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Archiv "Dr. Jörg-Dietrich Hoppe: Probleme der jungen Ärzte — eine Verpflichtung für alle" (27.05.1983)

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Bericht und Meinung 86. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Dr. Jörg-Dietrich Hoppe

Probleme der jungen Ärzte eine Verpflichtung für alle

Der Marburger Bund hat zur Zeit etwa 43 000 Mitglieder, und davon gehört etwa die Hälfte zu der Gruppe von Ärzten, mit deren Situation sich dieser Ärztetag schwerpunktmäßig beschäftigte.

So brachte Dr. Jörg-Dietrich Hop- pe, Erster Vorsitzender des Mar- burger Bundes, das Hauptthema des Ärztetages und die Position, in der sich sein Verband zu diesem Hauptthema befindet, auf eine Formel: „Diese Ärzte betrifft es sehr, ob wir beispielsweise eine Verpflichtung zur Weiterbildung vor die uneingeschränkte Berufs- zulassung oder auch nur vor die Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit schalten, wie es in dem Entwurf einer neuen Richtlinie des Rates der Europäischen Gemein- schaft über die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin ge- schieht, oder ob wir rein auf bun- desrepublikanischer Ebene eine Eignungszeit oder verlängerte Vorbereitungszeit vor eine Nieder- lassung als Kassenarzt be- kommen."

Hoppe streifte kurz die vielerlei Voraussagen über den zu erwar- tenden Nettozuwachs an Ärzten und wies dabei auch darauf hin, daß im gesamten Bereich der Europäischen Gemeinschaft zur Zeit mit etwa 400 000 Medizinstu- denten gerechnet wird, davon allein fast 150 000 in Italien. Die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland als arbeitslos gemel- deten Ärzte nähert sich schät- zungsweise 3000 und wird nach Hoppes Ansicht schon zum Jah- resende 5000 betragen; sie nimmt jährlich um 40 Prozent zu.

Diesen Zahlen gegenüber steht der sogenannte Bedarf an Ärzten, der sich nach Hoppe zwar auf vie- lerlei Weise hochrechnen läßt, der aber wohl auch heute noch nicht

wirklich festgestellt werden kann, er kann allenfalls festgesetzt wer- den — ein wichtiger Unterschied.

Noch wichtiger sind aber die Fak- toren und Entwicklungen, die den zukünftigen Bedarf an ärztlicher Arbeitskraft beeinflussen, und dies deswegen, weil das Hinzu- kommen neuer Ärzte Auswirkun- gen hat auch für jeden einzelnen Arzt, der bereits im Beruf tätig ist.

Unsere Kompetenz sichern Hierzu gehört zum Beispiel, daß andere Berufsgruppen die Über- nahme von Aufgaben für sich be- anspruchen, die bisher zum ärztli- chen Tätigkeitsfeld gehörten oder gehören sollten. Ein Beispiel dafür ist der Krankenhauspsychologe.

Oder ein anderes Phänomen: der Rettungsdienst übernimmt in stei- gendem Maße Aufgaben, die ei- gentlich von niedergelassenen Ärzten im Rahmen des Notfall- bereitschaftsdienstes und unter dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen wahrgenommen werden müßten.

Hoppes Fazit dazu: „Wir als politi- sche Vertretung für die Belange der Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland sind verpflichtet, die Zuständigkeit von Ärzten für die umfassende gesundheitliche Be- treuung unserer Bevölkerung zu sichern und auszubauen und hier- bei keinen Millimeter preiszu- geben."

Allerdings sei die politische Ver- tretung der Ärzte bei dieser „Ver- teidigung des Arbeitsmarktes für Ärzte" ebenso gehalten, durch Aus-, Weiter- und Fortbildung die Kompetenz der Ärzte sicherzustel- len. Deswegen die langen Debat- ten und vielen Beschlüsse Deut- scher Ärztetage seit Mitte der sieb-

ziger Jahre zu Fragen der Ausbil- dung, des klinischen Unterrichts, der Prüfungen, der Vorschaltung einer Praxisphase, der Approba- tionsordnung. Bis vor kurzem war es kein Problem für junge Kolle- gen, eine ihren speziellen Wün- schen entsprechende ärztliche Tä- tigkeit an einem Krankenhaus zu finden, die ihnen Berufserfahrung, den Aufbau der eigenen wirt- schaftlichen Existenz und auch ei- ne systematisch angelegte Weiter- bildung ermöglichte.

Dieser traditionelle Weg der Be- rufsausübung, so Hoppe, wird nicht mehr möglich sein. Statt frü- her 6000 werden nur noch jährlich 3000 zur Weiterbildung geignete Stellen frei, weil die Zahl der in die freie Praxis wechselnden Gebiets- ärzte deutlich zurückgeht. Aus der Sicht des Marburger Bundes habe diese Entwicklung auch etwas Gu- tes: Die Zahl der Ärzte mit Berech- tigung zur Führung einer Gebiets- bezeichnung, die im Krankenhaus tätig sind und tätig bleiben, ver- größert sich, womit sich auch die Patientenversorgung in den Krankenhäusern verbessern wird.

Aber: Nur ein Viertel der von der Universität kommenden jungen Kollegen kann in Zukunft damit rechnen, im Krankenhaus eine für eine geregelte Weiterbildung ge- eignete Tätigkeit zu finden. Dazu kommt, daß sich bestimmte ärztli- che Tätigkeiten zunehmend in den ambulanten Sektor verlagern, dem Motto folgend „soviel ambulant wie möglich". Beispiele hierfür sind Hautärzte und Augenärzte.

Damit entsteht ein Mißverhältnis:

ärztliche Arbeit wird aus dem Krankenhaus herausverlagert, Aus- und Weiterbildungsaufgaben belasten das Krankenhaus immer stärker.

Dr. Hoppe erinnerte daran, daß der Marburger Bund seit Beginn der Ausbildungsdiskussion in Über- einstimmung mit der großen

Mehrheit der Medizinstudenten den Standpunkt vertreten hat, daß die unter den derzeitigen Bedin- gungen ausgebildeten Ärzte nicht in der Lage sind, sich ohne weitere Sammlung von Erfahrungen ei- Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 21 vom 27. Mai 1983 39

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Die Information:

Bericht und Meinung Situation der jungen Ärzte

genverantwortlich und selbstän- dig zu betätigen. Als Abhilfe habe der Marburger Bund immer die so- genannte Ausbildungslösung ge- fordert. Eine Eignungszeit als Vor- aussetzung für die Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit hält der Marburger Bund für falsch und ungerecht. Brauchbarer sei dann schon das, was der Entwurf der EG-Richtlinie für die Weiterbil- dung zum Arzt für Allgemeinmedi- zin vorschlägt: Eine mindestens zweijährige Bildungsphase vor ei- ner Zulassung zur allgemeinärztli- chen Tätigkeit im Sozialversiche- rungssystem. Sie wäre, nach Hop- pes Meinung, mit sehr viel ge- ringerem Aufwand an Änderungen unseres Arztrechts zu verwirkli- chen als eine sogenannte Pflicht- weiterbildung, die, nebenbei be- merkt, im kassenärztlichen Be- reich das Prinzip des einheitlichen Arztberufes aufheben würde.

Hoppe schlug daher für die Um- setzung der geplanten EG-Richtli- nie ins deutsche Recht vor, die beiden vorgesehenen Bildungs- jahre vor der uneingeschränkten Approbation als Arzt zur Pflicht zu machen: „Eine solche Zeit würde sich dann an die Universitätsaus- bildung anschließen in einem Sta- tus der eingeschränkten Erlaubnis zur Ausübung ärztlicher Tätigkei- ten unter Aufsicht. Am Schluß die- ses Bildungszeitraumes wäre dann jeder Arzt mit der Erteilung der Approbation als Arzt für die Allgemeinmedizin qualifiziert. Von dort ausgehend könnte dann bei entsprechendem Wunsch eine Spezialisierung erfolgen. Der In- halt und Wert dieses Bildungsab- schnittes wäre ja durch die Klä- rung des Status völlig gleichwertig dem einer zweijährigen echten Weiterbildung im Sinne unserer Weiterbildungsordnungen, so daß die Wünsche der Ärzte für Allge- meinmedizin und ihrer Berufsver- tretung auch bei dieser Struktur erfüllt wären." Die gegenwärtige vierjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin wäre nach Hoppes Meinung dann ohne- hin nicht mehr überlebensfähig, weil niemand sie mehr annehmen

würde. Und eine zweite Konse- quenz: Eine solche zweijährige Phase der Erfahrungssammlung vor der Approbation hätte Auswir- kungen auf die Ausbildungskapa- zitäten und die Zulassungszahlen, denn die Absolvierung dieser Pha- se wäre „organisatorisch Sache des Staates".

Ebenfalls aus Kapazitätserwägun- gen hält Hoppe weitere Reformen im Bereich der Weiterbildung für

Jörg-Dietrich Hoppe

notwendig. Nicht nur dort, wo sich ärztliche Versorgung mehr und mehr in den ambulanten Bereich verlagert — wie etwa in der bereits erwähnten Augenheilkunde und Dermatologie, aber auch in etablierten Fächern wie Innere Medizin und Gynäkologie — kann im stationären Bereich allein nicht mehr die volle Breite des jeweili- gen Faches vermittelt werden.

Weiterbildung muß also auch in anderen Einrichtungen des Ge- sundheitswesens möglich sein und durchgeführt werden können, auch bei niedergelassenen Ärzten.

Andererseits könne man überle- gen, ob bestimmte, ohne direkten Patientenkontakt trainierbare Fä- higkeiten in Kursen vermittelt wer- den können; dies gilt für die Deu- tung eines Blutbildes, Knochen-

markbefundes, EKG oder eines so- nograph ischen Befundes.

Kritisch äußerte sich Dr. Hoppe zu Vorschlägen aus dem Bereich der Landesärztekammer Hessen, die Weiterbildung in einem Gebiet au- ßerhalb der Allgemeinmedizin nur noch bei zur vollen Weiterbildung ermächtigten Ärzten zuzulassen.

Man sollte sich auch allen sonsti- gen Versuchen widersetzen, die Weiterbildungsordnung als Instru- ment zur Regulierung des Arbeits- marktes zu mißbrauchen.

Dr. Hoppe wandte sich schließlich der ärztlichen Tätigkeit im Kran- kenhaus zu, bei der die Neurege- lung des Bereitschaftsdienstes Entlastung, aber auch Einkom- mensverluste gebracht hat. Die jüngere Generation von Ärzten ha- be aber ein größeres Freizeitbe- dürfnis und eine andere Erwar- tungshaltung in bezug auf ihr Ein- kommen. Sie werde mit einer nor- malen 40-Stunden-Woche zufrie- den sein, und: „Bei Ärzten ist Ab- bau von Mehrarbeit, wie auch im- mer sie gestaltet gewesen sein mag, mit Sicherheit das effektivste Mittel, um Arbeit umzuverteilen".

Man müsse auch darüber diskutie- ren, ob nicht die Begrenzung der Lebensarbeitszeit von Kassenärz- ten sinnvoll wäre.

Man werde, sagte Hoppe, mit die- sen und anderen Änderungen Ar- beitslosigkeit unter Ärzten in grö- ßerem Umfange nicht verhindern können. Man werde aber auf den Ärztetagen der späten achtziger und der frühen neunziger Jahre Rechenschaft geben müssen über das, was man jetzt, heute, für die jungen und künftigen Kollegen ge- tan habe, und dann werde es nicht

mehr ausreichen, mit dem Finger auf die verfehlte Bildungspolitik der sechziger und siebziger Jahre hinzuweisen. Sicher sei jedoch:

„Der qualifizierte und in seinem Beruf motivierte Arzt wird auch unter den Bedingungen einer sehr hohen Arztdichte erfolgreich sein, und die Bedingungen werden die Qualifikation der Ärzte der Zukunft positiv fördern können." gb 40 Heft 21 vom 27. Mai 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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