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Archiv "Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung: Theoretisch wünschenswert" (10.09.2004)

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as vordergründig wie ein be- achtlicher Schritt von vier europäischen Gesundheitsmi- nistern in Richtung einer europäischen Gesundheitspolitik aussah, erwies sich als der erneute Versuch, in erster Linie die nationale Hoheit zu bewahren: das

„Internationale Forum über den all- gemeinen Zugang zu Gesundheits- dienstleistungen“ am 31. August in Aachen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und ihre drei europäischen Amtskollegen – die spani- sche Ministerin für Ge-

sundheit und Verbrau- cherschutz, Elena Sal- gado Mendés, der briti- sche Staatsminister für Gesundheit, John Hut- ton, und der schwe- dische Sozialminister Lars Engqvist – dach- ten zwar über We- ge nach, die eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der medizinischen Ver- sorgung intensivieren könnten. Die „Aa- chener Erklärung“, die das Quartett beschloss, zeugt jedoch in weiten

Teilen von bekannten Ängsten um den Verlust nationaler Qualitätsstandards.

Die Verantwortung der Mitgliedstaa- ten für die Organisation des Gesund- heitswesens und die medizinische Ver- sorgung sowie die Systeme der sozialen Sicherung müssen gewahrt bleiben, schreiben die Minister in ihrem knappen Memorandum. Engqvist um- riss den Spagat zwischen einer europäi- schen Gesundheitspolitik und der Be- wahrung der nationalen Hoheit so: „Wir suchen noch nach der richtigen Balance zwischen der Organisation und den

Werten. Wir sind aber sicher, dass wir zusammenarbeiten können, ohne unse- re Werte zu verlieren.“ Schmidt betonte, den Willen zur Zusammenarbeit habe Deutschland durch die Akzeptanz der Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und der geplanten Änderung der EWG-Verordnung 1408/71 vom 1. Oktober 1972 gezeigt. So sei das Mül- ler-Fauré-Urteil des EuGH vom 13. Mai 2003 (Rechtssache C-385/99) durch die Gesundheitsreform vorausschauend umgesetzt worden. In der Tat müssen

deutsche Krankenkassen seit dem 1. Ja- nuar die Kosten einer ambulanten Behandlung im Ausland für ihre Versi- cherten übernehmen, so, wie es in dem EuGH-Urteil beschlossen wurde. Dar- über hinaus hätten, wenn die reformierte EWG-Verordnung 1408/71 im Jahr 2006 in Kraft tritt, alle Versichertengruppen Anspruch auf dieselben erforderlichen Leistungen bei vorübergehenden Aus- landsaufenthalten – noch gelten unter- schiedliche Sachleistungsansprüche.

Trotz dieser Bekenntnisse zu einer gemeinsamen europäischen Gesund-

heitspolitik zeigt sich in weiteren Punk- ten der „Aachener Erklärung“ die Angst der Minister vor „zu viel“ Europa: So wollen sie beispielsweise sicherstellen, dass in den Staaten die dort geltenden Qualitäts- und Sicherheitsstandards in der ärztlichen Versorgung erhalten blei- ben. Dies sei, so die deutsche Ministe- rin, auch eine Frage der Freizügigkeit von Ärzten: „Es ist wichtig, dass bei der künftigen Mobilität von Ärzten die gute Qualität erhalten bleibt.“ Das Ge- sundheitswesen dem europäischen Bin- nenmarkt und den dort herrschenden Wettbewerbsregeln unterzuordnen, leh- nen die Minister ab. Sie erklärten zwar, Impulse für den Wettbewerb der Lei- stungsanbieter geben zu wollen, aller- derings nur, „soweit dies zur Qualität und Effizienz beiträgt“. Ulla Schmidt schlug vor, den Gesundheitsbereich aus dem Dienstleistungsrichtlinienvor- schlag der Kommission vom 13. Januar dieses Jahres herausnehmen zu wollen.

Der Richtlinienvorschlag sieht vor, administrative und sonstige Hindernisse aufseiten der Mitgliedstaaten abzu- bauen, damit Dienstleistungen – darun- ter fällt auch die medizinische Versor- gung – grenzüberschreitend in An- spruch genommen werden können. „Im Gesundheitswesen wird es niemals die Freizügigkeit wie in anderen Bereichen geben“, war sich jedoch Schmidt sicher.

In einem Punkt demonstrierte das sozialdemokratische Ministerquartett allerdings besondere Europanähe:

„Wir wollen einen gleichberechtigten Zugang zur europäischen Union“, be- tonte Engqvist, „in der die solidarische Absicherung der Menschen im Krank- heitsfall erhalten bleibt“, ergänzte Schmidt. Allein unter kommerziellen Gesichtspunkten dürfe niemand be- handelt werden.

Bis zum nächsten Internationalen Forum werden die Minister von einer hochrangigen Arbeitsgruppe über den Verlauf der grenzüberschreitenden Ge- sundheitsversorgung informiert. Das Gremium wurde vom Ministerrat be- schlossen. EU-Gesundheitskommissar David Byrne befürchtet, dass die Arbeit der Gruppe die Übertragung weiterer Kompetenzen in der Gesundheitspolitik auf Brüssel erschwert. Freude dürfte ihm die Aachener Erklärung auch nicht bereiten. Martina Merten P O L I T I K

A

A2432 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3710. September 2004

Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung

Theoretisch wünschenswert

Vier EU-Gesundheitsminister erörterten in Aachen die Zukunft der europäischen Gesundheitspolitik. Die Angst vor dem Verlust nationaler Hoheit beschäftigte sie dabei am meisten.

Gesundheitsministerin Schmidt und ihre EU-Fachkollegen (v. li.) Engqvist (S), Salgado Mendés (S) und Hutton (GB) in Aachen

Foto:dpa

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