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Archiv "Vereinigte Staaten: Kunstfehler an der Stoßstange" (31.08.1978)

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Die Information:

Bericht und Meinung AUS ALLER WELT

VEREINIGTE STAATEN

Vor einer größeren Reform des Arzneimittelrechts

Das US-Gesundheitsministerium hat einen umfangreichen Entwurf zu einer Reform des Arzneimittel- rechtes ausgearbeitet und inzwi- schen auch Senatoren und Abge- ordnete gefunden, die diesen Ent- wurf in beiden Häusern des Kon- gresses einbringen (die Regierung hat in den USA kein lnitiativrecht im Parlament). Mit einer schnellen VerabsChiedung wird allerdings nicht gerechnet: einer der „Spon- soren" des Gesetzentwurfes, Se- nator Edward Kennedy, wies be- reits darauf hin, daß nicht alle Sponsoren mit allen Bestimmun- gen des Entwurfes einverstanden seien.

Die wichtigste Änderung gegen- über der bisherigen Rechtslage betrifft die Registrierung und Zu- lassung von Arzneimitteln: In Zu- kunft sollen nur noch neue „Gene- rics" dem bisherigen Zulassungs- verfahren unterworfen werden.

Wenn dann ein Hersteller ein Prä- parat unter einem Markennamen anmeldet, dann braucht er ledig- lich noch nachzuweisen, daß die- ses Präparat dem zugelassenen Generic entspricht. Der Erstan- melder eines Generics würde ei- nen Fünfjahresschutz vor Nachah- mungen erhalten; falls ein gültiges Patent vorhanden ist, könnte die- ser Schutz auch länger dauern.

Andere Bestimmungen verändern die Vollmachten, die das Gesund- heitsministerium bzw. die „Food and Drug Administration" (FDA) besitzt: Besonders wichtig scheint eine Bestimmung zu sein, die der FDA die Möglichkeit gibt, für ein Medikament vorzuschreiben, daß es nur von Ärzten mit besonderer Ausbildung oder Erfahrung oder nur in bestimmten Einrichtungen verschrieben werden darf. Was hier wie eine Einschränkung aus- sieht, ist in der Tat eine Erleichte- rung gegenüber dem bisherigen Zustand, der nur ein Ja oder Nein

kannte: Wenn ein Medikament Ne- benwirkungen aufweist, insbeson- dere wenn es nur im Verdacht steht, kanzerogen zu sein, dann konnte oder mußte die FDA die Anwendung total verbieten. Auf diese Weise war selbst eine kriti- sche Anwendung in Fällen, wo der Nutzen eines Medikaments das Ri- siko überwog, nicht möglich. Man kann auf diese Weise auch errei- chen, daß neue Medikamente schneller, wenn auch zunächst unter beschränkten Bedingungen, angewendet werden können.

Der Entwurf enthält ferner Vor- schriften über die Patienteninfor- mation bei Medikamenten; er sieht die Einrichtung eines nationalen Zentrums für klinische Pharmako- logie vor, das nicht nur die Anwen- dung der vorhandenen Medika- mente forschend begleiten soll, sondern auch die Aufgabe erhal- ten soll, solche Medikamente zu entwickeln, für die es zuwenig oder keinen kommerziellen Anreiz gibt. Auch die Überwachung von Arzneimittel-Nebenwirkungen soll zu den Aufgaben dieses Zentrums gehören.

Schließlich erfüllt der Gesetzent- wurf einen langgehegten Wunsch aus allen beteiligten Kreisen, in- dem er die Begriffe Sicherheit und Wirksamkeit in juristisch faßbarer Form definiert.

Weitere Bestimmungen geben der FDA die Möglichkeit des Eingrei- fens, wenn Medikamente in größe- rem Ausmaß nicht ihrer ursprüng- lichen Bestimmung entsprechend verwendet werden — dies zielt auf den Mißbrauch von Amphetami- nen —, und die Vollmachten der FDA werden auch auf diejenigen Präparate ausgedehnt, die nur in einem Bundesstaat auf dem Markt sind. Diese letzte Bestimmung soll der Regierung offensichtlich die Möglichkeit geben, gegen das an- gebliche Krebsmittel Laetrile aus Aprikosenkernen vorzugehen, das von Mexiko aus in die USA ge- schmuggelt, aber jeweils immer nur innerhalb eines Staates ver- trieben wird. ama

Kunstfehler

an der Stoßstange

Wer in den USA, insbesondere Ka- lifornien, eine politische oder son- stige Meinung öffentlich kundtun will, kann dies dadurch tun, daß er im Papiergeschäft einen entspre- chenden „bumper sticker", einen

- w

Stoßstangen-Aufkleber aus San Fran- cisco

Aufkleber für die Autostoßstange, kauft und auf seinen Wagen klebt.

Oder andersherum: Wer in den Pa- piergeschäften das Angebot an bumper stickers durchblättert, kann sehen, was für Dinge die öf- fentliche Meinung gerade be schäftigen. Das Problem der Be- ziehungen zwischen Ärzten und Justiz, der zunehmenden Zahl von Kunstfehlerprozessen und der ins Unermeßliche wachsenden Haft- pflichtversicherungsprämien für Ärzte, das nach verbreiteter Mei- nung nicht zuletzt durch die be- sondere Geschicklichkeit von.

manchen Rechtsanwälten über- haupt erst entstanden ist, taucht auf diesen Aufklebern nun auch auf: Abgebildet ist ein solcher Auf- kleber aus San Francisco, der lapi- dar feststellt: „Werde Arzt und er- nähre einen Rechtsanwalt". bt

Vier-Tage-Woche kein Erfolg

Die in manchen amerikanischen Krankenhäusern praktizierte Vier- Tage-Woche bei 40 Stunden Ar- beitszeit hat nicht den ursprüng- lich erhofften Kostenbremseffekt gezeigt. Eine Expertise, die die Er- fahrungen in 15 verschiedenen.

Krankenhäusern auswertet, zeigt:

Sieben Krankenhäuser registrier- ten eine erwähnenswerte Zunah-

1930 Heft 35 vom 31. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Arbeit und Sozialpolitik

Die Information:

Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

me der Betriebskosten seit der Einführung der Vier-Tage-Woche.

Bei sechs Hospitälern stiegen die Betriebskosten geringfügig, dage- gen vermeldeten nur zwei Kran- kenhäuser verringerte Betriebsko- sten durch die Konzentrierung der Arbeitszeit auf vier Tage pro Wo- che. Drei der Krankenhäuser muß- ten zusätzlich Personal einstellen.

Mithin ist das ein Indiz dafür, daß die Vier-Tage-Woche teurer als die Fünf-Tage-Woche ist. HC

CHINA

Labor

auf dem Fahrrad

Mit Stolz berichtet die englisch- sprachige chinesische Ärztezeit- schrift über eine Erfindung des 61 jährigen Krankenhauslaboran- ten Li Ti-sheng: Er hat ein trans- portables Labor entwickelt, das aus 300 Teilen in einer 10-Kilo- Kiste besteht und den ländlichen Krankenstationen und Barfußärz- ten die Durchführung von etwa 20 diagnostischen Tests ermöglicht.

Die erforderlichen Reagenzien sind nicht in Flaschen, sondern in kleinen Ampullen abgefüllt. Damit soll die größte Schwierigkeit über- wunden werden, die bisher bei der Versorgung auf dem Lande be- stand, die nämlich, daß diese Rea- genzien immer nur in großen Fla- schen und damit auch nur in den zentraleren Krankenhäusern zur Verfügung standen. Aqua destilla- ta wird mit Hilfe eines lonenaus- tauschers hergestellt, und für Bak- terienkulturen und zum Kühlen hat Li dasjenige Gerät herangezogen, dessen Produktion für den China- reisenden die größte Industrie des Landes überhaupt zu sein scheint:

ganz gewöhnliche Thermosfla- schen. Ein optisches Kolorimeter, eine batteriegetriebene Zentrifu- ge, einige Instrumente und Test- streifen ergänzen die Ausrüstung.

Die Kiste kann auf dem chinesi- schen Massenverkehrsmittel, dem Fahrrad, transportiert werden.

Beigegeben ist ein Handbuch von 270 000 Wörtern. bt

Psychotherapie:

Konsequenzen

noch nicht abzusehen

„28 Verbände, Organisationen, Gewerkschaften sind für Mitte September vom Bundesministe- rium für Jugend, Familie und Ge- sundheit zu einem Hearing über den Entwurf eines Psychothera- peutengesetzes eingeladen wor- den — Konfrontationen wollte man sich jedoch wohl sparen, denn bei dieser Sitzung sind die zahlrei- chen existierenden Psychologen- vereine und Gruppen gar nicht da- bei. In der Tat: das Psychothera- peutengesetz birgt mancherlei Zündstoff, den man nicht zu einer

‚kritischen Masse' aufhäufen soll- te. Denn erstmalig wird der Be- reich der für die Ausübung der Heilkunde am Menschen berech- tigten Personen über die bisher al- lein dafür zuständigen Berufe der Ärzte und der Heilpraktiker ausge- weitet.... Im Prinzip haben die Ärzte gegen die therapeutische Tätigkeit von Psychologen nichts einzuwenden — betont: im Prinzip.

An vielen psychiatrischen Kliniken sind bereits heute klinische Psy- chologen tätig. Aber: sie arbeiten mit den Ärzten zusammen, thera- pieren auf Überweisung durch Ärzte, sind ihnen sozusagen nach- geordnet. Dagegen haben sich die Psychologen oft gewandt; sie wol- len mit den Ärzten gleichberech- tigt sein.

Allerdings können die Psycholo- gen ein ärztliches Argument nicht widerlegen: daß nämlich fast jede psychische Störung eine somati- sche Ursache haben kann, deren Erkennung für den auf diesem Ge- biet nicht ausgebildeten Psycholo- gen schwierig, wenn nicht unmög- lich ist. Das kann ein Hirntumor sein oder eine Stoffwechsel- oder Durchblutungsstörung. In einem solchen Fall aber hilft keine der psychologischen Therapierichtun- gen (die sich auch noch unterein- ander bis aufs Messer bekämp- fen), sondern nur eine entspre- chende somatische Behandlung mit Skalpell oder Medikament. Es

gibt Grenzfälle — aber: die Östro- genbehandlung einer klimakteri- schen Depression ist weit einfa- cher, sicherer und nicht zuletzt bil- liger als eine entsprechende Psy- chotherapie. Die Ärzte bestehen auf ihrer bevorrechtigten Mitwir- kung, weil sie fürchten, daß ein Psychotherapeut ohne ärztliche Ausbildung die körperlich beding- ten psychischen Erkrankungen verkennen und mit bloßer Psycho- therapie nicht nur nicht nützen, sondern sogar Schaden stiften könnte. Ob der letzte Satz der Tä- tigkeitsbeschreibung für die Psy- chotherapeuten im Gesetzentwurf des BMJFG diese ärztlichen Be- denken ausräumen kann, er- scheint höchst zweifelhaft; § 1 Ab-

satz 2 endet mit der Bestimmung:

,Soweit eine ärztliche Mitwirkung . . . wegen der Art der vermuteten oder festgestellten Erkrankung oder Störung des Patienten gebo- ten ist, ist dem Psychotherapeuten und der Psychotherapeutin die Ausübung nur unter ärztlicher Mit- wirkung gestattet.'

Fraglich geworden ist, ob ein wei- teres ärztliches Argument sich durchsetzen kann: es war bezwei- felt worden, ob die vom BMJFG- Entwurf geforderte dreijährige Zu- satzausbildung nach dem Psycho- logiediplom ausreiche. Für die Fachbezeichnung ,psychoanalyti- sche Medizin' war von den ärztli- chen Fachgesellschaften eine sechsjährige Weiterbildung nach Abschluß des Medizinstudiums vorgesehen worden; nach ihrer Ansicht hätte sich die psychothe- rapeutische Zusatzausbildung der Psychologen an diesem Modell ausrichten müssen. Der Ärztetag hat jedoch im Mai dieses Jahres in Mannheim diesen Vorschlag ver- worfen, aus Gründen übrigens, die mit dieser Auseinandersetzung

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 35 vom 31. August 1978 1931

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