• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "„Den Ärzten Paroli bieten”" (05.06.1975)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "„Den Ärzten Paroli bieten”" (05.06.1975)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Information:

Bericht und Meinung

Wolters' politische Leerformeln

Größenordnung in das rechte Licht zu rücken —, den Aufwand der Bevölkerung für gesundheits- gefährdende und zerstörende Ge- nußmittel in Höhe von rund 45 Mil- liarden DM zitiert.

Andererseits erscheint es Mu- schallik nicht abwegig, von den Steuern bei Tabak und Alkohol ei- nen vergleichbaren Anteil zweck- gebunden der Gesundheitssiche- rung zuzuführen, so wie bei der Mi- neralölsteuer zwingend ein Anteil zweckgebunden für Ausgaben auf dem Gebiete der Verkehrssiche- rung zuzuführen ist.

Auch die ständige Wiederholung der von anderen bereits geäußer- ten These, daß es zwischen Kran- kenkassen und Kassenärzten „un- gleichgewichtete" Machtverhältnis- se zugunsten der Kassenärzte gäbe, was letztlich zu überhöhten Arzthonoraren führen müsse, wird dadurch nicht richtiger.

Schon seit Jahren:

Landes- Rahmenvereinbarungen Krankenkassen und Kassenärzte verhandeln schon seit Jahren auf der Grundlage von La n d es- Rah- menvereinbarungen, worüber sich Wolters bei seinen Kollegen aus dem Bundesarbeitsministerium leicht hätte informieren können.

Als eine dem Amte und der unter- stellten Sachkenntnis des Staatsse- kretärs nicht gerecht werdende Po- lemik muß mit Befremden zur Kenntnis genommen werden, daß er die gesetzlich geregelten Hono- rarvereinbarungen zwischen Kran- kenkassen und Kassenärzten ledig- lich als Ergebnis einer „ideal orga- nisierten Lobby der Ärzte" zu- schreibt.

Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung vermag Hans-Georg Wolters in seinen Gedankengängen nicht zu verstehen, wenn er die Einkom- mensentwicklung der niedergelas- senen Ärzte zugleich auch darauf zurückführt, daß eine angeblich un- aufgeklärte Öffentlichkeit „den Kommentaren der Ärzte über ihr Einkommen natürlich hilflos ausge- setzt" sei.

Vollendete Unterdrückung eigenen Sachverstandes muß dem Herrn Staatssekretär im Bundesgesund- heitsministerium angelastet wer- den, wenn er ernsthaft die These aufstellt, daß die Kassenärzte „aus dem luftleeren Raum" ihre Hono- rarforderung stellen würden und eine offenbar völlig sachunkundige Krankenkassenorganisation dem willfährig folge. Das von Hans-Ge- org Wolters geleitete Ministerium ist für die Gebührenordnung der Ärzte fachlich zuständig. Bei ihm ist die Sachverständigenkommis- sion zur Weiterentwicklung des ärztlichen Gebührenrechts gebildet und seit Jahren tätig. Den „luftlee- ren Raum" muß sich Wolters also selbst zuschreiben lassen.

Schiedsamtsverfahren allein für Kassenärzte

und Krankenkassen

Im übrigen stellt die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung fest, daß allein in den Beziehungen zwi- schen Kassenärzteschaft und Kran- kenkassen bei der Bildung des Ho- norars ein rechtsförmlich geregel-

„Die Zeit" vom 22. Mai 1975 hat dem Staatssekretär im Bundesmi- nisterium für Jugend, Familie und Gesundheit, Hans-Georg Wolters, ein Interview eingeräumt, dessen Überschrift „Den Ärzten Paroli bie- ten" Inhalt und Tendenz vielver- sprechend kennzeichnet. Wenn auch das Interview mit dem satt- sam bekannten außerordentlichen Kostenanstieg im Krankenhaussek- tor beginnt, so steuert es doch di- rekt auf die niedergelassenen Ärz- te zu, was „Die Zeit" in fetter Schrift so zusammenfaßt: „Zur Ein- dämmung der Krankenkosten müs- sen auch die Ärzte beitragen. Für das Wachstum ihrer Einkommen sollten neue Regeln aufgestellt werden."

tes Schiedsamtsverfahren gesetz- lich vorgesehen ist. Darüber hinaus verschweigt der Staatssekretär ge- flissentlich, daß allein die kassen- ärztliche Abrechnung im einzelnen der gesetzlichen Überprüfung auf Wirtschaftlichkeit durch Gremien unterliegt, bei denen die Kranken- kassen paritätisch mitwirken.

Dies gilt für keine andere Grup- pe in der Sozialversicherung, ge- schweige denn in der übrigen Wirt- schaft. Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung sieht mit Enttäu- schung, daß Wolters an die Stelle sachbezogener und der Diskussion zugängiger Vorschläge lediglich polemische Leerformeln setzt! Das Angebot der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung, zur Kostenstabili- tät auf dem Gebiet der gesundheit- lichen Sicherung beizutragen, bleibt voll aufrechterhalten. Die Kassenärzteschaft läßt sich jedoch durch Ausführungen in der von Wolters gemachten Art nicht in die Isolierecke des Alleinschuldigen für die Kostenentwicklung auf dem Gebiete des Gesundheitswesens drängen. KBV/PdÄ

Zu den einseitigen Angriffen von Staatssekretär Wolters auf die Kas- senärzteschaft hat die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung in Köln mit einer Presseerklärung reagiert, die auf diesen Seiten wiedergege- ben ist. Damit unsere Leser sich ein eigenes Urteil bilden können, sind nachstehend die relevanten Passagen aus dem Wolters-Inter- view wortgetreu dokumentiert:

Wolters:... Wir wollen den Kosten- anstieg im Krankenhaussektor bremsen. Das kann geschehen, in- dem die Verweildauer in den Kran- kenhäusern verkürzt wird ...

ZEIT:... wodurch weniger Kranken- hausbetten erforderlich wären ...

„Den Ärzten Paroli bieten”

Eine kleine Dokumentation

1738 Heft 23 vom 5. Juni 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Krankenhauspflege immer teurer

NEUER 'TAGESSATZ

„VOLL PAU SCH AUERT "

( Bundesdurchschnitt)

TAGESSÄTZE BEISPIEL NORDRH7VVESTF.

92,60 60,50 65,45 52,80

46,3 0

40,60 38,6 5

36,8 0

32,40 30,-- 23,50

20,8 0

20,80 Asie 1960 61 62

18,50 3 64 65 66 67 68 69 70 71

über 70

%

Personal- kosten

knapp 30 °A alles übrige

4

* Nach der Bun- despftegesatz- verordnung ab 1.1. 74 r

Die Krankenhauspflegesätze in der allgemeinen Pflegeklasse der nordrhein- westfälischen Krankenhäuser haben sich im Zeitraum zwischen 1960 und 1974 mehr als versiebenfacht. Die Verteuerung der preisgebundenen Pflege- sätze ist vor allem auf die in den letzten Jahren stark gestiegenen Personal- kosten (über 70 Prozent der Gesamtkosten entfallen hierauf) der Kranken- häuser und auf die neuen Krankenhausgesetze zurückzuführen. Die Gründe:

Starke Tariflohnsteigerungen, Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden, Schichtdienst u. a. Allein von 1973 bis 1974 sind die Pflegesätze durchschnittlich um 46 Prozent gestiegen, wie das von der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft, Düsseldorf, verbreitete Schaubild zeigt. Darin werden die durchschnittlichen Pflegesätze in Nordrhein-Westfalen bis 1973 darge- stellt und mit dem „vollpauschalierten" Tagessatz verglichen, der im Bundes- durchschnitt 1974 bereits bei 135 DM, aber noch unter dem Niveau von Nordrhein-Westfalen lag. Infolgedessen wird man aus dem Schaubild schließen dürfen, daß die allgemeinen Pflegesätze 1974 um mehr als 50 Prozent über den allgemeinen Pflegesätzen von 1973 gelegen haben DÄ

Die Information:

Bericht und Meinung

Wolters:... Auf dem Ärztetag in Hamburg wurde vereinfachend ge- sagt, daß diejenigen, die im Jahr 40 Milliarden Mark für Alkohol und Tabak ausgeben, auch 40 Milliar- den Mark für die Krankenversiche- rung ausgeben könnten. Das ist nicht nur eine vereinfachende, son- dern auch völlig verzerrende Dar- stellung. Neben den Krankenhäu- sern sind die niedergelassenen Ärzte genauso aufgerufen, ihren Beitrag zur Kosteneindämmung zu leisten. Sie und die Ärzte in den Krankenhäusern disponieren schließlich über alle Leistungen.

zialprodukt oder zum Anstieg der Arbeitnehmereinkommen in den vergangenen Jahren war. Wer das nicht weiß, ist den Kommentaren der Ärzte über ihr Einkommen na- türlich hilflos ausgesetzt.

ZEIT: Aus dem Bundesarbeitsmini- sterium kommt der Vorschlag, für die Entwicklung des Beitragssatzes in der Krankenversicherung Orien- tierungsdaten festzusetzen. Halten Sie es für möglich, daß sich auch die Kassenärzte, Krankenhausträ- ger und die Pharmaindustrie dar- auf einlassen?

Wolters: Das scheint ein Mangel dieser Konzeption zu sein. Ich be- zweifle, daß man mit Orientierungs- daten bei den Preisen auch die Entstehung der Preise beeinflussen kann.

Wir brauchen nicht besse- re Orientierungsdaten für die Bei- träge, sondern wir brauchen im Be- reich der niedergelassenen Ärzte Orientierungsdaten für die Einkom- mensentwicklung, damit die Ärzte nicht aus dem luftleeren Raum her- aus ihre Honorarforderungen stel- len können ... ot ZEIT: In der Öffentlichkeit ist der

Eindruck entstanden, daß bei den Verhandlungen über die Arzthono- rare zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen die Ärzte in der Regel die Stärke- ren sind. Würden Sie sich im Interesse der Beitragszahler für eine Mitsprache des Staates ein- setzen?

Wolters: Unter der Voraussetzung, daß die Krankenkassen von ihrer Organisation her eine gleiche Machtfunktion haben wie die Ärzte, stellt sich das Problem des staatli- chen Eingriffs in die Vertragsver- handlungen nicht unmittelbar. Das ist aber nicht der Fall. Die Organi- sation ist regional und in verschie- dene Arten aufgesplittert.

ZEIT: Wie kann die Stellung der Kassen gestärkt werden?

Wolters: Es wäre sinnvoll, wenn die Vertragsverhandlungen auf Bun- desebene geführt würden und nicht in den einzelnen Regionalverbän- den, weil die Ärzte die Regional- verbände untereinander ausspie- len. Um der ideal organisierten Lobby der Ärzte entgegenzuwirken, hilft eigentlich nur eine sehr sach- bezogene Aufklärung der Öffent- lichkeit.

ZEIT: Worüber zum Beispiel?

Wolters: Ich bezweifle, ob die Leu- te wissen, wie die Einkommensent- wicklung der niedergelassenen Ärzte im Verhältnis zum Bruttoso-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 23 vom 5.Juni 1975 1739

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

SÄV 2/26/2013 Jahresabschluss 2012 mit Jahresab- schlussbilanz und Entlastung der Gremien (einstimmig bestätigt) Wortlaut: „Die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsausschusses und des

Die Beihilfe war nicht nur Geldunterstützung, sondern auch moralische Unterstützung.“ Diesen Dank eines Arztehe- paars möchten wir auf diesem Wege allen Kolleginnen und

Auflage erschienene Werk gibt einen auch für Allgemeinmediziner interessanten relativ kurz gefaßten und dabei umfassenden Überblick über das gesamte Gebiet der

Jahr für Jahr bleibt diese Zahl ungefähr gleich, da die nach Beendigung ihrer Berufsausbil- dung Ausscheidenden durch neu aufge- nommene Schützlinge ersetzt werden.. So kamen

Die Ärzteschaft nimmt mit Verwunderung zur Kenntnis, daß ein Arzneistoff, dessen Anwendung auf akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen; Koliken;

Jubiläumsfeier der Stiftung „Ärzte helfen Ärzten'': der Gründer und Vorsitzende, Prof.. Häußler, bei seiner Festansprache; Ehrengäste

Die öffentlichen Unter- stützungen, die sie alle zunächst in Anspruch nehmen müssen, werden ja im kommenden Jahr voraussichtlich bei den Schülern zum Teil ganz — und es sind

sen. Ihr Anteil an der Gesamtzahl aller Kassenärzte wird wegen zu erwartender hoher Abgänge in den nächsten fünf Jahren sich weiter verringern. C) Das Übergewicht von