A1714 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3315. August 2008
A K T U E L L
Um die Einbindung des von der AOK Baden-Württemberg ange- botenen Vertrags zur hausarztzen- trierten Versorgung (HZV) nach
§ 73 b Sozialgesetzbuch V in die Arztinformationssysteme gibt es Streit. Seit dem 1. Juli 2008 können sich alle Hausärzte in Baden-Würt- temberg in diesen Vertrag ein- schreiben. Für die Teilnahme ist der Einsatz einer „Vertragssoft- ware“ zwingend erforderlich. Die Intercomponentware AG (ICW), Walldorf, bietet die bisher einzige Vertragssoftware unter dem Na- men „Hausarzt+“ an und wurde von den Vertragspartnern des Haus- arztvertrags beauftragt, anderen EDV-Anbietern Informationen und Komponenten zur Umsetzung der Vertragsfunktionen in deren Soft- warelösungen bereitzustellen. Weil dies nicht rechtzeitig erfolgt ist, hat
die Docexpert-Computer GmbH, Bamberg, beim Landgericht Hei- delberg eine einstweilige Verfü- gung gegen die ICW AG erwirkt.
Ziel der Verfügung sei es, Wett- bewerbsgleichheit bei der IT-Um- setzung des HVZ herzustellen, teil- te das Bamberger Unternehmen mit. Die ICW verfüge mit der ei- genen Vertragssoftware weiterhin über eine Monopolstellung, die den teilnahmewilligen Arzt dazu zwinge, die ICW-Software zu er- werben und diese zusätzlich zur etablierten Arztsoftware zu ver- wenden.
Laut Umfragen von Softwarean- bietern wie der Compugroup Hol- ding AG und der Docexpert-Gruppe wünscht sich die große Mehrheit der Anwender eine Umsetzung des HZV-Vertrags in ihren gewohnten Arztinformationssystemen. KBr
Die mehr als 270 Mitgliedsunter- nehmen des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) halten den Pharmastandort Deutschland als „Apothe- ke der Welt“ für gefährdet.
Der politische Druck durch Festbeträge, Zwangsrabat- te, Arzneimittelhöchstbe- träge oder Zuzahlungsbe- freiungen erschwere es vor allem kleinen und mittleren Unternehmen, in Produkt- verbesserungen zu investie- ren, sagte Dr. Bernd Wege- ner, BPI-Vorsitzender, bei der Jahreshauptversammlung des Verbands in Berlin.
Der Vizepräsident der Europä- ischen Kommission, Günter Ver- heugen, kündigte seine Unterstüt- zung dabei an, wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Arznei- mittelhersteller zu schaffen. Dazu gehöre auch der Kampf gegen Pro-
duktfälschungen. MM
Der Deutsche Ethikrat will sich der Ernährung unter ethischen Gesichts- punkten zuwenden. Das Thema wird zunächst in- tern in einer Arbeits- gruppe sowie auf der Sep- tembersitzung des Ethik- rats behandelt und im Herbst voraussichtlich auch öffentlich vorge- stellt. Darauf hat sich das Gremium unter Vor- sitz von Prof. Dr. jur.
Edzard Schmidt-Jortzig am 25. Ju- li in Berlin verständigt.
Bei dieser Sitzung referierten Prof. Dr. med. Dr. phil. Eckard Na- gel und Dr. rer. pol. Christine Eich- horn, beide vom Institut für Medi- zinmanagement und Gesundheits- wissenschaften der Universität Bayreuth, über die ethischen As- pekte, sie vermittelten dem nicht spezifisch sachkundigen Gremium aber auch ökotrophologisches Grund- wissen. Nagel gehört dem Ethikrat an und ist zudem Transplantations-
chirurg in Augsburg. Der Ethikrat will sich insbesondere des „Man- gels im Überfluss“ annehmen, das heißt der in Deutschland verbreite- ten Fehlernährung. Von Überge- wicht seien sozial benachteiligte Schichten besonders betroffen, vor allem Kinder. Damit stellten sich ethische Fragen nach der Vertei- lungsgerechtigkeit, der gesellschaft- lichen Verantwortung und der Rol- le des Staates, Fehlentwicklungen aktiv zu begegnen, hieß es auf der
Berliner Sitzung. NJ
LIPIDSENKER
Ärzte sollen preiswerter verordnen
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein und die dortigen Krankenkassen informieren derzeit die Ärztinnen und Ärzte über die Therapie mit Lipidsenkern. Inner- halb dieser Wirkstoffgruppe hätten sich die Ausgaben für Ezetimib um 20,3 Prozent (Inegy) beziehungs- weise 5,8 Prozent (Ezetrol) erhöht, begründete die KV die Aktion. Dies habe ein Vergleich der Ausgaben von 2007 mit dem Vorjahr ergeben.
Der KV zufolge wird der positive wirtschaftliche Effekt, der durch die generische Verordnung von Statinen erreicht wurde, durch die steigenden Verordnungszahlen für Ezetimib- präparate eingeschränkt. Dabei ha- be auch in der zuletzt veröffentlich- ten Enhance-Studie kein klinischer Vorteil von Ezetimib gegenüber ei- ner Statintherapie allein gezeigt
werden können. EB
HAUSARZTVERTRAG
Streit um Vertragssoftware
PHARMAZEUTISCHE INDUSTRIE
„Apotheke der Welt“
in Gefahr
Mangel im Über- fluss:Übergewicht und Fehlernährung sind in Deutschland weitverbreitet.
DEUTSCHER ETHIKRAT
Angemessene Ernährung als Arbeitsthema
Foto:dpa
Bernd Wegener
Foto:Caro