• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Suchterkrankungen bei Ärzten: Bei Therapie gute Aussicht auf Heilung" (08.07.2005)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Suchterkrankungen bei Ärzten: Bei Therapie gute Aussicht auf Heilung" (08.07.2005)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Der ambulante Pflegesektor wird auch deswegen weiter expandieren, weil damit zu rechnen ist, dass im Zuge des DRG-Einsatzes (Diagnosebezogene Fallpauschalen) stationäre Kranken- hauspatienten häufig früher entlassen und auf die Pflege verwiesen werden.

Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass der ambulante Sektor in der Pflege bis zum Jahr 2020 um 50 Prozent, bis zum Jahr 2050 sogar um 56 Prozent mehr Pflegefälle wachsen dürfte. Andererseits haben Erhebungen ermittelt, dass in den ambulanten Pflegediensten rund 16 000 Arbeitsplätze vorgehalten werden, für die es kein geeignetes Personal gibt.

Heimsektor boomt

Der Heimsektor ist in den letzten Jahren durch eine ständige Expansion gekenn- zeichnet. Allein seit 1998 sind mehr als 1 000 neue Heime mit einem Versor- gungsvertrag nach SGB XI entstanden;

jährlich kommen etwa 160 Heime hinzu.

Nach neueren Berechnungen werden jährlich etwa 10 000 neue Heimplätze benötigt. Die Zahl der Bewohner wird bis zum Jahr 2020 um mehr als die Hälfte zunehmen. Viele Heime sind inzwischen zu Versorgungseinrichtungen für De- menzkranke geworden, in denen auch al- te Menschen mit ausschließlich körperli- chen Gebrechen betreut werden.

Neben häufigen Qualitätsdefiziten werden von Gutachtern und den medi- zinischen Diensten der Pflegekassen unzulängliche Umsetzung des Pflege- prozesses und der Pflegekonzepte so- wie das Phänomen der passivierenden Pflege festgestellt. Deshalb wird der Einsatz von ständigen medizinischen Betreuern im Sinne eines 24-Stunden- Heimarztdienstes gefordert.

Künftig dürfte die stationäre Lang- zeitpflege zahlreiche Ressourcen erfor- dern und binden. Daher ist mit einem spürbaren Bedarf an zusätzlichen quali- fizierten Arbeitsplätzen zu rechnen.

Das Deutsche Institut für Wirtschafts- forschung, Berlin, prognostiziert einen Bedarf von 160 000 zusätzlichen Stellen bis zum Jahr 2020 und weiteren 280 000 bis 2050. Bereits heute sind bis zu 14 000 unbesetzte Stellen im Bereich der stationären Altenpflege festgestellt worden. Dr. rer. pol. Harald Clade

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 278. Juli 2005 AA1941

S

uchterkrankungen bei Ärzten sind ein Thema, das von den Medien regelmäßig aufgegriffen wird. Der nicht zurechnungsfähige Arzt, der seine Patienten fehlbehandelt, ist ein Thema, das bei jedem Ängste weckt: Das Gute und das Böse vereint in derselben Per- son, die Symbiose von Heiler und Zer- störer. So lockte „Der Spiegel“ 2002 mit der Schlagzeile „Morphinspritze im Kit- tel“ (12), um die Behauptung nachzu- schieben, dass 30 000 deutsche Ärzte al- kohol- oder medikamentenabhängig sei- en. Die „Welt am Sonntag“ glaubte zu wissen: „Suchtkrankheiten bei Medizi- nern sind ein Tabu: Dabei ist jeder Zehn- te betroffen.“ (14). Hingegen war es bei der Ärztlichen Praxis sogar „jeder fünfte

Arzt“, der angeblich süchtig sei (Ärzt- liche Praxis vom 23. April 2004).

Verlässliche Studienergebnisse in Bezug auf die Häufigkeit suchtkranker Ärzte liegen für Deutschland bislang nicht vor. Deshalb werden oft nordame- rikanische Erhebungen herangezogen und eins zu eins auf die deutschen Ver- hältnisse übertragen. 1992 gab die Amer- ican Medical Association zum Beispiel eine anonyme schriftliche Befragung an einer repräsentativen Stichprobe von 9 600 US-amerikanischen Ärzten in Auftrag (5):Von den etwa 5 600 Ärzten, die den Fragebogen zurücksandten, ga- ben 1,6 Prozent an, im zurückliegenden Jahr Alkoholmissbrauch betrieben zu haben, 0,2 Prozent hatten Opiate und 13,6 Prozent Benzodiazepine konsu- miert. Während im Ergebnis der Kon- sum von Zigaretten und von illegalen Drogen bei den amerikanischen Ärzten unter dem Bevölkerungsdurchschnitt lag, entsprach der Alkoholkonsum etwa dem anderer Angehöriger derselben so- zialen Schicht. Im Vergleich deutlich höher fiel allerdings der Medikamen- tenkonsum der Ärzte aus. Eine im Auf- trag des kanadischen Gesundheitsmini- steriums durchgeführte schriftliche Be- fragung von jeweils 1 500 Apothekern, Rechtsanwälten und Ärzten ergab, dass die Ärzte mit sechs Prozent die ver- gleichsweise geringste Prävalenz an Al- koholmissbrauch aufwiesen, wohinge- gen sie im Konsum von Benzodiazepi- nen mit 7,5 Prozent vor den beiden an- deren Berufsgruppen rangierten (2).

Mäulen leitet aus den nordamerika- nischen Studienergebnissen ab, dass auch in Deutschland sieben bis acht Prozent der Ärzte einmal in ihrem Le-

Suchterkrankungen bei Ärzten

Bei Therapie gute Aussicht auf Heilung

Die Bundesärztekammer führte eine Befragung der Landesärzte- kammern zum Umgang mit suchtkranken Ärzten durch: Je besser das Hilfsangebot, desto mehr Betroffene wurden erreicht.

Wilfried Kunstmann, Ingo Flenker

Foto:BilderBox

(2)

ben ein Suchtproblem haben (10). Das bedeutet, dass die aktuelle Prävalenz noch deutlich unter der von ihm aus den amerikanischen Daten abgeleiteten Le- benszeitprävalenz liegen muss. Vier bis fünf Prozent dürften insofern eine reali- stische Schätzung der Punktprävalenz sein. Diese entspräche damit etwa der Häufigkeit der Suchterkrankungen in der übrigen Bevölkerung (7).

Die Verantwortung, die Ärzte für ihre Patienten tragen, hat die Ärztekammern dazu veranlasst, sich des Themas in den letzten Jahren verstärkt

anzunehmen und den be- troffenen Kammermit- gliedern qualifizierte Hil- fen zur Verfügung zu stel- len. Dabei ist die Aus- gangslage weder für die Kammern noch für die betroffenen Ärzte ein- fach: Ein Arzt muss beim

Eingeständnis seiner Erkrankung um seine Kassenzulassung oder seinen Ar- beitsplatz fürchten. Das kann nicht nur den sozialen, sondern auch den wirt- schaftlichen Ruin bedeuten. Die Kam- mern befinden sich in einer doppelten Verantwortung, die von der Fürsorge- pflicht ihren Mitgliedern gegenüber auf der einen und von ihrer Verantwortung für eine qualitativ und ethisch hochwerti- ge Berufsausübung ihrer Mitglieder auf der anderen Seite geprägt ist. Der sucht- kranke Arzt wird sich jedoch so lange nicht vertrauensvoll mit seinem Problem an seine Kammer wenden, wie er anneh- men muss, dass sie das Problem aus Be- rufsaufsichtsgründen lediglich an die Ap- probationsbehörde weiterleiten wird.

Der Sucht- und Drogen-Ausschuss der Bundesärztekammer (BÄK) hat eine Befragung der 17 Landesärztekammern zum Umgang mit suchtkranken Ärzten durchgeführt. Gefragt wurde nach:

>Zahl der jährlich gemeldeten und bestätigten Verdachtsfälle,

>meldenden Personen und Institu- tionen,

>Interventionsmaßnahmen der Ärz- tekammern,

>verfügbaren Hilfsangeboten der Kammern und präventiven Maßnahmen,

>Zahl eingeleiteter und abgeschlos- sener Therapiemaßnahmen,

>Anzahl ruhender und entzogener Approbationen.

Die Rückmeldungen von 15 Kammern konnten verwendet werden. Die Ant- worten zeigten ein sehr uneinheitliches Bild. Bei den Verdachtsmeldungen be- steht zwischen den Kammern eine sehr große Schwankungsbreite, die geschätzt zwischen einer und 30 Meldungen pro Jahr liegt, ohne jedoch mit der jeweiligen Mitgliederzahl der Kammer zu korrelie- ren. Rechnet man die in den Fragebögen erklärten Angaben der Kammern auf die Gesamtzahl ihrer Mitglieder um, so kommt man im Jahr auf vier Verdachts- meldungen pro 10 000 Mitglieder (= 0,04 Pro- zent). Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu der geschätzten Präva- lenzzahl von circa fünf Prozent suchtkranken Ärzten. Selbst wenn man die jährlichen Meldun- gen über mehrere Jahre hinweg aufaddierte, blieben die Zahlen weit hinter der anzunehmenden Ge- samtzahl zurück.

Die Kammern meldeten darüber hinaus, dass sie am häufigsten über Strafsachen, insbesondere aufgrund von Trunkenheitsfahrten, von den Suchtproblemen ihrer Kammermit- glieder erfahren, gefolgt von Meldun- gen durch Patienten, durch Kollegen beziehungsweise Mitarbeiter und an- onymen Meldungen. Meldungen durch Angehörige oder Selbstanzeigen Be- troffener stellen hingegen eher die Ausnahme dar.

Therapiemaßnahmen meist erfolgreich

Nach Auskunft der Ärztekammern er- weisen sich in der Regel circa 80 Pro- zent der gemeldeten Verdachtsmeldun- gen als begründet. Die Mehrzahl der eingeleiteten therapeutischen Maßnah- men wird zudem erfolgreich abge- schlossen: Etwa 60 bis 70 Prozent der Ärzte sind nach ihrer Einschätzung auch sechs Monate nach Abschluss der stationären Therapie weiterhin stabil.

Mäulen berichtet in einer Auswertung des von ihm untersuchten Ärztekollek- tivs (N = 315) sogar von 70 bis 80 Pro- zent Erfolgsquoten in der 1-Jahres- Katamnese (10).

Zu einem Entzug der Approbation aufgrund manifester Suchtprobleme kommt es im Durchschnitt einmal inner- halb von zwei Jahren. Lediglich eine Kammer berichtete von fünf Approbati- onsentzügen innerhalb eines Jahres, aller- dings ohne nähere Gründe anzuführen.

Die auffällige Diskrepanz zwischen der Zahl der den Kammern gemeldeten Fäl- le und der statistisch anzunehmenden Fallzahl lässt verschiedene Erklärun- gen zu: Einerseits dürfte es einigen be- troffenen Ärzten gelingen, trotz einer manifesten Suchterkrankung unauffäl- lig ihrer Arbeit nachzugehen bezie- hungsweise ihr Suchtproblem über län- gere Zeit oder dauerhaft zu verbergen.

Andererseits dürfte es auch bei Famili- enangehörigen, Kollegen und Patienten einen großen Anteil an Problem- verleugnung geben, gepaart mit Un- wissenheit über Zuständigkeiten und Hilfsangebote und der Angst, mit einer Meldung vielleicht die Existenz des Betroffenen zu bedrohen.

Das Problem mag aber auch deshalb nicht virulent werden, weil im deut- schen Gesundheitswesen ambulant ver- sorgte Patienten die Möglichkeit ha- ben, bei Unzufriedenheit den Arzt zu wechseln. In dieser Tatsache dürfte auch begründet liegen, dass sich andere Gesundheitssysteme ohne oder mit nur eingeschränkter Arztwahl gänzlich an- derer Screening- und Sanktionsmecha- nismen bedienen müssen, als sie in Deutschland zur Anwendung kommen.

Interessanterweise erhalten beson- ders solche Kammern eine überdurch- schnittlich hohe Zahl an Verdachtsmel- dungen, die vielfältige Hilfen für ihre suchtkranken Kammermitglieder an- bieten und diese auch öffentlich be- kannt machen. Meldungen erfolgen al- so offensichtlich erst dann, wenn Ge- wissheit besteht, dass nicht nur Sanktio- nen drohen, sondern auch geholfen werden kann.

Elf der an der Befragung der BÄK teilnehmenden Kammern gaben an, über ein strukturiertes Interventions- verfahren bei Verdachtsmeldungen zu verfügen. In der Mehrzahl umfasst die- ses Verfahren drei Stufen:

>persönliches Gespräch mit dem be- troffenen Arzt, in dem sowohl über die Sanktions- als auch über verfügbare Therapieangebote informiert wird, T H E M E N D E R Z E I T

A

A1942 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 278. Juli 2005

Die Kammern erfahren am häufig- sten durch Trunken- heitsfahrten von den Suchtproblemen

der Mitglieder.

(3)

>Aufforderung zu einer diagnosti- schen Abklärung und zur Einleitung ei- ner Suchttherapiemaßnahme,

>Meldung an die Approbations- behörde.

Etwa ein Drittel der Landesärzte- kammern hat jedoch inzwischen Inter- ventionsprogramme erstellt, die weit daüber hinausgreifen:

>ausgewiesene Ansprechpartner für suchtkranke Ärzte,

>Hilfen im Umgang mit Versor- gungskassen, Kassenärztlichen Vereini- gungen, Arbeitgebern und anderen,

>Kooperationen mit qualifizierten Fachkliniken,

>ein strukturiertes Nachsorgeange- bot und

>Vereinbarungen mit der zuständi- gen Approbationsbehörde.

Die Ärztekammer Hamburg bietet bereits seit 1998 ein strukturiertes Inter- ventionsprogramm für suchtkranke Ärz- te an. Dafür wurde ein eigens ansprech- barer ärztlicher Mitarbeiter mit der Ko- ordination der Hilfen und der Begleitung der Betroffenen betraut.

In anderen Landesärzte- kammern übernehmen die Geschäftsführer (Bre- men, Rheinland-Pfalz), die Vorsitzenden der Kreisverbände (Bayern), die Bezirksstellenleiter (Sachsen-Anhalt), von der Kammer beauftragte suchtmedizinisch qualifi-

zierte Ärzte (Brandenburg, Niedersach- sen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thürin- gen) oder der zuständige Arbeitskreis Suchtmedizin der Landesärztekammer (Baden-Württemberg, Berlin, Schleswig- Holstein) diese Funktionen.

Einige Landesärztekammern haben Sondervereinbarungen mit der für sie zuständigen Approbationsbehörde ge- troffen, die es ihnen ermöglicht, den Be- troffenen zunächst zu beraten und in ei- ne Therapie zu vermitteln, bevor appro- bationsrechtlich relevante Sanktionen erfolgen. Die Behörde wird erst dann tätig, wenn ihr die Kammer ein Schei- tern der Therapiebemühungen mitteilt.

In der Regel schließen die Kam- mern mit dem betroffenen Arzt eine Vereinbarung zur diagnostischen Ab- klärung des Suchtstatus, zur Teilnahme an einer stationären Behandlung und

zur ambulanten Nachsorge, zur Ent- bindung der Schweigepflicht der be- handelnden Ärzte und zu Kontrollun- tersuchungen seitens der Ärztekam- mer. Die Nachsorgeprogramme umfas- sen vor allem ambulante Therapie- maßnahmen einschließlich Selbsthilfe- gruppen, regelmäßige Kontakte mit der Kammer oder mit dem beauftrag- ten Suchtmediziner sowie unangekün- digte Laborkontrollen. Während der stationäre Aufenthalt etwa vier bis acht Wochen in Anspruch nimmt, er- streckt sich der Nachsorgezeitraum meistens über ein Jahr (zum Beispiel Hamburg und Brandenburg). In Berlin muss zwei Jahre lang der Nachweis ei- ner Selbsthilfegruppenteilnahme er- bracht werden. Die Landesärztekam- mer Thüringen strebt sogar an, fünf bis zehn Jahre anhand von Laborkontrol- len die Abstinenz zu überwachen.

Bei einigen Ärztekammern können sich suchtkranke Kammermitglieder zur Überbrückung finanzieller Not- lagen an einen Kammer-Hilfsfonds wenden (zum Beispiel in Brandenburg und Thüringen). Inzwischen ist es verschiedenen Ärzte- kammern gelungen,durch strukturierte Interven- tionsprogramme auch die Ärzteversorgungswerke zu einer (Teil-)Finanzie- rung der Therapiekosten zu bewegen: In Bayern leistet die Ärzteversorgung nachrangi- ge Zuschüsse zu den Behandlungs- kosten von bis zu 60 Prozent, in Baden- Württemberg können diese als Ermes- sensleistung bis zu 80 Prozent betragen, im Saarland wurde eine Drittel- regelung zwischen Krankenkasse, Ärzte- versorgung und Betroffenem verein- bart, während die Versorgungswerke der Ärztekammern Berlin und Ham- burg im Regelfall die vollständigen Kosten der Entwöhnungsbehandlung übernehmen. Kammern, die ein struk- turiertes Interventionsprogramm vor- halten, verfügen in der Regel auch über gute Kontakte zu stationären und am- bulanten Therapieeinrichtungen. Da- durch sind kurzfristige Vermittlungen auf Therapieplätze möglich, die betei- ligten Einrichtungen geben im Falle einer gescheiterten Therapiemaßnahme

die Information direkt an die Kammer weiter, und ein nahtloser Übergang in eine professionelle Nachsorge ist gewährleistet.

Verstärkte Aktivitäten zur Suchtprophylaxe

Viele Kammern sind inzwischen dazu übergegangen, ihre Aktivitäten zur Suchtprophylaxe zu verstärken. Sie in- formieren zum Beispiel regelmäßig über ihr Interventionsprogramm für suchtkranke Ärzte, entweder über ihre Ärztezeitung, über Broschüren oder die Web-Seite. Einige Kammern haben An- sprechpartner für persönliche und ar- beitsplatzbezogene Probleme benannt oder bieten Burn-out-Seminare für ihre Kammermitglieder an.

Die Ständige Konferenz der Vertreter der Geschäftsführungen der Landesärz- tekammern ist damit befasst, Empfeh- lungen für die Durchführung von Inter- ventionsprogrammen bei Suchterkran- kungen von Ärzten zu erstellen. Da- durch soll in den Kammern die Weiter- entwicklung der Interventionsprogram- me gefördert und der Austausch unter- einander intensiviert werden. Die bishe- rigen Erfahrungen zeigen, dass es betrof- fenen Ärzten, aber auch Kollegen, Fami- lienangehörigen und Patienten leichter fällt, der zuständigen Kammer eine Mit- teilung zu machen, wenn diese ein struk- turiertes Hilfsprogramm vorhält und dieses aktiv publik macht. Die Hürden aus Scham, sozialem und fachlichem Ge- sichtsverlust sowie Existenzängsten sind für betroffene Ärzte zwangsläufig hoch.

Ist jedoch einmal der erste Schritt getan, bleibt der Erfolg in den meisten Fällen nicht aus. Statistiken zeigen, dass 70 Pro- zent der suchttherapeutischen Maßnah- men bei Ärzten erfolgreich verlaufen.

T H E M E N D E R Z E I T

A

A1944 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 278. Juli 2005

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2005; 102: A 1941–1944 [Heft 27]

Anschrift der Verfasser:

Dr. rer. medic. Wilfried Kunstmann Prof. Dr. med. Ingo Flenker Bundesärztekammer

Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit2705 abrufbar ist.

Kammern, die ein strukturiertes Inter-

ventionsprogramm vorhalten, verfügen

auch über gute Kontakte zu Therapie-

einrichtungen.

(4)

Literatur

1. Beelmann K: Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen bei Ärzten – Interventionsprogramm der Ärztekam- mer Hamburg. Hessisches Ärzteblatt 10/2002:

572–576.

2. Brewster J: Drug Use among Canadian Professionals:

Executive Summary of the Final Report. Health Cana- da. Ottawa: Minister of Supply and Services Canada 1994.

3. Brewster J: Prevalence of alcohol and other drug pro- blems among physicians. JAMA 1986; 255:

1913–1920.

4. Domino K et al.: Risk Factors for Relapse in Health Care Professionals With Substance Use Disorders.

JAMA 2005; 293: 1453–1460.

5. Hughes P et al.: Prevalence of substance use among US physicians. JAMA 1992; 267: 2333–2339.

6. Jacobowski C: Suchtkranke Ärzte – Unterstützung durch die Ärztekammer Berlin, Berliner Ärztekammer 10/2001: 24–25.

7. Kraus L,Augustin R: Repräsentativerhebung zum Ge- brauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland 2000. Sucht 2001; 47, Sonderheft 1:

3–86.

8. Löwer C: Der Schluck vor der OP. Die Zeit 32/2003.

9. Mäulen B, Gottschaldt M, Damm K: Hilfsmöglichkei- ten für abhängige Ärzte – Unterstützung durch die Ärztekammern. Dtsch Ärztebl 1995, 92 (47):

3305–3306.

10. Mäulen B: Besondere Lebensumstände, Ärzte und Ärztinnen. Gölz: Moderne Suchtmedizin 31/1998: B 1–11.

11. Stetter F: Zur Problematik suchtkranker Ärztinnen und Ärzte. Niedersächsisches Ärzteblatt 12/2002:

34–37.

12. Stockinger G: Morphinspritze im Kittel. DER SPIEGEL 2002; 39.Jg., 21.9.

13. Scharenberg W: Ärzte und Sucht – ... weil trotzdem ist, was nicht sein darf. Hamburger Ärzteblatt 12/2000: 616.

14. Vowinkel H: Wenn der Arzt zur Flasche greift – Sucht- krankheiten bei Medizinern sind kein Tabu: Dabei ist jeder Zehnte betroffen. WELT am SONNTAG 23.5.2004.

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 278. Juli 2005 AA1

Literaturverzeichnis Heft 27/2005

Suchterkrankungen bei Ärzten

Bei Therapie gute Aussicht auf Heilung

Die Bundesärztekammer führte eine Befragung der Landeskammern zum Umgang mit suchtkranken Ärzten durch: Je besser das Hilfsangebot,

desto mehr Betroffene wurden erreicht.

Wilfried Kunstmann, Ingo Flenker

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Mit dem seit dem Jahr 2001 imple- mentierten „Expertenstandard Dekubi- tusprophylaxe in der Pflege“ darf es nicht mehr vorkommen dass sich Pati- enten schwere offene Wunden

sieht der Senator für Ge- sundheit und Soziales, Ulf Fink, einen Gesetzentwurf, nach dem in Berlin Zivil- blinden, Gehörlosen und Hilflosen zusätzlich zu der 1985 eingeführten

„Die Vorauswertung nach drei Jahren Studienverlauf lässt eine 50-prozentige Verringerung an Er- krankungen vermuten“, spekuliert Wahn und betont, dass die Entblin- dung erst für

§ 22 der gültigen Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte weist ausdrück- lich auf die Mitwirkung des Arztes an aufklärenden Veröffentlichungen medi- zinischen

Ärztekammern ahnden Verstöße im Umgang mit IGeL Nach Angaben des AOK-Instituts haben sich die Ärzte beim Igeln nicht immer korrekt verhalten.. In nur 36 Prozent der genannten Fälle

kammer, des Senats und der Kai- serin-Friedrich-Stiftung für 2000 Berliner Bürger eine Öffentlich- keitsveranstaltung unter dem The- ma „Risikofaktoren" durchge-

Demnach ist das durchschnittli- che Finanzierungsvolumen bei der Einzelpraxisübernahme gegenüber dem Vergleichszeitraum in West- deutschland um 9,1 Prozent zurück- gegangen:

Aber besteht nicht die Gefahr, dass man die vom Marburger Bund geforderten 15 000 Kollegen mehr auf Dauer in eine wirtschaftlich schwierige Situation führt?. Keiner von uns