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Archiv "Bundesärztekammer weist Vorwürfe gegen Krankenhausärzte zurück" (07.08.1980)

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Bundesärztekammer weist Vorwürfe gegen Krankenhausärzte zurück

Entschieden zurückgewiesen hat die Bundesärztekammer Vorwürfe ge- gen die Ärzteschaft im Kranken- haus, die die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen im Juli erhoben hatten. Darin hieß es unter anderem, daß es zur Lösung des Problems mangelnder Humanität im Krankenhaus einer noch stärker am Patienten und seinen Bedürfnis- sen orientierten und ihm zugewand- ten Grundhaltung der Ärzte bedürfe.

Hierzu stellt die Bundesärztekam- mer fest, daß sich die Ärzte im Krankenhaus seit langem intensiv um die menschliche Zuwendung zum Patienten bemühen. Sie lehnen daher fachfremde Bevormundungen und administrative Einflußnahmen dritter auf die umfassende medizini- sche Versorgung und ärztliche Be- treuung der Patienten ab.

Die Bundesärztekammer stimmt zwar der Auffassung der Kranken- kassen zu, daß Humanität im Kran- kenhaus nicht allein eine Frage aus- geweiteter Stellenpläne ist. Die der- zeitigen Stellenpläne entsprechen aber vielfach nicht dem zur mög- lichst guten Versorgung der Patien- ten nötigen Leistungsumfang, denn die hochentwickelte, moderne Me- dizin verlangt von Ärzten und Pfle- gepersonal einen verstärkten perso- nellen Einsatz. Zur normalen Ar- beitszeit kommen zahlreiche Not- fall- und Bereitschaftsdienste, die die diensthabenden Ärzte oft 32 Stunden und mehr ununterbrochen beanspruchen. Dazu erklärte der Präsident der Bundesärztekammer,

Dr. Karsten Vilmar: „Bei dem der- zeitigen Personalbestand in vielen Krankenhäusern der Bundesrepu- blik bedeutet dies eine Überlastung der Ärzte und des Krankenpflege- personals, die zu einer Gefährdung der ausreichenden medizinischen Versorgung führen kann. Vielen Krankenhäusern werden noch heute die Anhaltszahlen der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft für den Personalbedarf aus dem Jahre 1969 aufgezwungen. Diese bereits über ein Jahrzehnt alten Anhaltszahlen für die Ausstattung der Kranken- häuser mit Ärzten und Pflegeperso- nal entsprechen aber bei weitem nicht mehr den heutigen Anforde- rungen medizinischer Wissenschaft und Technik. Medizin von 1980 ist nicht mit einem Personalbestand von 1969 zu betreiben!"

Schon mehrfach hat die Bundesärz- tekammer in der Öffentlichkeit auf die Personalmisere vieler Kranken- häuser hingewiesen und die verant- wortlichen Landesgesundheitsmini- ster noch bei deren letzter Konfe- renz in Bad Salzuflen aufgefordert, eine Empfehlung an alle Kranken- häuser auszusprechen, zunächst die Anhaltszahlen der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft aus dem Jahre 1974 anzuwenden, bis es neuere, von allen Beteiligten akzep- tierte Meßverfahren für den Perso- nalbedarf gibt. Die 74er Zahlen ent- sprechen nach Ansicht der Bundes- ärztekammer viel eher den heutigen Erfordernissen der modernen Medi- zin als die veralteten Zahlen aus dem Jahr 1969. PdÄ Krankenhauspersonal

Wen verwundert es dann noch, daß den Krankenhäusern nachge- sagt wird, sie würden immer „un- menschlicher"; und ein Wunder sei es, daß noch keine Patienten ernsthaft zu Schaden gekommen seien? Einmal abgesehen davon, daß die sich verschlechternde Per- sonalsituation in den Hospitälern in grundsätzlichem Widerspruch zu der allgemeinen Forderung nach mehr menschlicher Zuwen- dung steht, weigern sich die Kran- kenkassen als Kostenträger sozial- versicherter Patienten beharrlich, den Krankenhäusern eine ausrei- chende Personalausstattung zu- zugestehen. Zugegeben: Humani- tät (und „Zuwendung zum Patien- ten") ist eo ipso keine Geldfrage, aber Zuwendung kostet Zeit, Zeit kostet Personal und Personal ko- stet Geld!

Sachzwänge ignoriert

Doch diese logische Verkettung von Sachzwängen wollen die Krankenkassen und offenbar auch die Bundesregierung partout nicht sehen. Laut Staatssekretär Her- mann Buschfort vom Bundesar- beitsministerium gäbe es gegen- wärtig und auch in naher Zukunft

„keinen generellen Personaleng- paß" in den 3328 Krankenhäusern.

Nach der Lesart des Regierungs- sprechers seien die von der Deut- schen Krankenhausgesellschaft genannten Zahlen deswegen frag- würdig, weil sie ausschließlich auf den von der Krankenhaus-Seite entwickelten Modellrechnungen basierten, nämlich auf den An- haltszahlen-Empfehlungen, denen nicht nur jetzt die Bundesregie- rung widerspricht, sondern die auch von der Gesundheitsmini- sterkonferenz der Länder (GMK) abgelehnt wurden. Obwohl der Regierungssprecher zugeben mußte, über keine aktuellen und präzisen arbeitsmarktstatistischen Unterlagen zu verfügen, wischte er die Vorhaltungen der Kranken- hausärzte und der Krankenhaus- träger mit dem Argument vom Tisch, es seien zusätzliche Perso- nalstellen weder von den Pflege-

satzbehörden bewilligt worden, noch seien zusätzliche Belastun- gen „in Milliardenhöhe" von den Kostenträgern zu verkraften. Ein- mal abgesehen davon, daß die widersprüchlichen Schätzungen durch eine realistischere Arbeits- marktstatistik und härtere Daten schnell aufzuhellen wären, seien hier nur einige Schlaglichter zur Situation angeführt:

I> Die Universitätsklinik in Frank- furt mußte Betten unbelegt lassen, weil Pflegekräfte fehlen;

> die Chirurgische Klinik des Uni- versitätsklinikums Großhadern in München muß 20 Prozent der Stel- len unbesetzt lassen und schließt eine Station ganz;

I> das Pflegepersonal des Münch- ner Klinikums rechts der Isar pro- testiert in einem offenen Brief ge- gen die Personalnot und lehnt

„jegliche Verantwortung" ab;

I> München versucht über Plakat- werbung in Nordrhein-Westfalen Pflegepersonal zu gewinnen; >

1924 Heft 32 vom 7. August 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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