Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 43|
28. Oktober 2011 A 2287Exzellenter Beitrag
Dem Kollegen Fuchs stimme ich voll und ganz zu. In diesem exzel- lenten Beitrag wird nach Längerem endlich . . . sehr schön das Problem der offenen und heimlichen Ratio- nierung sowie Prioritätensetzung offen und klar (ohne vorgehaltene Hand) dargelegt.
Ich finde, dass andere Ärztevertre- ter sich häufiger zu Wort melden und dieses Problem in der Öffent- lichkeit thematisieren sollten. Ärzte
und Patienten werden seit Jahren geknebelt und nehmen es entweder mit schwarzem Humor oder mit versteckter Aggression hin. Das Problem . . . liegt meiner Meinung nach darin, dass wir Ärzte es nicht schaffen, eine gemeinsame Linie zu finden. Unsere Proteste sind zu schwach besetzt und unprofessio- nell! . . .
Ich hoffe, dass wir aktiver werden, bevor es für uns Ärzte und unseren Patienten zu spät ist.
Dr. med. Mohammad Rezai, 59174 Kamen
A RZNEIMITTEL
Bei der Indikation Mammakarzinom von Avastin gehen die Zulassungsbe- hörden in den USA und der EU in unter- schiedliche Richtun- gen (DÄ 27/2011: „Avastin bei Brust- krebs: EU und USA uneinig“ von Rüdiger Meyer).
Ein Phänomen
Zunehmend ist ein Phänomen zu beobachten, dass mehr Beachtung und Berücksichtigung im Verord- nungsverhalten bei den Ärzten fin- den sollte.
Da wird in Pharmakotherapiestu- dien ein progressionsfreies Überle- ben oder eine Symptomreduzierung unter der Therapie mit der Substanz X nachgewiesen und weidlich vom Produkthersteller als therapeuti- scher Fortschritt vermarktet, dage- gen die gleichzeitige erhöhte Sterb- lichkeit der Probanden aber herun- tergespielt oder verschwiegen. Die Gesamtüberlebenszeit nimmt unter der Therapie mit der Substanz X ab.
Das kann es doch nicht sein.
Aktuelles Beispiel, nachzulesen im DÄ, Heft 27/2011. Das amerikani- sche FDA will eine komplette Strei- chung des Krebsmedikamentes Avastin, bisher zur Behandlung des metastasierenden Mammakarzinoms zugelassen, und eine Zulassungs- rücknahme in der Kombination von Avastin mit Paclitaxel durchführen, weil eine Verlängerung der Gesamt- überlebenszeit mit Avastin nicht er-
reicht wird. Die logische Schlussfol- gerung des FDA ist nachvollziehbar und konsequent – nicht dagegen für die europäische Zulassungsbehörde, die sogar die Zulassung für Avastin erweitert hat. Dieses ist nicht das einzige Beispiel eines viel laxeren Umgangs der europäischen Zulas- sungsbehörde gegenüber der FDA mit der Pharmaindustrie.
Eines der wichtigsten Kriterien in randomisierten Studien muss die Verlängerung der Gesamtüberle- benszeit sein – und bleiben. Den Bemühungen der Pharmaindustrie, dieses harte Kriterium zu streichen, muss von allen Verantwortlichen, einschließlich der Hersteller entge- gengetreten werden . . .
Dr. med. Jörn Pankow, 24939 Flensburg B
M v d h u s gen (DÄ 27/2011: A
RÜ CKEN SCHMERZEN
Nichtspezifische Rü- ckenschmerzen bessern sich in den meisten Fällen ohne eine Operation, an- dere Eingriffe oder eine Physiotherapie (DÄ 34–35/2011: „Röntgen ist nur sel- ten erforderlich“).
Ärztlicher Kunstfehler
Der Meinung von Frau Prof. Mär- ker-Hermann, dass bei Rücken- schmerzen auf Röntgen in den meisten Fällen verzichtet werden kann, kann ich mich (aufgrund mei- ner langjährigen Berufserfahrung) nicht anschließen. Wenn wir auf Röntgen von Patienten mit Rücken-
Ü C SC
N c b m e d e (DÄ 34–35/2011: Rö
schmerzen verzichten, das heißt Wirbel-, Lenden-, Brust- und Hals- wirbelsäule nicht geröntgt werden, verzichten wir auf eine sehr wichti- ge Diagnostik. Nicht nur zur Fest- stellung von degenerativen Verän- derungen, sondern auch zum Aus- schluss einer Tumordiagnostik. Es werden nicht selten bei nicht be- kannten Primärkarzinomen Metas- tasen in der Wirbelsäule festgestellt . . . In Haftpflichtprozessen . . . wird die Unterlassung einer Röntgenun- tersuchung . . . als ärztlicher Kunst- fehler angesehen. Meine Meinung deckt sich übrigens mit den Mei- nungen meiner Kollegen . . .
Dr. med. Jürgen Frank, Arzt für Chirurgie, Zertifizierter Gutachter in der Sozialgesetzgebung, 52499 Baesweiler
MINDE STMENGEN
Das Landessozial- gericht Berlin-Bran- denburg hat die Mindestmengen bei Knie-TEP für un- wirksam erklärt (DÄ 34–35/2011: „Quali- tätssicherung: Mindestmengen vor dem Aus“ von Thomas Gerst).
Erfreulich
Endlich mal eine erfreuliche Nach- richt aus dem gesundheitsreformge- setzlichen Bereich! Erfreulich nicht nur, weil offenbar Juristen vernünf- tigen medizinischen Ratgebern in Sachen Fraglichkeit der Prämissen (Junktim von Quantität und Qualität) gefolgt sind. Erfreulich besonders, weil die vorderhand sinnvoll er- scheinende Regelung aus dem Wirt- schaftsbereich (Übung macht den Meister) in Wahrheit in der Medizin den genau gegenteiligen Effekt hat:
Unter dem Diktat der Mindestmen- genregel nehmen nämlich nicht nur die Kliniken (beispielsweise) an der Implantation von Kniegelenken teil, die mindestens 50 pro Jahr „ma- chen“, sondern alle Krankenhäuser versuchen 50 zu erreichen. Das ist etwas anderes! Das vermeintliche Spardiktat bewirkt in Wirklichkeit eine Mengenausweitung!
Prof. Dr. med. Matthias Richter-Turtur, Isarkliniken, 80331 München
S
D g d M K w 3 tätssicherung: Minde