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Archiv "Erkrankungen der Niere (6): Refluxnephropathie" (04.07.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

lung. Die spontane Heilungschance pro Jahr ist dem Refluxgrad umge- kehrt proportional. Gemäß der In- ternationalen Refluxstudie waren nach fünf Jahren von den Refluxen Grad IV 24 Prozent verschwunden, von denen mit Grad III 35 Prozent und von denen mit Grad I oder II 63 Prozent. Bilaterale Refluxe ver- schwanden signifikant seltener als unilaterale, zu Narbennieren gehöri- ge signifikant seltener als zu norma- len Nieren gehörige.

Für den Nachweis und für eine risikoorientierte Kennzeichnung des Refluxes haben sich die röntgeno- logische oder die Radioisotopen- Miktionszysturethrographie be- währt. Die Sonographie ist weder zum sicheren Nachweis noch zum si- cheren Ausschluß eines Refluxes ge- eignet. Abbildung 1 zeigt die interna- tionale röntgenologische Refluxklas- sifikation.

Abteilung für Kindemephrologie (Direktor:

Prof. Dr. med. Hermann Olbing) Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum der GHS Essen

Erkrankungen der Niere (6)

Hermann Olbing Refluxnephropathie

In der Kindheit entscheidet sich, ob es bei einem Patienten mit vesiko- uretero-renalem Reflux zu einer Nierenschädigung kommt und welches Ausmaß diese erreicht. Ein Reflux führt nur im Zusammenhang mit aku- ter Pyelonephritis oder Obstruktion zu Nierenschäden. Das Ausmaß dieses Risikos im Einzelfall hängt vor allem vom Alter, dem Geschlecht und dem Refluxgrad ab. Bei der Mehrzahl der Patienten ist der Versuch einer nichtchirurgischen Behandlung gerechtfertigt.

ie Refluxnephropathie ist der Prototyp einer im Kindesalter begin- nenden potentiell pro- gredienten Nierener- krankung mit häufig erst im Erwach- senenalter manifest werdenden ge- fährlichen Auswirkungen. Nur im Kindesalter ist eine Prävention mög- lich. Die letzten Jahre haben wichti- ge neue Erkenntnisse über Möglich- keiten einer frühzeitigen individuel- len Risikoabschätzung und"einer risi- komindernden Therapie gebracht.

1. Der vesiko-uretero- renale Reflux (VUR)

Im Gegensatz zum sekundären Reflux, der zum Beispiel Folge po- steriorer Urethralklappen oder ei- er neurogenen Blasenstörung sein kann, fehlt beim primären Reflux ei- ne auslösende Grundkrankheit. Ich beschränke mich in dieser Arbeit auf den primären Reflux. Er beruht auf einer angeborenen Insuffizienz der ureterotrigonalen Verschlußmecha- nismen.

Da Refluxuntersuchungen nur bei bestimmten Indikationen durch- geführt werden, zum Beispiel bei akuter Pyelonephritis oder einer Miktionsstörung, ist die Häufigkeit in der Gesamtbevölkerung nicht be- kannt. Bei Kindern im schulpflichti- gen Alter mit Harnwegsinfektion schwankt sie zwischen 30 und 50 Pro- zent. Der primäre Reflux hat eine natürliche Tendenz zur Spontanhei-

1.1 Mit vesiko-uretero-renalem Reflux assoziierte Nierenschäden:

Die am besten validisierte Me- thode zum Nachweis und zur Kenn- zeichnung von Nierenschäden bei Reflux ist die Ausscheidungsurogra- phie. Der klassische Prototyp einer derartigen Läsion sind segmentale Parenchymnarben (Abbildung 2a).

Sie können uni- und bilateral in ver- schieden starker Ausprägung auftre- ten (Abbildung 2b). In jüngster Zeit wurde die segmentale Parenchym- verdünnung als potentiell reversibler Vorläufer derartiger Narben identi- fiziert. Wesentlich seltener als seg- mentale Läsionen findet man bei Kindern mit Reflux eine patholo- gisch kleine Niere mit normalen In- nen- und Außenkonturen und mit normaler Größenrelation zwischen Hohlsystem und Parenchymmasse.

Nierennarben vom Typ b an auf- wärts können auch durch Sonogra- phie und Szintigraphie zuverlässig erfaßt werden.

2. Pathogenese segmentaler Nierenparenchymnarben Segmentale Narben entstehen bei Patienten ohne Obstruktion nur in Nieren mit vesiko-uretero-rena- lem Reflux, die einer akuten Pyelo- nephritis ausgesetzt waren. Sie blei- ben auf Parenchymsegmente mit klaffenden Sammelrohrostien be- schränkt. Diese finden sich nur in fu- sionierten, nicht in singulären Nie- renpapillen.

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Abbildung 1: Internationale Refluxklassifikation. Grad I: VUR erreicht nicht das Nierenbek- ken. Grad II: VUR erreicht das Nierenbecken, führt aber nicht zu einer Dilatation. Grad III:

VUR erreicht Nierenbecken und führt zu leichter oder mittelstarker Dilatation und/oder Schlängelung des Ureters sowie zu leichter oder mittelstarker Dilatation des Nierenbeckens ohne Verbreiterung der Fornices. Grad 1V: mittelstarke Dilatation und/oder Schlängelung des Ureters und mittelstarke Dilatation von Nierenbecken und Kelchen mit komplettem Ver- streichen der scharfen Winkel der Fornices bei Erhaltung der Papillenimpression in der Mehrzahl der Kelche. Grad V: sehr starke Dilatation und Schlängelung des Ureters, sehr starke Dilatation von Nierenbecken und Kelchen, Papillenimpressionen in der Mehrzahl der Kelche nicht mehr sichtbar.

Die frühzeitige und gegen den indivi- duellen Erreger wirksame antibioti- sche Behandlung einer akuten Pyelo- nephritis verhindert in einem erheb- lichen Prozentsatz die Narbenbil- dung oder reduziert ihr Ausmaß.

Von einem bestimmten Zeitpunkt an ist der Vernarbungsprozeß irreversi- bel. Die Narbenschrumpfung kann in der Nachbarschaft zum Klaffen primär schlitzförmiger Sammelrohr- ostien führen und dadurch die Vor- aussetzung zur Narbenbildung in be- nachbarten Segmenten schaffen.

2.1 Folgen segmentaler Nieren- parenchymnarben:

Vernarbte Nierensegmente fal- len funktionell aus. Ausgedehnte bi- laterale Narben können zur Nieren- insuffizienz führen. Da vom Vernar- bungsprozeß freigebliebenes Nieren- gewebe eine erhebliche Potenz zur kompensatorischen Hypertrophie hat, kommt es im Vergleich zur gro- ßen Zahl der Patienten mit Reflux- nephropathie nur relativ selten zur Notwendigkeit einer Nierenersatz- therapie.

Auch ohne Niereninsuffizienz können segmentale Nierenparen- chymnarben zu einer renalen Hyper- tonie führen. Deren Häufigkeit und Ausmaß steigt mit der Ausbreitung der Narben. Bis zur Entwicklung ei- ner behandlungsbedürftigen Hyper- tonie können nach der röntgenolo- gischen Identifikation segmentaler Narben noch viele Jahre vergehen.

3. Behandlungsmethoden

Behandlungsziel ist die Vermei- dung von Nierenparenchymschäden.

Da es ohne akute Pyelonephritis und ohne Obstruktion auch bei Persi- stenz eines Refluxes nicht zu Nieren- schäden kommt, besteht eine Be- handlungsmöglichkeit in der anti- biotischen Reinfektionsprophylaxe.

Diese führt zu einer signifikanten Verminderung bakterieller Reinfek- tionen der Harnwege, aber nur bei einem Teil der Patienten zu der an- gestrebten völligen Freiheit von aku- ten Pyelonephritiden.

Ein zweites Behandlungsprinzip besteht in der operativen Refluxbe- seitigung. Hierdurch wird zwar die Häufigkeit bakterieller Reinfektio-

nen nicht vermindert, wohl aber die Keimaszension ins Nierenparen- chym und damit eine akute Pyelo- nephritis verhindert. Unter den ope- rativen Schnittmethoden haben sich die Verfahren nach Politano-Lead- better, Cohen und Lich-Gr4oir am besten bewährt. In der Internationa- len Refluxstudie waren Reoperatio- nen wegen Obstruktion bei acht von 151 operierten Kindern (5,3 Pro- zent) beziehungsweise acht von 237 operierten Ureteren (3,4 Prozent) erforderlich, in allen Fällen auf der

linken Seite. Fünf der acht reope- rierten Kinder mit postoperativer Obstruktion waren jünger als zwei Jahre. Bei der Mehrzahl dieser Kin- der entwickelte sich trotz Reoperati- on auf der obstruierten Seite ein Nierenparenchymschaden, in eini- gen Fällen in sehr ausgeprägter Form. Fünf Jahre nach der Operati- on persistierte der Reflux nur in 2,5 Prozent der Ureteren.

Submuköse Injektionen zum Beispiel von Teflon unter dem Ure- terostium scheinen gleich häufig wie

Tabelle 1: Faktoren mit erhöhtem individuellem Risiko für Nierenschä- den

a) bei der

-

Refluxgrad (III und mehr)

Erstuntersuchung: — Alter (je jünger, desto höher das Risiko)

—Geschlecht (größeres Risiko bei Jungen)

—Häufigkeit vorausgegangener akuter Pyelo- nephritiden

—segmentale Nierenparenchymverdünnung b) während der Ver- — akute Pyelonephritis

laufsbeobachtung: — Refluxpersistenz (vor allem Grad III und mehr)

—Obstruktion nach Refluxoperation

—konstante Proteinurie

- therapieresistente Hypertonie

—Gravidität

A-2392 (58) Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991

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die herkömmlichen Schnittverfahren zur Refluxrückbildung zu führen und kommen ohne äußerlich sichtbare Narben aus, befinden sich aber noch im experimentellen Stadium.

4. Vergleichende Therapiestudien

Der Krankheitsverlauf unter an- tibiotischer Reinfektionsprophylaxe und nach Refluxoperation mit Schnittverfahren wurde in der Bir- mingham Reflux Study bei 104 und in der International Reflux Study bei 402 Kindern fünf Jahre lang pro- spektiv alternierend verglichen; 57

Abbildung 2: Segmentale Nierenpar- enchymnarben; a) (oben) Trias nach Hod- son (1959): umschriebene Einziehung der Nierenaußenkontur, Verplumpung des ge- genüberliegenden Kelchendes, Verschmä- lerung des dazwischen gelegenen Par- enchymsegments. b) (links) Typen nach Smellie et al. (1975)

merulosklerose. Die Gefahr einer progredienten Niereninsuffizienz ist groß. Ein weiterer Risikofaktor ist die arterielle Hypertonie.

weitere Kinder wurden in Birming- ham zwei Jahre lang beobachtet. In beiden Studien fanden sich zwischen den beiden Behandlungsmethoden keine Unterschiede in der Häufigkeit von neuen Nierenschäden, von Hy- pertonien und von symptomatischen Harnwegsinfektionen (akute Pyelo- nephritis + akute Zystitis). Bei den operierten Patienten der Internatio- nal Reflux Study wurde in der ope- rierten Patientengruppe die signifi- kante Verminderung akuter Pyelo- nephritiden durch postoperative Obstruktionen aufgewogen. Von den nichtoperierten 155 Kindern der In- ternational Reflux Study machten trotz antibiotischer Reinfektionspro- phylaxe 30 Kinder akute Pyeloneph- ritiden durch, davon sieben mehr als einen Schub.

In der International Reflux Stu- dy wurde eine Patientengruppe mit besonders guter Prognose unter nichtoperativer Behandlung identifi- ziert. Es handelt sich um Kinder mit

Reflux Grad III oder IV bei der Erstuntersuchung und weniger als Grad III nach durchschnittlich drei Monate langer antibiotischer Rein- fektionsprophylaxe.

5. Risikofaktoren

Die wichtigsten Risikofaktoren mit erhöhtem Risiko neuer segmen- taler Nierenparenchymnarben sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Be- sonders für Patienten mit mehreren Risikofaktoren ist bei der Entschei- dung über die individuelle Therapie und bei der Verlaufsüberwachung große Erfahrung wünschenswert.

Einer besonderen Besprechung bedürfen Patienten mit segmentalen Nierenparenchymnarben und patho- logischer Proteinurie. Bei einem er- heblichen Prozentsatz von ihnen fin- det sich auch in röntgenologisch un- auffälligen Nierensegmenten histo- logisch eine fokal-segmentale Glo-

6. Praktisches Vorgehen

6.1 Diagnostik:

Eine Miktionszysturethrogra- phie ist bei allen Patienten nach aku- ter Pyelonephritis, mit Miktionsstö- rung oder mit sonographisch nachge- wiesener Dilatation im oberen Harn- trakt indiziert. Für die Erstuntersu- chung bevorzugen wir das röntgeno- logische Verfahren, weil es eine Be- urteilung auch der Urethra gestattet.

Wiederholungsuntersuchungen füh- ren wir wegen der geringeren Strah- lenbelastung möglichst mit der Isoto- penmethode durch. Bei beiden Ver- fahren ist eine Blasenfüllung bis zur vollständigen Ausnutzung der Kapa- zität und die Einbeziehung der Mik- tionsphase Voraussetzung für zuver- lässige Ergebnisse. Für die Blasen- füllung hat sich das Instillationsver- fahren bei einem hydrostatischen Druck von 40 bis maximal 70 cm H70 am besten bewährt. Die meisten Un- tersucher wählen für die Blasenfül-

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L1 -L3 mm

110-

100-

90-

80

70 -

60-

50-

40-

30-

oberer Pol

Seite

unterer Pol

OP S

UP

Quotient rechts/links normal:

innerhalb + und -2 SD

2 SD

30

+1-

> 4 SD

o-

-2- 10

-3 -

5

-4 -

-5- Paren-

Nieren- chym- unterer oberer Seite länge fläche Pol Pol

160 - I :I/ 35

-70

110:i

J

100-4 150- 1

120 -4

40 1

35-

301 L40

25-.

30

80-1 [ -20

[10 50 3

e.

90-1

701 -4

1

-50 i60

20-1

15J 45

40

3

30

25

20 20

SD +5 -

+4-

+3 -

Abbildung 3: Beurteilung von Nierenparenchymmaßen in Korrelation zur Höhe des Seg- ments Ll bis L3 nach Claesson et al. (1980). Pathologisch ist eine Abweichung um mehr als zwei Standardabweichungen (SD) vom Mittelwert

lung den transurethralen Weg, weni- ge die suprapubische Punktion.

Für eine zuverlässige Beurtei- lung der Ausscheidungsurographie sind gut sichtbare Außen- und In- nenkonturen des Nierenparenchyms Voraussetzung. Wir empfehlen die Bolusinjektion von trijodiertem nicht ionisiertem Kontrastmittel. Die Mes- sung der Nierenlängsachsen muß Bestandteil jeder Ausscheidungsuro- graphie werden. Durch Messungen der Parenchymdicke in den Polen und im lateralen Segment gelingt der Nachweis segmentaler Verdünnun- gen, die bei ausschließlicher Unter- suchung der Längsachse wegen einer kompensatorischen Hypertrophie dem Nachweis entgehen könnten.

Durch Planimetrie der projizierten Parenchymfläche kann die Beurtei- lung noch weiter verfeinert werden.

Die bei Kindern besonders wichtige Abhängigkeit vom allgemeinen indi- viduellen Entwicklungszustand kann dadurch ausgeglichen werden, daß man die Nierenmaße mit der Höhe des Segments L 1 bis L 3 der Wirbel- säule auf derselben Röntgenaufnah- me korreliert (Abbildung 3).

Auf Einzelheiten der Zystosko- pie, Sonographie und Szintigraphie kann ich in dem vorgegebenen Rah- men nicht eingehen.

6.2 Therapie:

Eine primäre Operationsindika- tion besteht bei Ablehnung oder Un- verträglichkeit einer antibiotischen Reinfektionsprophylaxe sowie bei ungenügenden Voraussetzungen ei- ner Compliance (Medikamentenga- be, Kontrolluntersuchungen); das gleiche gilt für Patienten, die wäh- rend einer vorausgegangenen anti- biotischen Reinfektionsprophylaxe schon akute Pyelonephritiden erlit- ten haben.

Bei anderen Patienten mit Re- flux kann man in der Regel zumin- dest zunächst auf eine operative Be- handlung verzichten. Wir verordnen in einem solchen Falle eine antibioti- sche Reinfektionsprophylaxe (Tabel- le 2). Sofern eine sorgfältige Ana- mnese Hinweise auf Harninkonti- nenz oder Miktionsstörung ergibt, geben wir detaillierte Empfehlungen für ein sogenanntes Blasentraining.

Sofern unter nichtchirurgischer Behandlung eine akute Pyelonephri-

tis auftritt, halte ich dies für eine se- kundäre Operationsindikation. So- fern bei einer Kontrolluntersuchung ein bis zwei Jahre nach Beginn einer nichtoperativen Behandlung noch ein dilatierender Reflux bei einem Mädchen nachgewiesen wird, sollte eine Zystoskopie durchgeführt wer- den. Wenn ein Golflochostium ge- funden wird, halte ich dies für eine Operationsindikation. Bei den ande- ren Patienten bleibt eine Fortset- zung der antibiotischen Reinfekti- onsprophylaxe eine gleichwertige Al- ternative zur Refluxoperation.

Bei Patienten in den ersten bei- den Lebensjahren scheint wegen der häufigen Komplikationsrate beson- dere Zurückhaltung gegenüber einer Operation vor allem nach Politano- Leadbetter angezeigt zu sein.

Vor einer Refluxoperation sollte noch einmal besonders sorgfältig nach einer Blasenfunktionsstörung gefahndet werden; die Operation sollte nach Möglichkeit erst nach der Normalisierung der Blasenfunktion durchgeführt werden.

6.3 Kontrolluntersuchungen:

Für Kontrolluntersuchungen auf Reflux sollte wegen der geringeren Strahlenbelastung die Isotopenme- thode eingesetzt werden. Bei nicht- chirurgischer Behandlung empfeh- len wir Kontrolluntersuchungen in Abständen von zunächst einem Jahr, später ungefähr 1,5 bis 2 Jahren.

Nach einer Refluxoperation kontrol- lieren wir den Erfolg nach ungefähr sechs Monaten. Eine sichere Reflux- ausheilung kann man erst anneh- men, wenn bei zwei aufeinander fol- A-2394 (62) Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991

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genden Untersuchungen kein Reflux mehr nachgewiesen wurde.

Wichtigster Bestandteil der Kon- trolluntersuchungen nach Reflux- operation ist der Ausschluß einer re- operationsbedürftigen Obstruktion.

Die Angaben über deren Häufigkeit schwanken zwischen 0 und 3 Prozent.

Da Obstruktionen in der Regel kli- nisch stumm bleiben, sind sonogra- phische Kontrolluntersuchungen un- abhängig vom Befinden des Patienten in ausreichend kurzen Intervallen und über mindestens zwei Jahre ratsam.

Wir empfehlen für die ersten zwei Kontrolluntersuchungen Intervalle von drei Monaten, anschließend von sechs Monaten.

Unabhängig von der Entschei- dung für eine operative oder nicht- operative Therapie müssen die Pa- tienten und ihre Eltern eindringlich darüber informiert werden, daß bei Fieber vor Beginn einer antibioti- schen Behandlung eine Harnunter- suchung und bei akuter Pyelonephri- tis so früh wie möglich eine antibioti- sche Behandlung erforderlich sind.

Solange ein Reflux persistiert, sollten auch bei asymptomatischen Patienten in festgelegten Intervallen Harnuntersuchungen durchgeführt werden; ich empfehle Abstände von drei bis sechs Monaten.

6.4 Weiterbetreuung nach Ende der Kindheit:

Patienten mit Nierenschäden und solche mit persistierendem Re- flux bedürfen auch als Erwachsene einer besonders intensiven Betreu- ung. Der vorbehandelnde Arzt muß seine Patienten auf diese Notwen- digkeit hinweisen und dem weiterbe- handelnden Kollegen die notwendi- gen Befunde übergeben. Schwanger- schaften sind Zeiten besonderer Ri- siken für diese Patientengruppe.

7. Perspektiven

J. Winberg nannte die mit einem Reflux assoziierten Nierenschäden

„Verspätungsnephropathie". Damit wollte er zum Ausdruck bringen, daß sie zumindest in einem großen Teil der Fälle durch rechtzeitige Antibio- tikabehandlung aller akuten Pyelo- nephritiden verhindert werden kön- nen. Die wichtigste Voraussetzung einer weiteren Verbesserung der Prognose ist eine Urinuntersuchung bei allen Patienten mit Fieber ohne eindeutige Ursache außerhalb des Harntrakts. Dies gilt vor allem für Säuglinge und Kleinkinder.

Ein Teil vor allem der hochgra- digen Refluxe kann schon heute vor Auftreten der ersten akuten Pyelo- nephritis durch Ultraschalluntersu- chungen identifiziert und einer Be- handlung zugeführt werden. Wegen der Familiarität der Refluxkrankheit sollten neugeborene Verwandte er- sten Grades von Patienten mit be- kanntem Reflux wiederholt bei vol- ler Blase sonographisch auf Reflux- hinweise untersucht werden.

Die Prognose der Refluxkrank- heit könnte durch eine Verminde- rung des Risikos postoperativer Obstruktionen weiter verbessert werden. Weltweit wird derzeit unter- sucht, ob dies durch submuköse In- jektionen unterhalb des Ureterosti- ums möglich ist.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Hermann Olbing Abteilung für Kindernephrologie Klinik und Poliklinik für

Kinder- und Jugendmedizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55

W-4300 Essen 1

Nukleinsäure- sequenzen des Cytomegalievirus im Pankreas bei Typ-II-Diabetes

Über einen möglichen Zusam- menhang zwischen menschlichem Cytomegalievirus und Typ-Il-Diabe- tes berichten M. Löhr und M. Old- stone. Sie untersuchten Pankreas- präparate von Patienten mit nicht in- sulinabhängigem Diabetes mellitus und fanden dort bei 14 von 32 Pa- tienten (44 Prozent) für das mensch- liche Cytomegalievirus spezifische Nukleinsäuresequenzen. Bei 49 Prä- paraten von Nichtdiabetikern blieb dagegen eine Reaktion aus.

Die zur Untersuchung herange- zogene RNA der Diabetiker reagier- te nicht mit Nukleinsäureproben von Mumps-, Röteln- oder Coxsackievi- ren. Eine In-situ-Nukleinsäure-Hy- bridisierung an Geweben von fünf willkürlich ausgewählten Human- CMV-positiven Patienten ergab, daß das Human-CMV-Signal nur in den Langerhans-Inseln und nicht in ex- ternen Zellen lokalisiert war. Es fan- den sich bei keinem der CMV-positi- ven Patienten morphologische Schä- digungen der Inseln, Entzündungs- zellen oder perivaskuläre Entzün- dungszellherde.

Welche Rolle die Persistenz die- ser Transkripte bei der Krankheits- entstehung spielt, bedarf weiterer Untersuchungen. nkl

Löhr, M., M. B. A. Oldstone: Detection of cytomegalovirus nucleic acid sequences in pancreas in type II diabetes. Lancet 1990;

336: 644-648

Dr. M. B. A. Oldstone, Department of Neuropharmacology, Division of Virology, Scripper Clinic and Research Foundation, 10666 N Torrey Pines Road, La Jolla, Cali- fornia 92037, USA

Tabelle 2: Vorschläge für eine antibiotische Reinfektionsprophylaxe

Medikament Dosis

Nitrofurantoin 1-2 mg/kg abends*) Trimethoprim 1-2 mg/kg abends Oralcephalosporin

(Cefaclor 1-15 mg/kg abends)

*) unmittelbar vor dem Zubettgehen nach Blasenentleerung

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