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Archiv "Krankenhaus: Kurzsichtig" (17.03.2006)

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A688 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 11⏐⏐17. März 2006

B R I E F E

deren Seite scheinen die Auto- ren zu übersehen, dass gerade in Deutschland das Recht, an das die Politik im Rechtsstaat gebunden ist und das verläss- liche Transaktionen überhaupt erst möglich macht, typischer- weise deontologische Wurzeln hat. Deontologie und Utilita- rismus mögen auf der Ebene der philosophischen Begrün- dung unvereinbar sein, für die Wirklichkeit des Krankenhau- ses ist das aber eher irrelevant.

Drittens führt die ethische Unklarheit des Artikels sogar zu einem folgenreichen Irr- tum, nämlich der Gleichset- zung von betriebswirtschaftli- cher Rationalität mit ethischer Rationalität. Betriebswirt- schaftliche Rationalität, sagen die Autoren, sei utilitaristisch, Utilitarismus eine ethische Theorie, also betriebswirt- schaftliche Rationalität ethisch. Das aber ist nicht halt- bar. Betriebswirtschaftliche Rationalität kann auch ein mafiöses Unternehmen haben.

Die gerade veröffentlichte fachhistorische Aufarbeitung der Geschichte der Dresdner Bank belegt, dass betriebswirt- schaftliche Rationalität keine Sicherheit vor der Ver- strickung in politische Verbre- chen bietet. Auch die betriebs- wirtschaftliche Rationalität des Krankenhauses genießt keinen unbefragten morali- schen Vorrang. Vielmehr ver- dirbt schon die moralische Gleichstellung von „Anforde- rungen der Wirtschaft“ einer-

seits und „Ethik“ andererseits die ethische Perspektive.

Denn wenn Ethik ernst ge- nommen wird, enthält sie die Forderung, die Betriebswirt- schaft von Anfang an in Sinn und Zweck des Gesundheits- wesens überhaupt einzupassen und sie nicht als Selbstzweck erscheinen zu lassen . . . Be- triebswirtschaftliche Rationa- lität ist ein Element des Wett- bewerbs zwischen Kranken- häusern. Dieser Wettbewerb ist Teil eines politischen Kon- zepts, das unter anderem zum Abbau von Krankenhausbet- ten führen soll. Dieses Kon- zept lassen die Autoren undis- kutiert. Wenn aber dieses Kon- zept ausgeblendet wird, dann bleibt nur eine Art von Sozi- aldarwinismus übrig: Kran- kenhäuser, die sich nicht an- passen können, sterben wie biologische Organismen in der freien Wildbahn. Sind die Au- toren damit einverstanden?

Oder wollen sie nur der be- triebswirtschaftlichen Ratio- nalität eine ethische Weihe verschaffen? Dies jedenfalls musste misslingen.

Priv.-Doz. Dr. med. Friedrich Heubel,

Im Stiftfeld 17, 35037 Marburg

Flucht ins Ausland

Die Aussagen der beiden Au- toren sollten einmal auf die haus- und fachärztliche am- bulante Krankenversorgung heruntergebrochen werden.

Auch hier sollen infolge will- kürlicher Verknappung der Ressourcen noch weiter Ko- sten gesenkt werden. Im Un- terschied zum Krankenhaus mit seinen „Kunden“ kennen wir durch bereits eingetretene Versorgungslücken in den strukturschwachen Gebieten keine Konkurrenz mehr, son- dern betreiben real die re- gressbewehrte Mängelverwal- tung für unsere Patienten und ihre Krankheiten. Die erlebte Machtlosigkeit gegen diese Zustände hat zu Demotivati- on und Abwanderung ge- führt. Die Behandlungsqua- lität leidet längst unter den Triage-Bedingungen der Ver- knappung. Ohne die Mitwir- kung der verbliebenen nie- dergelassenen Ärzte ist eine Behandlungsqualität mit

„oberster Priorität“ in der ambulanten Versorgung nicht wieder erreichbar. „Karriere- planung“ gibt es schon lange nicht mehr, „Leistungsanreiz“

findet nicht mehr statt. Die desolate „berufliche Zu- kunftsperspektive“ fördert geradezu den Ausstieg „ambi- tionierter“ Ärzte. Großbri- tannien und die Niederlande haben ihr Gesundheitswesen vorbildlich reformiert, Deutschlands Gesundheitspo- litik eifert diesen mit aller Kraft nach! – Zahlreiche am- bitionierte Ärzte können nicht abwarten, es zieht sie jetzt schon dorthin.

Rüdiger Saßmannshausen, Poststraße 30, 57319 Bad Berleburg

Kurzsichtig

Mit ihrem Beitrag zum The- ma der divergenten Moral- vorstellungen von Ärzten (deontologisch) und Manage- ment (utilitaristisch) im Kran-

kenhaus haben die Autoren eine sehr interessante Fra- gestellung aufgeworfen. Tref- fend beschreiben sie zwar den daraus entstehenden Grund- konflikt, bleiben aber leider eine zufrieden stellende Ant- wort – bis auf die in jedem Buch über modernes Kran- kenhausmanagement nachzu- lesenden, überwiegend öko- nomisch ausgerichteten Stra- tegien – schuldig. Vor dem Hintergrund der beschriebe- nen Moralvorstellungen ist die Schlüsselvariable in Be- zug auf Einnahmen und Aus- gaben jedes Gesundheitssy- stems die Art, wie Ärzte Me- dizin praktizieren. Die zur Lösung dieses Problems in- ternational entwickelten Bu- sinessmodelle sind linear öko- nomisch und fokussieren sich auf die greifbaren, oberfläch- lichen Aspekte des ärztlichen Verhaltens. Sie sind an die messbaren Größen Geld, Mit- telherkunft und Mittelver- wendung gebunden, nennen sich Controlling, Benchmar- king der Produktivität, Be- handlungsqualität oder Ein- kaufsmodelle und werden auch von den Autoren mit un- terschiedlicher Ausprägung und unterschiedlichen Bei- spielen beschrieben . . . Die unter der Oberfläche liegen- den Aspekte des Arztverhal- tens können nur im Rahmen eines partnerschaftlichen Change-Prozesses zwischen Management und Ärzten, ja zwischen Gesellschaft und Medizinern geändert werden, dazu hätte in dem Artikel fol- gerichtig Stellung genommen werden müssen. Die Schluss- folgerung, dass Behandlungs- qualität ein Substitut für ethi- sche Anforderungen darstellt, scheint daher sehr kurzsich- tig, genauso wie die lapidare

Foto: Peter Wirtz

Anonym

Die Redaktion veröffentlicht keine ihr anonym zugehen- den Zuschriften, auch keine Briefe mit fingierten Adres- sen. Alle Leserbriefe werden vielmehr mit vollem Namen und voller Anschrift gebracht. Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Namensnennung publiziert werden – aber nur dann, wenn intern bekannt ist, wer geschrieben

hat.

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B R I E F E

Feststellung, dass der Wille zu deontologisch moralischem Handeln durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt wer- den kann.

Dr. med. Andreas Fiehn, MBA, Klinikum Kassel,

Mönchebergstraße 41–43, 34125 Kassel

Präventionsgesetz

Zu dem Beitrag „Mehrheit für modi- fizierte Neufassung“ von Dr. rer.

medic. Wilfried Kunstmann und Man- ja Nehrkorn in Heft 50/2005:

250 Millionen versus 185 Milliarden Euro

Vor nunmehr 4,5 Jahren wur- de der Bevölkerung hierzu- lande vom Gesetzgeber das Präventionsgesetz verspro- chen. Etwa zwei Jahre lang läuft bis dato die Streiterei um die zu verwendende jähr-

liche „Präventionssumme“

von gerade mal 250 Millionen Euro. Den Streithähnen ist offensichtlich nicht bewusst, dass unsere maladaptierte Solidargemeinschaft jedes Jahr mit weiter steigender Tendenz allein 185 Milliarden Euro für Ernährungs- und Bewegungsfehler zu „ble- chen“ hat! Des Weiteren wol- len diese „Still-Steher“

scheinbar nicht den Return on Investment in Human Health in Höhe eines Faktors von 2,3 bis 15,6 für jeden in die Prävention und Gesund- heitsförderung eingesetzten Euro zur Kenntnis nehmen.

Es ist mir absolut unver- ständlich, warum die allge- mein bekannte Tatsache

„Schadensverhütung ist billi- ger als Schadenvergütung“

nicht genutzt wird.

Dr. oec. troph. Martin Hofmeister, Dachauer Straße 176, 80992 München

Interview

Zu dem Interview mit Wolfgang Zöl- ler zum Thema „Ärzte verdienen eine leistungsgerechte Bezahlung“ von Samir Rabbata und Timo Blöß in Heft 4/2006:

Realitätsverlust

Als Ursache für den Ärzte- mangel in Ostdeutschland macht Zöller die Honorarsitua- tion im ambulanten Bereich aus: „In den neuen Ländern gibt es einfach zu wenig Privat- patienten, die für eine wirt- schaftliche Praxisführung wich- tig sind.“ Dies zeige, wie not- wendig der von der Union un- terstützte Erhalt der Privatver- sicherung sei. Vielleicht gibt es in großen Teilen Ostdeutsch- lands einfach zu wenig Men- schen, die oberhalb der Bei- tragsbemessungsgrenze verdie- nen? Ob sich das durch den

„Erhalt“ der Privatversiche- rung lösen lässt? Realitätsver- lust eines Politikers? Ich selbst bin Arzt, stamme aus Ost- deutschland und verdiene mein Geld als Arzt in den alten Bun- desländern. Zu wenig, um mich privat versichern zu können.

Jörg Jäkel,Alter Kirchhainer Weg 45, 35039 Marburg

Privatliquidation

Zu dem Beitrag „Ministerin will die Gebühren senken“ von Jens Flintrop in Heft 9/2006:

Umsatzeinbuße

Die geplante Herabsetzung der Beihilfefähigkeit auf das 1,7fa- che des GOÄ-Einfachsatzes wird für uns „normalsterbli- che“ niedergelassene Ärzte ei- ne Umsatzeinbuße in diesem Bereich von ca. 30 Prozent

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