschaft" wiedergibt (vgl. die Äußerungen des Abgeordneten Dr. Strauß, CDU, in der 3. Sitzung des Zu- ständigkeitsausschusses vom 23. Sep- tember 1948, StenProt. S. 73, und des Abgeordneten Dr. Hoch, SPD, in der 15.

Sitzung des Zuständigkeitsausschusses vom 17. November 1948, StenProt. S. 54 sowie in der ersten Lesung des Haupt- ausschusses, 7. Sitzung vom 23. Novem- ber 1948, StenProt. S. 89), kann es je- doch nicht entscheidend ankommen.

Der Parlamentarische Rat wollte in An- gelegenheiten der Wirtschaft eine weite

Zuständigkeit des Bundes begründen (vgl. die 3. Sitzung des Zuständigkeits- ausschusses, StenProt. S. 3 ff.). Selbst wenn jene Aufzählung aber als abschlie- ßend anzusehen wäre, würde sie nicht dagegen sprechen, daß die Zuständig- keit für das ärztliche Gebührenwesen unter dem gleichen verfassungsrecht- lichen Gesichtspunkt des „Gewerbes"

ebenso wie in den Reichsverfassungen von 1871 und 1919 Sache des Bundes geblieben ist.

3. Wenn die Beschwerdeführer dem- gegenüber aus Art. 74 Nr. 19 GG einen Ausschluß jeglicher Bundeskompetenz auf dem Gebiete des ärztlichen Gebüh- renwesens herleiten, kann dem nicht ge- folgt werden.

Diese Verfassungsnorm verleiht dem Bund nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die Kompetenz, die Zulässigkeit zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe zu regeln. Das schließt zwar eine Zuständigkeit des Bundesge- setzgebers zur Regelung anderer Berei- che der ärztlichen Berufsausübung grundsätzlich aus (vgl. BVerfGE 4, 74 [83]; 17, 287 [292]). Jedoch kann das nur für Regelungen aufgrund dieser Kom- petenzbestimmung gelten; der Bundes- gesetzgeber ist nicht gehindert, das ärztliche Gebührenwesen zu regeln, wenn sich seine Zuständigkeit aus einer anderen Kompetenznorm ergibt. Dies ist, wie gezeigt, der Fall.

Die Entstehungsgeschichte des Art. 74 Nr. 19 GG läßt keinen Schluß darauf zu, daß der Grundgesetzgeber an der frühe- ren reichseinheitlichen Zuständigkeit für das ärztliche Gebührenwesen etwas än- dern wollte. Im Entwurf des Verfas- sungskonvents auf Herrenchiemsee wurde zwar darauf hingewiesen, daß das Gesundheitswesen zu einem erheb- lichen Teil Sache der Länder sei, die Zu- lassung zu ärztlichen Berufen jedoch ei- ner bundeseinheitlichen Regelung be- dürfe (vgl. Kommentierender Teil HchE, S. 86). Daraus läßt sich indessen nicht ableiten, daß dem Bund in Art. 74 Nr. 19 GG ausschließlich und abschließend die Zulassung zum ärztlichen Beruf als Teil der früheren Regelungsmaterie Gesund- heitswesen zugewiesen werden sollte.

§ 11 BÄO verstößt auch nicht gegen Art.

80 Abs. 1 Satz 2 GG. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung müssen im Gesetz bestimmt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundes- verfassungsgerichts bedeutet dies nicht, daß die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie nur irgend möglich formu- liert und gefaßt sein muß; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend be- stimmt zu sein. Dabei können zur Klä- rung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im einzelnen — wie auch sonst bei der Auslegung einer Vorschrift

— der Sinnzusammenhang der Norm mit

940 (86) Heft 13 vom 27. März 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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anderen Bestimmungen und das Ziel der gesetzlichen Regelung sowie auch

ihre Entstehungsgeschichte herangezogen werden (st. Rspr.; vgl. BVerfGE 58, 257 [277 f.]; 62, 203 [209 f.] m. w. N.).

Diesen Anforderungen wird § 11 BÄO gerecht. Bereits der Wortlaut des § 11 Satz 1 BÄO ergibt, daß aufgrund der Er- mächtigung die Festsetzung der Entgel- te für ärztliche Tätigkeit in einer Gebüh- renordnung geregelt werden soll. Damit ist der Inhalt der zu erlassenden Verord- nung ausreichend bestimmt. Mit der für Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügenden Deutlichkeit lassen sich aus der Ermäch- tigungsnorm auch „Tendenz" und

„Programm" umreißen, die durch die zu erlassende Rechtsverordnung nach dem Willen des Gesetzgebers verwirklicht werden sollen, so daß sich feststellen läßt, welchem Zweck die Verordnung zu dienen bestimmt ist (BVerfGE 20, 296 [305]; 38, 61 [84]). Wenn der Verord- nungsgeber verpflichtet wird, den be- rechtigten Interessen von Ärzten und Pa- tienten Rechnung bei der Bestimmung der Gebührensätze zu tragen, so wird damit der Zweck hervorgehoben, näm- lich einen Ausgleich zwischen den wi- derstreitenden Interessen von Ärzten und Patienten herbeizuführen, weder ein zu hohes Entgeld entrichten zu müs- sen noch ein zu geringes Hononar for-

Anmerkung

Die vorstehende Entscheidung ist insoweit allgemein zu begrüßen, als sie abschließend klarstellt, daß die Regelung des ärztlichen Ge- bührenwesens Aufgabe des Bun- desgesetzgebers ist. Hätte hier das Bundesverfassungsgericht den Verfassungsbeschwerden da- hingehend stattgegeben, die Bun- deskompetenz zu verneinen, so wäre ein — auch und insbesondere für die Ärzte — völlig unüberschau- barer Rechtszustand eingetreten, welcher schlimmstenfalls dazu geführt haben würde, daß jedes Bundesland eine eigene Gebüh- renordnung für die in ihm tätigen Ärzte erlassen müßte. Das Bun- desverfassungsgericht hat zu Recht auch die Tradition des ärzt- lichen Gebührenwesens bei der Auslegung des Grundgesetzes herangezogen und darauf verwie- sen, daß die frühere Reichsein- heitlichkeit und die nachfolgende Bundeseinheitlichkeit der ärzt- lichen Gebührenordnungen der allgemeinen Rechtsüberzeugung der Betroffenen entsprach und

dern zu dürfen. Zugleich wird durch die Begrenzung auf Mindest- und Höchst- sätze unter Berücksichtigung der be- rechtigten Interessen von Arzten und Pa- tienten auch das Ausmaß der zu treffen- den Regelung bestimmt. Hieraus läßt sich der mögliche Inhalt der zu erlassen- den Verordnung voraussehen; dem Ver- ordnungsgeber sind die Grenzen aufge- zeigt, die er einzuhalten hat (vgl.

BVerfGE 20, 257 [269 f.]), soll die Verord- nung von der Ermächtigung gedeckt sein. Wenn die Beschwerdeführer in die- sem Zusammenhang bemängeln, das in

§ 11 BÄO zum Ausdruck gekommene Programm sei nicht hinreichend konkre- tisiert, und sich zur Stützung dieser Auf- fassung des näheren mit dem Inhalt der Gebührenordnung auseinandersetzen, so übersehen sie, daß es dabei um die Frage geht, ob die Gebührenordnung für Ärzte noch von der Ermächtigung ge- deckt ist. Das ist hier indessen aus den oben aufgezeigten Gründen nicht zu entscheiden.

IV.

Mit der Entscheidung über die Verfas- sungsbeschwerden erledigen sich die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen An- ordnung.

auch entspricht. Soweit das Bun- desverfassungsgericht jedoch die Rechtsbedenken gegen den In- halt der Gebührenordnung vom 12. 11. 1982, welche das Hauptan- liegen der Verfassungsbeschwer- de führenden Ärzte gewesen ist, in die „einfache" Gerichtsbarkeit zur Entscheidung verweist, muß dies die Ärzteschaft enttäuschen.

Nicht nur die einzelnen Verfas- sungsbeschwerdeführer, sondern die Gesamtärzteschaft hatte sich einen klärenden Richterspruch aus Karlsruhe versprochen. In die- ser Hinsicht bleiben alle Zweifels- fragen offen und müssen jeweils in Gebühreneinzelstreitigkeiten vor den Gerichten der 1. Instanz bis zur Erschöpfung des Rechts- mittelzuges durchgekämpft wer- den. Es können daher viele Jahre vergehen, ehe die Rechtsunsi- cherheit über die Verfassungs- konformität der Gebührenord- nung für Ärzte abschließend klar- gestellt ist.

Dr. jur. Jürgen W. Bösche Haedenkampstraße 3 5000 Köln 41

Steuerrecht

Steuerbefreiung für

Behindertenfahrzeuge

Schwerbehinderte, die zur Fort- bewegung Hilfsmittel (Rollstuhl) benötigen, sind oft gezwungen, Fahrzeuge zu erwerben, die ver- kehrsrechtlich als Lastkraftwagen anzusehen sind. Das Halten eines derartigen Fahrzeugs kann nach der einschlägigen Bestimmung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes grundsätzlich nicht von der Be- steuerung ausgenommen wer- den. Daher hat das Bayerische Fi- nanzministerium in Übereinstim- mung mit den Finanzministerien des Bundes und der anderen Län- der mit Erlaß vom 2. 11. 1983 (37 - S 6114 - 2/14 - 63 664) verfügt, daß die Kraftfahrzeugsteuer in diesen Fällen wegen sachlicher Unbillig- keit erlassen werden kann, aller- dings nur, soweit und solange die übrigen Voraussetzungen für die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung bei Behindertenfahrzeugen — ausge- nommen die Pkw-Eigenschaft des Fahrzeugs — vorliegen. SIS

Besuch von Angehörigen aus der DDR

Aufwendungen anläßlich des Be- suches von Angehörigen aus der DDR und Ost-Berlin können nach einem Erlaß des Finanzministeri- ums Nordrhein-Westfalen vom 25.

Oktober 1984, S 2285 —2—V B 3,

ohne Prüfung der Bedürftigkeit

und ohne Einzelnachweis der tat-

sächlichen Aufwendungen grund-

sätzlich mit einem Tagessatz von

10 DM steuerlich berücksichtigt

werden. Das gleiche gilt für die

besuchsweise Aufnahme von Per-

sonen aus der Sowjetunion,

Tschechoslowakei, Polen, Rumä-

nien, Ungarn und Bulgarien. SIS

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