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Archiv "Die Grundlagen der Naturheilverfahren" (11.01.1988)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

KONGRESSBERICHTE

N

aturheilverfahren sind ein Teil der Medizin. Beim Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren wird man nicht müde, dies zu betonen. Mit der Stellung der Naturheilverfahren in der Gesamtmedizin beschäftigte sich Fritz Oelze, Chefarzt der Abteilung für Naturheilverfahren im Allgemei- nen Krankenhaus Ochsenzoll in Hamburg. Am Beispiel der korona- ren Herzkrankheiten zeigte er auf, wie die kurative Medizin mit einem immensen Aufwand einseitig auf Reparatur des eingetretenen Scha- dens eingerichtet ist. „Obgleich man weiß, daß nur eine Gesamtstrategie von Bildungs- , Sozial-, Gesund- heits- , Forschungs-, Berufs- und Sportpolitik helfen kann, die Her- ausforderung zu bestehen, welche die koronare Herzkrankheit an uns stellt, gibt es die Strategie nicht."

Bei fast allen chronischen Krank- heiten, besonders bei Krankheiten von Herz- und Kreislauf, müsse die Therapie im Vorfeld des eigent- lichen Schadens einsetzen, und nicht zuerst mit Medikamenten, sondern mit Naturheilverfahren und physika- lischer Medizin.

Oelze setzte sich auch kritisch mit den „Schwestern" und „Kin- dern" der Naturheilverfahren auseinander. „Alternativmedizin"

wecke zwar Anhängerschaft bei vie- len, die aus Prinzip dagegen sind, in diesem Fall gegen die „Schulmedi- zin", aber darum gehe es doch gar nicht, „vielmehr darum, Naturheil- verfahren, die in früheren Jahrhun- derten selbstverständlicher Bestand- teil der offiziellen Heilkunde waren und von dieser verdrängt oder ver- gessen wurden, wieder Allgemein- gut aller Ärzte werden zu lassen, mit der kritischen Bewertung, die uns heute angebrachte Maßstäbe aufer- legen".

„Erfahrungsmedizin" sei ein Pleonasmus, meint Oelze, denn alle Medizin beruhe auf Erfahrung.

Selbst randomisierte Studien sind verdichtete Erfahrung. Im übrigen sollten korrekt beobachtete und do- kumentierte Einzelfälle ebenso Be- weiskraft haben wie kontrollierte Studien. — Oelze wandte sich auch deutlich dagegen, daß man Einzel- methoden wie beispielsweise Aku- punktur oder Neuraltherapie allein anwende. Naturheilverfahren sind ihrem Wesen nach ganzheitlich, dia- gnostisch und therapeutisch.

Eine neue Diaita

imiummi.■Nualm Unter der Überschrift „Ethi- sche Prinzipien im ärztlichen All- tag" trug Heinrich Schipperges, eben emeritierter Medizinhistoriker in Heidelberg, sein altes Anliegen vor (er wird das hoffentlich weiter- hin tun), die Weisheiten der alten Medizin aufzubereiten für die Not- wendigkeiten der Zukunft. „Was uns . . . vor Augen steht, ist nichts Geringeres als ein neues, integrati- ves System der Medizin, jenes Sy- stem einer die Krankenversorgung und Gesundheitsbildung umfassen- den Heilkunde." Schipperges meint nicht das, was heute an bescheidener medizinischer Prävention und Ge- sundheitserziehung praktiziert wird, sondern er denkt an etwas der anti- ken Diaita Entsprechendes, an eine gründlich wissenschaftlich aufberei- tete Lebensordnungslehre, eine

„Natur-Heil-Kunde", an medizini- sche Anthropologie (V. v. Weiz- säcker) und an eine Wissenschaft von der Gesundheit (Kollath, Köt- schau). Es „käme wohl alles darauf an, in einer großangelegten, einer durchaus wissenschaftlichen Analy- se diese alten therapeutischen Prin-

zipien wirklich in Bewegung zu brin- gen, sie zu übersetzen in unsere Zeit, sie zu verstehen aus unserer Welt, sie in den Blick und in den Griff zu bekommen, um sie dann in ihrer ganzen Breite und Tiefe und Dichte anzuwenden im ärztlichen Alltag".

Eines der wichtigsten Prinzi- pien, die Schipperges meint, hat Hu- feland in seinem Alterswerk „En- chiridion" formuliert: „Der Arzt soll nicht magister, sondern minister naturae sein, ihr Diener, oder viel- mehr ihr Gehilfe, Alliierter, Freund. Hand in Hand soll er mit ihr gehen und das große Werk vollbrin- gen, nie vergessend, daß nicht er, sondern sie es ist, die es tut, sie ach- tend, immer im Auge habend, und am wenigsten störend in sie eingrei- fen."

In dem Referat „Geschichte der Naturheilverfahren" (Wilhelm) wurde deutlich, daß für die von Schipperges geforderte Lebensord- nungslehre mit Beginn der moder- nen ärztlichen Naturheilverfahren zahlreiche Anläufe gemacht wur- den. Der Beginn liegt bei Hufeland (t 1836) und seinen Schriften.

Durch den Laienheiler Vinzenz Prießnitz verbreitete sich ab 1820 die Hydrotherapie, was 1832 zur Grün- dung der ersten Gesundheitsvereine führte. Schon die ersten Ärzte, die sich damit beschäftigten, machten daraus ein umfassendes Naturheil- verfahren mit den therapeutischen und präventiven Mitteln, die wir heute mit dem Begriff „klassische Naturheilverfahren" verbinden:

Licht, Luft, Wasser, Wärme, Kälte, Ernährung, Nahrungsenthaltung, Bewegung, seelische und soziale Faktoren. Ab 1842 gab es nicht nur ärztliche Vereine für Naturheilver- fahren, die sich um präventiven Ein- satz der Naturheilverfahren bemüh- ten, sondern auch die Forderung nach Lehrstühlen für Naturheilver- fahren erhoben, um den Anschluß an die Lehrmedizin herzustellen und die Verfahren wissenschaftlich zu durchleuchten und aufzubereiten.

Aber erst zur letzten Jahrhun- dertwende gab es in Wien und Ber- lin Lehrstühle für Hydrotherapie und ab 1920 in Berlin einen richtigen

„Lehrstuhl für natürliche Heil- und

Die Grundlagen

der Naturheilverfahren

Fortbildungskongreß des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren e. V. in Freudenstadt

A-42 (50) Dt. Ärztebl. 85, Heft 1/2, 11. Januar 1988

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Lebensweise", der auch heute noch unter dem Namen Physiotherapie besteht. Die politische Mauer, die uns von Ostberlin trennt, wo die alte Berliner Universität liegt, ist nur teilweise daran schuld, daß die Früchte der dortigen Arbeit (Vogler und Krauß) bei uns viel zuwenig be- kannt sind.

Säftelehre modern

aufflianarid

Prof. Heine, Anatom an der Universität Witten/Herdecke, be- faßte sich mit der Grundregulation nach Pischinger, der mit seinen Mit- arbeitern seit 1945 klargemacht hat, daß die Zelle nicht ohne ihr Lebens- milieu, vielmehr in der Vernetzung mit dem Gesamtorganismus als Trias Kapillare—Grundsubstanz- Zelle gesehen werden muß. Die Be- rücksichtigung kybernetischer Zu- sammenhänge — so Heine — zwinge dazu, das monokausale Denken zu verlassen. Besonders „im Zeichen zunehmend chronischer Erkrankun- gen muß nach den Bedingungen ei- nes übergeordneten Ordnungsprin- zips gesucht werden, das dem Stre- ben nach Erhalt eines Organismus als Grundlage dient. Dieses Prinzip ist durch die Grundsubstanz und ih- re Regelmechanismen gegeben."

Heine stellte die zugehörigen Tatsa- chen und Zusammenhänge im ein- zelnen dar und sagte zusammenfas- send, in der Grundsubstanz haben wir „ein ungeheuer komplexes ver- netztes humorales System, dessen wissenschaftlich historischer Vorläu- fer in der klassischen Säftelehre zu suchen ist".

Diese kleine Auswahl aus 90 Vorträgen, die den 2000 teilnehmen- den Ärzten neben vielen Kursen und Seminaren geboten wurden, muß hier genügen. Die freundliche Kur- stadt Freudenstadt bemüht sich, mit Erweiterungsbauten am Kurhaus und indem sie viele Räumlichkeiten an anderen Stellen des Ortes zur Verfügung stellt, der ständig wach- senden Teilnehmerzahl des Kon- gresses Raum zu geben.

Dr. med. Rudolf Wilhelm Schmarjestraße 18

1000 Berlin 37 (Zehlendorf)

D

er kritische Beobachter sieht seit langem zwei Behand- lungsprinzipien, die sich bei inoperablen oder systemischen Neoplasien scheinbar unversöhnlich gegenüberstehen: 1.) Die zytostati- sche Therapie und Strahlentherapie, 2.) die Behandlung mit pflanzlichen und natürlichen Stoffgemischen wie Iscador®. Erstere haben bei konse- quenter Anwendung fast sichere Heilungschancen bei einer begrenz- ten Zahl von Neoplasien (zum Bei- spiel kindliche Leukämie, Chorion- karzinom) oder doch hohe definitive Heilungsaussichten (wie etwa bei Wilms-Tumoren, malignen Lym- phomen, Seminomen und vor allem Teratomen), so daß eine kurative Behandlung mit dem Preis uner- wünschter (meist passagerer) Ne- benwirkungen angestrebt werden kann. Für die letzteren (2) ist eine kurative Wirkung meines Wissens niemals in kontrollierten Studien er- wiesen worden. Sie sind bei korrek- ter Dosierung frei von unerwünsch- ten Wirkungen; in Einzelfällen kön- nen sie die Spanne lebenswerten Le- bens verlängern.

Molekularbiologische und gene- tische Erkenntnisse, über die auch der Würzburger Professor E. Wek- ker („Cytokine") den Festvortrag hielt, haben eine neue dritte Mög- lichkeit gebracht, die freilich auf dem Jubiläumskongreß (1937-1987) unter der Leitung von Professor K.

Wilms in Würzburg erst als aus- sichtsreicher Ansatz oder mit weni- gen Patienten Anklang fand. Es handelt sich (Hölzer, Frankfurt, von Melchner/Essen, Kochel/Würzburg, Pfeiffer und Drahovsky f, Fauser/

Montreal) um den Versuch, undiffe- renzierte Tumorzellen in Differen- zierung und damit in Regulation zu überführen.

Die blutbildenden Zellen sind wegen ihrer leichten Zugänglichkeit, ihrer bekannten Zytochemie und

Zytogenetik geradezu Modelle sol- cher Ansätze. Offensichtlich stam- men die eindrucksvollen färberisch, zytogenetisch und in ihren Enzym- funktionen gezeigten „normalen"

Granulozyten aus ursprünglich leukämischen Klonen. Neben der Gabe von Leukinen (siehe DÄ 1985, Seite 3780) und Interferonen (siehe DÄ 1985, Seite 2636) geben die bisherigen Untersucher immer noch ein Zytostatikum wie 6-Mer- captopurin oder bevorzugt Zytosin- Arabinosid (Tagesdosen von 2 bis 10 mg/m2) dazu. Die Induktion zu normalen Zellen wurde bisher vor allem mit Vitamin D2 oder D3, mit Vitamin A oder mit Retinolsäure herbeigeführt, wobei allerdings subtoxische Dosen erforderlich wa- ren (Hölzer).

Ein anderer, im Prinzip ähn- licher Weg war ein Gentransfer mit Hilfe von Retroviren wie dem modi- fizierten SV40 . Ziel sind die geneti- schen Signalsysteme (Kochei). Da- bei spielt die DNS-Methylierung (bei Tumorzellen gewöhnlich ver- mindert!) eine wesentliche Rolle.

Hier zeichnet sich ein neuer Weg zwischen den toxischen Zyto- statika (ausgenommen bei Tumoren mit hoher kurativer Wirkung!) und den für das Befinden adjuvanten, aber auf den Tumor unzureichend wirksamen Mistelextrakten und ähn- lichem ab. Die Fortschritte sind langsam; einheitliche Konzepte feh- len — von Phase-3-Studien gar nicht zu sprechen Immerhin können Pa- tienten mit resistenten Tumoren un- ter sorgfältiger Beobachtung und versuchsweise auch in der Praxis mit den genannten kleinen Dosen von Zytosin-Arabinosid, eventuelle un- terstützt durch Lymphokine und In- terferone,

behandelt werden.

Prof. Dr. med. Rudolf Gross Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41

Ein dritter Weg

Behandlung von Leukosen und malignen Lymphomen - Jubiläumskongreß der deutschen und österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie

Dt. Ärztebl. 85, Heft 1/2, 11. Januar 1988 (51) A-43

Referenzen

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