A-208
S P E K T R U M AKUT
Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 5, 4. Februar 2000
Antiretrovirale HIV-Therapie
Vom Umgang mit der Lipodystrophie
D
ie wichtigste Nebenwirkung der HIV-Thera- pie mit antiretroviralen Kombinationsmedika- menten ist die Lipodystrophie. Sie ist gekenn- zeichnet durch Fettverschiebung mit Fettatrophie im Gesicht, an den Extremitäten und im Glutealbereich sowie intraabdominelle Fettansammlung oder Vergrö- ßerung der weiblichen Brust. Hypercholesterinämie sowie Hypertriglyzeridämie, seltener eine pathologi- sche Glukose-Toleranz oder ein manifester Diabetes mellitus, ergänzen das Bild. Die Laborveränderungen korrelieren nicht deutlich mit den Fettverschiebun- gen. Die pathophysiologische Grundlage ist bisher un- klar. In vielen Fällen ist ein Hyperinsulinismus bezie- hungsweise eine Insulinresistenz feststellbar.E
ine Assoziation mit der Einnahme Protease- inhibitor-(PI-)haltiger Kombinationen ist gut belegt, aber auch bei PI-sparenden Therapien werden Lipodystrophien gesehen – zum Beispiel bei Kombinationen mit Stavudin und/oder Lamivudin.Unter der Behandlung mit Proteaseinhibitoren stei- gen die Blutfette stärker an als bei PI-sparenden Re- gimes (in Extremfällen bis zu 5 000 mg/dl). Diese können aber auch zum Teil signifikante Blutfetter- höhungen bewirken. Dabei scheinen massive Trigly- zeriderhöhungen seltener Pankreatitiden auszulösen als ursprünglich erwartet. Therapieunterbrechungen führen zur Verbesserung der Lipidwerte. Eine Korre- lation der Lipodystrophie mit vermehrten Myokard- ischämien ist nicht belegt. Die Einnahme von Lipid- senkern gilt noch als experimentell, auch vor dem Hintergrund, dass in vielen Fällen nur unzureichende Triglyzeridsenkungen erreicht werden.