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Archiv "PID-Verordnung: Jetzt geht es um das Wie" (12.10.2012)

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A 2022 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 41

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12. Oktober 2012

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ie Präimplantationsdiagnos- tik (PID) wird künftig in en- gen Grenzen zulässig sein. Das hat im vergangenen Jahr der Bundestag beschlossen, das Gesetz trat am 21.

November in Kraft. Jetzt geht es ei- gentlich nur noch um das Wie. Da- für hat inzwischen das Bundesge- sundheitsministerium den Entwurf für eine Rechtsverordnung zur An- wendung der PID vorgelegt. Die Verordnung regelt unter anderem die Voraussetzungen für die Zulas- sung von PID-Zentren, die Qualifi- kation der in den Zentren tätigen Ärztinnen und Ärzte und die Tätig- keit der Ethikkommissionen. Der Entwurf wurde zunächst Verbänden und Behörden zur Stellungnahme vorgelegt, und – womit das Bundes- gesundheitsministerium nicht ge- rechnet haben dürfte – er stieß über- wiegend auf scharfe Kritik.

Nicht umsetzbar

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hält den vorgestellten Ent- wurf für nicht umsetzbar. So be- mängelt sie, dass die näheren Vor- gaben für die PID-Ethikkommis- sionen dem Landesrecht überlassen

würden. „Hierin besteht eine ausge- sprochene Schwäche des Verord- nungsentwurfs. Denn wenn es in Deutschland in Analogie zu Groß- britannien 250 bis 300 PID-Fälle pro Jahr gibt, die sich ganz über- wiegend auf sehr seltene genetische Krankheiten beziehen, und diese Fälle sich auf 16 Ethikkommissio- nen unterschiedlich großer (und un- terschiedlich gegenüber der PID eingestellter) Länder verteilen, sind widersprüchliche Entscheidungen verschiedener Ethikkommissionen nahezu zwangsläufig zu erwarten, zum Beispiel weil eine einzelne Kommission nur wenige Fälle berät und damit kaum Erfahrungen sam- meln kann.“ Darüber hinaus stelle sich die Frage, wie die Einhaltung bundeseinheitlicher Maßstäbe ge- währleistet werden könne. Die Bundesärztekammer empfiehlt, dass sich länderbezogene PID-Kommis- sionen auf Bundesebene austau- schen, um so beispielsweise einen

„Kommissionstourismus“ im Falle eines negativen Bescheids zu ver- hindern. Für eine solche koordinati- ve Aufgabe stünde die Bundesärz- tekammer zur Verfügung.

Mehrere Abgeordnete von CDU/

CSU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und der Linken* befürchten, dass die Ethikkommissionen in ihrer Tä- tigkeit und Bedeutung auf ein le - diglich bestätigendes Gremium re - duziert würden. „Ein eigenständiges ethisches Bewertungsrecht, ob die- se schwerwiegende Erkrankung die PID ethisch rechtfertigt oder es zwi- schenzeitlich gute alternative Be- handlungsformen für die betroffenen Kinder gibt, hat die Ethikkommissi- on nicht“, heißt es in dem Schreiben der Parlamentarier an Bundesgesund- heitsminister Daniel Bahr (FDP).

Möglichkeit zur Kooperation Die Bundesärztekammer hält auch die vorgesehenen Zulassungsrege- lungen für die PID-Zentren für nicht hinnehmbar. Der Entwurf las- se offen, „wer die ,zuständige Be- hörde‘, die als Zulassungsstelle fungieren soll, sein soll“. Da die PID untrennbar mit einer In-vitro- Fertilisation (IVF) verbunden sei, sollten sowohl für die IVF-Zentren als auch für die PID-Zentren die Landesbehörden zuständig sein, schlägt die Bundesärztekammer

*die Vizevorsitzenden der Unionsfraktion Jo- hannes Singhammer

(CSU) und Günter Krings (CDU), der FDP-

Abgeordnete Pascal Kober, die Grünen- Abgeordneten Birgitt Bender und Harald Terpe, die frühere Bun- desgesundheitsministe- rin Ulla Schmidt (SPD)

sowie Kathrin Vogler von den Linken

PID-VERORDNUNG

Jetzt geht es um das Wie

Mehrere Verbände und Organisationen, unter anderem die Bundesärztekammer, üben Kritik an dem Entwurf für eine Rechtsverordnung zur Anwendung der PID und fordern Änderungen.

Foto: laif

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12. Oktober 2012 A 2023 vor. Diese sollten die Möglichkeit

haben, die Zulassung mit Auflagen, Befristungen und Bedingungen zu verknüpfen.

Die in dem Entwurf vorgesehene Möglichkeit zur Kooperation zwi- schen einer reproduktionsmedizi - nischen und einer humangeneti- schen Einrichtung wird von der Bundesärztekammer grundsätzlich begrüßt, allerdings müssten Min- destanforderungen an die Art und Weise der Kooperation festgelegt werden. Es werde keine Aussage getroffen, ob eine humangeneti- sche Einrichtung gleichzeitig mit mehreren IVF-Einrichtungen oder eine IVF-Einrichtung mit mehreren humangenetischen Einrichtungen kooperieren könne. Die BÄK weist außerdem darauf hin, dass sich der Kreis der für eine Zulassung in Betracht kommenden Einrichtun- gen durch das Kooperationsmodell erweitern werde. „Dies widerspricht der Intention des Gesetzgebers, die Anzahl der Zentren, in denen eine PID durchgeführt werden kann, zu begrenzen.“

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Prof. Dr. med. Christiane Woopen, glaubt, dass die hohen Qualitätsstandards, die die Rechts- verordnung für die Anerkennung

eines PID-Zentrums fordert, wohl zu einer gewissen Begrenzung der Zahl der Zentren beitragen könne.

Das Bundesgesundheitsministerium greife jedoch weitere wichtige Möglichkeiten der Begrenzung und Kontrolle der Anwendung nicht ausreichend auf. Dazu gehöre die Meldung der befürworteten und ab- gelehnten Indikationen an die zen- trale Dokumentationsstelle. „Dazu gehören auch konkretere Vorgaben für die Entscheidungskriterien der Ethikkommissionen, denn bei ihnen liegt die eigentliche Aufgabe der Begrenzung in der Praxis.“

Keine Rechtssicherheit Woopen hält die PID und das ent- sprechende Gesetz grundsätzlich für ethisch bedenklich. Es mache die Zulässigkeit einer PID von Ei- genschaften des Embryos abhängig.

Die Rechtsverordnung untersage den Ethikkommissionen ausdrück- lich, psychische und soziale Folgen oder ethische Aspekte zu berück- sichtigen, sagte Woopen dem Deut- schen Ärzteblatt (dazu auch 3 Fra- gen an . . .). Prof. Dr. med. Klaus Diedrich, ehemaliger Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Ge- burtshilfe am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lü-

beck, weist die Kritik an dem Ent- wurf zurück und möchte keine neue Grundsatzdebatte über diese geneti- sche Methode eröffnen: „Das Parla- ment hat sich nach langer und aus- führlicher Diskussion mit großer Mehrheit für das PID-Gesetz ent- schieden, so dass diese Diskussion jetzt nicht mehr aufgenommen wer- den sollte. Es geht jetzt lediglich noch um die rechtmäßige Durch- führung einer Präimplantationsdia - gnostik, die in der Rechtsverord- nung der Bundesregierung festge- legt werden soll.“

Diedrich gehört zu den Befürwor- tern des PID-Entwurfs. Er hält eben- so wie die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie andere Fachgesellschaften in einer Stellungnahme den Entwurf einer PID-Verordnung im Wesentlichen für praxisnah. „Die Ausführungen ermöglichen eine dem aktuellen Stand der Wissenschaft angepasste Anwendung unter Vermeidung einer Über- oder Unterregulierung bei adäquaten Qualitätsstandards.“ In der Stellungnahme der Fachgesell- schaften wird auch auf die Bedeu- tung der psychosozialen Beratung im Rahmen der PID-Behandlung hingewiesen. „Die sogenannte Über- schussinformation, das heißt beson- dere Ergebnisse der PID, die neben- befundlich herauskommen, muss unserer Meinung nach der Patientin in geeigneter Weise mitgeteilt wer- den“, ergänzte Diedrich.

Die Bundesärztekammer hält es für dringend erforderlich, für die Beratung „zu den medizinischen, psychischen und sozialen Folgen“

einen Arztvorbehalt vorzusehen.

Darüber hinaus plädiert sie für eine nichtärztliche, ergebnisoffene, psy- chosoziale Beratung, um der Patien- tin eine behandlungsunabhängige Sichtweise zu ermöglichen.

Die Verordnung muss noch von Bundestag und Bundesrat verab- schiedet wurde. „Erst dann haben wir die Rechtssicherheit, die PID auch in besonderen Fällen durchfüh- ren zu können. Derzeit ist die PID in Deutschland rechtlich noch nicht zulässig“, betonte Diedrich.

Gisela Klinkhammer

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Die Stellungnahmen im Internet:

www.aerzteblatt.de/122022

3 FRAGEN AN . . .

Prof. Dr. med. Christiane Woopen, Universität zu Köln, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates

Frau Professor Woopen, Sie fordern, die neue Rechtsver- ordnung zur Präimplanta tions - diagnostik zu überarbeiten.

Warum halten Sie diese für ethisch bedenklich?

Woopen: Die Rechtsverordnung untersagt den Ethikkommissio- nen in der Begründung aus- drücklich, psychische und sozia- le Folgen oder ethische Aspekte zu berücksichtigen. Zudem soll nur eines von acht Mitgliedern ein Ethiker sein. Als Vorausset- zung für die Anerkennung eines Zentrums wäre zudem noch der Nachweis einer etablierten Zu-

sammenarbeit mit einer unab- hängigen psychosozialen Bera- tungsstelle wünschenswert.

Glauben Sie nicht, dass man mit dieser Rechtsverordnung die PID begrenzen und kon- trollieren kann?

Woopen: Die hohen Qualitäts- standards für die Anerkennung eines PID-Zentrums werden wohl zu einer Begrenzung der Zentrenanzahl beitragen. Das Gesundheitsministerium greift jedoch eine wichtige Möglich- keit der Kontrolle nicht ausrei- chend auf, nämlich die Mel-

dung der befürworteten und abgelehnten Indikationen an die zentrale Dokumentationsstelle.

Welche Aufgaben sollten Ihrer Ansicht nach die Ethikkommissionen haben?

Woopen: Wenn es sogenannte.

Ethikkommissionen nun geben muss, sollten sie nicht nur auf die Krankheit des Kindes schauen, sondern auch auf die Situation der Familie. Wenn mehrere Kommissionen einge- richtet werden, sollten sie sich über gemeinsame Entschei- dungskriterien verständigen.

Foto: Uni Köln

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