• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Erkrankungen der Niere (3): Systemkrankheiten mit Nierenbeteiligung" (07.02.1991)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Erkrankungen der Niere (3): Systemkrankheiten mit Nierenbeteiligung" (07.02.1991)"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

F RTBILDUNG

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Konrad Andrassy

und Rüdiger Waldherr

Erkrankungen der Niere (3)

Systemkrankheiten

mit Nierenbeteiligung

S

ystemkrankheiten sind Er- krankungen, die eine Viel- zahl von Organen betreffen und mehr oder weniger ein typisches klinisches Bild aufweisen.

Sie gehören zum Formenkreis der Au- toimmunerkrankungen. Die Mehr- zahl dieser Erkrankungen geht mit ei- ner renalen Beteiligung einher; die wichtigsten Krankheitsbilder sind in Tabelle 1 zusammengefaßt.

I. Pathogenese

Die Pathogenese der Autoim- munerkrankungen ist nach wie vor unklar, sowohl zelluläre als auch hu- morale Immunreaktionen gegen kör- pereigene Zellantigene werden dis- kutiert. In der Mehrzahl der Fälle sind immunhistologisch Immunkom- plexablagerungen im erkrankten Or- gan nachweisbar. In jüngster Zeit ge- winnt aber die Vorstellung einer ge- störten zellulären Antwort an Be- deutung. Eine virale Genese wurde postuliert, läßt sich aber bis heute nicht verifizieren. Eine familiäre Disposition ist ebenso unstrittig wie eine Assoziation mit den Klasse-Il- Histokompatibilitätsantigenen. DR 2

wird überzufällig häufig beim Mor- bus Goodpasture, bei der Wegener- schen Granulomatose und bei einer speziellen Variante des SLE, dem subakut-kutanen LE, gefunden. Eine Assoziation mit DR 3-Antigen läßt sich dagegen häufig beim klassischen SLE und anderen Kollagenosen nachweisen. Einige Formen betref- fen überwiegend das weibliche Ge- schlecht (SLE, Sklerodermie, M.

Sjögren, essentielle Kryoglobulin- ämie, Myeloperoxidase-Antikörper-

Neue laborchemische Tests er- möglichen in Zusammenhang mit der Klinik und der Pathomorpho- logie eine im Vergleich zu frühe- ren Jahren bessere Abgrenzung und erleichterte Diagnostik von Systemkrankheiten. Eine rechtzei- tige Diagnosestellung erlaubt ei- ne frühzeitige Therapie, die für das weitere Schicksal des Patien- ten von entscheidender Bedeu- tung ist.

positive RPGN). Weiterhin gehen angeborene Komplementdefekte (zum Beispiel C2- und C4-Mangel/

Polymorphismen) mit Autoimmun- erkrankungen, insbesondere mit ei- nem SLE einher.

II. Klinische Symptomatik

Im folgenden sollen allgemeine und spezielle klinische Symptome der genannten Erkrankungen be- schrieben werden, bei denen eine re- nale Beteiligung häufig ist, und die daher immer eine nephrologische Abklärung notwendig machen.

Allgemeine Symptome: Die wichtigsten Leitsymptome, die an ei- ne Systemkrankheit denken lassen,

sind Abgeschlagenheit, Gewichtsver- lust, Fieber, Arthralgien, Muskel- schmerzen, Anämie und Lympha- denopathie. Als (unspezifische) La- bortests weisen Anämie, Leukozyto- se, Thrombozytose (Ausnahme SLE) BKS- und CRP-Erhöhung auf eine Systemerkrankung hin Ein phasen- hafter Ablauf der Erkrankung mit (längeren) Perioden von klinischer Inaktivität ist charakteristisch. Wei- terhin ist für einige Formen eine Ab- hängigkeit von der Jahreszeit er- kennbar. Zu nennen ist hier der systemische Lupus erythematodes (SLE) und das Schönlein-Henoch- Syndrom mit dem Frühjahrsgipfel.

Begleitende (bakterielle und virale) Infektionen können über eine unspe- zifische Immunstimulation zum Aus- bruch oder Wiederauftreten einer Autoimmunerkrankung führen. In ähnlicher Weise können eine Schwangerschaft mit ihrer hormo- nellen Umstellung und immunolo- gisch aktive Medikamente, wie zum Beispiel Hydralazin, Thioamide oder Procainamid eine Systemkrankheit auslösen oder demaskieren.

Spezielle Symptome: Die spezi- ellen, organbezogenen Symptome sind in Tabelle 2 zusammengefaßt.

Wegen der diagnostischen Bedeu- tung wird die renale Manifestation gesondert dargestellt. Da der Haut- befall ein wichtiges Erscheinungsbild der Systemerkrankung darstellt, soll zunächst auf diese Manifestation eingegangen werden.

Abteilung Innere Medizin I (Direktor:

Professor Dr. med. Reinhard Ziegler) und Pathologisches Institut (Direktor:

Prof. Dr. med. Herwart F. Otto) der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Dt. Ärztebl. 88, Heft 6, 7. Februar 1991 (41) A-383

(2)

Tabelle 1: Systemkrankheiten mit renaler Manifestation

—Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

—Sklerodermie

— Sjögren-Syndrom Kollagenasen:

—Formenkreis der Panarteriitis nodosa mit klassi- scher Panarteriitis, allergischer Granulomatose (Churg-Strauss) und Overlap-Vaskulitis

—Hypersensitivitätsangiitis mit Sonderformen, Schönlein-Henoch-Syndrom und Kryoglobulin- ämie

—Formenkreis der Wegenerschen Granulomatose mit klassischer Wegenerscher Granulomatose, mikroskopischer Polyarteriitis und idiopathi- scher, rasch progredienter Glomerulonephritis (RPGN)

Vaskulitiden:

Goodpasture-Syndrom a) Kutane Manifestation

In Abhängigkeit vom Krank- heitsstadium (akut, subakut, chro- nisch) können Veränderungen un- terschiedlicher Morphologie auftre- ten und entweder lokalisiert oder disseminiert Haut und/oder Schleim- häute betreffen. Verdächtig auf das Vorliegen einer Systemkrankheit ist der Nachweis einer kutanen Vaskuli- tis. Das klinische Bild dieser Vasku- litis ist unterschiedlich. Nach Win- kelmann (1) werden sogenannte Typ-1- und Typ-2-Läsionen unter- schieden. Die Typ-1-Läsionen treten als makulöse, papulöse oder urtika- rielle Effloreszenzen (Abbildung 1) auf und können auf die Haut be- schränkt sein. Dagegen weisen die Typ-2-Läsionen, die einen nodulä- ren, bullösen oder ulzeröshämorrha- gischen Charakter haben (Abbildung 2), immer auf eine systemische Be- teiligung hin. Hierzu gehört auch die Livedo reticularis.

Die kutane Vaskulitis bevorzugt die Extremitäten und die statisch be- lasteten Partien (Füße, Beine, Ge- säßregion, Hände). Die Exantheme sind in aller Regel symmetrisch.

Akute Prozesse befallen zusätzlich die Akren (Ohr, Nase, Finger, Ze- hen). Die feingewebliche Untersu- chung dieser Vaskulitiden (Bedin- gung: Effloreszenz nicht älter als 24 Stunden) in der Lichtmikroskopie ist relativ unspezifisch: sie ergibt in Ab- hängigkeit vom Schädigungsmuster entweder eine leukozytoklastische Vaskulitis oder eine perivaskuläre Rundzellinfiltration. Dagegen er- laubt die Immunhistologie der kuta- nen Vaskulitis ohne weitere diagno- stische Eingriffe oder zusätzliche la- borserologische Untersuchungen die Diagnosestellung eines systemischen Lupus erythemtodes (Lupusband) oder einer Schönlein-Henochschen Purpura (dermale vaskuläre IgA-Ab- lagerungen). Eine negative Immun- histologie wird dagegen regelmäßig bei Erkrankungen des Wegener- schen Formenkreises gefunden.

b) Renale Manifestation

0

Klinisches Erscheinungsbild:

Klinische Hinweise auf eine Nieren- beteiligung sind Hypertonie, Ödeme, verminderte Ausscheidung harn- pflichtiger Substanzen und Polyurie beziehungsweise Nykturie. Besonde-

re renale Varianten sind das pulmo- renale Syndrom und die rasch pro- grediente Glomerulonephritis. Das pulmorenale Syndrom ist ein Krank- heitsbild aus der Intensivmedizin, bei dem Lungen- und Nierenerkran- kung im Vordergrund stehen. Wäh- rend früher das Goodpasture-Syn- drom als pathogenetisch wichtigstes Krankheitsbild angesehen wurde, zeigen neuere Untersuchungen, daß dieses Syndrom in der Mehrzahl der Fälle durch Erkrankungen aus dem

Abbildung 1: Makulo-papulöse Form einer kutanen Vaskulitis

Abbildung 2: Ulzerös-hämorrhagische Form einer kutanen Vaskulitis

Wegenerschen Formenkreis verur- sacht wird. Bei der rasch progredien- ten Glomerulonephritis handelt es sich um eine Erkrankung, die in- nerhalb von Tagen bis Wochen ei- ne progrediente Nierenfunktionsver- schlechterung aufweist und pathohi- stologisch das Bild einer extrakapil- lären Glomerulonephritis mit Halb- mondformationen in > 50 Prozent der Glomerula bietet (2).

0

Nephrologische Diagnostik:

Besondere Bedeutung kommt der Urinanalyse zu. Obwohl sich das feingewebliche Schädigungsmuster der Niere unterscheidet, ist die rena- le Antwort in der Urinanalyse relativ uniform. Hämaturie, Proteinurie, Zylindrurie und — bei Ausschluß ei- nes Harnwegsinfekts — auch Leuko- zyturie sind die Indikatoren einer Nierenparenchymerkrankung. Für einen glomerulären Befall, der für die Systemerkrankungen charakteri- stisch ist, sprechen Hämaturie (Mi- kro-Makrohämaturie; cave: urologi- sche Ursachen), Proteinurie und Zy- lindrurie (Teleskopsediment: ver- gleiche Abbildung 3).

Beim Befall des Niereninterstiti- ums (interstitielle Nephritis) finden sich ein vermindertes Konzentrati- onsvermögen (klinisches Symptom:

Polyurie) und andere tubuläre Funk- tionsstörungen wie Glukosurie, Ami- noazidurie, gestörter Säure- und/

oder Bikarbonattransport (laborche- misches Indiz: hyperchlorämische Azidose).

(3)

Organ Symptom Maßnahmen zur Diagnose- sicherung

Tabelle 2: Spezielle (organbezogene) Symptome von Systemkrank- heiten, bei denen eine renale Beteiligung ausgeschlossen werden muß

immunhistologischer Nach- weis des Lupusbandes;

Labortests

(immun)histologische Klä- rung auf: SLE, dermale und subkutane Fibrose (Sklero- derrnie), leukozytoklastische Vaskulitis oder vaskuläre Rundzellinfiltrate mit/ohne Immunkomplexablagerung;

Labortests Haut (schmetterlingsförmiges)

Gesichtserythem kutane Effloreszenzen

Episkleritis,

Keratokonjunktivitis (Sicca-Syndrom), Iridozyklitis

Augenspiegeluntersuchungen einschließlich Schirmer-Test;

Labortests Augen

Sinusitis,

(allergische) Rhinitis, Sattelnase, Otitis media, Trachealstenose

Otolaryngoskopie mit Histologie;

Röntgen (einschließlich CT);

Labortests HNO

Atemnot, Hämoptysen, thorakale Schmerzen, Hustenreiz, Asthma

Röntgen (einschließlich T);

Punktion; Histologie;

Labortests Lungen

Myalgie, motorische/

sensorische Lähmung (Mononeuritis multiplex

neurologische Untersuchung einschließlich EMG und NLG; Muskelbiopsie (nach EMG); Suralisbiopsie; Labor- tests

Nerven/

Muskeln

Bauchschmerzen, Diarrhoe,

gastrointestinale Blutungen, akutes Abdomen

Röntgen einschließlich Angiographie (Aneurys- mata), Endoskopie; Histo- logie; Labortests

Gas troin- testinal- trakt Feingeweblich muß zwischen

glomerulären und interstitiellen Ver- änderungen unterschieden werden.

Lichtmikroskopisch überwiegt bei den genannten Systemkrankheiten (Ausnahme M. Sjögren) eine auf

< 50 Prozent der Glomerula be- schränkte fokale segmentale oder

Abbildung 3: „Teleskop"-Sediment bei ei- nem Patienten mit systemisch nekrotisieren- der Vaskulitis

Abbildung 4a: Normales Glomerulum mit zar- ter glomerulärer Basalmembran. Masson Trichromfärbung, Originalvergrößerungx160

Abbildung 4b: Extrakapillär nekrotisierende Glomerulonephritis mit Schlingennekrose, Halbmondformation und interstitieller Ent- zündung bei einem Patienten mit systemi- scher Vaskulitis. Masson Trichromfärbung, Originalvergrößerung x160

auf alle Glomerula übergreifende, diffus proliferative und/oder nekroti- sierende Glomerulonephritis (Abbil- dung 4 = normales Glomerulum und extrakapilläre GN mit entsprechen- den interstitiellen Veränderungen).

Die renale Prognose ist abhängig vom Ausmaß der glomerulären Schä- digung (Nekrosen, Halbmondbil-

dung, Sklerose), der Ausdehnung der vaskulären und interstitiellen Lä- sionen (fokale vs diffuse Fibrose, tu- buläre Atrophie). Die Immunhisto- logie ermöglicht trotz der relativ uni- formen lichtmikroskopischen glome- rulären Veränderungen bei einigen dieser Krankheitsformen eine Diffe- renzierung. Beim M. Schönlein-He- noch finden sich typische mesangiale IgA-Ablagerungen, der SLE zeigt in charakteristischer Weise mesangiale, subendotheliale und subepitheliale Ablagerungen (Abbildung 5). Der M.

Goodpasture geht mit linearen Abla- gerungen von IgG, häufig assoziiert mit C3c-Komplementdepots, an den glomerulären Basalmembranen ein- her.

III. Differential- diagnose

Für den Kliniker sind der syste- mische Lupus erythematodes, die Wegenersche Granulomatose (3, 4), die mikroskopische Polyarteriitis (5) Dt. Ärztebl. 88, Heft 6, 7. Februar 1991 (45) A-385

(4)

Tabelle 3: Laboruntersuchungen zur Diagnostik von Systemerkran- kungen

Erkrankung häufige pathologische Labortestergebnisse Leuko-Thrombopenie, Anämie; ANF (IgG:

homogenes oder ringförmiges Muster); ds- DNS; Histon-AK; Komplementerniedri- gung; bei Lupusvariante (subakut-kutaner LE); SSA (Ro), SSB (LA)-AK; Hypergarn- maglobulin ämie

Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

ANF (IgG: nukleoläres Muster); Antikör- per gegen Scl-70; Zentromer-AK; LDH Sklerodermie

ANF (IgG-gesprenkeltes Muster); Antikör- per gegen SSA(Ro) und SSB(La); Hyper- gammaglobulinämie

M. Sjögren

Panarteriitis nodosa Hbs-Antigen; Komplementerniedrigung allergische

Granulomatose

Eosinophilie; P-ANCA = Gs-ANA;

Myeloperoxidase-Ak

Overlap-Vaskulitis P-ANCA = Gs-ANA; Myeloperoxidase-Ak Hypersensitivitäts-

Angiitis

ANCA; Myeloperoxidase-Ak, SSA(Ro SSB(La)-Ak; ANF; ds-DNS-Ak

Schönlein-Henoch erhöhte Serumimmunglobulin-A-Spiegel Kryoglobulinämie IgM-IgG-Kryopräzipitate, Komplementer-

niedrigung Wegenersche

Granulomatose

C-ANCA; Antikörper gegen 29 KD-Anti- gen (Proteinase 3?); SSA(Ro), SSB(La)-Ak mikroskopische

Polyarteriitis

P-ANCA = Gs-ANA; Antikörper gegen Myeloperoxidase

idiopathische, rasch progediente Glomeru- lonephritis

C-ANCA; P-ANCA = Gs-ANA; SSA(Ro), SSB(La)-Ak

M. Goodpasture Anti-Glomerulumbasalmembran-Ak sowie die idiopathische, rasch pro-

grediente Glomerulonephritis (2) die häufigsten Systemkrankheiten, die in der Differentialdiagnose des renalen Befalls in Frage kommen.

Die klassische Panarteriitis nodosa mit ihrem Formenkreis sowie das Goodpasture-Syndrom sind dagegen ausgesprochen selten (6).

Wichtig ist, daß die renale Mani- festation dieser Erkrankungen ganz im Vordergrund stehen kann. Einen ersten Hinweis geben Geschlecht und Alter des Patienten. Während beim SLE das jugendliche Alter be- vorzugt wird, steht bei den Erkran- kungen aus dem Wegenerschen For- menkreis das mittlere bis höhere Le- bensalter (> 45 Jahre) ganz im Vor- dergrund. Da diese Systemkrankhei- ten konsumierenden Charakter ha- ben, werden sie oft als Malignome verkannt und die Patienten, je nach prävalenter klinischer Manifestation (Respirationstrakt, Gastrointestinal- trakt), zeitraubenden und unnötigen invasiven Eingriffen unterzogen, ob- wohl mit den Urinteststreifen der Nachweis einer renalen Beteiligung ohne Schwierigkeiten möglich ist.

Damit geht wertvolle Zeit für den Therapiebeginn verloren, der für den weiteren Verlauf der Erkran-

Abbildung 5: Mesangiale, subepitheliale und subendotheliale Immunkomplexablage- rungen (IgG) bei einer Patientin mit diffus- proliferativer Lupus-Nephritis, Direkte Im- munfluoreszenz, Originalvergrößerung x160 kung häufig von entscheidender Be- deutung ist (7).

Die renale Manifestation wird entweder gar nicht überprüft, oder eine Hämaturie wird als Folge der im höheren Alter häufigeren anatomi- schen Veränderungen (zum Beispiel Descensus uteri et vaginae, Zystoze- le, Prostatahypertrophie etc.) ange- sehen und nicht weiter abgeklärt.

Hierzu gehört auch die Nierenbi- opsie, die zur Diagnosesicherung oft richtungweisend beiträgt. Wenn der renale Befall erst einmal zur Nieren- insuffizienz geführt hat, ist die Lang- zeitprognose entscheidend beein- trächtigt.

Die für die einzelnen Erkran- kungen typische Klinik (Befall von Haut, Gelenken, serösen Häuten für den SLE; des oberen Respirations- traktes für die Wegenersche Granu- lomatose; der Haut, des Gastrointe- stinaltrakts und der Niere für die mi- kroskopische Polyarteriitis; des pul-

morenalen Syndroms für die idiopa- thische RPGN) wird häufig überse- hen oder fehlgedeutet. Arthralgien oder Arthritiden, die ein ganz sensi- tiver Indikator einer Generalisation der Krankheit sind, werden oft auf die im fortgeschrittenen Lebensalter typischen degenerativen Gelenker- krankungen zurückgeführt.

Gerade weil die genannten Er- krankungen nicht häufig sind, wird eine weiterführende Diagnostik un- terlassen, die sich vor allem durch Einführung von laborserologischen Tests und durch pathomorphologi-

(5)

Tabelle 4: Pathohistologie der Niere

Erkrankung Histologie Immunhistologie minimale Veränderun-

gen; mesangialprolifera- tive GN (typisch für LE- Sonderform = subakut/

kutan); fokal-segmental- proliferative GN; diffus- proliferative GN; epi- membranöse GN

prädominierende, gra- nuläre Ablagerungen von IgG und Komple- mentfaktoren; Juli house" Ablagerungen in variabler Lokalisation (abhängig von Histolo- gie)

SLE

konzentrische mukoide Intimaproliferation, Me- diaverdünnung und ad- ventitielle Fibrose der Aa. interlobulares

IgM, C3c und Fibrino gen-assoziiertes Anti- gen im akuten Stadium Sklerodermie

M. Sjögren interstitielle Nephritis

ischämische glomeruläre Läsionen; nekrotisieren- de Arteriitis; renale (und zöliakale) Aneurysmata

keine typischen Immun- depots; Fibrinogen-as- soziiertes Antigen Panarteriitis

nodosa

mesangial-proliferative GN; interstitielle eosino- phile Nephritis mit Gra- nulomen; Vaskulitis allergische

Granulomatose

IgM und C3c

Hypersensitivi- täts-Vaskulitis

fokal/diffus-proliferative GN

IgG, IgM und C3c (aber auch Fälle mit fehlenden Depots) Schönlein-

Henoch

mesangiale GN; fokal/

diffus-proliferative GN

IgA/IgG und C3c

Kryoglobulin- ämie

fokal/diffus-proliferative/

nekrotisierende (extraka- pilläre) GN

IgG/IgM und C3c

Wegenersche Granulomatose

fokal/diffus-proliferative/

nekrotisierende GN

keine charakteristi- schen Immundepots;

Fibrinogen-assoziiertes Antigen

fokal/diffus-proliferative/

nekrotisierende GN; re- nale Vaskulitis

keine typischen Immun- depots; Fibrinogen-as- soziiertes Antigen mikroskopische

Polyarteriitis

idiopathische, rasch progre- diente Glome- rulonephritis

fokal/diffus-proliferative/

nekrotisierende GN

keine typischen Immun- depots; Fibrinogen-as- soziiertes Antigen

Goodpasture- Syndrom

fokal/diffus-proliferative/

nekrotisierende GN

lineare glorneruläre

Ablagerungen von IgG und C3c

keine typischen Immun- depots; T-Zellinfiltra- tion

sche Untersuchungen der Niere ent- scheidend verbessert hat. Hier sind in erster Linie der Nachweis von An- tikörpern gegen Zellkernbestandtei- le und gegen zytoplasmatische Be- standteile von Leukozyten zu nen- nen. Für den SLE haben der Nach- weis von ANF (aktives Krankheits- bild, wenn bei Vorliegen von IgG- Antikörpern ein homogenes oder ringförmiges Muster besteht), von Antikörpern gegen ds-DNS und des Lupusbandes in der Hautbiopsie ei- ne hohe Sensitivität und Spezifität.

Die Anwesenheit von Antikörpern gegen SSA/SSB erhöht die Treffsi- cherheit und erlaubt außerdem eine Sonderform des SLE, den subakut- kutanen LE zu diagnostizieren, der ein charakteristisches klinisches Bild mit renaler Beteiligung aufweist (8).

Die Erkrankungen aus dem We- generschen Formenkreis lassen sich seit kurzem durch den Nachweis von Antikörpern gegen zytoplasmatische Bestandteile von neutrophilen Gra- nulozyten laborserologisch erfassen (9, 10). Es stehen in der Zwischen- zeit neben immunfluoreszenzopti- schen auch empfindlichere ELI- SA(ANCA, Myeloperoxidase)-Me- thoden zur Verfügung (11).

Sensitiv und spezifisch ist das klassische feingranuläre IF-Muster für die Wegenersche Granulomatose.

Granulozyten-spezifische Antikör- per (Gs-ANA), wegen des perinukle- ären Färbeverhaltens auch P-ANCA benannt, zeigen dagegen eine mikro- skopische Polyarteriitis an, sofern das Vorliegen einer rheumatoiden Ar- thritis oder einer Kollagenose ausge- schlossen ist.

Auf einen renalen Befall weist der Nachweis von Myeloperoxidase- Antikörpern hin. Myeloperoxidase- Antikörper werden hauptsächlich bei der mikroskopischen Polyarteriitis gefunden. In hoher Konzentration können sie nach vorläufigen Untersu- chungen ein eigenständiges Krank- heitsbild identifizieren (12).

Diese neuen Testsysteme, die derzeit noch erweitert werden (13), werden es in Zukunft auch erlauben, andere Vaskülitiden aus dem For- menkreis der Hypersensitivitätsangi- itis, der mikroskopischen Polyarteri- itis, möglicherweise aber auch aus dem Formenkreis der Panarteriitis

Dt. Ärztebl. 88, Heft 6, 7. Februar 1991 (51) A-391

(6)

nodosa besser zu definieren. Sie soll- ten bei allen unklaren klinischen Krankheitsbildern zur Anwendung kommen, die systemischen Charak- ter haben und eine renale Beteili- gung erkennen lassen.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift für die Verfassen

Prof. Dr. med. Konrad Andrassy Klinikum der Universität Heidelberg Sektion Nephrologie

Bergheimer Straße 56a W-6900 Heidelberg 1 Glossar

Ak Antikörper

ANA antinukleäre Antikörper ANF antinukleäre Faktoren

ANCA neutrophile zytoplasmatische Antikörper C-ANCA fein granuläres zytoplasmatisches Muster P-ANCA perinukleäres zytoplasmatisches Muster Gs-ANA Granulozyten-spezifische Antikörper C3c Komplement C3 Spaltprodukt DR D-related antigen

ds-DNS Antikörper gegen doppelsträngige Desoxyribonukleinsäure GN Glomerulorephritis

RPGN rasch progrediente Glomerulorephritis LE Lupus erythematodes

SLE systemischer Lupus erythematodes

SSA Antikörper gegen Sjögren-spezifisches Antigen A SSB Antikörper gegen Sjögren-spezifisches Antigen B SCL-70 Antikörper gegen Sklerodermie-typisches Antigen mit

einem Molekulargewicht von 70 KD

Kolonkarzinom und 25-OHD:

Eine Prospektivstudie

Im Jahre 1974 wurden in Ma- ryland Blutproben von 25 620 Frei- willigen gesammelt, um einen möglichen Zusammenhang zwi- schen 25-Hydroxycholecalciferol (25-OHD) im Serum und künftigem Kolonkarzinomrisiko zu untersu- chen. Es wurden im Zeitraum zwi- schen August 1975 und Januar 1983 insgesamt 34 Fälle mit Kolonkarzi- nom diagnostiziert und einer ver- gleichbaren Kontrollgruppe von 67 Personen gegenübergestellt. Ent- sprechend den 25-OHD-Werten im Serum erfolgte eine Einteilung in fünf Gruppen, wobei das Kolonkar- zinomrisiko innerhalb des dritten Quintils (27-32 ng/ml) um 75 Pro- zent geringer und innerhalb des vier- ten Quintils (33-41 ng/ml) um 80 Prozent geringer war.

Bei einer 25-OHD-Konzentrati- on im Serum von 20 nWm1 oder dar- über bestand im untersuchten Kol- lektiv ein dreifach geringeres Risiko, an einem Kolonkarzonom zu erkran- ken. Die Autoren kommen daher zu

dem Schluß, daß 25-OHD vor einer Karzinomerkrankung des Kolons

schützen kann nkl

C. Garland et al.: Serum 25-hydroxyvit- amin D and Colon Cancer: Eight-year Pro- 'spective Study. The Lancet 334 (1989)

1176-1178.

Cedric Garland, Department of Commun- ity and Family Medicine, M-007, School of Medicine, University of California, San Diego, La Jolla, California 92093, USA

Screening auf

C-Zell-Erkrankung

Unter einer C-Cell-Disease ver- stehen die Autoren ein medulläres Schilddrüsenkarzinom oder eine C- Zell-Hyperplasie der Schilddrüse.

Beide Erkrankungen gehören zur multiplen endokrinen Adenomatose, Typ IIa und IIb, familiäre Erkran- kungen, bei denen sich zusätzlich noch beidseitige Phäochromozytome und Hyperplasien oder Adenome der Epithelkörperchen nachweisen lassen. Die Autoren betreiben eine

FÜR SIE REFERIERT

Klinik mit einem speziellen Scree- ning-Programm für C-Zell-Erkran- kungen, in der 80 Patienten mit die- sem Krankheitsbild registriert sind.

Dabei werden Serum-Kalzitoninbe- stimmungen unter Kalziuminfusion und nach Pentagastrinstimulation durchgeführt. Beweisend für eine C- Zell-Erkrankung ist ein Anstieg der basalen Kalzitonin-Werte auf das Fünffache der Norm, doch finden sich alle möglichen Abweichungen von diesem Verhalten in besonders gelagerten Fällen. Bei 26 nahen Ver- wandten von 12 „sporadischen" Pa- tienten ohne positive Familienana- mnese konnte durch ein Screening- Programm eine C-Zell-Erkrankung der Schilddrüse nachgewiesen wer- den.

Simpson, W. J., J. S. Carruthers, D. Mal- kin: Results of screening program for C- cell disease (medullary thyroid carcinoma and C-cell hyperplasia. Cancer 65:

1570-1576,1990.

Department of Radiation Oncology, The Princess Margaret Hospital, 500 Sher- bourne St., Toronto M4X 1K.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

ie Entwicklung einer diabetischen Nephro- pathie gehört auch heute noch zu den häu- figsten und progno- stisch ungünstigsten Komplikationen beim Diabetiker.. Wie größere

Die verschiedenen Möglichkeiten zur Harn- steinentfemung, Indikationen und Erfolgsquoten werden dargelegt Da es sich bei drei Fünfteln der jährlichen Hamsteinepisoden um Rezidive

Ad 1.: In Tabelle 1 sind — nach Indikationsgruppen, zum Beispiel Antiarrhythmika, Antibiotika, Anti- hypertensiva usw., geordnet — jeweils blau gekennzeichnet links Medika-

Die durch ischämiebeding- ten ATP-Mangel eingeschränkte Aktivität der Ionenpumpen ist den erhöhten Anforderungen nicht gewachsen: es kommt zum Zell- ödem, das wiederum für

Ein frisch aufgetretenes idiopa- thisches NS im Kindesalter wird heu- te vorzugsweise nach einem Vor- schlag der Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Nephrologie (APN) mit

Der Nach- weis einer Nierenarterienstenose bei einem Patienten mit Hypertonie be- deutet nicht notwendigerweise, daß diese durch die Stenose verursacht wird,

Bei den einfachen Störungen des Säure-Basen-Stoffwechsels las- sen sich metabolische und respirato- rische differenzieren: Bei der meta- bolischen Azidose oder Alkalose wird

In einer Metaanalyse von Studien bei Patienten mit primärer IgA-Glomerulonephritis konnte kürzlich dargestellt werden, daß Pa- tienten mit deutlicher Proteinurie mit oder