S C H L U S S P U N K T
[84] Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 14½½½½6. April 2001
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er Neue Markt hat, wie wir wissen, Tausende von Anlegern ins Un- glück gestürzt, manche sogar in Existenznöte.Wo viele im Elend sitzen, da muss es doch ein paar Ge- winnler geben, sonst stimmt das Gleichgewicht des Schrek- kens nicht mehr. In der Tat, die gibt es auch. Kurioserwei- se handelt es sich bei den Ab- sahnern oft genug um die Vorstandschefs genau der Aktiengesellschaften am Neu- en Markt, deren Kurse so bö- se abstürzten.
Allerdings haben die bösen Buben längst Kasse gemacht, als die Maschinerie noch laut- los schnurrte. Der Boss von Intertainment, Rüdiger Bä- res, verkaufte Aktien im Wert von über zwei Millionen Eu- ro, während die Intertain- ment-Aktionäre zweistellige Verlust hinnehmen mussten.
Thomas Haffa, einstiger Star
in allen möglichen Fernseh- sendungen, verkaufte Anteile von EM.TV für 20 Millionen Euro, als der Kurs noch exor- bitant höher stand.
Den Vogel schoss, um noch ein drittes Beispiel von vielen anderen (Sunburst, CAA, IM Internationalmedia, Microlo- gica) zu nennen, Intershop- Chef Stephan Hambach ab.
Der Ex-Chef des ehemaligen ostdeutschen Vorzeigeunter- nehmens erlöste rund 30 Mil- lionen Euro mit dem Verkauf eigener Aktien. Das alles ge- schah – natürlich – zu einem Zeitpunkt vor dem großen Absturz der Intershop-Aktie.
Nun ist Aktien-verkaufen- Wollen eine Sache, sie aber auch loszuwerden – bei diesen
enormen Volumina – eine an- dere. Voraussetzung: Der An- leger muss immer noch glau- ben, d e n Deal seines Lebens zu machen. Das kann aller- dings nur gelingen, wenn die Story einen guten Vorlauf hat.
Hier genau liegt der Hund auf dem Sofa, was er eigent- lich nicht dürfte. Eine bunte Gemengelage aus Unverfro- renheit, Provisionsgier, Chuz- pe, Großmannssucht sowie- so, sorgte oft im Vorfeld ei- ner Emission dafür, dass die zeichnungswilligen Sparer wie wilde Hummeln über die Banken herfielen.
Ob das börsennotierte Un- ternehmen jemals würde Geld verdienen können, interessier- te kaum jemanden. Jede Men-
ge Aktien landete überdies in vermögensverwalteten Depots und bei Investmentfonds mit Schwerpunkt Neuer Markt und Internet. Die Fantasie der Börsianer blühte ebenso mun- ter weiter. Eine bunte Jubelmi- schung an Ad-hoc-Meldungen, in denen teilweise der größte Bockmist stand, hielt die Story weiter unter Dampf, bis zum Tag X halt, als die ersten ech- ten Jahres-Bilanzzahlen ver- schämt präsentiert werden mussten, samt horrender Ver- luste, versteht sich.
Wirtschaftsmagazine hiev- ten zuvor noch die Bosse des Neuen Marktes als neue Heils- bringer der New Economy auf ihre Titelseiten. Die gewaltigen Verkaufsaktionen vieler Vor- stände konnten nur in diesem Dunstkreis von AG, Bank und Presse funktionieren. Alle ha- ben genug verdient, bloß der Anleger nicht. Er ist, wie so oft, am Ende der Dumme. ✮
Neuer Markt
Die Vermögensvernichter
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ie Siesta gehört in süd- lichen Breiten fest zum Tagesrhythmus, in China hat jeder Berufstätige ein Recht auf seinen Mittags- schlaf, und in den USA richten immer mehr Unternehmen Ruheräume für ihre Beschäf- tigten ein. Der Wunsch nach einem Büroschläfchen oder„power nap“ greift nun auch in Deutschland um sich: Jeder dritte Deutsche (33,8 Prozent) würde mittags am Arbeits- platz gern ein Nickerchen ma- chen. Das ergab eine reprä- sentative Emnid-Umfrage im Auftrag der Berlin-Kölni- schen Krankenversicherung, einer Gesellschaft des Parion- Konzerns. Befragt wurden 1 016 Personen im Alter von 14 bis 60 Jahren.
Erstaunlich: Der Anteil der „Möchte-gern-Schläfer“
ist in der Gruppe der 14- bis
29-Jährigen mit 40,5 Prozent am größten. Doch es sind auch die Youngsters, die mit 14 Prozent am stärksten be- fürchten, dass der Büroschlaf schlecht fürs Image ist (ge- samt: 9,4 Prozent).
Diagnose „Mittagsmüdig- keit“: Die Konzentration lässt
nach, der Blick schweift in die Ferne, die Augenlider werden schwer. Der Gang in die Kantine oder das über- heizte Büro verstärkt sie oft noch.
Schon jetzt geben laut Um- frage der Krankenversiche- rung sechs Prozent der Deut-
schen in der Mittagszeit dem Ruf ihres Körpers nach und schlafen – auch am Arbeits- platz. Hauptvertreter des praktizierten Büroschlafs sind Männer zwischen 50 und 60 Jahren quer durch alle Bil- dungsschichten.
Nicht nur die wachsende Belastung am Arbeitsplatz führt zu dem mittäglichen Durchhänger am Schreib- tisch. Die Medizin spricht vom „erhöhten Schlafdruck“, den viele Menschen zwischen 12 und 14 Uhr verspüren.
„Ein Kurzschlaf in dieser Phase führt dazu, dass der Körper sich regeneriert. Die Reaktions-, Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nimmt wieder zu, und die Arbeit kann mit neuem Elan fortge- setzt werden“, erklärt Dr.
Frank Tschubar von der Ber- lin-Kölnischen.
Für den Energieschub rei- chen schon fünf bis 15 Minu- ten Schlaf aus. Wer länger schläft, braucht mehr Zeit, um wieder richtig wach zu
werden. EB
Post Scriptum
Börsebius
Zeichnung:Berlin-Kölnische Krankenversicherung