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Archiv "Kein hoffnungsfroher Start" (30.12.1976)

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Die Information:

Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

Auch ein Signal

„Ob die Sozialpolitiker selbst heute noch jede Masche des von ihnen geknüpften Netzes kennen, vor al- lem die Kostenwirksamkeit, muß

Stötner etaDt-91n3tigtr

man nach den jüngsten Erfahrungen bezweifeln. Dafür ist andererseits die Verflechtung von Sozialpolitik und wirtschaftlicher Entwicklung geradezu dramatisch offenbar ge- worden. Ein erstes Indiz dafür, daß — verkürzt gesagt — der Bundeskanzler nicht mehr die Sozialpolitik allein Sozialpolitikern überlassen will, war die Berufung des Wirtschaftspoliti- kers Herbert Ehrenberg erst zu Arendts Staatssekretär und jetzt zu seinem Nachfolger." Hans Schmitz

„Jetzt hat Schmidt seinen Sündenbock`

Bundeskanzler Helmut Schmidt bestätigte nach seiner Wahl unmit- telbar vor der SPD-Fraktionssitzung, daß Walter Arendt nicht wieder in

fbanb cid tritt

das Kabinett zurückkehren werde.

Schmidt sagte, der öffentlich erho- bene Vorwurf, Arendt klebe an sei- nem Ministersessel, habe bei diesem ,das Faß zum Überlaufen gebracht'.

In den Fraktionen hat man kaum Zweifel daran, daß dieser Verzicht Arendts unmittelbar nach der Kanz- lerwahl eine konzertierte Aktion mit Helmut Schmidt war. Wäre die Re- signation Arendts vor der Wahl des Kanzlers im Bundestag bekanntge- worden, dann hätten Schmidt wahr- scheinlich im ersten Wahlgang die entscheidenden Stimmen zur Wie- derwahl gefehlt. Viele Abgeordnete des Bundestages fühlen sich offen-

sichtlich durch diese Taktik ge- täuscht. Allerdings eröffnet der Ver- zicht Walter Arendts dem Bundes- kanzler auch die Möglichkeit, um den ehemaligen Gewerkschaftsfüh- rer Arendt zum ‚Sündenbock' für den Rentenskandal zu erklären. Er- hebliche Spannungen zwischen Schmidt und Arendt waren der Öf- fentlichkeit nicht verborgen geblie- ben. Der Kanzler soll Arendt unzu- reichende und falsche Informatio- nen über die Situation der Renten- versicherung vorgeworfen haben."

Kritik

am Leistungsabbau

„Auf massive Kritik sind die Pläne der Bonner Koalition für Sparmaß- nahmen im Gesundheitswesen beim Verband der Ärzte Deutschlands (Hartmannbund) gestoßen. Nach Auffassung des Verbandsvorsitzen- den Horst Bourmer würde die Ver- wirklichung des Konzepts, in dessen Mittelpunkt die Orientierung der Ärzteeinkommen an der gesamtwirt- schaftlichen Entwicklung steht, die frei praktizierenden Ärzte zwingen, ihre Leistungen für die Patienten drastisch einzuschränken. Der Pa- tient werde bei dieser Regelung künftig nicht nur auf die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft und Technik für seine Behandlung verzichten müssen, sondern darüber hinaus auch eine Verschlechterung des heutigen Standards in Diagnose und Theapie hinnehmen müssen.

Die geplante Einsparung von 2,5 Mrd. DM bei der ambulanten Versor- gung bedeute unter dem Strich, daß die gesamten Ausgaben der gesetz- lichen Krankenversicherungen für die Gesundheitsversorgung der Be- völkerung um 25% abgebaut wer- den sollten. Bourmer übt auch Kritik an der geplanten Begrenzung der Verschreibung von Arzneimitteln.

Dadurch würden die Behandlungs- möglichkeiten und die Therapiefrei- heit des niedergelassenen Arztes in einer für die Patienten unzumutba- ren Weise eingeschränkt." Wff im Handelsblatt

Kein hoffnungsfroher Start

„Helmut Schmidt und seine Regie- rung, die im Bundestag über eine Mehrheit von nur zehn Stimmen ver- fügen, stehen vor einem Berg von Problemen. Schmidt und dessen Vize, der FDP-Vorsitzende Hans- Dietrich Genscher — und damit auch ihre Parteien — haben in den vergan- genen Wochen einen guten Teil des Vertrauensvorschusses und ein Stück Glaubwürdigkeit verloren.

Das um so mehr, als — bei aller Stromlinigkeit der heutigen Regie- rungserklärung — noch kein über- zeugender Weg zur Sanierung der Finanzen und Renten sowie zur Lö- sung der Arbeitsmarktprobleme ge- funden worden ist. Was beispiels-

SAARBRÜCKER ZEITUNG

weise im Gesundheitsbereich ge- plant ist, besteht zunächst nur aus Hoffnungen. Hinzugekommen ist der Fall Arendt. Zeitpunkt und Um- stände seiner Verzichtserklärung hinterlassen einen Schatten in der Öffentlichkeit und Probleme für die Regierung." Günther Brozio

„Das deformierte Rentensystem"

„Wenn nun der Krankenversiche- rung willkürlich mehr als die Hälfte der Rentnerkosten zugeschoben und die Bemessungsgrenzen mit der

'jranffitrter31Igein eine

Rentenversicherung ‚harmonisiert' werden, so kann es nicht lange dau- ern, bis den Krankenkassen die Ge- samtlast der Rentner-Krankenversi- cherung aufgebürdet wird. Dies muß dann zur totalen Versicheru-3s- pflicht, zum finanziellen Verbund

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 53 vom 30. Dezember 1976 3393

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Die Information: . Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

unter den Kassen und schließlich zur Einheitsversicherung führen.

Sieht die FDP nicht, wie hier Wei- chen gestellt werden? Auch ist da- von die Rede, daß die Selbstverwal- tung der Kassen gestärkt werden solle. Wie aber sieht das aus? Die Spitzenverbände der Kassen sollen künftig mit Ärzten und Krankenhäu- sern den Ausgabenzuwachs bei der ärztlichen Behandlung, den Arznei- mitteln und den Pflegesätzen aus- handeln. Aber die Funktionäre kön- nen nur vereinbaren, was im Gesetz vorgegeben wird, daß nämlich die Ausgaben höchstens im Rahmen der Versicherteneinkommen steigen dürfen. Und die Kassen sollen ein- heitlich verhandeln. Für die Ersatz- kassen gibt es keine Sonderstellung mehr. Alles wird plattgewalzt. Dem gegliederten System, das die Versi- cherten bislang vor der Allmacht ei- ner Einheitskassen-Bürokratie be- wahrte, wird der Garaus gemacht.

Die Steuerung des Systems wird dem DGB wegen seines Gewichts in der Selbstverwaltung zufallen. Das alles ist in den Koalitionsbeschlüs- sen angelegt. Aber von Mischnicks liberalefn Gesundheitsprogramm ist bislang nichts zu hören. Von der Mitverantwortung und Selbstbeteili- gung des Bürgers keine Spur. Statt dessen wird Ärzten und Kranken- häusern die Aufgabe zugeschoben, bei weiterhin unbeschränktem An- spruch der Versicherten den not- wendigen Abbau der Leistungen herbeizuführen. .."

Walter Kannengießer

Renten

für die Kanzlerwahl

„... hat die beabsichtigte Vermö- genskappung eine andere sichere Folge. Es werden die Träger der Rentenversicherung, die so ungezo-

DIE WELT

gen gewesen waren, die Öffentlich- keit, die doch unwissend bleiben sollte, mit Informationen über die wahre Finanzsituation zu versorgen,

entscheidend geschwächt. Wenn die Rentenversicherung keine Re- serven mehr hat, um kleinere Krisen aus eigener Kraft zu überstehen, im übrigen sozial nützliche Investitio- nen vorzunehmen und Heilverfahren für die Versicherten durchzuführen, dann braucht sie auch keine von den Sozialpartnern getragene Selbstver- waltung mehr. Einnahmen und Aus- gaben zu tätigen, genügen Buchhal- ter. Defizite deckt der Bundesfinanz- minister, der dann Herr über die deutsche Alterssicherung sein wird." Albert Müller

Der Staatsarzt wartet schon

„Um sich bei den Rentnern aus der Affäre zu ziehen, will die Koalition das Gesundheitswesen umkrem- peln. Doch die Flickschusterei hat durchaus Methode. Verstrickt in leichtfertige Wahlversprechen be-

E UT SCHE ZEITUNG

CHRI ST,,-nWIELT

ginnt die sozial-liberale Koalition mit der Demontage der gesundheitli- chen Versorgung ihrer Bürger.

Nichts anderes nämlich bedeutet die beabsichtigte Sanierung der Ren- tenversicherung zu Lasten der Kran- kenversicherung. Das sieht dann so aus: Die jetzt verordneten Mehrein- nahmen von 2,5 Milliarden DM wer- den ausschließlich den Ersatzkas- sen zufließen, geschätzte Mehraus- gaben von über 6 Milliarden DM aber vornehmlich von Orts- und Be- triebskrankenkassen übernommen werden müssen. Das schreit nach Umverteilung. Damit wird aber eine Ladung Dynamit in das gegliederte System der gesetzlichen Kranken- versicherung geworfen, um (mit Hilfe der Linken) statt dessen eine Einheitsversicherung errichten zu helfen. Wenn die Ausgaben der Kas- sen durch die vorausgeschätzten Einnahmen begrenzt werden, dann wird damit die Vergütung nach Ein- zelleistungen bei Ärzten und Zahn-

ärzten aufgegeben. Das bedeutet Rückkehr zum Pauschalsystem, das schon einmal im Ruf stand, eine ‚Ar- meleute-Medizin' zu sein. Wenn Krankenhauspflegesätze sich nicht mehr an den (kontrollierten) Kosten, sondern an fixen Ausgabenplan- fonds orientieren, dann heißt das:

Rückkehr zur Unterfinanzierung der Krankenhäuser, die durch das (aller- dings verunglückte) Krankenhausfi- nanzierungsgesetz doch eben erst hatte beseitigt werden sollen. Und wenn gar die Verschreibungen der Ärzte limitiert werden sollen, um auf diese Weise auch die Arzneimittel- ausgaben zu bremsen, dann wird es wieder heißen, weil du arm (nämlich Krankenkassenmitglied) bist, mußt du früher sterben'." Hanns Meenzen

Keineswegs

alles „stinknormal"

„Daß entgegen der Aussage Helmut Schmidts bei dieser Regierungsbil- dung keineswegs alles ‚stinknormal' läuft, wie er noch vor vierzehn Tagen im kleinen Kreis beteuert hatte, wußte die Bundeshauptstadt um 15.30 Uhr amtlich. Da nämlich er- schien statt des erwarteten weißhaa- rigen Walter Arendt der Ostpreuße Herbert Ehrenberg im Bundespräsi-

Frankfurierflundschau

dialamt, um die auf seinen Namen ausgestellte Ernennungsurkunde zum ,Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung' in Empfang zu neh- men. Nicht wenige Sozialdemokra- ten fühlten sich auf den Arm genom- men. Dabei hatten noch während der ersten Minuten der Kanzlerwahl Schmidt und Arendt scheinbar fried- lich, Schulter an Schulter, in einer Abgeordnetenbank gesessen, bis der amtierende Schriftführer den Abgeordneten Arendt aufrief. Hatte es Helmut Schmidt in die Nähe des enttäuschten und schon lange resig- nierenden Mannes gedrängt, weil er um seine dünne Mehrheit bangte?" Eghard Mörbitz

3394 Heft 53 vom 30. Dezember 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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