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Archiv "Medizingeschichte(n): Medizin und Literatur Ärztliche Kunst" (26.03.2004)

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M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1326. März 2004 AA859

en) und dem Auftreten psychischer Störungen, insbesondere depressiver Syndrome, nahe (13, 17). Depressive Erkrankungen waren auch im Kollek- tiv vorzeitig dienstunfähiger Lehrkräf- te der Erlanger Studien die häufigsten psychischen Leiden (21, 24).

Fazit und Ausblick

Psychischen und psychosomatischen Erkrankungen kommt im Rahmen der krankheitsbedingten Frühinvalidität von Lehrkräften eine zentrale Rolle zu. Dabei sind derartige Leiden für ei- ne Frühinvalidisierung von Lehrerin- nen noch bedeutsamer als für Lehrer, wohingegen der rechtliche Status (Tätigkeit im Beamten- oder Ange- stelltenverhältnis) eher vernachlässig- bar ist. Ein durch Krankheit begrün- deter, teilweise um bis zu zehn Jahre vorverlegter Berufsausstieg qualifi- zierter Akademiker kann weder für die Gesellschaft noch für die einzelne Lehrkraft eine lohnende Perspektive sein.

Vor diesem Hintergrund interessie- ren aus wissenschaftlicher Sicht insbe- sondere die Ursachen für eine derarti- ge Entwicklung. Diese Frage ist letzt- lich nur durch breit angelegte analy- tisch epidemiologische Studien zu be- antworten. Die vorgestellten Erlanger Untersuchungen haben primär des- kriptiven Charakter. Von daher kann ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Auftreten psychischer Störungen und vorangegangenen (Stress-) Bela- stungen im Schulalltag nicht herge- stellt werden. Dennoch können die Ergebnisse in Verbindung mit ähnli- chen Beobachtungen aus verschiede- nen Fachdisziplinen und Ländern durchaus als gewichtiges Argument für die Bedeutung arbeitsbedingter Faktoren und beruflicher Belastungen in der Genese und Manifestation psy- chischer und psychosomatischer Er- krankungen von Lehrkräften gewertet werden. Oder um es plakativer zu for- mulieren: Schule kann durchaus krank machen (26).

Die vorliegenden Erkenntnisse be- gründen darüber hinaus einen drin- genden Handlungsbedarf. Prioritär er- scheint die Erhaltung und Wiederher-

stellung der seelischen Gesundheit von Lehrkräften. Dabei verlangen die komplexen Interaktionen zwischen berufsspezifischen Belastungen, ge- sellschaftlichem Kontext und persönli- chen Motiven, die einer krankheitsbe- dingten Frühpensionierung in der Re- gel vorausgehen, eine intensive inter- disziplinäre Kooperation.

Aus sozial- und arbeitsmedizini- scher Sicht sollte neben einer weiter- gehenden Erforschung krank machen- der beruflicher und außerberuflicher Faktoren vor allem die Entwicklung, Implementierung und Bewertung pro- blemorientierter Präventions- und In- terventionsstrategien vorangetrieben werden. Diesbezüglich sind in den letzten drei Jahren sowohl auf Länder- als auch auf regionaler Ebene zahlrei- che Aktivitäten zu verzeichnen. Eine Bewertung hinsichtlich Qualität, Ef- fektivität und Effizienz steht jedoch größtenteils noch aus. Textkasten 3 gibt einen Überblick über aktuell favorisierte oder bereits realisierte Maßnahmen der Verhaltens- und Ver- hältnisprävention. Während die Not- wendigkeit der Erhaltung von Lehrer- gesundheit heute nicht mehr infrage gestellt wird, ist die wissenschaftliche und politische Diskussion über best- mögliche Wege der Zielerreichung in Zeiten knapper Mittel noch keines- wegs abgeschlossen (25).

Manuskript eingereicht: 9. 5. 2003; revidierte Fassung angenommen: 3. 11. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 850–859 [Heft 13]

MEDIZINGESCHICHTE(N) )

AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT

Medizin und Literatur Ärztliche Kunst

Zitat:„Die ärztliche Kunst ist kei- neswegs so einheitlich festgelegt, daß wir nicht für alles, was wir tun, irgendeine Autorität fänden. Sie wechselt je nach Himmelsstrich und Mondphase, nach Doktor Farnel [sie] und Doktor Scaliger [1]. Wenn dein Arzt es nicht für gut hält, daß du schläfst, daß du Wein trinkst, daß du dies oder jenes ißt – sei unbe- sorgt: Ich werde dir einen anderen ausfindig machen, der andrer Mei- nung ist. Die Mannigfaltigkeit ärzt- licher Auffassungen und Argumen- te erstreckt sich auf alle erdenkli- chen Krankheitsformen.

Ich habe gesehn, wie ein unglück- seliger Kranker, dem sein Arzt zur Gesundung das Trinken verbot, vor Durst ohnmächtig wurde und fast umkam, nur um sich hernach von ei- nem andren auslachen zu lassen, der diese Behandlung als widersinnig verurteilte. Da hatte der Ärmste nun den Lohn seiner Qual! [2] Und neulich ist sogar ein Mann dieses Metiers selber an Nierensteinen ge- storben, weil er durch äußerste Ab- stinenz sein Leiden zu bekämpfen suchte. Seine Kollegen sagen, gera- de seine Enthaltsamkeit habe ihn ausgetrocknet und den Gries in den Nieren immer weiter verhärtet.“

Michel Montaigne: Essais (1580). Aus: Montaigne für Mediziner und ihre Opfer. Übersetzt und heraus- gegeben von Hans Stilett. Frankfurt am Main 1999, S. 20 f. – [1] Anspielung auf berühmte ärztliche Au- toritäten: Jean Fernel (circa 1497–1556) bezie- hungsweise Josephus Justus Scaliger (1540–1609).

[2] Dies könnte autobiografisch gemeint sein, da Montaigne selbst schwer an Nierensteinen litt. – Eyquem de Montaigne (1533–1592) war humani- stisch gebildet, Parlamentsrat und später (1581–

1585) Bürgermeister von Bordeaux. Er zog sich 1572 auf sein Schloss zurück und verfasste „Les Essais“, die erstmals 1580 publiziert wurden. Sie sind bahnbrechendes Zeugnis für die selbstanalyti- sche Kraft ihres Verfassers, der immer wieder medi- zinisch wichtige Themen – auch im Hinblick auf ei- genes Erleben – aufgreift.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Litera- turverzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit1304 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Weber Neue Straße 38

91054 Erlangen

E-Mail:andreas.a.weber@gmx.de

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