Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 6|
10. Februar 2012 A 231N
ach den jüngsten Tarifabschlüssen des Marbur- ger Bundes steht fest, dass sich die Personalkos- ten in den Krankenhäusern in diesem Jahr um insge- samt gut drei Prozent erhöhen. Die Preise für Kranken- hausleistungen dürfen demgegenüber aber nur um höchstens 1,48 Prozent steigen. Daraus ergibt sich der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zufolge ei- ne Finanzierungslücke in Höhe von einer Milliarde Euro. Diese Berechnung beruht freilich auf der Annah- me, dass sowohl die Fallzahlen als auch die durch- schnittliche Fallschwere mehr oder weniger konstant bleiben. Genau diese beiden Parameter zu steigern, dürften aber die Geschäftsführungen von den Ärztin- nen und Ärzten besonders vehement einfordern, wenn die Krankenkassen nicht doch noch verpflichtet wer- den, einen Teil der Tarifsteigerungen zu bezahlen. Es ist also auch im Sinne der Ärzte, dass die DKG hier den Druck auf die Politik erhöht.Und genau das geschieht derzeit. Die Krankenhäuser seien maßlos enttäuscht von der Bundesregierung, er- klärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum gegen- über dem Deutschen Ärzteblatt. Es habe zuletzt kein einziges Gesetz gegeben, das den Krankenhäusern ir- gendwelche Vorteile gebracht habe – „ganz anders als dem niedergelassenen Bereich“. Um ihren Unmut kundzutun und auf die Notwendigkeit einer Gegenfi- nanzierung der Tarifsteigerungen hinzuweisen, hätten viele Geschäftsführer bereits an ihre Bundestagsabge- ordneten geschrieben. Die DKG selbst will das Thema am 27. Februar öffentlich bei einem Symposium in Ber- lin diskutieren. Bei einem Medinform-Seminar am 31.
Januar in Berlin erinnerte Baum zudem daran, dass im Sommer 2008 mehr als 100 000 Klinikbeschäftigte vor dem Brandenburger Tor gegen die Unterfinanzierung der Krankenhäuser demonstriert hätten. Zur Erinne- rung: Im Anschluss war der Kostenorientierungswert Gesetz geworden, wonach für die Anpassung der Kran- kenhauspreise von 2011 an nicht mehr die Entwicklung der Grundlohnsumme maßgeblich sein sollte, sondern die Entwicklung der Personal-, Energie- und Sachkos- ten in den Kliniken. Für die Jahre 2011 und 2012 hat die
Politik diesen Mechanismus allerdings ausgesetzt. Als
„Beitrag der Krankenhäuser zur Sanierung der Kran- kenkassen“ wurde die Grundlohnrate als Maßstab reak- tiviert und dann noch um 0,5 Prozentpunkte gekürzt.
Inzwischen sind die Kassen des Gesundheitsfonds aber prall gefüllt. Abzüglich der gesetzlichen Rücklage in Höhe von drei Milliarden Euro und weiterer zwei Milliarden Euro, die als Sozialausgleich für Zusatzbei- träge der Krankenkassen in den Jahren 2012 bis 2014 geblockt sind, belief sich der Überschuss des Fonds En- de 2011 auf 3,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen die Rücklagen der Krankenkassen selbst, die sich noch ein- mal auf mindestens eine Milliarde Euro belaufen sollen.
Es wäre nur fair, einen Teil dieses Geldes für eine an- teilige Finanzierung der Tarifsteigerungen in den Kran- kenhäusern zu verwenden – als „Beitrag der Kranken- kassen zur Sanierung der Krankenhäuser“, wenn man so will. Unter anderem hat dies auch der gesundheits- politische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, bereits in Aussicht gestellt. Bundesgesund- heitsminister Daniel Bahr (FDP) betonte hingegen ge- rade erst, wie froh er über einen finanziellen Puffer sei.
Vielleicht hat ihn ja Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) daran erinnert, dass der Bund ab 2015 mit Steuergeldern dafür Sorge zu tragen hat, dass die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ausreicht, um den Sozialausgleich im System zu gewährleisten . . . KRANKENHAUSFINANZIERUNG
Eine Frage der Fairness
Jens Flintrop
Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik