• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Suche nach neuen Antiinfektiva bei Roche: Forscherkreativität kontra Bakterienresistenz" (25.06.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Suche nach neuen Antiinfektiva bei Roche: Forscherkreativität kontra Bakterienresistenz" (25.06.1990)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT PHARMAFORSCHUNG

N

achdem das Bundes- gesundheitsamt die Zulassung für rekom- binantes Erythropoietin (Re- cormon®) zur Behandlung von Patienten mit renaler Anämie erteilt hatte, waren die Erfahrungen mit diesem Medikament das Hauptthe- ma bei dem von Boehringer Mannheim traditionell veran- stalteten Fachpressegespräch während des Wiesbadener In- ternistenkongresses.

Mitte der achtziger Jahre gelang es erstmals, Erythro- poietin gentechnisch zu syn- thetisieren. Gut fünf Jahre nur hat das Medikament also bis zur Zulassung gebraucht (inklusive eineinhalb Jahre Zulassungsverfahren) — eine rasante Entwicklung, wie Prof. Dr. Dr. Uwe Bicker, Leiter Forschung und Ent- wicklung Therapeutica bei Boehringer Mannheim, in Wiesbaden betonte.

Die Substitution von Erythropoietin, welches die Erythropoese stimuliert, stellt

eine kausale Therapie der re- nalen Anämie infolge termi- naler Niereninsuffizienz dar.

Da mit Abnahme der exokri- nen Nierenfunktion auch die endokrine Funktion vermin- dert wird, entwickelt sich in der Urämie ein relativer oder sogar absoluter Mangel des renal gebildeten Hormons Erythropoietin.

Die therapeutische Effi- zienz von rekombinantem Erythropoietin ist gut doku- mentiert. In klinischen Studi- en wurden bislang rund fünf- tausend Dialysepatienten mit renaler Anämie behandelt — mit spektakulären Erfolgen, wie der Erfahrungsbericht von Privatdozent Dr. Paul Scigalla, Leiter Klinische For- schung Nephrologie/Onkolo- gie bei Boehringer Mann- heim, deutlich machte. Die

Ansprechrate beträgt quasi einhundert Prozent. Durch Anhebung des Hämatokrits auf suboptimale Werte zwi- schen 30 und 35 Volumenpro- zent lassen sich körperliche Leistungsfähigkeit und sub- jektives Befinden deutlich verbessern. Anhand verschie- dener Kasuistiken dokumen- tierte Scigalla, daß durch die Erythropoietin-Substitution im Idealfall bei Patienten mit massiv eingeschränktem All- gemeinzustand eine vollstän- dige Rehabilitation zu errei- chen ist. Regelmäßige Trans- fusionen und deren Komplika- tionen werden vermieden. Be- sonders eindrucksvoll und er- freulich, so betonte Scigalla, seien die Erfolge bei terminal niereninsuffizienten Kindern.

Zu den Risiken der Ery- thropoietin-Therapie sagte

Scigalla: Mit einem Hyperto- nus müsse nach heutiger Schätzung bei sechs bis zehn Prozent der Behandelten ge- rechnet werden, früher sei die Inzidenz dieser Nebenwir- kung sicherlich zu hoch ver- anschlagt worden. Das Risiko von Shuntthrombosen hänge davon ab, wie hoch der Hä- matokrit angehoben wird. Bei Werten zwischen 20 und 30 Volumenprozent bestehe kein Risiko. Die beschriebe- nen Fälle von Shuntthrombo- sen seien in der Mehrzahl bei Patienten mit vorbestehen- den Risikofisteln aufgetreten.

Derzeit ist rekombinantes Erythropoietin zur intravenö- sen Anwendung zugelassen und verfügbar. Möglicherwei- se läßt sich die Therapiesi- cherheit in Zukunft durch subkutane Applikation noch weiter verbessern; es gebe Hinweise, so hieß es in Wies- baden, daß die Erythropoie- tin-Dosis bei subkutaner Ga- be deutlich reduziert werden kann. vi

Rekombinantes Erythropoietin:

Erfolgreich bei renaler Anämie

F

orschungsaktivitäten auf dem Gebiet der In- fektionskrankheiten wa- ren in diesem Jahr (Anfang März) das Thema des tradi- tionell von Roche veranstalte- ten Fachpressetages in Basel.

Wie Prof. Dr. Dieter Hinzen, Leiter der Pharmaforschung in der Basler Zentrale, erklär- te, werden in der Öffentlich- keit mit dem Namen Roche immer noch vorrangig Thera- peutika für Krankheiten des Zentralnervensystems assozi- iert, dieses Indikationsgebiet stelle auch nach wie vor einen Forschungs-Schwerpunkt dar, rangiere aber bezüglich der finanziellen und personellen Investitionen erst an vierter Stelle.

An erster Stelle steht die Suche nach neuen Antiinfek- tiva — Investition 1989: 120 Millionen Schweizer Franken

—, gefolgt von Forschungsakti- vitäten auf den Gebieten ent- zündlicher und kardiovasku- lärer Erkrankungen. Seit 1949 hat Roche laut Prof.

Hinzen zwanzig neue Antiin- fektiva gegen Bakterien- und

Pilzerkrankungen sowie Ma- laria zur Verfügung gestellt.

Eine aktuelle Neuentwick- lung ist die Substanz Ro 23-9424: hier wird in einem Molekül die antibakterielle Wirkung eines Cephalospho- rins mit derjenigen eines Chi- nolons kombiniert. Wie Dr.

Manfred Weigele, Vizepräsi- dent der Chemischen For- schung bei Roche Nutley, in Basel erläuterte, inaktivieren Cephalosporine die Trans- peptidase, ein Enzym, wel- ches maßgeblich am Aufbau der bakteriellen Zellwand be- teiligt ist. Während her- kömmliche Cephalosporine bei dieser Reaktion mit der Transpeptidase einen unwirk- samen Molekülrest abspalten, setzen Cephalosporine vom Prototyp Ro 23-9424 eine Chinolon-Komponente frei,

die nun ihrerseits — nach ei- nem völlig anderen Prinzip — ihre antibakterielle Wirksam- keit entfaltet. Das Chinolon interferiert mit der DNS-Gy- rase, einem Bakterienenzym, welches für das sogenannte Supercoiling des DNS-Stran- ges zu einer kompakten Struktur verantwortlich ist.

Wie Weigele beim Fach- pressetag in Basel weiter aus- führte, verfolgt der Ansatz der kombinierten Cephalo- sporin/Chinolon-Wirkung in einem Molekül drei Ziele: ei- ne verbesserte Wirksamkeit beziehungsweise ein breiteres Wirkspektrum, eine Minimie- rung der Nebenwirkungen so- wie eine Reduktion des Resi- stenzrisikos. Der Prototyp Ro 23-9424 wird derzeit für klini- sche Studien vorbereitet, die präklinischen Ergebnisse sei-

en vielversprechend. Ein zu- nehmend in der Arzneimittel- Entwicklung angewendetes Verfahren ist das sogenannte Drug Design, das Maßschnei- dern von Pharmaka — Agoni- sten oder Antagonisten — auf relevante biologische Ziel- strukturen hin. Auch in der Antiinfektiva-Forschung bei Roche wird dieser Weg be- schritten. Als biologische Zielstrukturen für die geplan- ten Medikamente kommen vor allem Enzyme in Be- tracht; ein interessanter An- satz — so war in Basel zu er- fahren — besteht aber auch darin, gezielt Pharmaka zu entwickeln, die mit bestimm- ten DNS-Sequenzen der zu bekämpfenden Krankheitser- reger interferieren.

Roche-Wissenschaftlern ist es gelungen, erstmals die dreidimensionale Struktur ei- ner I3-Lactamase aufzuklären, eines derjenigen Bakteri- enenzyme

also, welche ß-Lac-

tam-Antibiotika angreifen und damit für einen wichti- gen Resistenzmechanismus grundlegend sind. Wie Dr.

Suche nach neuen Antiinfektiva bei Roche

Forscherkreativität

kontra Bakterienresistenz

Dt. Ärztebl.

87, Heft 25/26, 25.

Juni 1990 (79)

A-2083

(2)

Robert Charnas, Präklinische Forschung, Roche Basel, be- richtete, haben computerge- stützte Studien an diesem Molekülmodell zu einem bes- seren Verständnis darüber verholfen, erstens wie 13-Lac- tamasen ß-Lactam-Antibioti- ka hydrolysieren, zweitens weshalb manche ß-Lactam- Antibiotika gegen ß-Lacta- masen beständiger sind als andere und drittens wie ß-Lactamase-Hemmer funk- tionieren. Die weitere Erfor- schung relevanter Bakterien-

enzyme zielt auf die Entwick- lung neuer „resistenzge- schützter" Antibiotika ab, wobei auch veränderte bakte- rielle Transpeptidasen, wie sie etwa beim multiresisten- ten Staphylococcus aureus zu finden sind, zuverlässig ge- hemmt werden sollen.

Bereits kurz vor der brei- teren klinischen Prüfung steht laut Prof. Dr. Jürgen Drews, Leiter der Roche-For- schung, ein grundlegend an- deres Prinzip zur Therapie in- fektiöser Erkrankungen: die

Stimulation der unspezifi- schen Immunantwort durch hämatopoetische Hormone.

Wie Drews erklärte, bietet sich unter den verschiedenen heute bekannten hämatopoe- tischen Hormonen zur anti- infektiven Therapie vor allem der G-CSF an, eine Substanz, welche spezifisch die Bildung der Granulozyten stimuliert und diese weißen Blutzellen auch funktionell aktiviert. Es konnte gezeigt werden, daß der G-CSF bei Patienten nach myelosuppressiver The-

rapie die Zahl der weißen Blutkörperchen im periphe- ren Blut erhöht und sowohl die Prävention als auch die Therapie opportunistischer Infektionen bei diesen Pa- tienten verbessern kann. Es gebe darüber hinaus Hinwei- se, daß hämatopoetische Fak- toren in Kombination mit An- tibiotika eine erfolgverspre- chende Strategie zur Thera- pie schwerer Infektionen auch bei nicht immunge- schwächten Patienten dar- stellen. Ulrike Viegener

D

ie therapeutische Effi- zienz von ACE-Hem- mern bei chronischer Herzinsuffizienz ist ganz we- sentlich der hämodynami- schen Entlastung zuzuschrei- ben, daneben — dies erhärtet sich immer mehr — dürften aber auch trophische Wirk- mechanismen zum Tragen kommen. Die Funktion von Angiotensin II als — bei ver- schiedenen physiologischen und pathophysiologischen Prozessen involviertem — Wachstumsfaktor ist inzwi- schen gut dokumentiert. So kann es heute als sehr wahr- scheinlich gelten, daß Angio- tensin II bei der Myokarddi- latation im Rahmen chroni- scher Herzinsuffizienz bezie- hungsweise nach akutem Myokardinfarkt eine maßgeb- liche Rolle spielt.

Bei einem Symposium, welches Squibb Pharma und Boehringer Mannheim (Her- steller beziehungsweise Li- zenznehmer von Captopril/

Lopirin®) Ende letzten Jah- res in München ausgerichtet haben, erläuterte Professor Dr. Jürgen Holtz, Institut für Balneologie und angewandte Physiologie, Freiburg, die ak- tuellen Erkenntnisse über die Pathogenese der dilatativen Herzinsuffizienz und potenti- elle kardioprotektive Effekte der ACE-Hemmer. Auslöser für eine — prognostisch sehr ungünstige — Herzhypertro- phie infolge hämodynami- scher Belastung ist laut Holtz letztlich immer eine erhöhte Wandspannung. Dies ist bei erhöhtem Blutdruck ebenso

der Fall wie bei einem Viti- um, und auch nach akutem Infarkt ist die Dehnung des nicht infarzierten Myokard-.

gewebes — also die erhöhte Wandspannung — der Stimu- lus für die Myokarddilatation.

Diese Dilatation stellt zu- nächst eine sinnvolle Korn- pensationsleistung dar, ist aber — wenn das rechte Maß überschritten wird — mit zahl- reichen Nachteilen wie ver- minderter Koronarreserve, erhöhter Hypoxieempfind- lichkeit und erhöhter Arrhyth- mieanfälligkeit verbunden.

Wie Professor Holtz in Mün- chen weiter ausführte, erklä- ren sich diese Risiken aus bio- chemischen Veränderungen im Myokardgewebe: Während nämlich ein Wachstumsreiz normalerweise die Kaskade Dedifferenzierung, Zelltei- lung, Redifferenzierung in Gang setzt, läuft in den hoch- spezialisierten und damit nicht mehr teilungsfähigen Kardio- zyten auf einen entsprechen- den Stimulus hin nur der erste Schritt — die Dedifferenzie- rung — ab. Diese ist gekenn- zeichnet durch die Synthese embryonaler „Isoformen" ver- schiedener Proteine sowie durch vermehrte Expression von Protoonkogenen, die für Wachstumsfaktoren kodieren.

Von pathophysiologischer Bedeutung dürfte unter ande-

rem der Shift zu fetalen Iso- formen der kontraktilen Pro- teine sein, die im Vergleich zu den adulten Formen eine geringere ATPase-Aktivität aufweisen. Dadurch wird zwar einerseits der Sauer- stoff-Verbrauch vermindert;

andererseits kann jetzt aber die mit hohem Energieauf- wand verbundene Relaxation nur noch mit reduzierter Ge- schwindigkeit erfolgen, was in dem Moment problematisch wird, wenn Arrhythmien — bei Herzinsuffizienz ein häufiges Phänomen — auftreten. Ist die Rückholungskapazität ver- mindert, so Holtz, können Rhythmusstörungen dadurch potenziert werden.

Experimentelle Untersu- chungen haben gezeigt, daß die gleichen Wachstumspro- zesse, die durch mechanische Dehnung ausgelöst werden, auch durch Angiotensin II ausgelöst werden können.

Dies zusammen mit der Be- obachtung am Tiermodell, daß ACE-Hemmer auch in sehr niedriger — nicht hämo- dynamisch wirksamer — Dosis ein Myokardwachstum ver- hindern, legt laut Professor Holtz den Schluß nahe, daß Angiotensin II in vivo als tro- phischer Faktor bei der Herz- hypertrophie eine Rolle spielt. Das würde bedeuten, daß ACE-Hemmer zweifach

hypertrophiepräventiv wir- ken, durch die hämodynami- sche Entlastung einerseits und durch Reduktion des hu- moralen Wachstumsreizes andererseits.

Abgesehen von dem gün- stigen Einfluß auf die Herz- hypertrophie gibt es diverse weitere Befunde, die dafür sprechen, daß Herzinsuffi- zienz-Patienten in vielerlei Hinsicht von einer Therapie mit ACE-Hemmern profitie- ren können. Die Experten li- steten beim Münchner Sym- posium folgende potentiell kardioprotektiven Effekte auf: ACE-Hemmer setzen die (Kammer-)Flimmerschwelle herab. Durch ACE-Hemmer läßt sich der Koronarfluß deutlich verbessern (der Ko- ronargefäßtonus wird experi- mentellen Daten zufolge durch lokales Angiotensin II mit reguliert). Außerdem

„bahnt" Angiotensin II die Freisetzung von Noradrena- lin, so daß ACE-Hemmer umgekehrt das Herz vor einer überschießenden Sympathi- kusaktivität — etwa im Fall ei- ner Ischämie — schützen. Und last but not least wurde von Professor Dr. Wolfgang Klaus, Pharmakologisches In- stitut der Universität Köln, der „aufsehenerregende"

neue Befund angeführt, daß ACE-Hemmer die myointi- male Proliferation — und da- mit einen grundlegenden Me- chanismus der Arteriosklero- se als häufiger Grunderkran- kung der chronischen Herzin- suffizienz — zu hemmen ver- mögen. Ulrike Viegener

Einflüsse günstig bei chronischer Herzinsuffizienz

Hämodynamische und trophische Effekte der ACE-Hemmer

A-2084 (80) Dt. Ärztebl. 87, Heft 25/26, 25. Juni 1990

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die therapeutische Wirkung der heute gebräuchlichen Hemmstoffe des Konversionsenzyms Captopril, Enalapril und des noch nicht zuge- lassenen Ramipril (Abbildung 2) wird in

Eine Infektion mit dem Hepati- tis-C-Virus verläuft in der Regel chro- nisch und führt unbehandelt bei vie- len Patienten zu einer Leberzirrhose mit der Gefahr einer Leberinsuffizi-

Noch zwei andere Hinwei- se gab Stumpe: Zum einen sollte das im Alter verminder- te intravasale Volumen durch die Blutdrucktherapie nicht noch weiter herabgesetzt wer- den..

Die Autoren berichten über die Ergebnisse randomisierter Studien zur Wirkung von niedrig-dosiertem Aspirin bei der Behandlung und Verhütung kardiovaskulärer Erkran- kungen.

Die gemächliche Anflu- tungszeit von sechs bis sieben Stunden bis zum Erreichen des maximalen Plasma-Spie- gels, aber bereits beginnende Wirkung nach ein bis zwei Stunden,

Dies zusammen mit der Be- obachtung am Tiermodell, daß ACE-Hemmer auch in sehr niedriger — nicht hämo- dynamisch wirksamer — Dosis ein Myokardwachstum ver- hindern, legt

Nicht zu unter- schätzen ist auch der psycho- logische Effekt bei sehr ängst- lichen Patienten — schon das diagnostische Procedere und der Ausschluß maligner Ursa- chen können

Ich möchte mehr darüber erfahren, warum für Magnesium- Supplementierung und Magnesium-Therapie die Erfolgs- aussichten mit Magnesium-Diasporal»deshalb hoch sind, weil