• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Kunstfehler: „Gefahrgeneigt“" (13.09.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Kunstfehler: „Gefahrgeneigt“" (13.09.1990)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

D

as Praxislabor ist immer gut für eine heiße Dis- kussion, kommen doch ärztliche Bedürfnisse und wirt- schaftliche Interessen hier zu- sammen. Ein treffliches Beispiel für diese Mixtur bietet eine Fra- gebogenaktion unter rund 45 000 Kassenärzten. Vorder- gründig wird dabei allgemein nach der Meinung über die Einführung diagnosebezogener oder leistungsgruppenbezogener Pauschalen gefragt. Die Aktion kommt indes aus der selben Ek- ke, aus der seit längerem gegen die von der Bundesärztekammer (BÄK) vorgeschlagene Quali- tätssicherung bei Trockenche- mie geschossen wird. Schon das läßt vermuten, daß auch die Fra- gebogenaktion letztlich das Pra- xislabor und im speziellen die Trockenchemie zum Ziel hat.

Der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV) werfen die Initiatoren der Aktion vor, das Labor pauschalieren zu wollen.

Die KBV hat die Aktion als Stimmungsmache bezeichnet;

sie schüre unverantwortlich Ängste und ziele ausschließlich

Labor

I■1111

Medizin

und Geschäft

darauf ab, ein Votum der be- fragten Ärzte gegen eine Pau- schalierung der Vergütung des Praxislabors herbeizuführen.

Die KBV hat scharf zurückge- wiesen, an die Einführung dia- gnosebezogener Fallpauschalen zu denken und, was nun das Pra- xislabor angeht, auf den bisher nicht abgeschlossenen Mei- nungsprozeß in ihrer Vertreter- versammlung verwiesen. Man mag somit die Fragebogenaktion auch als „Einstimmung" auf die nächste Sitzung der Vertreter- versammlung am 8. Dezember werten.

Wie der Zufall so spielt — zugleich mit der — sehr kostspie- ligen — Fragebogenaktion unter den Kassenärzten lief eine ande- re Aktion, gerichtet an die Fach- presse. Eine Agentur für Marke-

ting und Kommunikation in der Medizin verbreitete den Artikel eines Münchener Arztes (der zugleich Geschäftsführer jener Agentur ist) sowie ein düsteres Foto des Vorstandsvorsitzen- den des AOK-Bundesverbandes, Wilhelm Heitzer. Das Thema:

„KBV-Pläne bedrohen das Pra- xislabor". In diesem Artikel wird nicht nur der fahrlässige Vor- wurf aus der Fragebogenaktion wiederholt, sondern der schon bei der Fragebogenumfrage ver- mutete Zusammenhang mit der Trockenchemie bestätigt. Kron- zeuge gegen BÄK („Qualitätssi- cherung") und KBV („Pauscha- lierung"): Heitzer.

Das gar nicht Witzige an dieser Public-Relations-Aktion:

Die Marketing-Agentur verbrei- tet das Manuskript ihres ärztli- chen Geschäftsführers im Na- men des Hauses Boehringer Mannheim. Dieser angesehene Diagnostika-Hersteller („Trok- kenchemie") sollte sich fragen, ob es wirklich im wohlverstande- nen Geschäftsinteresse ist, sich derart in einen berufspolitischen Streit einzumischen. NJ

ußerungen eines auf

„Ärztliche Kunstfehler"

spezialisierten Münchner Staatsanwalts deuten darauf hin, daß die Strafverfolgungsbehör- de medizinische Gesichtspunkte neuerdings zu einem ungewohnt frühen Zeitpunkt in ihre Ermitt- lungen einbezieht. Offensicht- lich beeinflußt die „Gefahrge- neigtheit" bestimmter Eingriffe die Position der Ermittler so, daß Dringlichkeit, Unausweich- lichkeit, Schwere und/oder Kompliziertheit einer ärztlichen Handlung schon dann in Be- tracht gezogen werden, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Kunst- fehlers äußerst gering ist.

Es liegt auf der Hand, daß solche Differenzierung nicht nur die staatsanwaltliche Aufgabe erleichtert, den einzelnen Fall treffender oder angemessener zu beurteilen. Sie eröffnet auch die Chance, ein Ermittlungsver- fahren von irreführender Sach- unkunde zu befreien.

Kunstfehler

„Gefahrgeneigt

Für das Bemühen der Straf- verfolgungsbehörde, bei der Einschätzung eines behaupteten Kunstfehlers die „Gefahrge- neigtheit" frühzeitig in Betracht zu ziehen, spricht beispielsweise der Hinweis des genannten Münchner Staatsanwalts auf die Eigenschaften von Sonden-Un- tersuchungen: Diese seien „ganz allgemein nicht unbedenklich".

Den Anlaß lieferte ihm der Fall einer 68jährigen Frau, die wegen quälender Schmerzen im Bauch- und im Rückenbereich eine Kranken- und Altenpflegean- stalt aufgesucht hatte. Dort war sie verstorben, weil bei der Un- tersuchung eine Sonde ihren Darm verletzt hatte und eine nachfolgende Notoperation er- folglos geblieben war.

Um die Frage zu beantwor- ten, welcher der beteiligten Ärz- te den Tod der Patientin verur- sacht haben könnte, braucht die Staatsanwaltschaft medizinisch- wissenschaftliche Daten und In- formationen. Im vorliegenden Fall muß es ihr darum gehen, sich fachlich nicht nur mit einer Darmperforation und den Ursa- chen einer mißglückten Notope- ration, sondern auch mit schädi- genden Wirkungen angewandter Kontrastmittel zu befassen.

Die Absicht der Ermittler, ihre Untersuchungen von vorn- herein auch an medizinischen Gesichtspunkten zu orientieren, verfolgt erkennbar einen dop- pelten Zweck: für ein zu erwar- tendes Strafverfahren soviel wie möglich überzeugende Argu- mente bereitzustellen, zugleich aber den von dem Verdacht des Kunstfehlers betroffenen Ärzten unbegründete, weil medizinisch nicht haltbare Vorwürfe zu er- sparen. KG

Dt. Ärztebl. 87, Heft 37, 13. September 1990 (1) A-2669

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

liegt meiner Meinung nach darin, dass wir Ärzte es nicht schaffen, eine gemeinsame Linie zu finden.. Unsere Proteste sind zu schwach besetzt und

Allerdings können die Psycholo- gen ein ärztliches Argument nicht widerlegen: daß nämlich fast jede psychische Störung eine somati- sche Ursache haben kann, deren Erkennung

Die Fallkontrollstudie verglich zwei Gruppen von Patienten mit früher rheumatoider Arthritis: 20 hatten be- reits nach einer mittleren Krankheits- dauer von drei Monaten (VERA =

Ausgangspunkt der „Kunstfehler- Debatte“ war der beratende Fachaus- schuss Psychotherapie der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung, der in einer Sitzung im Februar 2001

Damit gilt weiterhin, dass die privaten Krankenversi- cherungen – abgesehen von Sachkosten – nicht verpflich- tet sind zu zahlen, wenn zum Beispiel eine Ärztin ihren

Sie wollen doch wohl nicht impli- zieren, daß Juden in diesen Ländern ein gut organisiertes Gesundheitssystem haben.. Wenn Sie allerdings Israel meinen, so haben Sie, was

Die Gesprächspartner waren sich dar- über einig, daß kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik auch in Zukunft durch freiberuf- lich tätige Ärzte erfolgen sollte..

— Sollten Sie nach den USA wollen — zur Be- handlung meine ich, dann erzählen Sie bitte nicht, welche Sendung Sie hier' gemacht haben. Es wird Sie