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Jg. 110|
Heft 43|
25. Oktober 2013Das Leser-Forum
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AUSLÄNDISCHE ÄRZTE
Wie gut müssen die Deutschkenntnisse sein? (DÄ 39/2013:
„Prüfungen für aus- ländische Ärzte:
Erstmals konkrete Vorgaben“ und DÄ 27–28/2013: „Einheitlicher Sprachtest geplant“ von Birgit Hibbeler)
Sprachbarriere erschwert Verständigung
Zum Thema möchte ich ein eigenes Erleben beisteuern, das die tiefere Problematik von Sprachbarrieren bei ausländischen Kollegen be- leuchten mag.
Da ich selbst im vergangenen Jahr Krankenhaushilfe benötigte, fiel mir Sprachlosigkeit auf, da eine Verständigung im tieferen Sinne kaum möglich war . . .
Zum Vorgang: vor der Operation die übliche Anästhesistenroutine.
Meine Fragen wurden als Kritik am Arzt verstanden. Ich wollte eigent- lich nur Aufklärung. Statt meine Besorgnis (Angst) sprachlich zu er- fassen und zu beantworten, fühlte der Kollege sich angegriffen und verteidigte sich.
Ich resignierte hilflos und hielt die Klappe. Diese Sprachlosigkeit be- trifft sicher auch deutsche Kollegen in vergleichbaren Situationen. Wie vielmehr, wenn eine Sprachbarriere existiert. Ich kenne das aus Aus- landstätigkeiten.
Jürgen Schlee, 31675 Bückeburg
Ausnahme für Weiter- bildungsstipendiaten
Natürlich ist es ein löbliches Anlie- gen, ausländische Ärzte, die bei uns arbeiten, auf die Beherrschung der
deutschen Sprache zu verpflichten.
Dabei sollten wir aber nicht verges- sen, dass wir hier von sehr unter- schiedlichen Voraussetzungen spre- chen, die nicht über einen Kamm geschoren werden sollten.
Ausländische Kollegen mit voller Approbation, die zum selbstständi- gen ärztlichen Arbeiten berechtigt werden, bedürfen ohne Zweifel ei- ner soliden Sprachkenntnis sowohl im umgangssprachlichen, als auch im berufsspezifischen Bereich.
Ganz anders aber sieht es in meinen Augen aus für die jungen Kollegen – insbesondere aus nicht europäi- schen Ländern und hier ganz beson- ders den Entwicklungsländern –, die zu uns kommen, um die Fach- arztweiterbildung zu absolvie- ren. Für diese Kollegen hat Deutschland als Ausbildungsland immer noch ein hohes Ansehen, auch wenn die internationale Kon- kurrenz durch andere Länder wie Indien, Pakistan, China, Russland, Amerika etc. mit englischem Sprachgebrauch immer stärker wird. Eine in Deutschland abge- schlossene Facharztweiterbildung sorgt für eine Verbundenheit mit uns als Ausbildungsland, die Deutschland in vieler Hinsicht lang- fristig sehr zugutekommt. Der Zu- tritt zur Weiterbildung in Deutsch- land ist aber ohnehin mit immer hö- heren bürokratischen, organisatori- schen und finanziellen Hürden für diese Kollegen aus Entwicklungs- ländern verbunden. Der Beginn der Arbeit in einer hiesigen Weiterbil- dungsstelle (meist als Stipendiat) ist dabei stets nur in Abhängigkeit und unter der Anleitung eines Ausbil- ders oder eines kollegialen Tutors möglich. Im Laufe der ersten Mo- nate entwickelt sich dann stets ohne Probleme im Rahmen der Anpas-
sung an die hiesigen Arbeits- und Lebensverhältnisse auch die not- wendige Sprachfähigkeit.
Mein Vorschlag wäre daher, es für diejenigen Kollegen, die zum Zwe- cke der Weiterbildung zu uns kom- men, bei der alten Regelung zu las- sen: Nachweis des im Ausland er- werbbaren Sprachtests für den Grundlevel der Umgangssprache.
Beherrschung der fachmedizini- schen Sprache aber erst bei Zutei- lung der voll eigenverantwortlichen Approbation. Es müssten also nur die Ärzte diesen Sprachtest able- gen, die in Deutschland bleiben.
Diejenigen, die in ihr Heimatland zurückkehren – was bei den Weiter- bildungsstipendiaten stets der Fall ist – können sich diesen Aufwand im wahrsten Sinne des Wortes spa- ren. Die gut gemeinte Sprachprü- fung wird sonst zu unserer eigenen Isolation – zumindest in den Ent- wicklungsländern – beitragen.
Prof. Dr. med. Matthias Richter-Turtur, Isarkliniken, 80331 München
Kriterien nicht eindeutig
Die Probleme sind evident. Einer- seits brauchen wir zunehmend Kol- legen aus dem Ausland, anderer- seits sind die Kriterien, die an das Sprachvermögen der ausländischen Ärzte angelegt werden, nicht ein- deutig und nicht einheitlich. Ich un- terrichte auf Honorarbasis Ärzte aus dem Ausland bei der Paderborner Sprachwerkstatt, die spezielle Kur- se in „Medizinischem Deutsch“ an- bietet. Diese Kurse werden gut an- genommen, in aller Regel trägt der jeweilige Arbeitgeber die Kosten.
Aufgrund dieses Unterrichtes und aus meiner langjährigen Erfahrung als Chefarzt einer medizinischen Klinik, glaube ich sicher beurteilen
US SC
W D s
„ l E V 27–28/2013: Einhe
B R I E F E
zu können, dass das allgemeine Sprachniveau B2 für eine patienten- orientierte ärztliche Tätigkeit nicht ausreichend und eine spezielle wei- tere Schulung für spezifisch ärztli- che Tätigkeiten (zum Beispiel Anamnese, Erklärung der Befunde, Arztbriefe, Dokumentation usw.) sehr hilfreich beziehungsweise not- wendig ist.
Zudem sollte aus meiner Sicht nicht nur der Test des Sprachvermögens der ausländischen Kollegen verein- heitlicht werden. Auch sollten beim Prüfungsinhalt – in Analogie zum medizinischen Staatsexamen – pri- mär die Schwerpunkte auf häufig vorkommende medizinische Pro- bleme gelegt werden und nur aus- nahmsweise sehr spezielle Kennt- nisse (zum Beispiel tropische Infek- tionen, Unterschiede der Stamm- zellgewinnung oder Ähnliches) ab- gefragt werden.
Prof. Dr. Wolfgang Petermann, 33104 Paderborn
ETHIKBERATUNG
Die Ergebnisse der klinischen Ethikbe- ratung in Kranken- häusern und Pflege- heimen sind enttäu- schend (DÄ 26/
2013: „Heiße Luft“
Leserbrief von Claudia Wiesemann).
Keine ausreichende Evidenz für Leitlinien
In einer jüngst im DÄ erschienenen Arbeit kritisieren wir Versuche,
„Klinische Ethikberatung“ bezie- hungsweise „Klinische Ethik Ko- mitees“ (KEK) über letztlich unbe- legte Leitlinien durchzusetzen. Wir erläutern und belegen exempla- risch, dass die theoretische Schlüs- sigkeit sowie die tatsächliche Ver- breitung, Akzeptanz und Effektivi- tät dieser „experimentellen“ Verfah- ren weit geringer ist, als behauptet.
Wir danken für die vielen, überwie- gend zustimmenden Zuschriften:
Fast alle räumen ernste Defizite ein.
Unsere Schlussfolgerungen werden meist unterstützt. Eine Widerlegung unserer Ausführungen gelingt nicht:
Empirisch aussagekräftige Studien- D
k r h h s 2 Leserbrief von Claud
Deutsches Ärzteblatt