Bundessozialgericht billigt ungleiche Honorarverteilung
KASSEL. Nach einem Anfang Februar verkündeten Urteil des Bundessozialge- richts (BSG) in Kassel sind Ungleichheiten bei der Ho- norierung zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtun- gen dann zulässig, wenn sie
„nicht unverhältnismäßig“
und sachlich begründet sind.
Ein solcher Grund könne et- wa darin liegen, das Risiko von Mengenausweitungen bei einzelnen Ärztegruppen auf diese zu beschränken (Az.: 6 RKa 68/94). Vor dem Bundessozialgericht hatte ein Hautarzt aus Koblenz gegen den für ihn gültigen Honorar- verteilungsmaßstab (HVM) geklagt. Er habe für einen Al- lergietest 1993 rund zehn Pro- zent weniger Geld bekom- men als zum Beispiel ein All- gemeinmediziner.
Mengenausweitungen, die nicht von den Ärzten selbst zu verantworten sind, sind nach einem weiteren Urteil (Az.: 6 RKa 83/95) aber an- ders zu beurteilen. Im zwei- ten Fall hatte ein Kinderarzt aus dem Raum Koblenz nicht hinnehmen wollen, daß er 1993 für die gleiche Leistung weniger Geld bekam als die Allgemeinmediziner. Seine Fachkollegen und er hätten in diesem Jahr mehr gearbei- tet; dies sei aber durch eine gestiegene Anzahl von Kin- dern begründet. Um diese Behauptung und die Konse- quenzen für den HVM nach- zuprüfen, verwies das BSG den Streit zurück an die Vorinstanz.
In weiteren Urteilen (Az.:
6 RKa 61/94 und 42/95) billig- te das Gericht die Honorar- entwicklung für ambulantes Operieren im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigun- gen Nord- und Südwürttem- berg. Nach dem Gesetz soll- ten die Krankenkassen 1993, 1994 und 1995 das entspre- chende Budget jeweils um 10 Prozent aufstocken. Die Zahl der ambulanten Operationen
stieg jedoch derart, daß es zu einem Honorarverfall kam.
Das BSG wies die Klagen hiergegen aber ab.
Der extreme Anstieg sei nicht vorhersehbar gewesen.
Als er erkennbar wurde, habe der Gesetzgeber reagiert, in- dem er die für 1995 vorgese- hene Erhöhung auf 1994 vor- gezogen habe. Überdies habe das Gesetz kein stabiles oder gar steigendes Honorar ga- rantiert. Wortmann/th
Weniger Tierversuche für Impfstoffe
LANGEN. Nach Anga- ben des Paul-Ehrlich-Insti- tuts (PEI) muß der Tierver- such „Prüfung auf anomale Toxizität“ bei Impfstoffen zukünftig nur noch in weni- gen Fällen vorgenommen werden. Die Europäische Arzneimittelkommission ha- be im November 1995 dieser Einschränkung zugestimmt.
Allein für die auf den deutschen Markt kommen- den Impfstoffe bedeutet dies nach Angaben des Instituts eine jährliche Einsparung von bis zu 20 000 Mäusen und Meerschweinchen. Für Kon- trollbehörden wie das PEI kann der Versuch zukünftig ganz entfallen. Bei den Her- stellern wird die Prüfung für
dreizehn verschiedene Grup- pen von Impfstoffen vollstän- dig gestrichen. Für elf weitere wird der Test in den Produkti- onsbereich verlegt, was eben- falls zu einer Verminderung der Tierzahlen führt. EB
Studie zum Krebsrisiko durch Radioaktivität
DRESDEN. Das sächsi- sche Umwelt- und das Sozial- ministerium haben Ende 1995 eine Untersuchung in Auftrag gegeben, mit deren Hilfe geklärt werden soll, ob es in der Umgebung des ehe- maligen Zentralforschungs- instituts für Kernforschung Rossendorf vermehrt zu Leukämiefällen kam und kommt. Entsprechende Ver- mutungen beunruhigten die Öffentlichkeit, heißt es in ei- ner Pressemitteilung der Mi- nisterien.
In einer früheren Studie war im Zeitraum von 1979 bis 1988 bei Kindern unter 15 Jahren bereits eine erhöhte Leukämierate festgestellt worden. „Den beobachteten sechs Fällen stand ein statisti- scher Erwartungswert von 2,84 gegenüber“, heißt es in der Pressemitteilung der Mi- nisterien. Ein Anhaltspunkt für ein erhöhtes Risiko wird darin nicht gesehen; die Ab-
weichung bewege sich inner- halb des statistischen Streu- bereichs.
Die „Süddeutsche Zei- tung“ hat das Thema am 12. Februar in einem Beitrag aufgegriffen. Ihm ist zu ent- nehmen, daß Anlagen in Rossendorf nicht optimal ge- wartet und gesichert wurden.
Das gehe auch aus einer in der DDR geheimgehaltenen Doktorarbeit hervor. AE/th
Sonderforschung:
Drei neue Bereiche
WIESBADEN. Die Deut- sche Forschungsgemeinschaft hat an den Hochschulen in Marburg und Darmstadt drei neue Sonderforschungsberei- che eingerichtet. An der Phi- lipps-Universität in Marburg ist es als einer von zweien der Bereich „Multifaktorielle Nucleoprotein-Komplexe bei der Transkription und RNA- Prozessierung“. Ziel der Wis- senschaftler ist, den Zusam- menhang zwischen moleku- larbiologischen und bioche- mischen Vorgängen, etwa bei der Differenzierung von Zell- typen und Geweben, zu er- forschen. EX
Fortbildung: Kurs für Ärzte aus Osteuropa
NÜRNBERG. Einen zwölfmonatigen Fortbil- dungslehrgang für Ärzte aus der GUS und anderen osteu- ropäischen Staaten bietet das Institut Dr. Matthias Klug in Zusammenarbeit mit dem Fachvermittlungsdienst des Arbeitsamtes Nürnberg an.
Im Lehrgang werden sowohl Sprachkenntnisse als auch Fachwissen für eine ärztliche Tätigkeit in Deutschland ver- mittelt. Er schließt mit einem sechsmonatigen Praktikum ab.
Beginn des nächsten Kur- ses ist der 1. April 1996. In Deutschland arbeitslos ge- meldete Ärzte können eine Förderung beim Arbeitsamt beantragen. Informationen erteilt Dr. Matthias Klug, Tel und Fax 09 11/59 70 20. EB A-440 (20) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 8, 23. Februar 1996
P O L I T I K NACHRICHTEN
Die Ausgaben der ge- setzlichen Krankenver- sicherung für das Kran- kenhaus sind in den letzten Jahren stark ge- stiegen. Gaben die Kas- sen im Jahr 1970 sechs Milliarden DM für die Krankenhausbehand- lung aus, so waren es im vergangenen Jahr mehr als 74 Milliarden DM. Der Anteil der Aus- gaben für die stationäre Krankenhausbehand- lung (einschließlich Me- dikamentenverbrauch) an den gesamten Lei- stungsausgaben der ge- setzlichen Krankenver- sicherung stieg von 25 auf 32 Prozent.
Aus Bund und Ländern