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Archiv "Antiretrovirale Therapie der HIV-Infektion: Ergänzungen" (29.06.2001)

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Ergänzungen

Leider sind in dem übersichtlichen Artikel mit den fälligen Überarbeitun- gen der Richtlinien zur Therapie der HIV-Infektion einige wenige Fehler, die meiner Meinung nach dringend der Korrektur bedürfen.

Falsch ist sicherlich die Dosierung von Stavudin in Tabelle 3. Die Dosie- rung erfolgt bei diesem Präparat nach Körpergewicht, weniger als 60 kg KG mit 2 x 30 mg, mehr als 60 kg KG mit 2 x 40 mg, besser mit 1 mg/kg KG (1).

Didanosin ist in einer neuen Formulie- rung als Kapsel (125 mg, 200 mg, 250 mg und 400 mg) auf dem europäischen Markt erhältlich. Auch hier ist die an- gegebene Dosierung falsch, weil eben- falls nach Körpergewicht unterschied- liche Dosierungsangaben vorliegen.

Für Patienten, die schwerer als 60 kg sind, gelten 400 mg als optimale Do- sierung, bei Patienten unter 60 kg sind es 250 mg (1). (Von der FDA zugelas- sen, aber nach Auswertung der Studie BMS-148 wieder relativiert, ist die Einmalgabe von Didanosin.)

Die Dosierung von Saquinavir- HGC beträgt mindestens 3 ⫻3 Kap- seln, nicht wie in Tabelle 3 aufgeführt 2 ⫻ 2 bis drei Kapseln. Der Zusatz

„nur in Kombination mit erprobtem weiteren PI“ ist falsch, lediglich in Kombination mit Ritonavir oder Lo- pinavir/Ritonavir ist die genannte zweimalige Gabe von zwei bis drei

Kapseln möglich. Doch stellt sich die Frage, warum man nicht das Nachfol- gepräparat Saquinavir-SGC mit deut- lich erhöhter Bioverfügbarkeit ein- setzte. Für Saquinavir-HGC besteht meines Erachtens keine Behandlungs- indikation mehr. Lopinavir/Ritonavir als weiterer Proteaseinhibitor fehlt in Ihrer Liste, ebenso ein Kombinations- präparat aus Zidovudin, Lamivudin und Abacavir. Bei den NNRTI ist Delavirdin inzwischen in 200-mg-Kap- seln erhältlich, sodass sich die Tablet- tenzahl auf 3 ⫻zwei reduziert hat. Die Angabe von 2 ⫻7,5 ml Ritonavir-Lö- sung in Tabelle 3 ist korrekt, es gibt je- doch Kapseln zu 100 mg, das ent- spricht dann 2 ⫻6 Kapseln. Auch von anderen HIV-Medikamenten (Lami- vudin, Zidovudin, Didanosin, Stavu- din, Abacavir, Nelfinavir, Amprenavir und Nevirapin) gibt es entsprechende Säfte oder Lösungen. Diese sind nicht nur zur Therapie bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen mit Schluckbe- schwerden oder oralen Ulzera gut ein- setzbar.

In Tabelle 5 sind die Angaben un- vollständig. Nevirapin senkt die AUC von Efavirenz um 22 Prozent, was wie- derum zur Senkung des Talspiegels (Cmin) von Efavirenz um 36 Prozent führt (2). Angaben zu Interaktionen mit Amprenavir/APV fehlen ganz. Ei- ne Differenzierung der Tabelle 5 in Cmax, Cminund AUC wäre von Vorteil.

Die Aufspaltung der Therapieemp- fehlungen in Basiskombination und Kombinationspartner führt bei der In- terpretation der Tabelle 4 zu Schwie- rigkeiten, so ist die sicherlich häufig eingesetzte Kombination Zidovu- din/Lamivudin und Nelfinavir nir- gends zu finden. Dass eine Dreifach- kombination mit NRTI einmal unter Basiskombination (Stavudin, Didano- sin und Lamivudin) und einmal unter Basiskombination plus dritter NRTI (Zidovudin, Lamivudin und Abaca- vir) auftaucht, ist auch eher verwir- rend.

Ob Didanosin und Zalcitabin bezie- hungsweise Stavudin und Zalcitabin als Kombinationspartner eindeutig abzulehnen sind, ist meines Wissens durch keine Studie bewiesen. Additi- ve Nebenwirkungen oder ähnliche Re- sistenzmechanismen (der Resistenz-

mechanismus ist für alle Medikamente gleich, die Mutationen sind zum Teil dieselben oder ähnlich) sind meines Erachtens kein Grund für eine pau- schale Ablehnung.

Für mich nicht nachvollziehbar ist die Empfehlung einer Therapie bei ei- ner „hohen“ Viruslast von 10 000 bis 20 000 Genomkopien. In meinem klini- schen Alltag beginnt eine hohe und da- mit behandlungsbedürftige Viruslast bei circa 50 000 bis 100 000 Genomko- pien. Studien mit therapienaiven Pati- enten zeigen den üblichen, tatsächli- chen Viruslastwert bei Behandlungsbe- ginn deutlich an (zum Beispiel die Stu- die DPC 266–043: Mean baseline HIV- RNA: 4,8 log10copies/ml ~ 70 000 Ge- nomkopien, Studie M97-720: Mean baseline HIV-RNA: 4,9 log10copies/ml

~ 80 000 Genomkopien).

Diskussionswürdig ist sicherlich die Frage, warum in dem Artikel nicht auf das „Boostern“ der Proteaseinhibito- ren mit Ritonavir eingegangen wor- den ist. Dieses Vorgehen ist bei vorbe- handelten Patienten als Standardthe- rapie anzusehen, die Entwicklung von Lopinavir/Ritonavir (Lopinavir 133 mg/Ritonavir 33 mg) setzt diesen Trend eindeutig fort. Vorteile sind un- ter anderem deutlich höhere Wirk- spiegel und verminderte Tabletten- zahl. Mehrfachkombinationen mit drei Proteaseinhibitoren sind die logi- sche Folge dieser Entwicklung.

Allgemein betrachtet ist das Kapi- tel Therapiewechsel und -unterbre- chung etwas zu kurz geraten, gerade in diesem liegt im Moment jedoch die Herausforderung für den behandeln- den Arzt. Leider nur in einem Neben- satz erwähnt wird die Tatsache, dass diese Therapien nur mehr von spezia- lisierten Ärzten getroffen werden können. Patienten, die von solchen er- fahrenen Ärzten betreut werden, ha- ben eine um 18 bis 25 Monate längere Lebenserwartung.

Literatur

1. Rote Liste 2000, Edition Cantor Verlag.

2. Veldkamp et al.: The Pharmacokinetics of once dai- ly Nevirapin and Efavirenz when used in combinati- on. 7th Retrovirusconference, 2000, San Francisco.

Helmut Hartl Franz-Josef-Straße 38 80801 München M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 26½½½½29. Juni 2001 AA1761

zu dem Beitrag

Antiretrovirale Therapie der HIV-Infektion

von

Prof. Dr. med.

Norbert H. Brockmeyer Priv.-Doz. Dr. med.

Bernd Salzberger

Prof. Dr. med. Hans W. Doerr Dr. med. Ulrich Marcus Priv.-Doz. Dr. med.

Hans R. Brodt in Heft 4/2001

DISKUSSION

(2)

Schlusswort

Wir danken Herrn Hartl für seine dif- ferenzierten Klarstellungen zu den Dosierungsangaben einzelner antire- troviraler Substanzen in den Thera- pieempfehlungen der Deutschen und Österreichischen AIDS-Gesellschaft (DAIG, OAG) zur Therapie der HIV- Infektion.

Aufgabe von Therapieleitlinien kann es jedoch nicht sein, für jegliche therapeutische Situationen die not- wendigen individuellen Therapiean- gaben darzustellen, sondern allgemei- ne Therapieempfehlungen zu formu- lieren, auf deren Grundlage die indivi- duelle Therapie auszurichten ist. Inso- fern sind die angegebenen Dosierun- gen auch nicht „falsch“, wie von Herrn Hartl angegeben, da sie dort – wie aus Tabelle 3 ersichtlich – für Patienten mit „normaler Nierenfunktion und ei- nem Körpergewicht von mehr als 60 kg“ formuliert wurden.

Gleiches gilt im Übrigen auch für die Dosisangaben zu Saquinavir und dessen unterschiedlichen Formulie- rungen (HGC und SGC). Therapie- leitlinien sollten sich im Hinblick auf eine evidenzbasierte Medizin zunächst auf Ergebnisse von randomisierten Studien stützen, wenn auch wie bei Sa- quinavir die Entwicklung der Soft- Gel-Formulierung im klinischen All- tag weitgehend die alte Hart-Gel- Kapsel ersetzt hat. Auch hier wird in den vorliegenden Empfehlungen des- halb darauf hingewiesen, dass eine Kombinationstherapie mit Saquinavir (HGC) ohne weiteren „erprobten Protease-Inhibitor“ im Allgemeinen abzulehnen ist. Mit Absicht wurde hier nicht allein Ritonavir genannt, da immerhin auch Boosterstudien mit Nelfinavir vorliegen.

Dankbar sind wir dem Autor für die Hinweise auf die neuen Kombi- nationspräparate Lopinavir/Ritonavir und AZT/3TC/Abacavir sowie zu neu- en Applikationsformen und neuen Er- kenntnissen hinsichtlich der Interak- tionen von antiretroviralen Substan- zen, die allerdings zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Empfehlungen noch nicht zugelassen beziehungsweise pu- bliziert waren. Verständnis haben wir für die Kritik des Autors an der ein-

deutigen Ablehnung von Kombinatio- nen mit den genannten Nukleosidana- loga (Zidovudin/Stavudin, Didano- sin/Zalcitabin und andere) wenn wir auch nach wie vor aufgrund vorliegen- der pharmakologischer Daten und fehlender klinischer Studien einen kli- nischen Einsatz dieser Kombinatio- nen nicht befürworten können und dies auch international so gesehen wird (Quick Reference Guide to Anti- retrovirals; Schütz M, Wendrow A:

Eur J Med Res; in press). Nicht aus- geschlossen ist natürlich auch hier, dass mit neuen Erkenntnissen ein Pa- radigmenwechsel vollzogen werden kann.

Die Ermittlung des besten Zeit- punkts für den Beginn einer antiretro- viralen Therapie im frühen Stadium gehört zu den am meisten internatio- nal kontrovers diskutierten Fragestel- lungen der HIV-Therapie, da – be- dingt durch den langen natürlichen Verlauf der Erkrankung – hierzu klini- sche Endpunktstudien mit „highly ac- tive antiretroviral therapy“ (HAART) nicht oder nur unzureichend vorliegen (1, 2, 3, 4). Deshalb wurde in den The- rapieempfehlungen auch besonderer Wert auf die Darstellung der Datenla- ge und den jeweiligen Charakter (Ex- pertenmeinung, Surrogatmarkerstudi- en und andere) der Empfehlung ge- legt. Im Text wird auch nie die Vi- ruskopienzahl von 10–20 000/ml als

„hoch“ bezeichnet, jedoch unter Be- rücksichtigung weiterer Kriterien als Behandlungsbeginn definiert. Mit zu- nehmenden Erkenntnissen hinsicht- lich der Verträglichkeit und uner- wünschten Nebenwirkungen der ap- plizierten Substanzen sowie der Com- pliance sind ebenso wie hinsichtlich der Therapieintensivierung Verände- rungen an den Therapieprinzipien zu erwarten.

Insgesamt weist der Beitrag des Au- tors auf das derzeitige Dilemma von Therapieempfehlungen in der HIV- Medizin hin: Auf dem mühsamen Weg bis zur Publikation von Leitlinien wer- den diese derzeit sehr schnell von der rasanten Entwicklung und dem klini- schen Einsatz neuer Therapeutika überholt. Um so mehr ist es allerdings auch erforderlich, immer wieder auf die festen und auf weniger gesicherte

Grundlagen von Therapieentschei- dungen hinzuweisen. Auch in diesem Jahr ist deshalb wieder, wie in den USA, eine Überarbeitung der Thera- pieempfehlungen entsprechend den Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AMWF) in Vor- bereitung.

Uneingeschränkt unterstützen wir den neuerlichen Hinweis des Autors auf die Notwendigkeit einer speziali- sierten Behandlung der HIV-infizier- ten Patienten, da eine optimale Versor- gung der HIV-infizierten Patienten heute nur noch mit umfassenden und ständig aktualisierten Kenntnissen und Erfahrungen möglich ist, wie sie der Autor durch seinen Beitrag demon- striert hat.

Literatur

1. Carpeter C et al.: Antiretroviral therapy in adults:

updated recommendations of the International AIDS Society-USA Panel. JAMA 2000; 283: 381–

390.

2. Cozzi-Lepri A et al.: When to start HAART in chro- nically HIV-infected patients? A collection of pieces of evidence from the ICONA study. In: Program and abstracts of the 5thInternational Congress on Drug Therapy in HIV-Infection; Glasgow 2000; APL 3.5.

3. Moore R et al.: Start HAART early (CD4 > 350 cells/mm3) or later? Evidence for greater effectiven- ess if started early. In: Programm and abstracts of the 7thConference on Retroviruses and Opportuni- stic Infections. San Francisco 2000; A 522.

4. Opravil M et al.: Clinical benefit of early initiation of HAART in patients with asymptomatic HIV infection and CD4 counts > 350/mm3. In: Program and abstracts of the 8thConference on Retroviruses and Opportunistic Infections; Chicago 2001; ALB6.

Für die Autoren und den Vorstand der DAIG:

Prof. Dr. med. Norbert H. Brockmeyer Klinik für Dermatologie und Allergologie Ruhr-Universität Bochum

Gudrunstraße 56 44791 Bochum

E-Mail: N.Brockmeyer@derma.de

Priv.-Doz. Dr. med. Hans R. Brodt Medizinische Klinik III/Infektiologie H33 Universität Frankfurt

Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt

E-Mail: REINHARD@BRODT.NET M E D I Z I N

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