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Archiv "Erkrankungen der Niere (4): Behandlung der terminalen Niereninsuffizienz: CAPD versus Hämofiltration" (21.03.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Erkrankungen der Niere (4)

Behandlung der

terminalen Niereninsuffizienz:

CAPD versus Hämofiltration

Die CAPD (kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse) ist ein alternati- ves Dauerdialyseverfahren, das als Heimdialyse kostengünstig durchge- führt werden kann. Bis auf wenige Kontraindikationen ist sie bei allen ter- minal niereninsuffizienten Patienten möglich und sollte jedem neuen Dia- lysepatienten als Alternative vorgestellt werden. Aufgrund der kreislauf- schonenden Entwässerungsmöglichkeit bei kontinuierlicher Elimination der Urämietoxine ist die CAPD bei Risikopatienten vorzuziehen. Die arte- riovenöse Hämofiltration ist ein technisch einfaches, pflegerisch auf- wendiges Verfahren, das zur Behandlung des akuten Nierenversagens, aber auch bei pulmonaler und kardialer Insuffizienz angewandt wird.

Michael Nebel

1. CAPD

1.1 Historische Entwicklung

Seit über 25 Jahren ist die Hä- modialyse (HD) das routinemäßige Behandlungsverfahren bei termina- ler Niereninsuffizienz, alternative Dialyseverfahren wie CAPD oder Hämofiltration werden nur verein- zelt angewandt. Die Peritonealdialy- se (PD) kam erst 1968 nach der Ent- wicklung eines PD-Katheters zur Langzeittherapie durch Tenckhoff und der Einführung neuer Materiali- en (Teflon, PVC, Silikon) zur klini- schen Anwendung. Der Tenckhoff- Katheter wird auch heute noch bei den meisten Patienten implantiert.

Von Moncrief und Popovich wurde 1976 die kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse (CAPD) initiiert und durch Oreopoulos 1978 in ihrer heutigen Form eingeführt. Ende 1988 gab es weltweit 41 200 Patien- ten. Die Verbreitung des Verfahrens ist sehr unterschiedlich (Abbildung 1): Vor allem in der Bundesrepublik Deutschland werden nur sehr wenige Patienten behandelt. Die Ursachen für den unterschiedlichen Anteil der

PD bei der Versorgung terminal nie- reninsuffizienter Patienten werden kontrovers diskutiert (1): es sind vor allem die unterschiedliche medizini- sche Beurteilung des Verfahrens und organisatorische Probleme.

1.2 Vorteile der CAPD für den Patienten

Die CAPD ist ein kontinuierli- ches Dialyseverfahren, das den Pa- tienten 168 Stunden pro Woche be- handelt (im Vergleich HD 12 bis 15 Stunden pro Woche). Der Patient hat eine konstante Stoffwechsellage mit im Vergleich zur HD niedrigen Retentionsparametern. Der hohe Anstieg der Urämietoxine nach dem dialysefreien Intervall entfällt. Die kontinuierliche Entwässerung über

das Peritonealdialysat ist vor allem bei komplett anurischen Dialysepa- tienten günstig; trotzdem muß auch bei CAPD die Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt werden.

Der Vorteil der CAPD als scho- nendes Dialyseverfahren für kreis- lauflabile Patienten mit kardialer In- suffizienz und Gefäßproblemen an Herz und Gehirn ist eine deutliche Stabilisierung des klinischen Zustan- des, da akute Flüssigkeits-, Elektro- lyt- und Blutdruckentgleisungen ver- mieden werden (2). Eine Hyperka- liämie gehört unter CAPD zur aus- gesprochenen Seltenheit (3), obwohl nur geringe diätetische Restriktio- nen notwendig sind.

Diabetiker erleiden durch Weg- fall von Heparin und stabile Blut- druckverhältnisse seltener Augen- hintergrundblutungen, die Gefahr der Erblindung wird reduziert (4).

Der Zuckerstoffwechsel ist unter CAPD relativ stabil, bei Verwen- dung von hochglukosehaltiger Spül- lösung sind zusätzliche Insulinap- plikationen eventuell intraperitoneal notwendig. Im Langzeitverlauf schei-

Medizinische Klinik I (Chefarzt: Prof.

Dr. med. Eckehard Renner), Städtische Krankenanstalten Merheim, Köln

(2)

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CAPD Verbreitung weltweit nach Industrieangaben (19881

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in Prozent aller Dialysepatienten

Abbildung 1: Verbreitung der CAPD weltweit nach Industrieangaben (1988)

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Diffusionswege: A: Darmlumen Widerstände: 1: Kapillarlumen 5: mesotheliale Basalmembran B: Kapillare 2: Kapillarendothel 6: Mesothelzelle

Abbildung 2: CAPD: Diffusionswege zwischen Peritoneum und Kapillaren sowie Widerstän- de gegen den Austausch von gelösten Stoffen zwischen Blut und PD-Lösung

nen CAPD-Patienten durch einen niedrigeren Phosphatspiegel weniger Probleme mit dem Knochenstoff- wechsel zu haben (3, 5). Die meisten CAPD-Patienten haben eine gerin- ger ausgeprägte renale Anämie als HD-Patienten; der Hochdruck ist besser einstellbar. Viele CAPD-Pa- tienten haben auch nach Jahren der Behandlung noch eine gute Diurese, eine große Hilfe bei der Flüssigkeits- bilanz.

Eine normale Lebensführung wird dem Patienten dadurch ermög- licht, daß er den Wechsel der Spüllö- sung zeitlich individuell variieren kann. Berufstätige Patienten können an ihrem Arbeitsplatz weiterarbei- ten, ohne sich auf einen fest fixierten Hämodialysetermin einstellen zu müssen. Urlaub ist überall, unabhän- gig von einem Dialysezentrum, mög- lich. Die Motivation der Patienten zur CAPD ist meist groß und wird auch nach erlittenen Komplikatio- nen nicht geringer. Patienten mit Er- fahrung in Hämodialyse und CAPD berichten übereinstimmend über ih- ren subjektiv als besser empfun- denen Gesundheitszustand unter CAPD.

Ein wichtiger sozialökonomi- scher Faktor sind die Dialysekosten.

Selbstbehandlung mit Dialysegerä- ten nicht in Frage kämen.

1.3 Nachteile des Verfahrens

Störungen des Kohlenhydrat- stoffwechsels sind zu erwarten: Den Patienten werden je nach Anzahl der hoch glukosehaltigen Beutel täglich 100 bis 200 Gramm Glukose zuge- führt (7). Hierdurch kommt es selten zu hyperglykämischen Zuständen, häufig aber zum Anstieg der Serum- lipide. Bei den oft gefäßgeschädigten Dialysepatienten kann dies ein zu- sätzliches Risiko der Atheromatose sein. Allerdings fand sich kein An- stieg der Triglyzeride bei Patienten, die vor Beginn mit CAPD normale Serumspiegel zeigten (8). Eine regel- rechte Kohlenhydratmast kann bei individuell sehr starker Resorption von Glukose zum Behandlungsab- bruch zwingen, wenn es nicht gelingt, zum Beispiel durch Wechsel zur CCPD eine geringere Glukoseauf- nahme zu erzielen.

Unter PD kommt es zu Eiweiß- verlusten bis zu 60 Gramm pro Wo- che, überwiegend von Albumin; auch Aminosäuren werden vermehrt fil- triert. Durch entsprechend höhere Eiweißzufuhr kann bei Stabilisierung von Gesamteiweiß und Transferrin eine Mangelernährung vermieden werden; Ödeme sind trotz Protein- verlust selten.

Ästhetische Probleme entste- hen: nicht jeder Patient ist bereit, ei- nen dauerhaft im Bauch zu tragen- Ein CAPD-Patient verursacht pro

Jahr 20 000 DM weniger an Kosten als ein Patient, der in einem Limited- Care-Dialysezentrum hämodialysiert wird; noch erheblicher ist die Ko- stenreduktion gegenüber allen ande- ren Zentrumsbehandlungen. Aller- dings sind die Kosten nicht geringer als bei einem Heim-Hämodialysepa- tienten, wenn dabei zusätzliche Auf- wendungen für die Behandlung von Komplikationen berücksichtigt wer- den (6). Mit der CAPD ist es jedoch möglich, auch Patienten in die Heim- dialyse zu entlassen, die für eine

A-968 (48) Dt. Ärztebl. 88, Heft 12, 21. März 1991

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Tabelle 1: Zusammensetzung der PD-Lösung

Glukose- Monohydrat Natrium Kalium Kalzium

15 g/1 132 mmo1/1

0 mmo1/1 1,75 mmo1/1 Magnesium 0,75 mmol/l Chlor 102 mmo1/1 Lactat (pH 5,5) 35 mmol/1 Osmolarität 347 mosmo1/1

1: Symphyse 2: Harnblase 3: Rektum 4: Nabel

5: Peritonealdialysekatheter Einlauf

111

Auslauf

Abbildung 3: CAPD: Katheterimplantation (Zeichnung: Dr. K. Konner) den Katheter implantieren zu lassen

(9). Die andauernde Beschäftigung mit der Dialysebehandlung (jeden Tag etwa zweieinhalb Stunden Beu- telwechsel) schreckt einige Patienten ab, obwohl der Zeitaufwand nicht größer ist als bei vier Stunden HD dreimal pro Woche unter Berück- sichtigung der Anfahrtszeiten. Die Patienten sind oft auf die Mithilfe von Familienangehörigen angewie- sen, fast die Hälfte der Patienten über 60 Jahre, aber auch ein Fünftel der Patienten unter 60 Jahre benöti- gen eine Assistenz beim Wechsel des Dialysates.

1.4 Technik des Verfahrens

Bei der Peritonealdialyse findet die Entgiftung und Entwässerung über die den gesamten Bauchraum auskleidende Peritonealmembran statt. Das für die PD zur Verfügung stehende Austauschareal beträgt et- wa 1 m2. Das Peritoneum bildet beim Stoffaustausch eine semipermeable Membran, durch die gelöste Stoffe im Sinne der Diffusion durchtreten.

Einzelheiten dieses Stofftransportes sind noch nicht endgültig aufgeklärt

(Abbildung 2). Als Spüllösung wird eine sterile, im Elektrolytgehalt dem Serum angepaßte kaliumfreie Lö- sung eingeführt (Tabelle 1) und ver- bleibt vier bis acht Stunden im Bauchraum.

Innerhalb von zwei bis drei Stunden kommt es durch Diffusion zu einem raschen Konzentrationsan- stieg der harnpflichtigen Substanzen in der frisch eingefüllten PD-Lösung.

Gleichzeitig erfolgt entsprechend dem osmotischen Gleichgewicht der Flüssigkeitsentzug durch Ultrafiltra- tion (UF); die UF-Leistung des Peri- toneums ist innerhalb der ersten zwei Stunden am ausgeprägtesten.

Der osmotische Gradient wird durch Glukose erzielt, die der Spüllösung zugefügt ist. Andere osmotisch wirk- same Substanzen haben sich bis- her nicht bewährt (4). In der Regel werden Konzentrationen von 1,5 Gramm Glukosemonohydrat pro Li- ter verwandt; zur stärkeren Entwäs- serung stehen auch Lösungen mit Glukosekonzentrationen bis 4,25 Gramm pro Liter zur Verfügung, die eine UF bis zu 1,5 Liter pro 2 Liter Dialysat ermöglichen (das heißt nach Zufuhr von 2 Litern laufen nach 4 Stunden 3,5 Liter aus).

Die Implantation eines PD-Ka- theters ist Voraussetzung für die Be- handlung. Es werden unterschiedli- che Operationstechniken und eine Anzahl verschiedener Katheter ver- wandt, die in Lokalanästhesie oder in Vollnarkose implantiert werden.

Der Katheter wird im Douglas- Raum als tiefstem Punkt des Bauch- raumes plaziert und in einem „Tun- nel" durch das subkutane Fettgewe- be nach außen geleitet (Abbildung 3).

Dort erfolgt über eine Konnektion mit einem Schlauchsystem der An- schluß an den Beutel mit der Spüllö- sung. Am PD-Katheter befinden sich zwei Dacronmanschetten, die eine Abdichtung zum Bauchraum und zum Hautaustritt gewährleisten.

Über den PD-Katheter läßt man zwei Liter auf Körpertemperatur an- gewärmte Spülflüssigkeit (PD-Lö- sung) entsprechend der Schwerkraft in den Bauchraum einlaufen (bei Be- handlungsbeginn und bei Kindern geringere Flüssigkeitsmengen). Die Schlauchsysteme und PD-Lösungen werden von verschiedenen Herstel- lern angeboten. Die normalerwei- se kaliumfreie PD-Lösung verbleibt über vier bis acht Stunden im Bauch- raum und wird danach wieder abge- lassen. Die Prozedur erfolgt in der Regel täglich viermal (zum Beispiel 6, 11, 17, 22 Uhr) und dauert etwa 30 bis 40 Minuten.

Zur Behandlung sind keinerlei technische Hilfsmittel notwendig.

Beim Wechsel der PD-Lösung ist ei- ne Diskonnektion zwischen Katheter und einem zum PD-Beutel verlän- gernden Schlauchsystem notwendig.

Bei dieser Maßnahme besteht die Gefahr der Kontamination, die zur PD-assoziierten Peritonitis führt. p

(4)

Die neuerdings verwandten Diskon- nekt-Systeme sollen durch techni- sche Verbesserungen die Häufigkeit der Peritonitis reduzieren. Für den Patienten ist es eine erhebliche Er- leichterung, daß er nach der Be- handlung das System diskonnektiert und nicht mehr — wie bei früheren Systemen — den leeren Plastikbeutel bis zur nächsten Behandlung am Körper tragen muß.

Die Ausbildung der Patienten beginnt direkt nach Katheterimplan- tation. Speziell ausgebildete Schwe- stern trainieren den Patienten, even- tuell auch Familienangehörige, wäh- rend des stationären Aufenthaltes für alle notwendigen Maßnahmen so, daß die CAPD zu Hause selb- ständig durchgeführt werden kann Hauptaugenmerk beim Training ist — zur Prophylaxe der Peritonitis — die Anleitung zum hygienisch korrekten Arbeiten. Bei unkompliziertem Ver- lauf kann der Patient die Klinik nach etwa drei Wochen verlassen und die Behandlung zu Hause weiterführen.

Das notwendige Verbrauchsmaterial wird den Patienten nach Hause ge- liefert. Kontrolluntersuchungen er- folgen routinemäßig alle vier bis sechs Wochen. Die Versorgung der Patienten muß in enger Kooperation mit einer CAPD-Abteilung in einer Klinik erfolgen. Nur eine ärztliche und pflegerische Bereitschaft über 24 Stunden kann die sofortige Ver- sorgung bei CAPD-assoziierten Pro- blemen oder anderen stationär zu behandelnden Erkrankungen sicher- stellen.

1.5 Patientenkollektiv und Indikationen

In der Vergangenheit wurden vorwiegend Diabetiker, Patienten mit Shuntproblemen und Patienten, die größere Volumenschwankungen an der Hämodialyse nicht tolerieren, somit vorwiegend ältere, kritisch kranke Patienten behandelt (10).

Durch diese Selektion von Problem- patienten mit der zwangsläufig höhe- ren Rate an nicht CAPD-assoziier- ten Komplikationen erschien die CAPD lange Zeit als komplikations- trächtige, minderwertige Behand- lungsmöglichkeit. Intensives Patien-

Tabelle 2: CAPD-Indikationen 1. junge Patienten,

die bald transplantiert wer- den sollen

2. Diabetiker und ältere Patienten

mit kardiovaskulären und zerebrovaskulären Proble- men, soweit heimdialysefä- hig

3. alle terminal niereninsuffi- zienten Patienten

in Alternative zur Hämodia- lyse, soweit keine Kontrain- dikationen vorliegen

Tabelle 3: CAPD — Kontraindi- kationen

1. nicht kurierbare abdomi- nelle Hernien

2. Colo- oder Nephrostomata 3. anamnestisch bekannte

Divertikulitis

4. mehrfache Voroperatio- nen mit Venvachsungs- bauch

5. große Zystennieren 6. Immunsuppression 7. chronische obstruktive

Lungenerkrankung 8. schwere Wirbelsäulen-

Veränderungen

9. mangelhaftes hygienisches Verhalten

10. fehlende Eignung für eine Heimdialysebehandlung tentraining, größere Erfahrung und bessere Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal sowie neue PD-Syste- me reduzierten die Komplikationsra- te. Somit kann die CAPD heute als gleichwertiges Dauerdialyseverfah- ren bei fast allen terminal nieren- insuffizienten Patienten angewandt werden (11). In mehreren Unter- suchungen und Langzeitstudien (10-18) wurde die Gleichwertigkeit der Peritoneal- und Hämodialysebe- handlung bei Berücksichtigung der

Grunderkrankung in bezug auf Ef- fektivität, Patientenmorbidität und -letalität nachgewiesen. Auch in der Vorbereitung zu der heute bei jedem geeigneten Patienten angestrebten Nierentransplantation ist die CAPD ebenso geeignet wie die Hämodialy- se (19, 20, 21). Dies führte zu einer Erweiterung der Indikationen zur CAPD und zu einer genaueren Defi- nition der Kontraindikationen (Ta- bellen 2 und 3).

1.6 Komplikationen

Die häufigste Komplikation ist die CAPD-assoziierte Peritonitis. Sie ist aber, wie große Statistiken bele- gen, in ihrer Häufigkeit von einer Episode alle zehn Wochen (1978) auf eine Peritonitisepisode alle 10 bis 46 Monate (1989) zurückgegangen (3, 10, 15). Die PD-assoziierte Peri- tonitis läuft klinisch weniger drama- tisch ab als eine chirurgische Bauch- fellentzündung, zum Beispiel im Rahmen einer Darmperforation; bei den meisten Patienten zeigt sich als einziges Symptom ein trüber Dialy- satauslauf mit einem Leukozytenge- halt über 100/ml (Tabelle 4). Als Er- reger der Peritonitis werden meist Hautkeime (in über 70 Prozent Sta- phylokokken), selten Streptokokken oder gramnegative Keime nachge- wiesen. In der Regel läßt sich die Pe- ritonitis ambulant durch intraperito- neale Applikation - von Antibiotika behandeln. Die Therapiedauer be- trägt 10 bis 14 Tage, je nach Erreger und Schwere des Krankheitsbildes.

Bei rezidivierend auftretenden In- fektionen ist die Keimbesiedelung des PD-Katheters wahrscheinlich, und ein Katheterwechsel muß erfol- gen.

Durch neuere PD-Katheter und bessere Implantationstechniken las- sen sich Infektionen an der Austritts- stelle des Katheters vermeiden, die ebenso wie Infektionen des „Tun- nels" eine Peritonitis auslösen und zur Explantation des Katheters zwin- gen können. Andere katheterassozi- ierte Probleme, wie Leckagen oder Dislokationen, treten heute selten auf (22); der ideale PD-Katheter steht allerdings zur Zeit noch nicht zur Verfügung.

A-974 (54) Dt. Ärztebl. 88, Heft 12, 21. März 1991

(5)

Tabelle 4: Symptome der CAPD-assoziierten Peritonitis A) häufig auftretend:

— trüber Dialysatauslauf

—Leukozytose im Dialysat über 100/ml

— diffuse Bauchschmerzen

— epigastrischer Früh- schmerz

— subfebrile Temperatur B) vereinzelt auftretend:

—reduzierte UF-Leistung mit Überwässerungsten- denz

— Diarrhöen, Übelkeit, Er- brechen, Inappetenz

— Leukozytose im Serum Hypotonie

Ein Verlust der UF-Leistung und der peritonealen Clearence kann nach längerer Behandlungs- dauer, vorwiegend bei Patienten mit häufigen Peritonitiden auftreten. Et- wa 60 Prozent der Patienten müssen wegen dieses „technischen Versa- gens" der CAPD (das heißt rezidi- vierende Peritonitiden, UF-Verlust oder Katheterprobleme) nach fünf Jahren Behandlung einem ande- ren- Dauerdialyseverfahren zuge- führt werden (3, 10). Mit neuen Techniken (11, 15) scheint ein besse- res „Systemüberleben" mit Behand- lungszeiträumen ähnlich wie bei HD möglich zu sein.

Selten kommt es zu schwerwie- genden Folgen der Peritonealdialy- sebehandlung. Die sklerosierende Peritonitis mit Verwachsungen der Darmschlingen und rezidivierenden Ileuszuständen wurde 1983 erstmals beschrieben (23) und ist eine sehr seltene, ätiologisch nicht geklärte Komplikation, die in den letzten Jah- ren nicht mehr gesehen wurde.

1.7 Besondere Behandlungsformen:

CCPD, 1PD

Bei berufstätigen Patienten, die tagsüber keine Zeit zum Wechsel des Peritonealdialysates finden, oder bei Kindern hat sich die kontinuierliche zyklische Peritonealdialyse (CCPD) bewährt. Der Patient schließt sich abends an ein PD-Gerät an, das über Nacht selbständig vier bis sechs Wechsel des Dialysates durchführt, und beendet am nächsten Morgen die Behandlung. Tagsüber verblei- ben zwei Liter Spülflüssigkeit im Bauchraum. Durch die kürzere Ver- weildauer des Dialysates kann es allerdings zu Effektivitätseinbußen kommen

Zur Durchführung der aus den Anfängen der Peritonealdialyse be- kannten intermittierenden Perito- nealdialyse (IPD) kommt der Patient dreimal wöchentlich in eine Klinik und wird über acht bis zehn Stunden mit einer PD-Maschine behandelt.

In der übrigen Zeit bleibt der Bauch- raum leer. Dieses Verfahren wird angewandt bei Patienten mit Kontra- indikationen gegen CAPD und HD,

also einem nur sehr kleinen Kollektiv von kritisch kranken Patienten.

2. Hämofiltration

Henderson und Quellhorst führ- ten 1967 die maschinelle Hämofiltra- tion (HF) zur Behandlung der termi- nalen Niereninsuffizienz ein. Im Ge- gensatz zur Diffusion bei Hämodia- lyse wird dem Blut über eine Mem- bran (Hämofilter) durch konvektiven Transport ein Ultrafiltrat entzogen und durch eine spezielle Lösung sub- stituiert. Das Ultrafiltrat enthält ent- sprechend der Porengröße des Fil- ters alle Substanzen des Plasmas iso- ton bis zu einem Molekulargewicht von 20 000 Dalton, also auch die so- genannten Mittelmoleküle. Die Hä- mofiltration kommt bei blutdruckla- bilen und kritisch kranken Patienten mit zerebro- und kardiovaskulären Komplikationen zur Anwendung (24). Auch Patienten mit Hypotonie- neigung und schwer einstellbarer Hypertonie profitieren von der HF.

Als Dauerdialyseverfahren tritt die HF in den letzten Jahren nach Ein- führung der Bikarbonathämodialyse mit gesteuerter Ultrafiltration stark in den Hintergrund. Im Bereich der Europäischen Dialyse- und Trans- plantationsgesellschaft (EDTA) wurden 1988 nur noch 2,8 Prozent

aller terminal niereninsuffizienten Patienten mit diesem Verfahren be- handelt (25).

Ein neues Gebiet hat sich die Hämofiltration in Form der kontinu- ierlichen beziehungsweise sponta- nen arteriovenösen Hämofiltration (CAVH), 1977 durch Kramer einge- führt (26), erschlossen. Arteria und Vena femoralis oder andere große Gefäße werden mit großkalibrigen Kathetern punktiert und ein Hämo- filter über ein Schlauchsystem in den Blutkreislauf eingeschaltet. Durch die arteriovenöse Druckdifferenz er- zielt man ohne Blutpumpe einen ausreichenden Blutfluß und hierüber Filtratmengen bis 1000 ml/Stunde.

Die CAVH läuft kontinuierlich über 24 Stunden und funktioniert unter Heparininfusion bis zu einem arte- riellen Druck von 80 mm Hg systo- lisch. Unterhalb dieser Druckwerte erreicht man durch eine venovenöse, pumpengetriebene Filtration (CVVH) noch ausreichende Filtrati- onsergebnisse. Durch die CAVH kann ab einer Filtratmenge von 15 Litern pro Tag eine effektive Entgif- tung durchgeführt werden, die etwa einer vierstündigen Hämodialysebe- handlung entspricht.

Das Verfahren wird vor allem zur Therapie des komplizierten aku- ten Nierenversagens bei kreislaufla- bilen Patienten auf Intensivstationen eingesetzt (27). Bei anurischen Pa- tienten, die parenteral ernährt wer- den müssen, ist eine ausreichende Bilanzierung nur durch die CAVH möglich. Auch kardial oder pulmo- nal insuffiziente, nierengesunde Pa- tienten werden zum Beispiel bei ARDS oder im Rahmen kardio- chirurgischer Eingriffe zur Entwäs- serung mittels CAVH behandelt (28).

Das Verfahren kann ausschließ- lich bei immobilisierten, sedierten, intensivmedizinisch betreuten Pa- tienten mit der Möglichkeit der stündlichen, eventuell rechnerge- steuerten Bilanzierung (29) und der mehrfach täglichen Elektrolyt-, Blut- gas- und Gerinnungskontrolle durch- geführt werden. Die CAVH kann bei Nierenerkrankungen nur an Klini- ken mit nephrologischer Erfahrung und entsprechender Geräteausstat- tung eingesetzt werden, da die

(6)

CAVH bei geringerer Effizienz, etwa im Rahmen eines Hyperkatabolis- mus, durch andere maschinelle Dia- lyseverfahren ergänzt werden muß.

Im Gegensatz zur klassischen maschinellen Hämofiltration ist die CAVH ein überbrückendes Verfah- ren bis zur Wiedererlangung der Nierenfunktion oder zum Ubergang in die Dauerdialysebehandlung.

Komplikationen der Behand- lung sind Infektionen und und Blu- tungen an den Eintrittsstellen der großkalibrigen Punktionskatheter und Abriß von arteriosklerotischen Plaques durch die Punktion bei alten Patienten mit der Folge der arteriel- len Embolie in die abhängige Extre- mität.

[Schlußfolgerungen 1

Die CAPD ist ein der HD eben- bürtiges Dauerdialyseverfahren, das

als Heimdialyse kostengünstig ohne großen technischen Aufwand durch- geführt werden kann. Die CAPD ist bis auf wenige Kontraindikationen bei allen terminal niereninsuffizien- ten Patienten möglich und sollte je- dem neuen Dialysepatienten als Al- ternative vorgestellt werden. Die CAPD ist bei Diabetikern und Pa- tienten mit zerebro- oder kardiovas- kulären Risiken der HD vorzuzie- hen. Auch Patienten, die bald trans- plantiert werden oder diese Metho- de als Alternative zur HD präferie- ren, können im Hinblick auf die gün- stigen Langzeitergebnisse mit CAPD behandelt werden.

Eine weitere Ausbreitung der CAPD ist nur möglich, wenn die Be- handlung in speziell ausgerichteten Dialyseabteilungen durch in der CAPD erfahrene Ärzte und Pflege- personal erfolgt; das Verfahren ist aufgrund der Vorhaltekosten wirt- schaftlich und kostengünstig nur mit einem größeren Patientenkollektiv betreibbar. Ausschließlich in enger

Kooperation mit einem für CAPD- Behandlung ausgerüsteten Kranken- haus ist die Versorgung dieses Pa- tientenkollektivs gewährleistet.

Die maschinelle Hämofiltration wird als Dauerdialyseverfahren bei speziellen Indikationen eingesetzt.

Die arteriovenöse Hämofiltration ist ein Verfahren, das zur Behandlung des akuten Nierenversagens, aber auch bei pulmonaler und kardialer Insuffizienz auf Intensivstationen angewandt wird.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Michael Nebel Dialyseabteilung

Medizinische Klinik I Städtische Kranken- anstalten Merheim Ostmerheimer Straße 200 W-5000 Köln 91

Intoxikation

mit Oleanderblättern

Der Oleander, eine auch bei uns in zunehmendem Maße anzutreffen- de subtropische Pflanze, ist ebenso prachtvoll wie giftig. Die Blätter ent- halten Glykoside mit typischer Digi- taliswirkung, insbesondere das Ole- andrin, das Digitoxigenin und das Neriosid. Durch Kochen werden die Oleanderglykoside nicht inaktiviert, tödliche Intoxikationen sind nach dem Genuß von Oleanderabsud be- schrieben. Zwecks Befreiung vom Militärdienst seien beabsichtigte In- toxikationen durch Genuß von vor- zugsweise aus Oleanderblüten stam- mendem Honig beobachtet worden, schreiben die Schweizer Autoren.

Sie berichten über eine 37jährige Frau mit einer Oleanderblätterinto- xikation: Sie hatte in suizidaler Ab- sicht sieben Oleanderblätter einge- nommen und klagte bei Aufnahme über Unwohlsein, Ubelkeit, Erbre- chen und Bauchkrämpfe. Der Blut- druck lag bei 115/70 mmHg, der Puls

bei 40/min, im EKG fanden sich mul- denförmige ST-Streckensenkungen mit präterminal negativen T-Wellen.

Der Digoxinspiegel wurde 8 h nach Gifteinnahme mit 5.69 nmo1/1 be- stimmt. Wiederholte symptomati- sche Sinusbradykardien bis auf 30/min reagierten prompt auf 0.5 mg Atropinsulfat. Während sich die Herzfrequenz im Verlauf des folgen- den Tages normalisierte, zeigte das EKG noch nach 5 Tagen muldenför- mige ST-Senkungen.

Romano, G. A., G. MoBelli: Intoxikation mit Oleanderblättern. Schweiz. med.

Wschr. 120: 596-597, 1990.

Reparto di medicina, Ospedale distrettu- ale, Locarno.

Fettverzehr in den USA

In Anbetracht der deutlich zu- rückgehenden Koronarmortalität in den Vereinigten Staaten seit 1968 wurde die Fettaufnahme seit 1920 untersucht. Hinzugezogen wurden 171 wissenschaftliche Dokumente.

Es ergab sich, daß der Fettverzehr

FÜR SIE REFERIERT

seit 1930 von etwa 34 Prozent der Energieaufnahme bis auf 40 Prozent bis 42 Prozent Ende der fünfziger Jahre anstieg. Erst danach zeigte sich eine ständig fallende Tendenz des Fettverzehrs auf Werte um 36 Prozent. Dies gilt für alle Altersklas- sen und beide Geschlechter.

Gesättigte und einfach ungesät- tigte Fettsäuren fielen von 18 Pro- zent bis 20 Prozent Anfang der fünf- ziger Jahre auf Werte zwischen 12 Prozent und 13 Prozent im Jahre 1984, während mehrfach ungesättig- te Fettsäuren in dieser Berichtszeit von 2 Prozent bis 4 Prozent auf 7,5 Prozent anstiegen. sht

Stephen, A. M., N. J. Wald: Trends in indi- vidual consumption of dietary fat in the United States 1920-1984 Am. J. Clin. Nutr.

52 (1990) 457-469

Division of Nutrition and Dietetics, Col- lege of Pharmacy, University of Saskatche- wan, Saskatoon, Saskatchewan, Canada S7N OWO

Dt. Ärztebl. 88, Heft 12, 21. März 1991 (57) A-977

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