DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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mmer wieder einmal wurden in der Vergangenheit die Ärzte in Praxis und Klinik von einsamen Beschlüssen des Bundesgesundheitsamtes über- rascht; gelegentlich hörten sie erst von ihren Patienten von Zu- lassungswiderrufen, die aus dem Amte als Abendsensation ins Fernseh-Programm gelangten und frühmorgens in der Zeitung standen, ehe der Arzt eine fach- liche Unterrichtung erfahren konnte. Absprachen zwischen dem Bundesgesundheitsamt und der Bundesärztekammer bzw.deren Fachausschuß, der „Arz- neimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft", und ent- sprechende Maßnahmen zu ei- ner „Vorab"-Information der Ärzteschaft waren von viel gu- tem Willen getragen, hatten aber eher experimentellen Cha- rakter.
Bessere Unterrichtung der Ärzte könnte sich nun im Rah- men einer Vereinbarung erge- ben, die von Bundesärztekam- mer und Bundesgesundheitsamt über eine Zusammenarbeit zur Verbesserung der Arzneimittel-
Arzneimittelsicherheit
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Amt und Ärzte:
Kooperation
sicherheit formuliert worden ist.
Die Vereinbarung, die nach Zu- stimmung des Vorstandes der Bundesärztekammer bereits von deren Präsidenten, Dr. Karsten Vilmar, unterzeichnet wurde (die Unterschrift des Präsiden- ten des Bundesgesundheitsam- tes, Prof. Dr. Dr. h. c. Groß- klaus, wird in diesen Tagen er- wartet), geht indes weit über ei- ne frühzeitige Unterrichtung und Abstimmung über beab- sichtigte Veröffentlichungen im Bereich der Arzneimittelsicher- heit hinaus. Die Zusammenar- beit soll insbesondere mit dem Ziel intensiviert werden, die Aufklärung von Arzneimittelri- siken durch frühzeitige Abstim- mung der zur Aufklärung einzu- leitenden Schritte und den Aus- tausch der jeweils vorhandenen Erkenntnisse zu verbessern,
Voraussetzungen für den siche- ren Einsatz von Arzneimitteln aufzuzeigen und die Anwen- dung einheitlicher Kriterien und Beurteilungsmaßstäbe weiter zu entwickeln.
Der schrittweise zu intensi- vierende Informationsaustausch über einzelne Verdachtsfälle von unerwünschten Arzneimit- tel-Wirkungen soll in eine von beiden Seiten zu nutzende Da- tenbank für Arzneimittel-Risi- ken münden. Beide Seiten wer- den sich gegenseitig über Ver- dachtsfälle unterrichten, wobei der Schutz der personenbezoge- nen Daten des meldenden Arz- tes und seines Patienten jeden- falls gewahrt bleibt.
Die Arzneimittelkommis- sion der deutschen Ärzteschaft wird zur Unterstützung der Ar- beit des Bundesgesundheitsam- tes einen „Ärzteausschuß Arz- neimittelsicherheit" bilden, der regelmäßig tagen und vertrau- lich beraten wird. Die Vertrags- parteien werden sich dann im Einzelfall darüber abstimmen, welche Beratungsergebnisse veröffentlichungsreif sind. EB
as von Prof. Dr. phil.
Rita Süssmuth geleitete Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit weist seit geraumer Zeit zahlreiche Vakanzen an der Spitze gesundheitspolitisch rele- vanter Referate aus, ohne daß die politische Führung eine ra- sche Neubesetzung betreibt. So sind zur Zeit folgende Referate, bei denen medizinischer Sach- verstand gefragt ist, nicht plan- mäßig besetzt: „Psychiatrie" ;
„Hygiene und Seuchenhygie- ne"; „Verkehrs- und Notfall- medizin"; „Gesundheitlicher Zivilschutz" und „Sozialwissen- schaftliche Fragen, Sozialmedi- zin, Gesundheitsförderung, Ge- sundheitsrat und Gesundheits- berichterstattung". Auch beim Referat „Ernährungsaufklä- rung, medizinische Fragen der Ernährung" weist der Organisa- tionsplan schlicht „N.N." aus.
Gesundheitsministerium
Gesundheit im Abseits
Als ob nicht sachkompeten- te, wissenschaftlich und prak- tisch vorgebildete Fachleute zu haben wären, um diese Lücken rasch zu schließen! Da kann auch noch soviel Aktivität und Aktionismus der agilen Ministe- rin nicht darüber hinwegtäu- schen, daß die Sacharbeit wegen akuter Personalengpässe leidet.
Zu allem Ungemach muß sich der Leiter der Abteilung III
„Gesundheit" , Ministerialdi- rektor Dr. med. Manfred Stein- bach, mit überhandnehmender Kleinarbeit herumschlagen — und er gerät obendrein noch in die Schußlinie für Dinge, die er
nicht unmittelbar initiiert hat (BGA; AIDS).
Es ist schon bemerkens- wert: Ein Ministerium, dem ei- ne Menge Sacharbeit, Fachkom- petenz auf dem Gebiet des Ge- sundheitswesens abverlangt wird (wenn es auch nur noch ein Rumpfressort ist), wird perso- nalpolitisch arg stiefmütterlich behandelt. Mit der auch vom Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion empfohle- nen „Gesundheitsberichterstat- tung", die noch im argen liegt, kann es nicht weit her sein, wenn das Referat vorüberge- hend mit einer Nichtfachfrau besetzt wurde und keine kompe- tente Neubesetzung betrieben wird. Ganz anders bei der ge- sundheitspolitischen Konkur- renz: Im Hause Blüm wurden kurzfristig ein Arzt, ein Apothe- ker und ein Zahnarzt unter Ver- trag genommen . . . HC
Dt. Ärztebl. 84, Heft 38, 17. September 1987 (1) A-2421