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Archiv "Erkrankungen der Niere (21): Therapie der primären Glomerulonephritis" (13.11.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Primäre Glomerulonephritiden sind Erkrankungen, die sich an den Glomeruli abspielen, ohne Zeichen einer Systemerkrankung. Sie tre- ten klinisch in Erscheinung durch Proteinurie, Hämaturie, häufig Hy- pertonie, Nephrotisches Syndrom und/oder chronische Niereninsuf- fizienz bis hin zur Dialysepflichtigkeit. Für die mögliche frühzeitige therapeutische Intervention ist die exakte morphologische Klassifika- tion absolute Voraussetzung. Bei der Therapie sind symptomatische Maßnahmen wie Blutdruckeinstellung, Eiweißrestriktion und Beein- flussung des Nephrotischen Syndroms vordergründig. Gezielte Maß- nahmen beinhalten die immunsuppressive Therapie mit Kortikoiden, alkylierenden Substanzen, in Einzelfällen Plasmapherese und neuer- dings Ciclosporin.

Bernd Grabensee, Hans-Eduard Franz', Teut Risler2,

Peter Schollmeyer' und Günter Stein'

Erkrankungen der Niere (21)

Therapie der

primären Glomerulonephritis

G

lomerulonephritiden sind unverändert die häufigste Ursache der chronischen Nierenin- suffizienz mit der Not- wendigkeit einer späteren Dialyse und Nierentransplantation. Darüber hinaus ergeben Komplikationen die- ser Erkrankung wie Hypertonie, Nephrotisches Syndrom, metaboli- sche Veränderungen infolge der chronischen Niereninsuffizienz und nicht zuletzt Folgen aggressiver im- munsuppressiver Therapie eine hohe Morbidität und Letalität. Eine aus- gewogene therapeutische Interventi- on hat nicht nur für den Einzelfall Bedeutung, sondern stellt bei den immensen Kosten der Nierenersatz- therapie einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Prävention auch un- ter ökonomischen Gesichtspunkten dar.

Der Begriff der primären Glo- merulonephritis wird gebraucht, wenn sich die Erkrankung an den Glomeruli ohne Zeichen einer Sy- stemerkrankung abspielt, während der Begriff sekundäre Glomerulo- nephritis für die renale Beteiligung bei Systemerkrankungen reserviert ist. Die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Glomeru- lonephritiden wird dadurch er-

schwert, daß alle morphologisch de- finierten primären Glomerulone- phritisformen in gleicher Ausprä- gung bei unterschiedlichen System- erkrankungen vorkommen und die renale Symptomatik vor anderen Er- scheinungen auftreten kann (7, 14, 25, 27, 35). Darüber hinaus konnten in den letzten Jahren Erkrankungen, die lange als primäre Glomerulo- nephritiden galten, Systemerkran- kungen zugeordnet werden (4, 23, 25, 27, 28, 49, 52). Eine Kausalthera- pie ist nur in Einzelfällen möglich;

Abteilung für Nephrologie (Direktor:

Prof. Dr. med. Bernd Grabensee), Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Düsseldorf, sowie

Medizinische Kliniken der Universitäten 'Ulm, 2Tübingen, 3Freiburg und 'Jena

die unspezifische immunsuppressive Therapie hat nur eine begrenzte Wirkung; beste Möglichkeiten beste- hen mittels moderner antihyperten- siver Therapie und diätetischer Ei- weißrestriktion zur Beeinflussung des renalen Funktionsverlustes so- wie symptomatischer Beeinflussung des Nephrotischen Syndroms.

1. Voraussetzungen und Ziele der Therapie

Wenn sich auch die primäre Glomerulonephritis dem Kliniker unverändert als akute Glomerulo- nephritis, rapid progressive Glome- rulonephritis, Nephrotisches Syn- drom, asymptomatische beziehungs- weise chronische Glomerulonephri- tis präsentiert (25), ist die exakte bi- optische Diagnostik mittels Licht- mikroskopie, Immunhistologie und Elektronenmikroskopie der erste Schritt vor therapeutischen Interven- tionen, absolute Voraussetzung je- doch bei allen immunsuppressiv wirksamen Therapiekonzepten. Da- bei dient die morphologische Beur- teilung nicht nur der Klassifikation der Glomerulonephritis, sondern auch der Frage, ob ein Therapiebe- ginn sinnvoll ist, oder ob im Verlaufe

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der Erkrankung eine differenzierte Therapie weitergeführt oder been- det werden soll.

Unseres Erachtens nach gibt es trotz der Möglichkeit differenzierter Urinproteinanalytik keine Alternati- ve zur morphologischen Diagnostik.

Abbildung 1 stellt den morphologi- schen Befund eines Patienten mit membranöser Glomerulonephritis dar. Die Diagnose und die Ausprä- gung der Erkrankung werden durch die konventionelle Lichtmikrosko- pie, die Immunhistologie und die Elektronenmikroskopie gesichert (33). Der morphologische Befund kann nicht unterscheiden zwischen primären und sekundären Glomeru- lonephritiden, die den gleichen rena- len Befall zeigen (zum Beispiel pri- märe membranöse Glomerulone- phritis und gleiche Erkrankung bei Malignomen oder membranöse und membranoproliferative Glomerulo- nephritis als primäre Erkrankung oder bei Systemischem Lupus Ery- thematodes). Hier muß die Klinik unter Zuhilfenahme serologischer Marker den Ausschlag geben.

Die Behandlung zielt fast immer auf die Beeinflussung der Progressi- on und auf die Beseitigung des Nephrotischen Syndroms ab. Dies wird einmal mit symptomatischer Therapie und zum zweiten mit spezi- eller Therapie zu erreichen versucht.

Symptomatische Therapie umfaßt die Hypertonieeinstellung, die Ei- weißrestriktion und die Beeinflus- sung des Nephrotischen Syndroms beziehungsweise seiner Folgen. Die spezielle Therapie beinhaltet unter- schiedliche sogenannte immunsup- pressive Maßnahmen.

2. Symptomatische Therapie primärer Glomendonephritiden

2.1 Progressionsbeinflussung durch Hypertoniebehandlung und Proteinrestriktion

Die schon lange vermutete Be- deutung der arteriellen Hypertonie wird durch neuere experimentelle und klinische Untersuchungen un- termauert (50, 55). Eine medika- mentöse Behandlung sollte bereits

Abbildung 1: Membranöse Glomerulone phritis: a) (oben) konventionelle Lichtmikro skopie: gleichmäßig verbreiterte Basal membran (PAS-Färbung); b) (Mitte) Im munhistologie (APAAP-Methode am Para phinschnitt): Granuläre Ablagerung von IgG entlang der Kapillarwände; c) (unten) Elek- tronenmikroskopie: Elelctronendichte, sub- epitheale Depots. Verlust der Deckzellfüß- chen

bei grenzwertigen Blutdruckwerten beginnen. Ob dabei den CE-Hem- mern über die Senkung des systemi- schen Blutdruckes hinaus durch Be- einflussung der Angiotensin-II-ab- hängigen Vasokonstriktion und glo-

merulärer Wachstumsprozesse eine spezielle Bedeutung zukommt, er- scheint aufgrund experimenteller Befunde wahrscheinlich, ist jedoch für die Klinik nicht gesichert. Neben CE-Hemmem kommen Kalzium- antagonisten und Beta-Rezeptoren- blocker als Monotherapie oder je- weils kombiniert mit niedrig dosier- ten Diuretika und auch andere Anti- hypertensiva (48, 50) in Betracht.

Die bereits bei geringer Ein- schränkung der Nierenfunktion be- ginnende Eiweißrestriktion zielt auf Progressionsverlangsamung ab. Dies wurde in einer prospektiven Unter- suchung mit diätetischer Einschrän- kung der Eiweißzufuhr, abhängig von der Nierenfunktion von 0,4 bis 0,6 g/kg KG/Tag, speziell für Patien- ten mit Glomerulonephritis gezeigt (51). Beim Nephrotischen Syndrom sollte die Eiweißzufuhr etwa 0,8 g/kg KG betragen. Zu den diätetischen Maßnahmen gehört auch die prakti- kable Verminderung der Kochsalz- zufuhr auf etwa 5 Wdie, die sich nicht nur beim Nephrotischen Syndrom günstig auswirkt, sondern auch die renoparenchymatöse Hypertonie günstig beeinflußt. Auf die frühzeitig im Verlauf der Niereninsuffizienz zu ergreifenden Maßnahmen der Kalzi- umzufuhr, Phosphatrestriktion und Gabe von Vitamin-D-Metaboliten soll hier nicht näher eingegangen werden.

2.2 Symptomatische Therapie des Nephrotischen Syndroms Vor dem Hintergrund unter- schiedlicher Vorstellungen zur Ödementstehung, einerseits der klas- sischen Theorie der Hypovolämie und extrarenalen Salz- und Wasserreten- tion und andererseits primärer intra- renaler Retention von Salz und Was- ser (6, 12, 27, 44), wird die Diuretika- gabe kontrovers gehandhabt. Wir the- rapieren bei ausgeprägten Ödemen mit Kombinationen aus kaliumspa- renden Diuretika und Thiaziden oder niedrig dosierten Schleifendiuretika wie Furosemid, Xipamid oder Pi- retanid (44). Hyperosmotische salz- arme Humanalbumininfusionen ver- wenden wir nur bei schwersten le- bensbedrohlichen diuretikarefraktä- ren Ödemen und Serumalbuminwer- ten unter 2 g/dl über einen begrenz-

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FSS-GN + +

Tabelle 1: Spezielle Therapiemöglichkeiten bei Erwachsenen mit primärer Glomerulonephritis und nephro- tischem Syndrom

Glomerulo- nephritis

Kortikoide Cyclophospha- Azathioprin mid/Chloram-

bucil

Dipyridamol Ciclosporin Acetylsalicyl-

säure, Warfarin minimal

change GN

IgA-GN

membranöse GN

+ +*

membranopro- liferative GN

+ + deutliche Hinweise für Therapieerfolge; + Therapieerfolge möglich; — kein gesicherter Therapieerfolg zu erwarten GN Glomerulonephritis; FSSGN = Fokal segmental sklerosierende GN;

* in Kombination mit Kortikoiden; ** als Monotherapie und in Kombination mit Kortikoiden

ten Zeitraum in Kombination mit Diuretika. Es gibt keinen Grund, beim länger bestehenden Nephroti- schen Syndrom auftretende Hyperli- pidämien mit deutlich erhöhtem LDL-Cholesterin nicht ebenso als Risiko der koronaren Herzkrankheit zu sehen wie Hyperlipidämien ande- rer Ursachen. Wirksame Coenzymre- duktasehemmer werden eingesetzt, wenn auch nicht vergessen werden darf, daß es derzeit keine Möglich- keiten gibt, das Serumcholesterin zu normalisieren, solange die große Proteinurie und Hypalbuminämie persistiert. Obwohl beim ausgepräg- ten Nephrotischen Syndrom Hämo- staseveränderung mit thromboembo- lischen Komplikationen und Nieren- venenthrombose nicht selten sind und ihre Erklärung unter anderem durch Anstieg von Fibrinogen und Gerinnungsfaktoren (V, VIII), Ver- lust von AT III und gesteigerte Thrombozytenaggregation finden, herrscht keine Einigung über eine prophylaktische Antikoagulatienthe- rapie. Da keine kontrollierten Studi- en über den Nutzen oraler Antiko- agulanzien vorliegen, verhalten wir uns ebenso wie andere Autoren (6, 12, 48) inkonsequent und verabrei- chen nur beim Nachweis thrombo- embolischer Komplikationen Dicu- marol. Selten muß AT III ersetzt werden.

In sehr seltenen Einzelfällen ist eine „medikamentöse Nephrekto-

mie" mit Hilfe hochdosierter CE- Hemmer oder Indomethacin bezie- hungsweise eine gezielte Embolisati- on der Nierenarterien zum Aus- schalten der Funktion und damit des Nephrotischen Syndroms angezeigt.

3. Spezielle Therapie primärer

Glomerulonephritiden Kortikosteroide werden allein oder in Kombination mit sogenann- ten Immunsuppressiva wie Cyclo- phosphamid, Chloramubucil und Azathioprin eingesetzt. Alle Inter- ventionen mit diesen Pharmaka ge- hen von der Annahme aus, daß im- munologische Prozesse im Ablauf der Erkrankung beeinflußt werden.

Da über Beeinflussungen von Me- diatorsystemen bei entzündlichen Veränderungen und des Komple- mentsystemes hinaus ein Angriff an der Gerinnungskaskade und der Thrombozytenfunktion vorteilhaft erscheint, lag es nahe, daß Thrombo- zytenaggregationshemmer wie Di- pyridamol und Acetylsalicylsäure ebenso wie Antikoagulatien vom Di- cumaroltyp eingesetzt wurden. Unter der Vorstellung, die Immunsuppres- sion über diese Pharmaka hinaus zu verbessern, fand die Plasma- austauschbehandlung Eingang in die Behandlung verschiedener Glomeru- lonephritiden (3, 5, 26, 45).

Es kann derzeit als gesichert gel- ten, daß bei primären Glomerulo- nephritiden eine spezielle Immun- therapie nur bei Patienten mit Ne- phrotischem Syndrom und bei Se- rumkreatininwerten unter 2 mg/dl oder fehlenden fortgeschrittenen in- terstitiellen und tubulären Verände- rungen in der Histologie eingesetzt werden können. Zusammenfassend sind die derzeitigen speziellen The- rapiemöglichkeiten in Tabelle 1 dar- gestellt. Nur bei Patienten mit rapid progressiver (extrakapillär prolife- rierender) Glomerulonephritis kann eine Normalisierung der Nieren- funktion selbst bei eingetretener Dialysepflichtigkeit erreicht werden (4, 11, 49). Die folgenden Angaben zur Therapie beziehen sich auf Be- richte über kontrollierte und unkon- trollierte Studien und beruhen dar- über hinaus auf eigenen Therapieer- fahrungen der Autoren, die seit eini- gen Jahren in einer Arbeitsgemein- schaft ihre Patienten mit primären Glomerulonephritiden in gemeinsa- men Studien behandeln.

3.1 Akute Poststreptokokken- Glomerulonephritis

Diese auch als akute postinfekti- öse Glomerulonephritis, endokapil- läre beziehungsweise endokapillär proliferierende Glomerulonephritis bezeichnete Erkrankung ist im Er- wachsenenalter viel seltener als die

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Verdachtsdiagnose gestellt wird. Es sei darin erinnert, daß sich diese Er- krankung unter anderem durch Hy- pokomplementämie von der rapid progressiven Glomerulonephritis un- terscheidet, zum Teil jedoch Über- schneidungen mit dieser Erkrankung zeigt mit dem wichtigen Unterschied, daß sie meist spontan ausheilt. Eine gezielte Therapie der Grunderkran- kung kann bei definierten Infektio- nen durchgeführt werden.

3.2 Rapid progressive

Glomerulonephritis (extrakapil- läre Glomerulonephritis bzw.

extrakapilläre proliferierende Glomerulonephritis)

Bei dieser oft zu spät diagno- stizierten Glomerulonephritisform liegt morphologisch eine glomerulä- re intra- und extrakapilläre Prolife- ration mit diffuser Halbmondbildung bei mehr als 50 Prozent der im Biop- sat enthaltenen Glomeruli zugrunde.

Aufgrund der Immunhistologie las- sen sich ein Typ I mit Nachweis von Antibasalmembranantikörpern an den Glomeruli von einem Typ II mit glomerulären Ablagerungen von Im- munkomplexen in granulärer Form und von einem Typ III mit fehlen- dem Nachweis von immunhistologi- schen Veränderungen abgrenzen (20).

Während der Typ I dem lange bekannten Goodpasture-Syndrom entspricht, selten aber auch als Anti- basalmembran-Antikörperglomeru- lonephritis ohne pulmonale Blutung vorkommt, der Typ II als typische Immunkomplexerkrankung bei Sy- stemerkrankungen oder bei definier- ten primären Glomerulonephritiden auftritt, ist der Typ III, der lange als idiopathische rapid progressive Glo- merulonephritis galt, Gegenstand aktueller Diskussion (11, 23, 27, 52).

Wir fanden bei Patienten mit letzte- rer Erkrankung nicht nur klinische Hinweise auf eine Systemerkran- kung, sondern auch immer einen po- sitiven Ausfall von IgG-Antikörpern gegen intrazytoplasmatische Antige- ne humaner neutrophiler Granulozy- ten und Monozyten (ANCA) (23).

Dieser Erkrankung liegt entweder eine renal limitierte Verlaufsvarian- te aus dem Formenkreis der Wege- nerschen Granulomatose zugrunde

(spezifische Antiproteinase-3-Anti- körper mit zytoplasmatischem Ver- teilungsmuster in der Immunfluores- zenz, c-ANCA) oder eine Polyarteri- itis nodosa in mikroskopischer Form (Antikörper mit perinukleärem Ver- teilungsmuster, p-ANCA) (52).

Auch bei Kenntnis serologischer Marker wie Anti-GBM-Ak sowie p- ANCA und c-ANCA sind Histologie und Immunhistologie vor Beginn ei- ner aggressiven Immunsuppression unerläßlich, da sowohl Anti-GBM- Ak-Glomerulonephritiden ohne se- rologischen Nachweis vorkommen können, als auch immunhistologisch negative rapid progressive Glomeru- lonephritiden ohne c-ANCA und p- ANCA (25).

Die Therapiekonzepte der ver- schiedenen rapid progressiven Glo- merulonephritiden unterscheiden sich unwesentlich und sind in der Ta- belle 2 dargestellt (3, 4, 28, 29, 39, 45, 49). Schwieriger als die akute Be- handlung der rapid progressiven Glomerulonephritiden ist die Lang- zeitbehandlung. Die Antibasalmem- branantikörper-Glomerulonephritis limitiert sich selbst und rezidiviert fast niemals. Die rapid progressive Glomerulonephritis mit Immunkom- plexnachweis kann in Abhängigkeit von der Aktivität der Systemerkran- kung jedoch rezidivieren (zum Bei- spiel systemischer Lupus erythema- todes), bleibt unter Dialysetherapie jedoch meist inaktiv. Die rapid pro- gressive Glomerulonephritis Typ III mit positivem c- oder p-ANCA dage- gen kann noch nach Jahren rezidivie- ren, unabhänig davon, ob eine Nor- malisierung der Nierenfunktion er- reicht worden ist, die Patienten einer Dialysetherapie unterzogen werden müssen oder nierentransplantiert wurden. Wir behandeln ein Jahr über den Nachweis positiver ANCA hinaus und ersetzen in Abhängigkeit von Nierenfunktion und Krankheits- aktivität Cyclophosphamid nach drei bis sechs Monaten in der Dauerthe- rapie durch Azathioprin; letzteres behalten wir auch nach Absetzen der Kortikoide über einige Jahre bei.

3.3 Minimal change Glomerulonephritis

Diese, morphologisch allein elektronenmikroskopisch erfaßbare

(Verlust der Deckzellfüßchen), licht- mikroskopisch und immunhistolo- gisch unauffällige glomeruläre Er- krankung ist die häufigste Ursache des Nephrotischen Syndroms im Kindesalter und liegt bei etwa 20 Prozent der Erwachsenen dem Nephrotischen Syndrom zugrunde.

Die Proteinurie ist besonders ausge- prägt mit Eiweißverlusten bis zu 40 g/die und kann zu grotesken Öde- men führen. Die Erkrankung kann spontan ausheilen und führt prak- tisch niemals zu einer terminalen Niereninsuffizienz.

Wenn auch die Immunpathoge- nese unklar ist (38), spricht die mini- mal change Glomerulonephritis am besten auf Steroide an. Dies wurde zunächst in großen Studien an Kin- dern belegt (9, 34) und auch mit et- was geringerer Ansprechrate beim

Erwachsenen gezeigt (14, 40, 48, 49).

Wir therapieren dann, wenn die Pro- teinurie im nephrotischen Bereich liegt, mit Prednison 1 mg/kg Kg/die per os sechs Wochen beziehungswei- se bauen 14 Tage nach Ansprechen der Therapie (Proteinurie unter 1 g/

die) bei täglicher Kortikoidgabe um wöchentlich 50 Prozent bis auf 20 mg/die ab. Die weitere Dosisredukti- on erfolgt langsamer. Beim ersten Rezidiv wiederholen wir die Thera- pie in gleicher Weise. Erreichen wir keine Rezidivfreiheit oder kein An- sprechen auf diese Behandlung, füh- ren wir eine neue Biopsie durch, da nicht selten bei zweifelsfreier Dia- gnose minimal change Glomerulo- nephritis in der Rebiopsie Hinweise für eine minimal change Glomerulo- nephritis mit fokal segmentaler Skle- rosierung gefunden wurde.

Die weitere Behandlung erfolgt mit Kombinationen von Kortikoiden und Chlorambucil oder Cyclophos- phamid oder mit Ciclosporin. Letzte- re Therapiemaßnahmen können auch bei absoluten oder relativen Steroidkontraindikationen oder bei Kortikoidabhängigkeit, das heißt Wiederauftreten des Nephiotischen Syndroms unter einer bestimmten Kortikoiddosis, ergriffen werden.

3.4 Fokal segmental sklerosie- rende Glomerulonephritis Diese Form der Glomerulo- nephritis liegt in etwa 10 bis 20 Pro- A1-3890 (58) Dt. Ärztebl. 89, Heft 46, 13. November 1992

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Tabelle 2: Therapie der rapid progressiven Glomerulonephritis (extrakapillar proliferierende Glomerulonephritis)

Typ I: Antibasalmembran-Antikörper (z. B. Goodpasture Syndrom)

Immunsuppressive Therapie nur bei ausreichender Nierenfunktion (s-Kreatinin 6 mg/dl) bzw. morphologischen Hinweisen auf Remissionsmöglichkeit

1. Methylprednisolon-Stoßtherapie (250 — 1000 mg i.v. für 3 Tage)

anschließend Prednison peroral 100 mg mit wöchentlicher Dosisreduktion bis 40 mg, dann wöchentliche Reduktion um 5 mg

2. Cyclophosphamid 2 — 3 mg/kg KG p. o., Dosisanpassung im Verlauf

3. Plasmaseparationen über 2 — 3 Wochen bis zu 15 Behandlungen, Behandlungsdauer 8— 10 Monate

Typ II: Immunkomplexe positiv

(z. B. Systemischer Lupus erythematodes und andere Systemerkrankungen) und negative Immunhistologie

Typ III: (häufig c- und p-ANCA positiv)

1. Methylprednisolon bzw. Prednison wie bei Typ I

2. Cyclophosphamid wie bei Typ I oder als i.v. Stoßtherapie 500 — 1000 mg i v einmalig (Wiederholung nach 3 bis 4 Wochen)

3. Plasmaseparationen in Abhängigkeit vom Verlauf und den klinischen Umständen.

Behandlungsdauer meist deutlich länger als 2 Jahre in Abhängigkeit von Klinik und immunolo- gischen Aktivitätszeichen

zent dem Nephrotischen Syndrom des Erwachsenen zugrunde. Sie ist lichtmikroskopisch durch Sklerosie- rung und Hyalinisierung jeweils ei- nes Teils der Kapillarknäuel in ei- nem zunächst meist kleinen Prozent- satz der Glomeruli (segmental und fokal) gekennzeichnet. Immunhisto- logisch imponieren Ablagerungen von IgM, selten IgG und Komple- ment C3 mit Akzentuierung der lichtmikroskopisch veränderten Glo- meruli.

Elektronenoptisch zeigen die Podozyten auch in den nicht sklero- sierten Schlingen einen diffusen Verlust der Fußfortsätze. Von eini- gen Autoren werden fokal segmental sklerosierende Glomerulonephritis, minimal change Glomerulonephritis und mesangioproliferative Glomeru- lonephritis als Entität mit unter- schiedlicher Ausprägung diskutiert (30). Im Gegensatz zur minimal change Glomerulonephritis entwik-

kelt die Hälfte der von der fokal seg- mental sklerosierenden Glomerulo- nephritis betroffenen Patienten in 5 bis 10 Jahren eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz (13). Wir thera- pieren ebenso wie andere (48, 49) bei Vorliegen eines Nephrotischen Syndroms wie bei der minimal chan- ge Glomerulonephritis mit Kortiko- iden, wobei wir mit höheren Dosen (1,5 mg/kg Kg/die) beginnen. Bei Nichtansprechen auf Kortikoide oder bei kurzfristigem Relaps nach Absetzen derselben oder bereits bei Reduktion der Kortikoide kann ne- ben Chlorambucil und Cyclophos- phamid auch Ciclosporin eingesetzt werden.

3.5 Mesangioproliferative Glomerulonephritis

Diese Glomerulonephritisform wird nach Abgrenzung der IgA-Glo- merulonephritis nur noch selten dia- gnostiziert. Sie ist durch eine Prolife-

ration der Mesangiumzellen charak- terisiert, mit immunhistologischem Nachweis von Immunglobulinen (IgM, IgG und IgA) und Komple- ment in gleicher Lokalisation. Teil- weise wird nach dem immunologi- schen Muster eine IgM-Glomerulo- nephritis abgegrenzt (7), teilweise handelt es sich um ein Spätstadium einer postinfektiösen Glomerulo- nephritis. Über die Eigenständigkeit der Erkrankung mit überwiegenden IgA-Ablagerungen herrscht Einig- keit. Einer Immuntherapie ist die mesangioproliferative Glomerulo- nephritis nicht zugänglich (17).

3.6 Mesangiale

IgA-Glomerulonephritis

Diese immunhistologisch durch mesangiale Ablagerungen von IgA und Komplementfaktoren charakte- risierte häufigste Form der mesangi- oproliferativen Glomerulonephritis (in Deutschland etwa 25 Prozent, in Dt. Ärztebl. 89, Heft 46, 13. November 1992 (61) A1-3893

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Asien 50 Prozent aller Glomerulo- nephritiden) zeigt meist einen inter- mittierend makrohämaturischen oder persistierend mikrohämaturi- schen Verlauf. In Anbetracht der deutlichen Progression mit Über- gang in die chronische Niereninsuffi- zienz innerhalb von 10 bis 20 Jahren in mindestens 20 Prozent der Fälle gibt es zahlreiche Therapieversuche, die auf den Rückgang von Hämatu- rie und Proteinurie ebenso abzielen wie auf eine Progressionsverlangsa- mung.

Vor dem Hintergrund unter- schiedlicher pathophysiologischer Spekulationen wurde über Behand- lungsmaßnahmen mit Tonsillekto- mie und Antibiotikaprophylaxe ebenso berichtet wie über die Be- handlung mit Phenylhydantoin, Da- nazol, Fischöl, Acetylsalicylsäure und Dipyridamol, Plasmapherese, Steroiden und zytotoxischen Phar- maka (21, 48, 49). Eine überzeugen- der Erfolg konnte nicht erbracht werden. In einer Metaanalyse von Studien bei Patienten mit primärer IgA-Glomerulonephritis konnte kürzlich dargestellt werden, daß Pa- tienten mit deutlicher Proteinurie mit oder ohne Nephrotischem Syn- drom einen Nutzen von der Gabe von Kortikosteroiden und/oder zyto- toxischen Substanzen haben, da 66,7 Prozent eine komplette oder partiel- le Remission und eine Besserung der Nierenfunktion sowohl in kontrol- lierten als auch in retrospektiven Studien aufwiesen (53).

3.7 Membranöse Glomerulonephritis

Diese Immunkomplexnephritis ist die häufigste Ursache eines Ne- phrotischen Syndroms im Erwachse- nenalter (30 bis 40 Prozent). Vor jeg- licher Therapiediskussion müssen bei dieser Erkrankung besonders die zahlreichen, mit membranöser Glo- merulonephritis einhergehenden Umstände diagnostiziert oder ausge- schlossen werden (Infektionen, Au- toimmunerkrankungen, Pharmaka, Malignome). Ausgeprägte Protein- urie, eingeschränkte Nierenfunktion bei Diagnosestellung, Hypertonie, männliches Geschlecht und intersti- tielle Fibrosierung weisen auf eine ungünstige Prognose hin. Spontane

komplette Remissionen sind beim Erwachsenen in etwa 25 Prozent möglich, und darüber hinaus wurden in weiteren 20 bis 25 Prozent partiel- le Remissionen mit Verbleiben ge- ringer Proteinurie und stabiler Nie- renfunktion gesehen (43).

Größte Beachtung fanden die Ergebnisse einer prospektiven ran- domisierten Multicenterstudie (41).

Die Therapie erstreckte sich über sechs Monate. Von Monat zu Monat abwechselnd erhielten die Patienten an drei Tagen 1000 mg Methylpred- nisolon i.V., dann 27 Tage Methyl- prednisolon per os 0,4 mg/kg/KG so- wie im darauf folgenden Monat (30 Tage) 0,2 mg/kg KG Chlorambucil mit entsprechender Dosisanpassung bei Abfall der Leukozyten (unter 500041). Nach fünf Jahren fanden sich sowohl eine deutlich signifikant höhere Remissionsrate des Nephro- tischen Syndrom als auch eine signi- fikant bessere Nierenfunktion, die in der Therapiegruppe gleichblieb, sich in der Kontrollgruppe jedoch deut- lich verschlechterte.

Vorläufige Ergebnisse einer wei- teren Studie zeigen, daß die zusätzli- che Gabe von Chlorambucil notwen- dig ist, um Nierenfunktion und Nephrotisches Syndrom günstig zu beeinflussen (42). Eigene erste Er- gebnisse einer nicht abgeschlossenen Multicenterstudie zeigen nach Aus- werten einer durchschnittlichen Be- obachtungszeit von vier Jahren eine Überlegenheit dieses „Ponticelli- Schemas" gegenüber Spontanverlauf und Kombinationstherapie mit Pred- nison und Ciclosporin (43). Aus un- serer Sicht sprechen die vorliegen- den Ergebnisse dafiir, Patienten mit gesicherter idiopathischer membra- nöser Glomerulonephritis und einem Serumkreatinin unter 2 mg/dl sowie Nephrotischen Syndrom nach aufge- führtem Schema zu behandeln.

3.8 Membranoproliferative Glomerulonephritis

Die membranoproliferative Glo- merulonephritis ist selten und liegt bei weniger als 10 Prozent der Er- wachsenen mit Nephrotischem Syn- drom vor. Das morphologische Bild ist geprägt von Mesangiumprolifera- tionen und einer diffusen Basalmem- branverdickung. Aufgrund unter-

schiedlicher immunhistologischer und elektronenmikroskopischer Be- funde sowie unterschiedlicher Akti- vierung der Komplementkaskade wird ein Typ I mit subendothelialen Depots von einem Typ II mit dichten intramembranösen Ablagerungen („dense deposit disease") abgegrenzt (25). Der klinische Verlauf ist bei beiden Formen gleich ungünstig mit einer Zehn-Jahres-Nierenüberle- bensrate von 30 bis 70 Prozent (et- was ungünstiger beim Typ II). Die Resultate von randomisierten Studi- en haben keine sichere Effektivität der Therapiekonzepte mit Cyclo- phosphamid, Dipyridamol und War- farin, Dipyridamol und Acetylsalicyl- säure, oder Prednison alleine nach- weisen können, bei allerdings kurzen Beobachtungszeiten von ein bis vier Jahren (22).

Die Ergebnisse der behandelten Patienten nach zehnjähriger Beob- achtungszeit (22) sind zwar deutlich besser als früher berichtete Verläufe mit Zehn-Jahres-Nierenüberlebens- raten von 50 Prozent oder weniger (1), lassen jedoch keine eindeutige Therapieempfehlung zu, da sich das gesamte klinische Management ge- bessert hat, vor allem die Hyperto- niekontrolle (4). Wir verabreichen im Rahmen einer randomisierten Studie gegen eine symptomatische Therapie Dipyridamol 75 mg/die oral und Acetylsalicylsäure 500 mg/die oral als Dauertherapie.

3.9 Glomerulonephritis im Transplantat

Grundsätzlich können rapid progressive Glomerulonephritis, fo- kal segmental sklerosierende Glome- rulonephritis, IgA-Glomerulone- phritis, membranöse Glomerulo- nephritis und membranoproliferati- ve Glomerulonephritis im Trans- plantat rekurieren (27, 54). Die Im- munsuppression mit Ciclosporin hat weder die Inzidenz noch den Verlauf dieser Erkrankungen beeinflußt (54). Eine therapeutische Beeinflus- sung über die zur Erhaltung des Transplantates angezeigte Immun- suppression hinaus ist nicht möglich.

Bei der rapid progressiven Glomeru- lonephritis kann es zum Wiederauf- treten kommen, wenn noch zirkulie- rende Anti-GBM-Antikörper vorlie- Ar3894 (62) Dt. Ärztebl. 89, Heft 46, 13. November 1992

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gen (Typ I). Bei Nachweis einer trotz Immunsuppression erneuten Aktivi- tät der rapid progressiven Glomeru- lonephritis Typ III mit extrarenalen und renalen (deutliche Proteinurie, Funktionsverschlechterung der Nie- re, Nachweis von extrakapillären Veränderungen im Transplantat) Veränderungen sollte die Immun- suppression um Cyclosphosphamid erweitert beziehungsweise Azathio- prin durch Cyclophosphamid ersetzt werden.

Aus unserer Sicht gewinnt die de novo membranöse Glomerulone-

4. Komplikationen und Grenzen immun-

suppressiver Therapie Bei der hochdosierten Korti- koidtherapie des Nephrotischen Syn- droms bei unterschiedlichen primä- ren Glomerulonephritiden überwie- gen meist die Nutzen der Beseiti- gung des Nephrotischen Syndroms mit seinen vielen, zum Teil lebensge- fährlichen Begleitkomplikationen die bekannten Nebenwirkungen hochdo- sierter zeitlich begrenzter Kortikoid- gabe.

Der Einsatz einer aggressiven immunsuppressiven Kombinations- therapie bei verschiedenen Formen der rapid progressiven Glomerulo- nephritis ist stets unter Abwägen der Risiken und unter Beurteilung des Patienten (Alter, Begleiterkrankun- gen) und der Nierenhistologie so- wohl am Therapiebeginn als auch bei Nichtansprechen der Behandlung im durch erneute Biopsie gewonnenen Nierengewebe nach vier bis acht Wo- chen zu entscheiden.

Knochenmarksdepression, Bla- sen- und Gonadentoxizität sowie die Gefahr des Entstehens von Neopla- sien sind die überwiegenden Neben- wirkungen bei der Therapie mit alky- lierenden Substanzen. Bei äquiva- lenten Dosen haben Cyclophospha- mid und Chlorambucil wahrschein- lich den gleichen toxischen Effekt (42).

Um bedrohliche Leukozytope- nien zu vermeiden, sollte die tägliche Cyclophosphamid-Dosis 3 mg/kg KG und die tägliche Chlorambucil-Dosis

phritis an klinischer Bedeutung. Hin- weise auf die Diagnose geben ein Nephrotisches Syndrom oder eine nicht erklärliche Nierenfunktions- verschlechterung. Die therapeuti- schen Möglichkeiten sind begrenzt, die Rate an Transplantatverlust ist hoch. Eine seltene aber folgenschwe- re de novo Glomerulonephritis wur- de bei Patienten mit heriditärer Nephropathie Alport als Grunder- krankung in Form einer rapid pro- gressiven Glomerulonephritis mit Nachweis von Anti-GBM-Antikör- pern gesehen (5).

0,2 mg/kg KG nicht überschreiten.

Da die therapeutische Antwort beim Nephrotischen Syndrom nicht mit der Knochenmarkstoxizität korre- liert, reicht es, die Leukozytenzahl auf Werte zwischen 5000 und 6000/111 zu senken.

Blasenirritationen nach oraler Cyclophosphamidtherapie, durch lo- kale Wirkung des Metaboliten Acro- lein bedingt, können von der hä- morrhagischen Cystitis über Blasen- fibrose seltener zu Blasenneoplasien führen. Wenn die genannten Dosen nicht überschritten werden und die Therapie nicht länger als 12 Wochen durchgeführt wird, die Patienten ho- he Flüssigkeitszufuhr, eventuell in Kombination mit Diuretika, erhalten und die Cyclophosphamidgabe bei Dysurie oder Hämaturie unterbro- chen wird, ist die Gefahr aus unserer Sicht nicht sehr hoch. Zur Vermei- dung gonadaler Toxizität sollte die Gesamtdosis von Cyclophosphamid 240 mg/kg KG nicht überschreiten, die von Chlorambucil als Monothe- rapie nicht 7 mg/kg KG und in Kom- bination mit Kortikoiden nicht 17 mg/kg KG. Der onkogene Effekt bei- der Substanzen ist wahrscheinlich von der Therapiedauer und Gesamt- dosis abhängig.

Für die Glomerulonephritis- Therapie ergibt sich die Konse- quenz, nicht länger als 12 bis 16 Wo- chen zu therapieren und die Thera- pie bei schwerer Leukozytopenie de- finitiv zu beenden (42). Der weniger gesicherten Wirkung des Azathio- prins beim Nephrotischen Syndrom stehen geringere Nebenwirkungen gegenüber.

5. Ciclosporin-Therapie bei primärer

Glomerulonephritis

Aus eindeutigen Ergebnissen der immunsuppressiven Effektivität von Ciclosporin nach Organtrans- plantation und der Wirksamkeit in Tiermodellen bei Autoimmuner- krankungen (8) fand Ciclosporin Eingang in die Therapie des Nephro- tischen Syndroms bei primären Glo- merulonephritiden. Nach Therapie- erfolgen bei der miriimal change Glomerulonephritis wurde ein Wir- kungsmechanismus über Beeinflus- sung der Zytokinsekretion durch ak- tivierte T-Zellen und dadurch indu- zierte Verluste anionischer Ladun- gen auf der glomerulären Basalmem- bran und Reduktion der Proteinurie diskutiert (8). Darüber hinaus wur- den Wirkungen mit komplizierter Beeinflussung antikörper- und zell- vermittelter Immunität und Beein- flussung chronisch entzündlicher Reaktionen erklärt (8). Nicht zuletzt muß die Ursache im unspezifischen Effekt der renalen Vasokonstriktion gesehen werden (31, 37).

Es wurden mehr als 600 Erwach- sene und Kinder mit Nephrotischem Syndrom bei Glomerulonephritis mit Ciclosporin behandelt (19, 36).

Überwiegende Grunderkrankungen waren minimal change Glomerulo- nephritis und fokal segmental sklero- sierende Glomerulonephritis, selte- ner membranöse, membranoprolife- rative, mesangioproliferative und IgA-Glomerulonephritis. Fast alle behandelten Patienten waren stero- idresistent, steroidabhängig oder wiesen häufige Relapse des Nephro- tischen Syndroms auf. Das Nephroti- sehe Syndrom konnte während der Dauer der Therapie mit Ciclosporin in 70 bis 90 Prozent der Patienten er- folgreich beeinflußt werden. Die Er- gebnisse waren bei Kindern etwas besser als bei Erwachsenen, deutlich besser bei Patienten mit minimal change Glomerulonephritis als bei Patienten mit fokal segmental sklerosierender Glomerulonephritis, membranöser Glomerulonephritis und anderen Glomerulonephritisfor- men. Es fand sich ein Trend zum besseren Ansprechen des Nephroti- A1-3896 (64) Dt. Ärztebl. 89, Heft 46, 13. November 1992

(8)

Mit diesem Beitrag

schließt das Deutsche Ärzteblatt die Serie „Erkrankungen der Niere" ab.

Es sind dazu erschienen:

(1) Weber, M. H.: Proteinurie und Hätnat- urie: Nichtinvasive Diagnostik renaler Leitsymptome. Dt. Ärztebl. 87 (1990), A, 2386-2396, Heft 31/32

Zerre, K.; Waldherr, R.; Zystische Nie- renerkrankungen - Klassifikation und neue Aspekte. Dt. Ärztebl. 87 (1990), A, 3323-3333, Heft 43

Andrassy, K.; Waldherr, R.: System- krankheiten mit Nierenbeteiligungen.

Dt. Ärztebl. 88 (1991), A, 383-392, Heft 6

(4) Nebel, M.: Behandlung der terminalen Niereninsuffizienz: CAPD versus Hä- mofiltration. Dt. Ärztebl. 88 (1991), Ai 965-977, Heft 12

(5) Renner, E.: Nierenbiopsie - Indikation und Aussagekraft. Dt. Ärztebl. 88 (1991), A, 1581-1587, Heft 18 Olbing, H.: Refluxnephropathie. Dt.

Ärztebl. 88 (1991), A, 2390-2396, Heft 27

Hasslacher, C.; Ritz,.E.: Die diaetische Nephropathie. Dt. Arztebl. 88 (1991), A, 2632-2637, Heft 31/32

Kramer, J.: Schwangerschafts-Hoch- druck. Dt. Ärztebl. 88 (1991), A, 2891-2900, Heft 36

Eigler, J.; Dobbelstein, H.: Arzneimit- teldosierungen und -nebenwirkungen bei chronischer Niereninsuffizienz. Dt.

Ärztebl. 88 (1991), A, 3223-3230, Heft 39

(10) Vahlensieck, W.: Diagnostik und The- rapie des Harnsteinleidens. Dt, Arz- tebl. 88 (1991), A, 3521-3526, Heft 42 (11) Hohenfeller, M.; Thurau, K.: Patho- physiologische Aspekte des akuten Nierenversagens. Dt. Ärztebl. 89 (1992), A, 33-38, Heft 1/2

(12) Distler, A.; Spies, KA.; Fobbe, F.:

Diagnostik der renovaskulären Hyper- tonie. Dt. Ärztebl. 89 (1992), A, 923-931, Heft 11

(13) Vogl, T.; Hefele-Roedel, B.; Held, E.:

Renale Komplikationen durch jodhal- tige Kontrastmittel in der bildgeben- den Diagnostik. Dt. Ärztebl. 89 (1992), A, 1333-1338, Heft 15

(14) Schären, K.; Wingen, A.-M.: Therapie des nephrotischen Syndroms im Kin- desalter. Dt. Ärztebl. 89 (1992), A, 1736-1744, Heft 19

(15) Ganten, D.; Ritz, E.; Wagner, J.: Ma- ligne Hypertonie Pathophysiologie - Klinik - Therapie. Dt. Arztebl. 89 (1992), A, 2624-2629, Heft 31/32 (16) Heidbreder, E.; Heidland, A.: Störun-

gen des Säure-Basen-Haushaltes. Dt.

Arztebl. 89 (1992), A, 3032-3040, Heft 38

(17) Baldarnus, C. A.; Marsen, T. A.: Be- handlung der chronischen Niereninsuf- fizienz vor Dialysebeginn Dt. Ärztebl.

89 (1992), A, 3146-3154, Heft 39 (18) Sieberth, H.-G.: Tubolo-interstitielle

Nephritis. Dt. Ärztebl. 89 (1992), A, 3325-3333, Heft 41

(19) Weber, F.; Philipp, T.: Diagnostik der nephrogenen Hypertonie. Dt. Ärztebl.

89 (1992), A, 3445-3453, Heft 42 (20) Lisort, A.-E.: Harnwegsinfektionen.

Dt. Ärztebl. 89 (1992), A, 3648-3658, Heft 44

(21) Grabensee, B.; Franz, H.-E.; Risler, T.;

Schollmeyer, P.; Stein, G.: Therapie der primären Glomerulonephritis. Dt.

Ärztebl. 89 (1992), A, 3884-3897, Heft 46

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schen Syndroms unter der Kombina- tion von Ciclosporin mit kleinen Do- sen Kortikosteroiden gegenüber der Monotherapie mit Ciclosporin (19, 36).

Es kommt nach Reduktion be- ziehungsweise Beendigung der Ci- closporin-Therapie bei den meisten Patienten zu einem Relaps des Nephrotischen Syndroms. Als Ne- benwirkungen der Therapie mit mittleren Dosen von 5 mg/kg KG/

Tag beim Erwachsenen und 6 mg/kg KG/Tag beim Kind kam es zu einer Nierenfunktionsverschlechterung überwiegend bei Patienten mit be- reits bei Therapiebeginn einge- schränkter Nierenfunktion (meist fo- kal segmental sklerosierende Glome- rulonephritis). In Kontrollbiopsien nach ein bis drei Jahren Therapie, bei mehr als 60 Patienten durchge- führt, sah man nur vereinzelt Zei- chen der Ciclosporin-Toxizität (18, 19, 32). Im eigenen Krankengut (32) behandelten wir 30 Patienten mit Nephrotischem Syndrom bei primä- rer Glomerulonephritis. In einem mittleren Beobachtungszeitraum von 27 Monaten zeigten die Patienten mit minimal change Glomerulone- phritis eine komplette Remission, bei den Patienten mit fokal segmen- tal sklerosierender Glomerulone- phritis sank die Proteinurie deutlich.

In acht Rebiopsien sahen wir keine Hinweise für Nephrotoxizität. Nach Absetzen des Ciclosporins kam es zu einer Verstärkung der Proteinurie oder zum Relaps des Nephrotischen Syndroms (19).

Eine Behandlung mit Ciclospo- rin beim Nephrotischen Syndrom primärer Glomerulonephritiden soll- te nur innerhalb klinischer Studien erfolgen. Indikationen sind bei der minimal change Glomerulonephritis, der fokal segmental sklerosierenden Glomerulonephritis und der mem- branösen Glomerulonephritis nach Ausschöpfen anderer Therapiemaß- nahmen gegeben. In der unverzicht- baren Biopsie vor Therapiebeginn dürfen keine vaskulären und/oder in- terstitiellen Veränderungen gesehen werden (fokal segmental sklerosie- rende Glomerulonephritis und mem- branöse Glomerulonephritis).

Die Therapie sollte einschlei- chend mit 3 mg/kg KG/Tag beim Er-

wachsenen begonnen werden, und der Vollblutspiegel sollte bei zwei- maliger täglicher Verabreichung 12 Stunden nach der letzten Gabe, im monospezifischen Assay gemessen, bei 80 bis 140 ng/dl liegen. Kommt es nach drei bis vier Monaten nicht zu einer Remission oder tritt eine deut- liche Verschlechterung der Nieren- funktion auf, sollte die Ciclosporin- Therapie beendet werden. Bei Wei- terführen der Ciclosporin-Therapie führen wir, ebenso wie andere Auto- ren (18, 19, 36), eine Kontrollbiopsie nach einem Jahr und bei längerer Therapie erneut nach zwei bis drei Jahren durch.

Dt. Ärztebl. 89 (1992) Ar3884-3897 [Heft 46]

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

(Die Abbildungen verdanken wir Herm Pro- fessor Dr. med. U. Heimchen, Direktor des Pathologischen Institutes der Universität Hamburg.)

Anschrift fiir die Verfasser:

Professor Dr. med.

Bernd Grabensee Direktor der Abteilung für Nephrologie

Medizinische Klinik und Poliklinik Heinrich-Heine Universität

Moorenstraße 5 W-4000 Düsseldorf

Dt. Ärztebl. Heft 46, 13. November 1992 (67)

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