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Archiv "Das Clearing-Verfahren" (05.02.1999)

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Aus der Sicht der Ersatzkassen haben Leitlinien zwei zentrale Aufga- ben im Hinblick auf die Steuerungs- möglichkeiten und die Entschei- dungsfindung: sie sollen helfen zu entscheiden, welche Leistungen in- nerhalb der Gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV) sinnvollerweise erbracht werden sollen und welcher Leistungsträger die Leistungen er- bringen soll. Zudem sollen Leitlinien auch raten, wann und wie sinnvolle Leistungen im Behandlungsfall ange- messen eingesetzt werden sollen und können. Leitlinien haben insoweit aus der Sicht der Krankenkassen nicht nur eine medizinische, sondern auch eine wichtige ökonomische Funktion.

Nach Meinung des Vorsitzenden des Vorstandes der Ersatzkassenverbän- de, Herbert Rebscher, sollen die Leit- linien aufzeigen, was medizinisch und wissenschaftlich gesichert und not- wendig ist, aber auch Hinweise darauf geben, was obsolet und von der Ent- wicklung überholt worden ist.

Konkrete Problemstellung

Medizinische Leitlinien integrie- ren unter Zuhilfenahme des Instru- ments der Evidence Based Medicine (EBM) wissenschaftliche Erkenntnis- se im Hinblick auf eine konkrete Pro- blemstellung. Sie formulieren stan- dardisiert eine Abfolge sinnvoller er- laubter individueller Schritte und auch Abweichungen vom Pfad. Sie sollen der Entwicklung und neuen Er- kenntnissen flexibel und rasch ange- paßt werden. Sie sollen vor allem der Qualitätsverbesserung und der Effizi- enzsteigerung dienen.

Leitlinien sollen nicht starr zur Anwendung empfohlen werden. Sie sollten in Anbetracht der Vielgestal- tigkeit und der unterschiedlichen the- rapeutischen Konzepte und Metho- den dem Arzt Behandlungskorridore und Freiräume belassen. Kein Arzt dürfe deshalb gezwungen werden, Leitlinien strikt anzuwenden wie eine Richtlinie oder eine gesetzliche Vor- gabe, so Dr. med. Rüdiger Pötsch, Mühldorf/Inn, Mitglied des Vorstan- des der Kassenärztlichen Bundesver- einigung. Vielmehr müsse der Arzt zusammen mit dem Patienten im je- weiligen Fall entscheiden, ob die Leit-

linie angewendet oder außer acht ge- lassen werden soll.

Das Gedeihen und die Akzep- tanz der Leitlinien hängen davon ab, ob die Wissenschaftler und Repräsen- tanten der Fachdisziplinen unmittel- bar bei der Erarbeitung und Erpro- bung aktiv eingeschaltet waren und sind. Nur dann kann eine weitgehen- de Verbreitung und

Beachtung gesi- chert werden. Inso- fern ist dieses Ge- biet ähnlich sensibel und mühevoll wie das der Qualitätssi- cherung.

Die Ersatzkas- sen legen Wert auf die Feststellung:

Leitlinien sollten nicht dazu aktiviert werden, um einsei- tig Interessen der Ökonomie zu ver- folgen. Sie dürften keine Barriere für den Einsatz unkon- ventioneller Metho- den und Therapie- verfahren werden.

Voraussetzung für deren Anwendung sei allerdings, daß es sich um solche Lei- stungen handelt, die im Leistungskatalog der GKV enthalten sind. Andererseits sei mit Hilfe evi- denzbasierter Medi- zin und medizini- scher Leitlinien der gesamte Leistungs- katalog der gesetzli-

chen Krankenkassen ständig zu über- prüfen und zu durchforsten. In jedem Fall dürfe sich der Arzt nicht mit dem Hinweis auf Empfehlungen oder Leit- linien zurückziehen und den Patienten bedingungslos den Ratschlägen der Leitlinien unterordnen. Wer der Leit- linie entsprechend handelt, dem kann prinzipiell kein Behandlungsfehler- vorwurf gemacht werden. Wer davon abweicht, begibt sich in ein Behand- lungsfehler-Risiko. Abweichungen können für den Arzt in Streitfällen be- gründungspflichtig werden (Prof. Dr.

jur. Dieter Hart, Universität Bremen).

Ziel der Medizinischen Fachge- sellschaften und der Clearingstelle in Köln ist es daher, bisher etablierte Be- handlungsstandards und Leitlinien zu erfassen, zu überprüfen und zu bewer- ten. Darauf muß die Weiterentwick- lung aufbauen und die Umsetzung über die Fachgesellschaften vorange- trieben werden. Leitlinien müssen

im Routine-Einsatz ständig auf Härte und Praktikabili- tät wissenschaftlich überprüft werden.

Eine Sintflut von parallelen Leit- linien, die nur zur Verwirrung beitra- gen, darf es nicht geben. Weltweit gibt es bereits 1 500 bis 2 000 Leitlinien; in Deutschland 552.

Weniger des Guten bedeutet hier oft- mals mehr.

Die Kranken- kassen schränken bei ihrer Zuneigung zu Leitlinien aller- dings ein: Leitlinien bedürfen einer ra- schen Verbreitung gesicherter, fundier- ter medizinischer Erkenntnisse und deren Implementie- rung in das Lei- stungssystem. Dar- über hinaus müsse die angebliche „Be- liebigkeit der ärztli- chen Therapie“ (Er- satzkassen-Vorsit- zender Rebscher) begrenzt und auf ein vernünftiges Maß zurückgeführt werden. Auch im Hin- blick auf einen dringend notwendigen erweiterten Patientenschutz müßten die Versicherten und Patienten vor un- zureichenden, unwirksamen und un- nötig belastenden diagnostischen Ver- fahren und Therapien geschützt wer- den. Dabei müßten empirisch fundier- te Studien – auch internationale – bei der Entwicklung und der konsensua- len Festlegung von Leitlinien ebenso berücksichtigt werden wie praktische Erfahrungen von Ärzten in Praxen und in Kliniken. Dr. Harald Clade A-267 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 5, 5. Februar 1999 (31)

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Das Clearing- Verfahren

cBundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereini- gung haben mit den Spitzenver- bänden der gesetzlichen Kran- kenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V.

eine Vereinbarung erarbeitet, die die Etablierung einer „Prüf- instanz“ für die Qualität medizi- nischer Leitlinien vorsieht.

cDie Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen entsenden Vertreter in die „Er- weiterte Planungsgruppe“, das heißt das Lenkungsgremium des Verfahrens bei der Ärztli- chen Zentralstelle für Qua- litätssicherung (ÄZQ) in Köln.

cIm Rahmen des Clearing- verfahrens werden Leitlinien einer systematischen Prüfung ihrer Qualität unterzogen.

cGrundlage ist eine Check- liste auf der Basis international akzeptierter Kriterien.

cZiel ist die Anerkennung und Verbreitung qualitativ hochwertiger Leitlinien, zum Beispiel der Deutschen Gesell- schaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin oder der Deutschen Krebsgesellschaft.N

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