Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Nuklearmedizinische Tumorfahndung
tersuchungen können daher bei ent- sprechender Indikation jederzeit wiederholt werden, was besonders für die nuklearmedizinische Ver- laufskontrolle behandelter Tumor- patienten wichtig ist.
Mit Nachdruck muß darauf hinge- wiesen werden, daß die nuklearme- dizinische Tumordiagnostik in der Regel ein unspezifisches Untersu- chungsverfahren ist, dessen Wertig- keit nur im Kontext mit anderen Un- tersuchungsverfahren (Klinische und Laborbefunde, Röntgendiagno- stik, Tomographie, Ultraschalldia- gnostik usw.) beurteilt werden kann.
Screening bei Tumorverdacht und Verlaufskontrolle bösartiger Erkran- kungen sind daher die Domäne der nuklearmedizinischen Onkologie.
Die zur nuklearmedizinischen Dia- gnostik von Organtumoren verwen- deten Radiopharmazeutika sind aus den oben genannten Gründen durchweg mit y-Strahlen emittieren- den Radionukliden etikettiert (mar- kiert). Ausnahmen hiervon sind kör- peroberflächennahe Tumoren wie Haut- und Augentumoren, insbeson- dere Melanome. Hierzu verwendet man (harte) (3-Strahlen emittierende Radiopharmaka, die vor allem mit Phosphor-32 markiert sind. Derarti- ge Untersuchungen setzen entspre- chende Spezialmethoden voraus.
Beispiele positiver Tumorszintigra- phie ergeben sich bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen (und ge- gebenenfalls deren Metastasen) durch Jod-131 markiertes Jodid, bei Knochenmetastasen durch markier- tes Poly- oder Diphosphat und bei Hirntumoren durch 99 mTc markiertes Pertechnetat.
Demgegenüber findet man Tumor- bedingte Speicherdefekte (im Sinne der negativen Tumorszintigraphie) in Szintigrammen der Schilddrüse ([entdifferenzierte] kalte [Karzinom]
Knoten) mittels 131 J-Jodid oder
99mTc-Pertechnetat, der Leber mit- tels 99 mTc-Schwefelkolloid, der Nie- ren mittels 99 mTc-DTPA des Pan- kreas mittels 75 Se-Methionin, um die wichtigsten Beispiele zu nennen.
Das Traumziel onkologischer nukle- armedizinischer Diagnostik, nämlich
einen Tumor und seine Metastasen möglichst frühzeitig und spezifisch zu diagnostizieren ist bisher mit Er- folg nur beim differenzierten Schild- drüsenkarzinom und bis zu einem gewissen Grad bei Knochenmeta- stasen von Tumoren unterschiedli- cher Provenienz erreicht worden.
Nur die differenzierten epithelialen Tumoren wie metastasierendes Schilddrüsenkarzinom (hämatogene Aussaat), papillär wachsendes Ade- nokarzinom (dazu gehört vor allem die wachsende Struma Langhans) speichern Radiojod und sind somit szintigraphisch darstellbar. Metasta- sen dieser Tumoren sind ebenfalls szintigraphisch nachweisbar, soweit sie keine entdifferenzierte Metamor- phose durchgemacht und noch morphologisch-biochemisch den Primärtumor imitieren.
Selbst bei nicht-speichernden Meta- stasen eines Schilddrüsenkarzi- noms kann durch entsprechende Maßnahme wie totale Resektion (Ausschaltung des Primärtumors) und TSH-Stimulierung manchmal erreicht werden, daß diese wieder Jodid-speicherfähig und damit nachweisbar werden. Die so indu- zierte „biochemische Umwandlung"
der Metastasen im Sinne des (spei- chernden) Primärtumors hat nicht nur diagnostische Bedeutung durch den damit verbundenen positiven szintigraphischen Nachweis, son- dern ist dann zugleich auch Ansatz- punkt für die Radiojodtherapie im Sinne einer nuklearmedizinischen
„Therapie magna sterilisans", da das (dann hochdosierte) intravenös- applizierte Radiojod sich nicht nur die Metastasen „sucht", sondern sich in entsprechender (via (3-Strah- lung des 131 J) therapeutisch wirksa- mer Dosis dort anreichert. Radiojod ist in diesem Fall Diagnostikum (via y-Strahlung) und Therapeutikum (via Tumor-begrenzter (3-Strahlung) zugleich.
Das schon frühzeitig in der nuklear- medizinischen Ära erkannte diagno- stisch-therapeutische Prinzip ist nach wie vor das Ziel der nuklearme- dizinischen Onkologie. In praxi sind wir von der Generalisierung dieses Wirkprinzips (hohe spezifische
Tumoranreicherung) leider jedoch noch weit entfernt. Zur Vervollstän- digung sei erwähnt, daß zwar dieses Idealprinzip nuklearmedizinischer Therapie bei anderen Tumoren bis- her nicht angewendet werden konn- te, jedoch im Sinne der „inneren"
Strahlentherapie durch „offene" Ra- dionuklide einige Erfolge erzielt werden konnten (endolymphatische, interstitielle, intrakavitäre und hä- matologische [Polyzythämie] Isoto- pentherapie).
Auch hier gilt das Grundprinzip der Strahlentherapie, hohe (Radionu- klid-) Dosen an den Tumor heranzu- bringen bei möglichst weitgehender Schonung des gesunden Gewebes.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.
Emil Heinz Graul
Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin
Lahnstraße 4a 3550 Marburg/Lahn
—ECHO
Zu: „Eingeschränkte Anwendung von Amidonal" von der Arzneimit- telkommission der deutschen Ärz- teschaft in Heft 35/1977, Seite 2118
Ärzte sollen Amidonal eingeschränkt anwenden
„Das Medikament Amidonal, das bei Herzrhythmusstörun- gen verschrieben wird, sollte nach Ansicht der Arzneimittel- kommision der deutschen Ärzteschaft nur eingeschränkt angewendet werden. Die Kommission begründete diese Empfehlung in der am Mitt- woch in Köln erschienenen jüngsten Ausgabe des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES da- mit, daß längere Einnahme des Präparates zu starker Ver- minderung der weißen Blut- körperchen führen könne."
(dpa in: Westdeutsche Allge- meine Zeitung)
DEUTSCHES ÄRZTEBL ATT 2904 Heft 49 vom 8. Dezember 1977