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Archiv "Therapie der HIV-Infektion: Wie geht es weiter?" (02.07.1999)

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eit drei Jahren gibt es einen steilen Anstieg in der Effekti- vität der HIV-Therapie. Bei keiner anderen ähnlichen Er- krankung konnten Mortalität und Morbidität vergleichsweise stark ge- senkt werden. Ausschlaggebend hier- für war ein verbessertes pathophysio- logisches Verständnis, die direkte Messung der HIV-Viruslast im Blut und die antiretrovirale Kombinati- onstherapie. Derzeit mehren sich die Hinweise, daß auch die Resistenzte- stung zur Optimierung der Therapie beiträgt.

Seit einem Jahr treten wir, was den weiteren Fortschritt betrifft, allerdings auf der Stelle. CD4-Zahlen und Virus- kopien werden in immer neuen Studien gezählt und verglichen. Ein weiterer er- hoffter Erkenntniszuwachs läßt bei grundsätzlich guter Behandelbarkeit auf sich warten. Zwar kann zunehmend häufiger proteaseinhibitorsparend – das heißt auch nebenwirkungsärmer – gearbeitet werden; dazu haben ent- scheidend die neuen und vergleichs- weise einfach einzusetzenden Substan- zen Efavirenz (Sustiva®) und Abacavir (Ziagen®) beigetragen. Aber das Virus kann mit den bisherigen Medikamen- ten nicht eradiziert werden (1, 2).

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Die Zunft der HIV-Behandler und Wissenschaftler ist bezüglich des weiteren optimalen Vorgehens gespal- ten. Die „Fundamentalisten“ möchten weiter intensivieren und sehen kein Problem, sondern gute Chancen darin, auch dem asymptomatischen Patien- ten vier oder fünf Medikamente gleichzeitig zu empfehlen. Eine Reihe von theoretischen Erwägungen könn- te für diese Vorgehensweise sprechen.

Mehr und mehr Patienten, auch Ärzte mit ebenfalls großer Erfahrung, möch- ten ähnlich wie die amerikanischen National Institutes of Health (NIH) oder die Arbeitsgruppe um David Ho beziehungsweise um den Hydroxy- urea-Experten Franco Lori den Pati- enten sogenannte strukturierte Drug Holidays – mehrwöchige bis mehrmo- natige Therapiepausen – anbieten, um eventuell das Immunsystem positiv zu konditionieren.

Die zusätzlich zur antiretroviralen Therapie empfohlene Beeinflussung des Immunsystems, etwa durch the- rapeutische Impfungen oder Fu- sionsinhibitoren, ist im klinischen All- tag noch nicht umsetzbar. Eventuell er- wächst aus den Ergebnissen von Fauci (3) zum zusätzlichen Einsatz von Inter- leukin-2 (IL-2) ein innovativer Be- handlungsansatz. Dies wird derzeit in einer internationalen Studie

an zirka 1 400 Patienten (SILCAAT) geprüft.

Bisherige Versu- che, eine Mainte- nance-Therapie wie in der On- kologie durch- zuführen (in- tensive Induk- tions- und abge- schwächte Er- haltungstherapie), sind bei der HIV- Erkrankung in ihrer Mehrzahl gescheitert.

Sowohl im Tierversuch

als auch bei bisher wenigen Proban- den konnten Hydoxyurea-(HU-)hal- tige Wirkstoffkombinationen im In- tervallversuch zeigen, daß die Zeit- spannen nach Absetzen der Therapie bis zum Wiederanstieg der Virusmen- ge eher länger und nicht, wie ur- sprünglich vermutet, kürzer werden.

Dieses Modell geht auf den sogenann- ten Berliner Patienten (4) zurück, der 19 Monate nach vollständigem Abset- zen der vorher mehrfach unterbro- chenen HU-haltigen Therapie (ddl, HU, Indinavir) jetzt weitgehend vi- rusfrei ist. Die geringe Zahl ähnlicher Fälle weltweit darf aber keineswegs als ein Hinweis auf eine erfolgreiche Eradikation mißverstanden werden.

Derzeit laufen Studien zu struk- turierten Drug Holidays am NIH so- wie dem renommierten Aaron Dia- mond AIDS Research Center in New

York auch bei Patienten ohne HU, de- ren Viruslast lange unterhalb der Nachweisgrenze lag. Die Ergebnisse müssen abgewartet werden, bevor das Konzept beurteilt werden kann.

Es gibt auch Überlegungen, ob Drug Holidays bezüglich einer „inne- ren Impfung“, das heißt einer Kondi- tionierung des Immunsystems, wirksa- mer sein könnten, wenn eine gewisse Virusmenge zu Beginn der The- rapieunterbrechung vor- handen ist. Keineswegs ist unter Drug Holi- days nachlässiges Einnahmeverhalten zu verstehen. Bei dem diskutierten Vorgehen handelt es sich um struk- turierte, in der Re- gel mit dem Be- handler diskutierte und gut dokumentier- te Pausen.

Bis grundsätzlich neue Angriffspunkte definiert wer- den und entsprechende Wirkstoffe vorliegen (Integrase-/RNase-Hemmer, Fusionsinhibitoren und andere) und damit eventuell erneut an eine Eradi- kation zu denken ist, könnte das Drug- Holiday-Konzept sich als mindestens ebenso tragfähig wie das Intensivie- rungskonzept erweisen. Forschung ist in beiden Bereichen erforderlich.

Literatur

1. Furtado MR et al.: N Engl J Med 1999; 340:

1614–1622.

2. Zhang L et al.: N Engl J Med 1999; 340:

1605–1613.

3. Chun TW et al.: Nature Medicine 1999; Vol.

5 (6): 651–655.

4. Lisziewicz J et al.: N Engl J Med 1999; 340:

1683.

Dr. med. Hans Jäger

KIS-Kuratorium für Immunschwäche Mozartstraße 3

80336 München

A-1765 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 26, 2. Juli 1999 (29)

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Therapie der HIV-Infektion

Wie geht es weiter?

7. Deutscher AIDS-Kongreß diskutiert

auch Intensivierungs- und „Drug Holiday“-Strategien.

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ach den Pocken sollen die Po- liomyelitis und die Masern in den nächsten Jahren weltweit eradiziert werden. Vor nunmehr zwan- zig Jahren trat der letzte Pockenfall in Somalia auf. Diese so gefürchtete In- fektionskrankheit konnte dank konse- quenter Impfungen weltweit ausgerot- tet werden. Die Poliomyelitis und die Masern sollen nun folgen: Das erwei- terte Impfprogramm der WHO strebt die Eradikation beider Erkrankungen bis zum Jahr 2000 an.

Während diese Zielsetzung für die USA und den gesamten amerika- nischen Kontinent als realisierbar ein- geschätzt wird, muß für Europa der zeitliche Rahmen verschoben werden.

„Mit der Türkei gibt es in der WHO- Region Europa noch ein Land, aus dem die Übertragung von Polio-Wild- viren gemeldet wird“, erklärt Dr.

Sigrid Ley vom Deutschen Grünen Kreuz. Im vergangenen Jahr wären noch 26 Fälle aufgetreten.

Besonders konzentrieren sich die Impfprogramme aber auch auf die afrikanischen Staaten, in denen teil- weise noch Impfraten von unter 50 Prozent bestehen und weiterhin Er- krankungsfälle auftreten. In Deutsch- land wurde hingegen 1990 der letzte Poliomyelitis-Fall beobachtet, der durch eine Infektion innerhalb des Landes hervorgerufen wurde. Den- noch kann Deutschland noch nicht als poliofrei erklärt werden, denn immer wieder treten vereinzelt einge- schleppte Infektionen auf. Diese Ge- fahr droht laut Ley so lange, wie es noch Länder gibt, in denen die Po- liomyelitis vorkommt.

Daher könne noch kein Land der Welt auf eine generelle Impfung der Bevölkerung verzichten. „Die Frage

ist nur, welcher Impfstoff angesichts der aktuellen nationalen und interna- tionalen epidemiologischen Situation am sinnvollsten ist“, so Ley weiter. Da es sich bei den registrierten Polio-Er- krankungen in Deutschland zu einem großen Teil um direkt oder indirekt durch die Schluckimpfung verursach- te Fälle handelt, empfiehlt die Ständi- ge Impfkommission (STIKO) seit Ja- nuar 1998 die inaktivierte Poliovakzi- ne (IPV).

Die Umstellung von der Schluck- impfung zur IPV sei problemlos gelun- gen, resümierte Dr. med. Ley auf dem Sächsischen Impftag in Leipzig ein Jahr nach Einführung des Impfstoffes.

Die neue Impfstrategie werde im all- gemeinen gut akzeptiert. Eine welt- weite Eradikation der Kinderlähmung bis zum Jahr 2005 wird nun angestrebt.

Nicht so optimistisch kann die Situati- on bei den Masern gesehen werden, die als dritte Infektionskrankheit aus- gerottet werden sollen. Sie treten auch in Deutschland noch endemisch auf.

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„Deutschland bekennt sich aus- drücklich zu der gesundheitspolitischen Aufgabe, die Masern bis zum Jahr 2007 zu eliminieren“, erklärt Dr. Edith Geri- ke (Robert Koch-Institut). Das Bun- desministerium unternehme vielfältige Anstrengungen, einen nationalen Kon- sens über ein Masernbekämpfungspro- gramm herbeizuführen. So soll das Bundesseuchengesetz durch die bun- desweite Meldepflicht von Maserner- krankungen ergänzt werden, wodurch man sich eine verbesserte Überwa- chung der epidemiologischen Situation

erhofft. Ob das Gesetz jedoch, wie ge- plant, noch in diesem Jahr novelliert wird, erscheint fraglich.

In Kürze wird allerdings eine Ar- beitsgemeinschaft Masern ihre Arbeit aufnehmen, die von über 1 000 pädia- trischen und allgemeinmedizinischen Praxen in ganz Deutschland Informa- tionen über Masernfälle, klinische Be- sonderheiten und Impfraten erhält, die bisher überwiegend nur geschätzt werden konnten. Gleichzeitig soll sich ein spezielles Masern-Sentinel eta- blieren. Die Koordination des Ma- sernbekämpfungsprogramms hat das Robert Koch-Institut als nationale Leiteinrichtung übernommen.

Die Masern seien jetzt keine klas- sische Kinderkrankheit mehr. Auf- grund unzureichender Impfraten er- krankten zunehmend Jugendliche und Erwachsene, warnte Gerike. „Der Durchimpfungsgrad läßt zwar einen ansteigenden Trend erkennen, ist aber insgesamt noch unbefriegend.“ Nur bei 45 Prozent der Kinder ließen sich Antikörper bis zum Ende des dritten Lebensjahres nachweisen – für Gerike ein Indiz dafür, daß nicht sofort mit Vollendung des zwölften Lebensmo- nats die Erstimpfung stattfindet.

Aufgrund der fast 100prozentigen Kontagiosität des Masernvirus müßten Impfraten von mindestens 95 Prozent das Kernstück aller Bekämpfungspro- gramme sein. Zum vollständigen Impf- schutz gehören zwei Impfdosen, die zweite Impfung sollte noch vor dem Schuleintritt erfolgen. Als Vakzine der Wahl bezeichnete Gerike den kombi- nierten Masern-Mumps-Röteln-Impf- stoff. So könne man gleichzeitig auch die Mumps-Inzidenz entscheidend re- duzieren und die konnatalen Röteln eliminieren. Eva Hofmann A-1766

P O L I T I K

(30) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 26, 2. Juli 1999

MEDIZINREPORT

WHO-Impfprogramm

Verschoben, aber nicht aufgehoben

Die Eradikation der Poliomyelitis und der Masern bis zum Jahr 2000 ist für den amerikanischen Kontinent realisierbar, nicht aber für Europa und Afrika.

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