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Archiv "Der leise Beginn chronischer Erkrankungen" (07.05.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

D

er Internistenkongreß, einer der Höhepunkte in der Fülle medizinischer Kongresse und zu- gleich noch eine Synthese aus al- len Teilgebieten, fand unter dem Präsidium von Prof. Dr. N. Zöllner/

München mit starkem Besuch vom 6. bis 10. April in Wiesbaden statt.

Hauptthemen waren: Der leise Be- ginn chronischer Krankheiten — Grundlagenforschung als Voraus- setzung medizinischer Fortschrit- te — Gemeinsame Gebiete von In- nerer Medizin und Chirurgie — Er- nährung und Krankheit. Natürlich kann dieser Kurzbericht aus 569 Hauptreferaten, Einzelvorträgen, Rundtischgesprächen und Sym- posien sowie Posters nicht einmal das wesentliche wiedergeben;

dies wäre eine, noch dazu verkürz- te, reine Aufzählung. Die Abstracts der Autoren sind als Supplement V zur Klinischen Wochenschrift 64 (1986) bei Springer bereits er- schienen. Die Hauptreferate wer- den traditionsgemäß mit Kurven, Tabellen, Literatur und so weiter als besonderer Band gegen Jah- resende vorliegen. Wir beschrän- ken uns hier, dafür etwas ausführ- licher, auf das in der Sicht des Re- ferenten praxiswichtigste Haupt- thema, die Entstehung chroni- scher Erkrankungen, Frühsympto- matologie und Nosologie der Frühstadien.

Nephritis

Lison/Münster schätzte die Zahl der Dialysepflichtigen durch chro- nische Glomerulonephritis und in- terstitielle (bakterielle und abakte- rielle) Nephritis in der Bundesre- publik zur Zeit auf 18 000 bis 20 000. Die Frühformen dieser Er- krankungen sind heilungsfähig,

aber symptomarm. Entscheidend sind weiterhin die Anamnese (Kopfschmerzen, Anämie, Lei- stungsschwäche!) und die heute kombiniert für Proteine, Erythro- zyten und Leukozyten einsetzba- ren Teststreifen.

Hypertonien, Herzkrankheiten Von den Hypertonien (Stumpe/

München) sind 90 bis 95 Prozent essentiell. Die endokrinen Ursa- chen und Gefäßstenosen sind zum Teil definitiv heilbar (wie sich am dritten Tag für die Adenome, nicht aber für die diffusen Hyperplasien der Nebennieren u. a. zeigte), er- fordern aber kompliziertere Unter- suchungen, vor allem Computer- tomographie und Sonographie.

Zwölf bis fünfzehn Prozent der Be- völkerung haben einen Blutdruck von 160 mmHg systolisch und 95 mmHg diastolisch oder mehr (Mehrfachmessungen erforder- lich). Bei 50jährigen erhöht eine Hypertonie das kardiovaskuläre Risiko um das 17fache. Grenzwer- tige Fälle bedürfen keiner medika- mentösen Behandlung; oft genü- gen die Einstellung des Rauchens, die Reduktion des Kochsalzver- brauchs, eine Gewichtsabnahme.

Zu den schleichend beginnenden und oftmals übersehenen Herz- krankheiten zählte Blömer/Mün- chen die koronare Herzkrankheit, die (oft bis zur Hirnembolie) „stum- men" Klappenfehler, die dilatati- ve oder kongestive Kardiomyopa- thie. Die Auskultation (bevorzugt in Linksseitenlage!) ist bei fünf Prozent der Mitralstenosen, sowie bei 24 Prozent der Aortenstenosen sowie bei 62 Prozent der Aortenin- suffizienzen eindeutig.

Psychoorganische Störungen Stähelin/Basel hob d ie Aufgabe des Arztes in der Frühdiagnose psy- choorganischer Veränderungen hervor, bevor diese in eine Demenz vom Alzheimertyp einmünden.

Blande Störungen führen zu Ge- dächtnislücken und kognitiven Be- einträchtigungen, akute zu Ver- wirrtheit und Bewußtseinstrübung.

Die bisherigen Versuche, etwa ge- störte Neurotransmitter zu substi- tuieren, sind noch nicht befriedi- gend. Besonders wichtig ist gerade im höheren Alter die Differential- diagnose zwischen Demenz (Ver- lust der Orientierung, der Merkfä- higkeit!) und derDepression (Klag- samkeit, Antriebsschwäche, Ver- stopfung usw. bei erhaltener Orien- tierung und Merkfähigkeit).

Lungenfunktionsstörungen Für Ulmer/Essen standen drei zum Teil schon im Kindesalter einset- zende Störungen der Lungenfunk- tion im Vordergrund: Chronische Bronchitis, Obstruktion der Luft- wege (allergisch oder infektbe- dingt), Schwund des Lungenge- rüsts. Jeder Husten, der über zwei Wochen anhält, sollte antibiotisch behandelt werden. Ulmer fügt häufig Cortisol zu, entweder kurz- fristig mit Prednisolon-Äquivalen- ten zwischen 4 und 12 mg oder langfristig 2,5 mg täglich.

Granulomatose, Kollagenosen Die Wegenersche Granulomatose ist nach Goebel/München ein Mu- sterbeispiel der Bedeutung der

Frühdiagnostik. Die meist sekun- där infizierten Defekte im Naso- pharyngealbereich und unspezifi- sche Allgemeinsymptome werden häufig falsch gedeutet, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt in langfristige Remissionen oder definitive Hei- lung gebracht werden könnten.

Das auf die inneren Organe, be- sonders auf die Nieren (selten in Frühstadien!) sich ausdehnende Leiden verläuft dann fast regelmä- ßig tödlich.

Der leise Beginn

chronischer Erkrankungen

Notizen von der 92. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Wiesbaden 1986

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 19 vom 7. Mai 1986 (75) 1377

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Chronische Erkrankungen

Die Kollagenosen (im engeren Sinn: Lupus erythematodes disse- minatus, Panarteriitis, Sjögren- Syndrom, Polymyositis, Skleroder- mie) zeigen viele Misch- und Sub- formen (Herzer/München), etwa in der Gestalt des Sharp-Syndroms.

Von der rheumatoiden Arthritis (früher primär chronische Poly- arthritis) gerade im frühen Stadi- um schwer zu trennen, werden sie oft fälschlich mit Gold behandelt.

In Speziallaboratorien gibt es heu- te eine Fülle von Antikörper- und anderen Tests, die die Zuordnung und Stadienbeurteilung mit hoher Sicherheit ermöglichen.

Hyperthyreose

Eine schleichende Hyperthyreose (Usadel/Mannheim) zu erkennen, war bei atypischen Verläufen, vor allem ohne ausgeprägte sympathi- kotone vegetative Erscheinungen, immer schon ein Problem. Man- che unklare Herzinsuffizienz oder Rhythmusstörung fand in metabo- lischen Hyperthyreosen ihre Erklä- rung. Per definitionem kann die la- tente Hyperthyreose eine periphe- re Euthyreose aufweisen bei sup- primierter Produktion des thyreo- tropen Hormons (TSH). Usadel un- terschied zwischen autoimmunen Formen, zum Beispiel M. Basedow (mit oder ohne Struma) sowie au- tonomen Adenomen beziehungs- weise disseminierter Autonomie der Schilddrüse. Er betonte be- sonders auch die psychosomati- schen Veränderungen wie Depres- sion, Ängstlichkeit, emotionale Ir- ritabilität, Mangel an Aktivität.

Myelodysplasie

Die seit Dameshek bekannte, aber heute viel besser erforschte Mye- lodysplasie (Hunstein/Heidelberg) läuft unter Bezeichnungen wie

„Präleukämie" (meist als aplasti- sches Syndrom und therapiere- fraktäre Anämie!), auch mit einzel- nen Paraleukoblasten als soge- nannte „smoldering leukemia".

Sie kann jederzeit in eine akute Leukämie übergehen. Predniso-

Ion, Androgene, Pyridoxin (rund zehn Prozent Besserungen) haben bisher ebenso enttäuscht wie der frühe Einsatz von Zytostatika.

Hunstein hatte noch die besten Er- gebnisse mit niedrig dosiertem Cytosin-Arabinosid (Ara-C), Reti- noiden, 1,25 Vitamin D3.

Maligne Lymphome

Wilms/Würzburg referierte über Vor- und Frühstadien maligner Lymphome. Hier fällt die Tren- nung von Aktivierungen des lym- phatischen Systems (bei zahlrei- chen Erkrankungen) und maligner Transformation trotz beträcht- licher Fortschritte in den letzten Jahren —vor allem mit monoklona- len Antikörpern — immer noch schwer. Die infektiöse Mononu- kleose, verursacht durch das Ep- stein-Barr-Virus, stellt etwa den Grenzbereich dar, da das gleiche Virus zum Burkitt-Lymphom und (vor allem bei Chinesen) zu mali- gnen Tumoren des Schädels füh- ren kann. Andere Grenzfälle sind Speicheldrüsengeschwülste bei vorbestehendem Sjögren-Syn- drom (also einer Kollagenose) oder die angioplastische Lym- phogranulomatosis X von Lennert.

Entscheidend für die Beurteilung ist der Übergang von einer poly- klonalen (benignen oder semima- lignen) Form in eine monoklonale (das heißt maligne) Form.

Paraneoplastische Syndrome Wilmanns/München referierte über die paraneoplastischen Syn- drome. Sie können auftreten, schon bevor ein Tumor mit endo- skopischen und bildgebenden Verfahren nachweisbar ist. Dabei ist für die Definition die Ektopie wichtig: Das hormonal wirksame Peptid darf nicht im betroffenen Organ ohnehin (intopisch) gebil- det werden. Es gibt alle Arten von endokrinen (oft mehreren) Über- funktionen, neurologischen, hä- matologischen, dermatologischen Krankheitsbildern. Von den Neo- plasien sind am häufigsten Bron-

chialkarzinome, Pankreaskarzino- me und (auch im Magen-Darm-Be- reich angesiedelte) APUDome (Amin Precursor Synthese oder Uptake mit Decarboxylierung).

Entscheidend ist es, bei Syndro- men der genannten Art nach ei- nem Tumor zu fahnden oder eng- zeitlich zu beobachten. Tumoren können nach Kramer/Bonn auch zu gefährlichen Störungen der Isotonie oder Isoionie führen, die sofortiges Eingreifen oder inten- sivpflegerische Maßnahmen erfor- dern. Kramer behandelte in die- sem Zusammenhang die Hyper- natriämie, die Hypokaliämie, die Hypokalzämie, Störungen im Ma- gnesium- und Phosphathaushalt.

Prof. Dr. med. Rudolf Gross Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41

NOTIZ

Malignes Melanom

Beitrag von Professor Dr. med.

Egon Macher in Heft 7/1986, Seiten 407 bis 409

Zu dem im Rahmen der Karzinom- Serie veröffentlichten Beitrag wer- den wir von Herrn Dr. med. H.

Rauschecker, Leitender Arzt der Sektion Chirurgische Onkologie der Universität Göttingen, sowie von Professor Dr. med. Th. Jungin- ger, Leiter der Chirurgischen Kli- nik und Poliklinik der Universität Mainz, darauf hingewiesen, daß in beiden Universitätskliniken die Hypertherme Perfusion mit regio- naler Chemotherapie ebenfalls durchgeführt wird. Die entspre- chende Passage auf Seite 409 muß daher lauten:

„3.1.3 Transitmetastasen der Ex- tremitäten:

Hypertherme Perfusion mit regio- naler Chemotherapie (in der Bun- desrepublik Deutschland: Chirur- gische Kliniken Erlangen, Essen, Gießen, Göttingen, Heidelberg, Köln, Mainz, München)." MWR 1378 (76) Heft 19 vom 7. Mai 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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