bal players entscheiden nach anderen Kriterien. Wann fin- den wir Ärzte endlich den Mut zu sagen, wer verantwortlich ist für die Arzneimittelkosten- Preistreiberei in Deutschland:
die Bundesregierung, die seit Jahrzehnten nicht den Mut aufbringt, die Fantasiepreise der so genannten forschenden Pharmafirmen auf ein akzep- tables Niveau abzusenken.
Dr. med. Alfred Haug, Max-Säume-Straße 1, 28327 Bremen
Von der Industrie dominiert
Bei den Plänen einiger Kas- senärztlicher Vereinigungen, nach dem Vorbild der Pharma- referenten eigene Mitarbeiter zur Arzneimittelberatung in die Praxen zu schicken, frage ich mich ernstlich, ob diese von allen guten Geistern ver- lassen sind. Mit welchen Res- sourcen will man denn gegen 16 000 Pharmareferenten, Gü- terzüge von Werbematerial und eine Unzahl an jedem Wo- chenende aktiver hochrangi- ger, aber mit einer leichten Pharma-Schlagseite ausgestat- teter Referenten antreten?
Doch wohl nicht mit unserer Verwaltungskostenumlage?
Es wäre sicherlich wesentlich einfacher, mithilfe einer Orga- nisation, analog der in Ameri- ka tätigen „No Free Lunch“, für Klinik und Praxis als phar- mareferentenfreie Zone zu werben. Es muss den Kollegen klargemacht werden, dass sie von einem Referenten im We- sentlichen Werbung und nicht objektive Information zu er- warten haben und mit welchen Mechanismen diese Manipula- tion abläuft. Ebenso sollte für die Einsicht geworben wer- den, dass es enorm schwer ist, für die ärztlichen Interessen bei der Diskussion um Arznei- mittelregresse zu streiten, so- lange die Ärzteschaft diesen Balken im biblischen Sinne im Auge hat. „No Free Lunch“ ist im Übrigen selbst im Juristen- paradies der Vereinigten Staa- ten noch nie von der Pharma- industrie verklagt worden.
Denn einen Appell, keine Pharmareferenten mehr zu
empfangen, kann man nicht gerichtlich untersagen lassen.
Dr. med. Wolfgang Stehle, Kiebitzweg 2, 26446 Horsten
Meine Träume
Ich habe zwei Träume –
Das Verordnungs- und Ver- schreibungsverhalten der Ärz- te wird durch industrieunab- hängige Information und Fort- bildung bestimmt.
„Die Ärzte dürfen in ihren Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidungen nicht in unlauterer Weise be- einflusst werden“ (Zitat aus dem „Kodex der Mitglieder des Vereins Freiwillige Selbst- kontrolle für die Arzneimittel- industrie e.V.“). Das aus dem Altgermanischen stammende Adjektiv „lauter“ bedeutet heute im übertragenen Sinn
„grundehrlich, anständig“.
Ulrich Weigeldt, Vorstandsmit- glied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), hat ein Hauptproblem formuliert, wenn er in dem Artikel „Arz- neimittelausgaben“ von Heike Korzilius so zitiert wird: „Dro- hende Klagen der Pharmain- dustrie machen unsere Infor- mationen so unhandlich, dass sie zur Desinformation wer- den.“ Die Gesundheitspoliti- ker mögen manche Vorstellun- gen entwickeln, um die Arznei- mittelausgaben zu bremsen – neuerdings das Bonus-Malus- System. Weigeldt bezeichnet es zu Recht als „Angststeuerung durch Regress“ und verweist auf die daraus resultierenden ethischen Probleme für die Arzt-Patient-Beziehung. Die Arzneimittelausgaben werden weiterhin ungebremst steigen, wenn die behandelnden Ärzte mit Desinformationen der pharmazeutischen Industrie (durch Anzeigen in der medizi- nischen Literatur, durch 16 000 Pharmaberater und durch – lei- der – sehr viele industrienahe Meinungsbildner) überflutet werden. Der ehemalige Bun- desgesundheitsminister Horst Seehofer brachte es auf den Punkt: „Die Ausgabensteige- rung beruht auf einer aggressi- ven Strategie international agierender Konzerne“ (KBV Klartext, Januar 2006: 10) . . .
Eine rationale (zurückhalten- de) Pharmakotherapie auf der Basis industrieunabhängiger Information ist immer auch ra- tionell – also kostengünstig.
Dass aber auch diese Kosten aufgrund der sich ändernden Bevölkerungsstruktur auf Dauer langsam steigen werden, wird niemand in Abrede stel- len wollen. Bonus-Malus-Re- gelungen und Schuldzuweisun- gen an die Ärzte können das Problem nicht lösen (allenfalls verschärfen), solange industrie- nahe Meinungsbildner desin- formieren und solange der
„Kodex“ den verantwortlichen
„Global Players“ lediglich als Feigenblatt dient und nicht ernsthaft befolgt wird. Unlau- teres Verhalten ist unethisch.
Literatur bei dem Verfasser Prof. em. Dr. Frank P. Meyer, Magdeburger Straße 29, 39167 Groß Rodensleben
Ärzte sind nicht die Schuldigen
. . . Wir Ärzte sollten uns nicht immer als die Verdächtigen und Schuldigen – Worte aus der Gerichtsbarkeit – hinstel- len lassen. Um eine gewünsch- te humane und dem Standard der Medizin entsprechende medikamentöse Therapie zu gewährleisten, sind in Deutsch- land einfach mindestens 25 Mil- liarden Euro an Arzneikosten zu veranschlagen. Dies sollten unsere Standesvertreter auch
unmissverständlich den verant- wortlichen Politikern klarma- chen. Ich stimme Herrn Kolle- gen Ulrich Weigeldt völlig zu, wenn er Bonus-Malus-Systeme für unsinnig hält und die bishe- rige, zum Nachteil unserer Pa- tienten gut wirksame Angst- steuerung durch „Regress“- Drohungen an den Pranger stellt. Überhaupt der Begriff Regress. Regress induziert, dass etwas zurückgezahlt werden soll, was jemand sich unge- rechtfertigterweise angeeignet hat. Hier, in dem Zusammen- hang von Arzneimittelverord- nungen bei drohenden Straf- zahlungen – auch ein Begriff aus der Gerichtsbarkeit – aus zu versteuerndem Gehalt, denn Honorar erhalten wir Ärzte schon lange nicht mehr – nur von Regress zu sprechen, halte ich für völlig falsch und irrefüh- rend. Es sind und bleiben reine Strafzahlungen. Der Arzt, der Einzige, der von einer Medika- mentenverordnung nichts hat, soll als Einziger dafür haften und bluten.Alle anderen „Pro- fiteure“ – der Gesetzgeber (Steu- ern), der Großhandel und die Pharmafirmen (Umsatz), die Apotheken (Prämien und Um- satz) – kommen ungeschoren da- von . . . Moderne Medizin braucht auch moderne, neue Arzneimittel, freie Ärzte und nicht nur Verdächtige, Schuldi- ge und Strafandrohungen!
Dr. med. Hans-Jörg Wiedemann, Untere Bahnhofstraße 12, 91186 Büchenbach
A
A332 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 6⏐⏐10. Februar 2006
B R I E F E
Fortbildung
Zu der Meldung „Nachweispflicht für Klinikärzte“ in Heft 1–2/2006:
Von der Politik nicht ernst genommen
Nun ist die Zwangsfortbildung auch beim Klinikfacharzt an- gelangt, für den allerdings noch die Auflage 150 fachspe- zifischer Punkte im Unter- schied zum niedergelassenen Facharzt (Begründung hier- für?!) hinzukommt. Man fragt sich, ob der jeweilige Ärztliche Direktor mit seiner bisweilen
zu erkennenden Distanz zur Basis(-Arbeit) die richtige Kontrollinstanz darstellt und wem dieser seine eigene Punk- tesammlung vorlegt. Oder reicht z. B. im Falle konfessio- neller Krankenhäuser hier dessen Zwiesprache mit dem lieben Gott? . . . Da wir Ärzte jeden Blödsinn mitmachen, (und im Punktesammeln sind wir wirklich geübt!) dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir durch die Politik und deren Gehilfen aus Jurisprudenz und Management wie Idioten be- handelt werden.
Dr. Hans-W. Christl,
Gustav-Leo-Straße 9, 20249 Hamburg