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Archiv "Gesundheit in Deutschland: Versorgung auf hohem Niveau" (28.08.2006)

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ie Deutschen leben länger und lange beschwerdefrei. Mit ihrer Gesundheit sind sie ziemlich zu- frieden. Auf einer Skala von 0 bis 10 liegt die persönliche Bewertung bei 6,5.

Die Ausgaben für die Gesundheit sind zwar hoch, halten aber, angesichts der Leistungen, dem internationalen Ver- gleich stand. Die Qualität steigt.

Dieses positive Bild der „Gesundheit in Deutschland“ wird relativiert durch

>die Verschiebung des Krankheits- spektrums hin zu langwierigen chroni- schen Erkrankungen,

>den demographischen Wandel (der eine wesentliche Ursache dieser Ver- schiebung ist und die Personal- und Ko- stenintensität steigen lässt),

>den Generationenwechsel in der am- bulanten ärztlichen Versorgung, der den hausärztlichen Sektor beeinträchtigt.

Solche Angaben finden sich in der Gesundheitsberichterstattung des Bun- des, die erstmals seit acht Jahren wieder erstellt wurde. Das eindrucksvolle Zah- lenwerk, das lesefreundlich erschlossen ist, gibt „einen umfassenden Überblick über den Gesundheitszustand der deut- schen Bevölkerung und das Gesund- heitswesen in Deutschland“, so Dr. Bär- bel-Maria Kurth vom Robert Koch- Institut (RKI) und Prof. Dr. Hans Selb- mann, der Vorsitzende der RKI-Kom- mission Gesundheitsberichterstattung.

Das RKI hat den Gesundheitsbericht federführend und in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt bear- beitet. Politisch verantwortet wird er vom Bundesgesundheitsministerium.

Die mittlere Lebenserwartung gibt der Gesundheitsbericht mit 81,6 Jahren (Frauen) und 76 Jahren (Männer) an. Sie stieg seit 1990 um 2,81 (Frauen) und 3,76 (Männer) Jahre. Die Geschlechtsdiffe-

renz hat sich somit von 6,5 auf 5,6 Jahre verringert. Eine 65-jährige Frau hat stati- stisch noch 19,8 Jahre vor sich, ein Mann 16,4 (alle Angaben nach dem Stand von 2004). Die Weltgesundheitsorganisation hat für 2002 zu ermitteln versucht, wie viele der zusätzlichen Jahre gesundheit- lich beeinträchtigt sind. Das sind bei Frauen 7,6 und bei Männern 5,9 Jahre.

Das Krankheitsspektrum wird seit Jahrzehnten von Herz-Kreislauf-Erkran- kungen und Krebs dominiert.Auf sie ent- fallen 70 Prozent der Todesursachen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen zwar nach wie vor zu den häufigsten To- desfällen, doch der Anteil geht zurück.

Auch werden weniger Menschen wegen solcher Erkrankungen arbeitsunfähig oder berentet. Die Häufigkeit von Krebserkrankungen nimmt zu, die Sterb- lichkeit dagegen sinkt. Doch, so der Ge- sundheitsbericht: „In den kommenden Jahrzehnten könnte die Zahl neuer Krebserkrankungen deutlich steigen, weil mit einem wachsenden Anteil älte- rer Menschen in der Bevölkerung ge- rechnet werden muss.“

Eine Million Demenzkranker

Eine immer größere Rolle spielen psy- chische Erkrankungen. 15 Prozent der Frauen und acht Prozent der Männer erlebten während eines Jahres eine de- pressive Phase. Depressionen würden freilich oft unterschätzt oder gar nicht er- kannt, bemerkt der Bericht. Die Zahl Demenzkranker werde, demographisch bedingt, stark steigen. Sie liege heute bei rund einer Million und könnte sich bis 2050 verdoppeln.

Zwischen 1993 und 2003 ging die Zahl der Krankenhäuser um 6,7 Prozent auf

2 197 zurück, die Bettenzahl um 13,8 Pro- zent auf 542 000. Die Liegezeit sank von 12,5 auf 8,9 Tage. Im Krankenhaussektor arbeiten 1,1 Millionen Menschen, das entspricht einem Viertel aller im Ge- sundheitswesen tätigen Personen.

In der ambulanten Versorgung steht ein Generationenwechsel bevor, prophe- zeien die Gesundheitsberichterstatter.

Innerhalb von zehn Jahren stieg nämlich das Durchschnittsalter der Ärzte von 46,6 auf 50,6 Jahre. Besonders deutlich wird die Überalterung bei den Haus- ärzten. Betroffen sind vor allem die Hausärzte und hier wiederum in den ost- deutschen Bundesländern. Zwischen 1990 und 2002 stieg die Zahl der Ver- tragsärzte zwar kontinuierlich. Der Zu- wachs betraf im Wesentlichen aber die Spezialisten (Zuwachsrate bei Fachärz- ten 43, bei Allgemeinärzten 14 Prozent).

Seltener zum Arzt

Die Neigung, zum Arzt zu gehen, nimmt ab. 1995 waren laut Mikrozensus noch 72,6 Prozent wegen einer Erkrankung

„innerhalb der letzten vier Wochen“

beim Arzt, 2003 nur 66,2. Die Praxisge- bühr hat die Arztkontakte nochmals sinken lassen. Der Gesundheitsbericht kann hier aber noch nicht mit abschlie- ßenden Zahlen aufwarten.

Für „Gesundheit“ (einschließlich der Einkommensleistungen wie etwa Lohnfortzahlung) wurden 2003 insge- samt 305 Milliarden Euro ausgegeben, 48,3 Prozent kamen von privaten, 13,7 von öffentlichen Haushalten, 38 Pro- zent von den Arbeitgebern. Der Trend geht zur privaten Finanzierung. Seit 1993 hat sich deren Anteil deutlich er- höht, während die Finanzierungsanteile der öffentlichen Hand und der Arbeit- geber zurückgingen.

Die Krankheitskosten betrugen 2002 223,9 Milliarden. Euro. Die durchschnitt- lichen Krankheitskosten je Einwohner lagen bei 2 710 Euro jährlich, mit alters- bedingten Unterschieden. So betrugen die Krankheitskosten in der Altersgruppe bis 45 etwa 1 700, in der zwischen 45 und 65 knapp 3 000 und in der Gruppe der über 65-jährigen 6 000 Euro.

Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) steigt kontinuierlich, er lag 2003 bei 11,1 Pro- P O L I T I K

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A2214 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 34–35⏐⏐28. August 2006

Gesundheit in Deutschland

Versorgung

auf hohem Niveau

Das Krankheitspektrum verschiebt sich. Der demographische Wandel macht sich bemerkbar. Leistungen und

Kosten halten aber dem internationalen Vergleich stand.

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zent. Nur die USA (15 Prozent) und die Schweiz (11,5 Prozent) lagen höher. Die Gesundheitsberichterstatter weisen da- zu auf einen wenig beachteten Zusam- menhang hin: „Bei der Bewertung des BIP-Anteils ist zu berücksichtigen, dass Deutschland in den vergangenen Jah- ren zwar relativ moderate Ausgabenzu- wächse und deutliche Effizienzgewinne im Gesundheitswesen zu verzeichnen hat, dennoch ist der BIP-Anteil ge- wachsen, weil die allgemeine wirt- schaftliche Entwicklung ungünstiger verlief als in anderen Staaten.“ Pro Kopf steht Deutschland gemäß einer OECD-Erhebung von 2003 mit 3 000 Dollar jährlich relativ günstig da (USA 5 600, Schweiz 3 780 Dollar). Und das bei einem in Deutschland hohen Leistungsniveau! Die Ausgabenhöhe sei, stellt der Gesundheitsbericht fest,

„auf eine umfassende medizinische Versorgung für die gesamte Bevölke- rung ohne längere Wartezeiten, mit einem umfassenden Leistungskatalog, und eine große Arzt- und Versorgungs- dichte zurückzuführen“.

Qualitätsmanagement

Ausführlich beschäftigt sich der Ge- sundheitsbericht mit dem Qualitäts- management und wirkt damit dem ver- breiteten Eindruck entgegen, dass den erheblichen Aufwendungen für das Ge- sundheitssystem nicht die Leistungen gegenüberstehen, die erreichbar wären.

Bemühungen um Qualität seien zwar

„nicht gänzlich neu“, doch wüchsen sie seit etwa 1990, nicht allein durch gesetz- liche Vorgaben (Krankenhäuser und Praxen sind nach SGB V zur Qualitäts- sicherung verpflichtet), sondern insbe- sondere auch auf Initiative der Selbst- verwaltung. Dazu enthält der Gesund- heitsbericht eine Fülle von Beispielen, von Curricula und Leitlinien bis zu Feh- lermeldesystemen der Krankenhäuser.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, die den seit Anfang Juli fertigen Gesundheitsbericht bisher zwar nicht präsentierte, aber schon mal mit einem Vorwort zierte, hält die Gesundheitsbe- richterstattung für eine unverzichtbare Informationsquelle; auch die Politik pro- fitiere von der Aufbereitung aktueller Gesundheitsdaten. Norbert Jachertz

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A2216 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 34–35⏐⏐28. August 2006

Gesundheitsreform

Auch Kliniken machen mobil

Die Krankenhäuser fürchten Kürzungen und laufen gegen die Pläne der Regierung Sturm.

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ie Krankenkassen haben es vor- gemacht. Jetzt startet auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) eine groß angelegte Kampagne gegen die geplante Gesundheitsreform der Bundesregierung. Das Entsetzen der Krankenhausträger über die Re- formeckpunkte sei groß, sagte DKG- Präsident Dr. Rudolf Kösters: „Mit ei- ner gehörigen Portion Wut im Bauch se- hen wir, dass die Koalition nicht einmal ansatzweise ihre selbst gesteckten Ziele erreicht hat.“ Er kündigte an, dass die mehr als 2 000 Krankenhäuser mit bun- desweiten Aktionen gegen die Reform- pläne mobil machen wollen. Neben ei- ner Auftaktveranstaltung am 5. Septem- ber in Berlin sei eine flächendeckende Plakatkampagne vorgesehen. Man wol- le zudem Politiker in ihren Wahlkreisen ansprechen und die Patienten in den Kliniken über die Folgen des Gesetzes- vorhabens informieren. Dafür will die DKG zwischen 250 000 und 500 000 Eu- ro ausgeben.

Nach derzeitigem Stand zählen sich die Krankenhäuser wie auch die Kran- kenkassen zu den großen Verlierern des Gesetzesvorhabens (dazu DÄ, Heft 28–29/2006). Während Kassenvertreter wegen des geplanten Gesundheitsfonds gestalterischen Einflussverlust fürch- ten, sehen die Krankenhäuser vor allem finanzielle Mehrbelastungen auf sich zu- kommen. Auf scharfe Kritik stößt bei den Klinikbetreibern, dass ihnen ein so genannter Sanierungsbeitrag in Höhe von einem Prozent ihrer Budgets abver- langt werden soll. Davon verspricht sich die Bundesregierung Einsparungen von einer halben Milliarde Euro. In ihren Eckpunkten begründen die Koalitionäre dies damit, dass die Kliniken als größter Ausgabenfaktor der Gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) angemessen an

der Stabilisierung der Kosten beteiligt werden müssten. DKG-Präsident Kö- sters bezeichnete dies als „schlechten Witz“: „Dass die Kliniken nach jahrelan- gen Minusbudgets, DRG-Einführung, Tariferhöhungen, neuen Arbeitszeitre- gelungen und Mehrwertsteuererhöhung nunmehr über einen Zwangsbeitrag die Finanzprobleme der Krankenkassen lö- sen sollen, ist nicht mehr verkraftbar.“

Die Mehrbelastung der Krankenhäu- ser durch die Gesundheitsreform schätzt Kösters auf 1,25 Milliarden Euro. Neben dem Sanierungsbeitrag kämen auf die Kliniken durch die Verlängerung der Anschubfinanzierung für die Integrierte Versorgung Mehrausgaben von 500 Mil- lionen Euro zu. Zusätzlich würde die vorgesehene Finanzierung hoch speziali- sierter Leistungen mit 250 Millionen Eu- ro zu Buche schlagen. Kösters appellier- te an die Politik, die geplante Kürzung des Krankenhausbudgets zurückzuneh- men. Außerdem müssten die Mehrko- sten von rund 1,5 Milliarden Euro infol- ge der Tarifrunde 2006 über einen ge- setzlichen Zuschlag von drei Prozent auf die Budgets refinanziert werden (dazu auch der Beitrag „Die Arbeitgeber kü- ren sich zum Verlierer“ in diesem Heft).

Großdemonstrationen sind nicht ausgeschlossen

Dass es wegen der angekündigten Pro- testaktionen Streit mit dem Bundes- gesundheitsministerium (BMG) geben könnte, glaubt Kösters nicht. Zuletzt kam es wegen der Antireformkampagne der Krankenkassen zu einem harten Schlag- abtausch zwischen den GKV-Spitzen und dem BMG. Die Regierung verlangte, dass für die Aktionen der Kassen keine Versichertengelder ausgegeben werden.

Kösters stellte klar, dass die Kampagne der DKG aus den Haushalten der Mitgliedsverbände finanziert werde.Die- se würden sich aus vielfältigen Einnah- men der Krankenhäuser speisen – ne- ben GKV-Geldern auch aus Zuzah- lungen der Patienten oder aus Mitteln der privaten Krankenversicherung. Noch nicht festlegen wollte sich Kösters, ob auch Großdemonstrationen der Kran- kenhausbeschäftigten geplant sind: „Die- se Option halten wir uns aber auf jeden Fall offen.“ Samir Rabbata

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