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Archiv "Onkologie: Praxisrelevante Studien vorgestellt" (05.09.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008 A1827

M E D I Z I N R E P O R T

K

ommt es unter Chemothera- pie zur Tumorprogression, ist es in der onkologischen Fachwelt bisher üblich, das Karzinom mit ei- nem anderen Regime zu bekämp- fen. Inwiefern dieses Vorgehen auch auf eine Therapie mit Antikörpern zu übertragen und was bei Kombi- nationstherapien zu empfehlen ist, war bisher unklar. Eine während des 44. Treffens der amerikanischen Krebsgesellschaft (ASCO) in Chi- cago vorgestellte Studie fand des- halb große Aufmerksamkeit: Her2- positive Patientinnen mit lokal fort- geschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom, das zuvor mit Trastuzumab mit oder ohne Kombi- nation progredient geworden war, wurden entweder mit Capecitabine allein weiterbehandelt oder in Kom- bination mit Trastuzumab (1).

156 Patientinnen wurden rando- misiert und in drei Zielparametern (Ansprechrate, Zeit bis zur Progres- sion und Gesamtüberleben) vergli- chen. Hinsichtlich aller drei Ziel- parameter waren die Ergebnisse un- ter der Kombinationstherapie signi- fikant besser. Das bedeutet für die Praxis, dass Trastuzumab auch dann als Kombinationspartner beibehal- ten werden sollte, wenn die Krebs- erkrankung progredient ist.

Osteoanaboles Medikament reduziert Rückfallrisiko

Eine vierarmige Studie mit 1 803 Brustkrebspatientinnen hat ergeben, dass das Bisphosphonat Zoledron- säure, das eigentlich eingesetzt wird, um Knochenmetastasen zu therapie- ren, offensichtlich auch einen direk- ten Einfluss auf das Rückfallrisiko von Mammakarzinompatientinnen im Frühstadium hat, die endokrin behandelt werden (2). Die Patientin- nen erhielten nach der Operation zunächst eine Ovarialsuppression

mit Goserelin. Angeschlossen wur- de eine antihormonelle Therapie mit entweder Tamoxifen oder Anastro- zol. Zur Prävention von Knochen- abbau bekamen die Patientinnen außerdem Zoledronsäure oder in den Vergleichsarmen nur Tamoxi- fen beziehungsweise den Aromata- sehemmer. In den Zoledronsäure- Armen war das progressionsfreie

Überleben signifikant verlängert – Hinweis auf eine Antitumorwir- kung des Bisphosphonats, abgese- hen vom Effekt der endokrinen The- rapie allein.

Zum ersten Mal haben Forscher einen Zusammenhang zwischen ei- nem Vitamin-D-Mangel und Brust- krebs festgestellt. Bei Frauen, die zum Zeitpunkt der Brustkrebsdia- gnose einen Mangel an Vitamin D aufwiesen, kam es zu 94 Prozent wahrscheinlicher zu Metastasen als bei Frauen mit normalem Vitamin- D-Spiegel (3). Außerdem war das Mortalitätsrisiko um 73 Prozent er- höht. Mehr als ein Drittel (37,5 Pro- zent) der Frauen mit Brustkrebs wiesen Vitamin-D-Level auf, die als „defizient“ klassifiziert wurden

(25-Hydroxy-Vitamin D < 50 nmol/l), die Level von weiteren 38,5 Prozent wurden als „nicht ausreichend“ klas- sifiziert (50 bis 72 nmol/l).

Die Frauen mit defizientem Vita- min-D-Level hatten auch aggressi- vere Tumoren. Nach zehn Jahren waren noch 83 Prozent der Frauen mit adäquatem Vitamin-D-Level (> 72 nmol/l) frei von Metastasen

und 85 Prozent lebten noch im Vergleich zu 69 beziehungsweise 74 Prozent aus der Vergleichsgrup- pe mit „defizientem“ Vitamin-D- Level. Weitere Studien sollten fol- gen, bevor Empfehlungen ausge- sprochen werden können.

Bei älteren, oft multimorbiden Patienten stellt sich im Hinblick auf eine zytostatische Behandlung nicht nur die Frage nach der Wirksamkeit, sondern auch nach der Sicherheit und Verträglichkeit einer Therapie.

Das heißt, der Nutzen, den eine sol- che Therapie für den Patienten noch hat, muss sehr genau gegen die Toxizität abgewogen werden. Dar- über hinaus müssen eventuelle In- teraktionen bei einer Multimedikati- on in Betracht gezogen werden.

ONKOLOGIE

Praxisrelevante Studien vorgestellt

Beim 44. Treffen der amerikanischen Krebsgesellschaft standen

zielgerichtete Therapieformen, das Mammakarzinom, Arzneimittelinteraktionen sowie die Behandlung von älteren Patienten im Mittelpunkt.

Das Mammakarzinom ist das häufigste Mali- gnom bei Frauen. Mehr als die Hälfte der Tumoren sind im oberen äußeren Quadranten lokalisiert.

Abbildung:picture-alliance/medicalpicture

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A1828 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008

M E D I Z I N R E P O R T

Bei der Behandlung von indolen- ten Lymphomen konnten in der letz- ten Zeit sowohl in Phase-II- als auch Phase-III-Studien vielversprechen- de Resultate der Therapie mit der Kombination Bendamustin plus Rituximab gezeigt werden – und das sowohl bei Patienten, die schon ei- nen Rückfall unter einer vorherigen Therapie erlitten hatten, als auch bei solchen, die noch nie vorbehandelt waren. Es wurden Gesamtansprech- raten von rund 90 Prozent beobach- tet, bei denen es häufig auch zu kompletten Remissionen gekom- men war. Da Patienten mit indolen- ten Lymphomen oft älter sind, stell- te sich daraufhin die Frage nach der Effektivität und Sicherheit der The- rapie in dieser Altersklasse.

In einer Zwischenanalyse der Untersuchung der Studiengruppe in- dolente Lymphome wurden nun die Ergebnisse für 33 Patienten vorge- stellt (4). Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 79 Jahre. Sie wurden in vier Therapiezyklen alle vier Wo- chen jeweils mit 90 mg/m2Benda- mustin an den Tagen eins und zwei behandelt und erhielten insgesamt an sechs Therapietagen 375 mg/m2 Ritu- ximab (zusätzlich zum Tag eins in den Therapiezyklen auch eine Woche vor Beginn des ersten und eine Wo- che nach Beendigung des letzten Therapiezyklus). Die Gesamtan- sprechrate betrug 91 Prozent, davon 30 Prozent komplette Remissionen.

Hämatotoxizität war die Hauptne- benwirkung, zu Infektionen kam es aber nur in drei Fällen. Resümee der Forscher: Die Therapie ist auch in diesem Alter sehr nützlich und sicher – und damit angemessen.

Adjuvante Chemotherapie

Ältere Patienten sind in klinischen Studien unterrepräsentiert, und sie erhalten eher eine orale Therapie, um deren Lebensqualität zu verbes- sern. Es gibt kaum Studien, in denen der Effekt von adjuvanter Chemo- therapie bei älteren Brustkrebspati- entinnen untersucht wurde. In Chi- cago wurde nun eine Studie vorge- stellt, die sich dieser Fragestellung widmete (5).

Brustkrebspatientinnen in einem frühen Stadium wurden postopera- tiv randomisiert und im ersten Arm

entweder adjuvant mit sechs Zyklen CMF (Cyclophosphamid, Metho- trexat, Fluorouracil) oder vier Zy- klen AC (Doxorubicin, Cyclophos- phamid) behandelt. Im zweiten Arm bestand die adjuvante Therapie aus sechs Zyklen Capecitabine.

Nach vier Jahren zeigte sich ein statistisch höchst signifikanter Vorteil für den CMF/AC-Arm im Hinblick auf die Rückfallrate (p = 0,0009).

Außerdem starben im Capecitabine- Arm mehr Patientinnen. Die Forscher zogen daraus die Bilanz, dass bei älte- ren Patientinnen Capecitabine keine dem CMF- oder AC-Regime äquiva- lente adjuvante Therapie ist.

Ältere Patienten stehen oft unter einer Multimedikation, die ein be- sonderes Augenmerk auf mögliche Interaktionen erfordert. Es hat sich gezeigt, dass von älteren Patienten, die mehr als drei Medikamente für eine chronische Erkrankung einneh- men, innerhalb von sechs Wochen nach einer Entlassung aus dem Krankenhaus 33 Prozent wieder hospitalisiert werden. Auch im Hin- blick auf die Toxizität von Zytosta- tika ist es wichtig, eventuelle Inter- aktionen zu beachten.

Eine Studie mit 290 Patienten älter als 70 Jahre, die unter einer Po- lymedikation inklusive Zytostatika standen, untersuchte diese Zusam- menhänge (6). Besondere Beachtung wurde eventuellen Wechselwirkun- gen mit Arzneimitteln geschenkt, die eine hohe Proteinbindung aufweisen (zum Beispiel Amlodipin, Cele- coxib, Omeprazol) oder die Zyto- chromP-450-Enzyme hemmen (zum Beispiel Ketoconazol, Amiodaron).

Stufenweise wurden Regressions- analysen durchgeführt, um Vorhersa- gen bezüglich einer erhöhten Grad- 4-Hämatotoxizität (G4H) und einer erhöhten Grad-drei-bis-vier nicht-hä- matologischen Toxizität (G3–4NH) vorhersagen zu können. Es zeigte sich, dass eine gleichzeitige Ein- nahme von Medikamenten mit ho- her Eiweißbindung (> 50 Prozent) während der Chemotherapie zu er- höhter hämatologischer Toxizität führte (p = 0,003). P-450-Interak- tionen und Patientencharakteristika führten dagegen besonders zu einer Steigerung der nicht hämatologi- schen Toxizität.

Als weitere Prädiktoren für eine erhöhte G3–4H wurden eine hohe Knochenmarkinvasion, hoher Bo- dy-Mass-Index, das Tumorstadium, niedriger Albuminspiegel während der Chemotherapie und hohe Leber- enzymwerte vor Beginn der Che- motherapie festgestellt. Zur Vorher- sage von Hämatotoxizität bei der Chemotherapie älterer Patienten sollte deshalb nach Ansicht der For- scher besonders achtgegeben wer- den auf Arzneimittel mit hoher Pro- teinbindung.

Erythropoese-Stimulation:

Segen oder Fluch?

Arzneimittel, die die Erythopoese stimulieren (ESA), können die Not- wendigkeit für Bluttransfusionen bei Patienten mit Anämie unter Chemo- therapie reduzieren. Nach ihrer Ein- führung wurden sie breit eingesetzt, und in die Guidelines der ASCO wurde die Empfehlung aufgenom- men, bei einem Hämoglobinspiegel unter 10 g/dl mit ESAs zu therapie- ren. Bei dem breitflächigen Einsatz begann man aber bereits ab 2003 fest- zustellen, dass es teilweise auch zu erheblichen Nebenwirkungen kam.

In klinischen Studien zeigte sich, dass es teilweise zu sehr schnellem Anstieg und sehr hohen Hämoglo- binwerten kam, fatale Thromboem- bolien waren nicht selten. In einer Cochrane-Metaanalyse aus 57 ran- domisierten Studien mit 9 353 Pati- enten, die Epoetin-Alfa oder Dar- poetin erhalten hatten, wurden zwar unter ESA seltener Bluttransfusio- nen benötigt, es gab jedoch einen Anstieg thromboembolischer Vor- fälle und einen Trend zu kürzerem Gesamtüberleben.

Studien sind angelaufen, die untersuchen sollen, wie es dazu kommt. Möglicherweise nutzen die Zellen einiger Tumortypen das Erythropoetin-System selbst zum Wachstum und Überleben. Die Her- ausforderung für die Zukunft ist, zu prüfen, welche Patienten von der Therapie profitieren. I Dr. rer. nat. Annette Junker Apothekerin für klinische und onkologische Pharmazie

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit3608

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A2 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008

M E D I Z I N R E P O R T

LITERATUR

1.von Minckwitz G, Zielinski C, Kaufmann EM et al.: Capecitabine vs. capecitabine + tra- stuzumab in patients with HER2-positive metastatic breast cancer progressing during trastuzumab treatment: the TBP phase III study (GBG 26/BIG 3-05). Proceed Am Soc Clin Oncol 2008; abstr 1025.

2. Gnant M, Mlineritsch B, Schippinger W et al.: Anti ovarian suppression combined with tamoxifen or anastrozole, alone or in com- bination with zoledronic acid, in preme- nopausal women with hormone-responsi- ve, stage I and II breast cancer: First effi- cacy results from ABCSG-12. Proceed Am Soc Clin Oncol 2008; abstr LBA4.

3. Goodwin PJ, Ennis M, Pritchard KI et al.:

Frequency of vitamin D (Vit D) deficiency at breast cancer (BC) diagnosis and associati- on with risk of distant recurrence and death in a prospective cohort study of T1-3, N0- 1, M0 BC. Proceed Am Soc Clin Oncol 2008; abstr 511.

4. Rummel MJ, Heine K, Bodenstein H, Baldus M, Strauch M, von Gruenhagen U, Banat A, Kaiser U: Efficacy and safety of bendamsu- tine and rituximab in the treatment of indo- lent and mantle cell lymphomas in older patients. Universitätsklinik Giessen, Ger- many. Proceed Am Soc Clin Oncol 2008;

abstr 8572.

5. Muss HB, Berry DL, Cirrincione C et al.:

Standard chemotherapy (CMF or AC) ver- sus capecitabine in early-stage breast can- cer (BC) patients aged 65 and older: Re- sults of CALGB/CTSU 49907. Proceed Am Soc Clin Oncol 2008; abstr 507.

6. Popa M, Wallace K, Brunello A et al.: The impact of polypharmacy on toxicity from chemotherapy in elderly patients: Focus on cytochrome P-450 inhibition and protein binding effects. Proceed Am Soc Clin Oncol 2008; abstr 9505.

LITERATURVERZEICHNIS HEFT 36/2008, ZU:

ONKOLOGIE

Praxisrelevante Studien vorgestellt

Beim 44. Treffen der amerikanischen Krebsgesellschaft standen

zielgerichtete Therapieformen, das Mammakarzinom, Arzneimittelinteraktionen

sowie die Behandlung von älteren Patienten im Mittelpunkt.

Referenzen

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