M E D I Z I N
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A3432 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 50½½½½15. Dezember 2000
burt kam, ergaben sich keine signifi- kanten Unterschiede zwischen den mit Atosiban und den mit einem Beta-2- Sympathikomimetikum behandelten Pa- tientinnen bezüglich des mittleren Schwangerschaftsalters bei der Geburt, des mittleren Geburtsgewichts der Kin- der und der Häufigkeit der Verlegung der Neugeborenen auf eine Intensivsta- tion sowie der Behandlungsdauer dort.
Bei 48 Prozent der mit Atosiban be- handelten Patientinnen traten Neben- wirkungen auf: Dabei kam es am häu- figsten zu Übelkeit (circa zehn Pro- zent), Kopfschmerzen, Schwindel, Hit- zewallungen, Erbrechen, Tachykardie, Hypotonie, Reaktionen an der Injekti- onsstelle sowie zu Hyperglykämien (ein bis zehn Prozent).
Schlussfolgerung
Die bisher publizierten Studien zu dem Oxytocin-Rezeptorantagonisten Atosi- ban lassen noch keine abschließende Bewertung der Wirksamkeit dieser Therapie zu. Insgesamt hat aber Atosi- ban vor allem im Vergleich zu den Beta- 2-Sympathikomimetika eine geringere Rate an schwerwiegenden Nebenwir- kungen; seine Anwendung ist durch ei- ne geringere Rate an Kontraindikatio- nen limitiert. Unter diesen Gesichts- punkten könnte künftig zur Therapie der vorzeitigen Wehentätigkeit eine hinsichtlich der Akzeptanz vorteilhaf- tere Methode zur Verfügung stehen – eine vergleichbare Effektivität zu den etablierten Tokolytika im Sinne der Evidence Based Medicine vorausge- setzt.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2000; 97: A 3427–3432 [Heft 50]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Holger Maul
Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
E-Mail: mwinkler@post.klinikum.rwth-aachen.de
In etwa der Hälfte der Fälle von Herz- Kreislauf-Stillstand werden von den an- wesenden Personen keine Wiederbele- bungsmaßnahmen ergriffen. Eine Un- tersuchung aus Seattle konnte nun zei- gen, dass die alleinige Druckmassage des Thorax ohne gleichzeitige Mund- zu-Mund-Beatmung in vielen Fällen zu gleich guten oder besseren Ergebnissen führt als die bislang übliche Praxis der kardiopulmonalen Reanimation.
Zeugen von Herz-Kreislauf-Stillstän- den, die mittels Notruf Erste Hilfe anfor- derten, wurden telefonisch instruiert, entweder wie bisher eine Laienreani- mation mit Beatmung und Herzmassage oder nur eine Herzmassage durchzu-
führen, bis das Rettungsteam eintraf.
Dabei erwies sich das einfachere Verfah- ren der komplexeren Reanimation als gleichwertig wenn nicht sogar überle- gen. Bei Ersterem erreichten 14,6 Pro- zent der Patienten lebend das Kranken- haus, bei Letzterem nur 10,4 Prozent.
Die Autoren empfehlen daher vor allem den in der Reanimation Ungeübten bei Herz-Kreislauf-Stillstand zumindest die Herzdruckmassage durchzuführen. acc Hallstrom A et al.: Cardiopulmonary resuscitation by chest compression alone or with mouth-to-mouth venti- lation. N Eng J Med 2000; 342; 1546–1553.
Dr. Hallstrom, 1107 NE 45thStreet, Suite 505, Seattle, WA 98105-4689, USA.
In Metaanalysen ist häufig nicht nur be- reits publizierte Literatur zu dem be- handelten Thema zusammengefasst und ausgewertet, sondern häufig wer- den auch Studien berücksichtigt, die nicht oder noch nicht publiziert wor- den sind. Ob solche „graue Literatur“
das Ergebnis von zusammenfassen- den Sammeluntersuchungen beeinflusst, wollten die Autoren herausfinden. Sie fanden in 33 Publikationen über klini- sche Effektivitätsstudien, dass Ergeb- nisse nicht publizierter Arbeiten mit benutzt worden waren – 61 Prozent da- von waren Abstracts, andere waren in- terne Dokumente, beispielsweise der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA), der Weltge- sundheitsorganisation oder von Phar- mafirmen. Das Nachrechnen ergab, dass mit einer Ausnahme die Metaana- lysen korrekt kalkuliert waren. Nahm man jedoch die Teilergebnisse der nicht publizierten Primärstudien heraus, ent- standen oft abweichende Gesamtergeb- nisse. Zwei Beispiele: Eine Metaanaly- se über die Effektivität einer medika- mentösen Behandlung von Beinvenen- insuffizienz ergab eine Schmerzlinde- rung in 42 Prozent der Fälle; rechnete man die Ergebnisse ohne die „grauen“
Studien aus, kam man sogar auf 61 Pro- zent. In einem anderen Fall ergab eine
Studie über nächtliche Wadenkrämpfe aus offiziell publizierten Arbeiten eine um fünfzig Prozent höhere Effektivität der untersuchte Methode als die Analy- se dreier unpublizierter Studien bei der FDA. Insgesamt boten die Metaanaly- sen im Schnitt bei Ausschluss der
„grauen“ Literatur ein um 15 Prozent besseres Ergebnis. Der Schluss daraus:
Wenn man sich auf die Analyse publi- zierter Daten beschränkt, können die Ergebnisse zu „optimistisch“ sein. Man sollte sich also bei der Anfertigung von Metaanalysen bemühen, auch (noch) nicht publiziertes Material zu verwen- den, was allerdings 1993 bei einer Um- frage im JAMA von dreißig Prozent der befragten Redakteure abgelehnt wor- den war. Es gibt jedoch andererseits bis- her keinen Beweis dafür, dass „graue“
Literatur von schlechterer Qualität wä- re. – Am Rande: Zwei Prozent der ins- gesamt 487 berücksichtigten Primärstu- dien waren in deutscher Sprache, davon
aber keine „grau“. bt
McAuley L, Pham B, Tugwell P, Moher D: Does the inclu- sion of grey literature influence estimates of intervention effectiveness in meta-analyses? Lancet 2000; 356:
1228–1231.
David Moher MSC, Thomas C: Chalmers Center for Sys- tematic Reviews, Children’s Hospital of Eastern Ontario Research Institute, Room R 226, 401 Smyth Road, Otta- wa, Ontario R1H BL 1, Kanada, dmoher@uottawa.ca
Reanimation nur noch mit Herzdruckmassage?
Referiert
„Graue“ Literatur in Metaanalysen
Referiert