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Archiv "Aids in Mosambik: Antiretrovirale Therapie erfolgreich" (20.12.2004)

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ie HIV-Infektion und die Immun- schwächekrankheit Aids haben sich in den letzten Jahren zu einer globalen Katastrophe entwickelt.

Während sich Aids in Europa und Nord- amerika durch Einführung der antire- troviralen Therapie (Highly active anti- retroviral therapy, HAART) und ande- re medizinische Fortschritte von einer zwangsläufig zum Tode führenden zu ei- ner chronischen Krankheit wandelte, sind diese Fortschritte für die Menschen in Entwicklungsländern weitgehend un- erreichbar. Dabei hat die Aids-Epide- mie ihren Schwerpunkt in den Ländern Afrikas südlich der Sahara. Dort leben nach Angaben von UNAIDS 70 Prozent der weltweit bis zu 44,3 Millionen HIV- Infizierten oder Aids-Kranken. In den Ländern Osteuropas und Asiens ver- breitet sich HIV mit großer Geschwin- digkeit (1).

Die Hauptübertragungswege des HI- Virus unterscheiden sich von denen in Europa und Nordamerika: Der heterose- xuelle Geschlechtsverkehr ist in Afrika mit etwa 50 Prozent der weitaus häufig- ste Übertragungsweg. Zu weiteren fünf bis zehn Prozent der Ansteckungen kommt es durch infizierte Bluttransfusio- nen. Die Übertragung des HI-Virus von

infizierten Müttern auf ihre Kinder während der Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit spielt ebenfalls eine bedeu- tende Rolle. Die Übertragungswahr- scheinlichkeit beträgt bis zu 30 Prozent.

Täglich kommen allein in Mosambik mehr als 50 HIV-positive Neugeborene zur Welt. Die Hälfte von ihnen stirbt im ersten Lebensjahr, die meisten anderen vor dem fünften Geburtstag (2).

Ende der Verleugnungspolitik

Derzeit müssten in den Entwicklungslän- dern sechs Millionen HIV-Infizierte anti- retroviral behandelt werden; tatsächlich erhalten jedoch nur etwa 400 000 eine solche Therapie. Um einen schnelleren Zugang der Entwicklungsländer zu Aids- Medikamenten zu erreichen, rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im vergangenen Jahr die „3 by 5“ Initiative ins Leben. Im Rahmen dieses ehrgeizi- gen Projekts sollen bis Ende 2005 drei Millionen Aids-Patienten antiretrovirale Medikamente erhalten (3).

Mosambik gehört zu den weltweit am härtesten von der Epidemie betroffenen Ländern, obwohl wegen der Isolation durch den Bürgerkrieg (1976–1992) die

HIV-Infektionsrate niedriger ist als in den Nachbarstaaten Südafrika, Botswa- na, Malawi und Simbabwe. UNAIDS zu- folge sind etwa 15,7 Prozent der Erwach- senen HIV-infiziert (4). Andere Schät- zungen gehen von mehr als 17 Prozent aus;in Zentralmosambik sind es teilweise über 30 Prozent. Das bedeutet, dass in dem südafrikanischen Land bei einer Gesamtbevölkerung von 19,3 Millionen Menschen etwa 1,7 Millionen HIV-posi- tiv oder an Aids erkrankt sind.Wie in an- deren afrikanischen Staaten hat Aids auch in Mosambik die in Jahrzehnten er- reichten Fortschritte bei der Verringe- rung der Kindersterblichkeit und im An- stieg der Lebenserwartung zunichte ge- macht. Die durchschnittliche Lebenser- wartung beträgt 39 Jahre. Seit Ausbruch der Epidemie starben bis zu 1,5 Millio- nen Menschen an den Folgen der Im- munschwäche.

1999 begannen Fachleute der Ge- meinschaft Sant’Egidio und des mosam- bikanischen Gesundheitsministeriums mit der Entwicklung eines Programms zur Bekämpfung von HIV/Aids. Die Zu- sammenarbeit bewirkte eine Abkehr von der langjährigen Verleugnungspolitik.

Für den verantwortungsvolleren Um- gang mit HIV/Aids steht die medien-

Aids in Mosambik

Antiretrovirale Therapie erfolgreich

Das DREAM-Programm der Gemeinschaft Sant’Egidio belegt die Wirksamkeit von HAART in Entwicklungsländern. Doch es fehlt an Geld und klaren Konzepten.

Fotos:Dieter Wenderlein

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wirksame Ankündigung von Gesund- heitsminister Francisco Songane im No- vember 2001, für Aids-Kranke künftig antiretrovirale Medikamente zur Verfü- gung zu stellen. Dieser Wandel in der Aids-Politik war Voraussetzung für das DREAM-Projekt (Drug Resource En- hancement against Aids and Malnutri- tion), das die Versorgung Aids-Kranker mit antiretroviralen Arzneimitteln si- cherstellt.

Konzept der Satellitenzentren

DREAM hat zwei Komponenten: die antiretrovirale Therapie (HAART) für Aids-Patienten und die medikamentöse Prophylaxe der Mutter-Kind-Übertra- gung. Die antiretrovirale Therapie liegt in den Händen von einheimischen Ärz- ten, Krankenpflegepersonal und Labor- technikern, die regelmäßig von europäi- schen Fachleuten fortgebildet werden.

Um Parallelstrukturen zu vermeiden, sind alle DREAM-Zentren an bestehen- de staatliche Gesundheitseinrichtungen angegliedert.

Um HAART und Transmissionspro- phylaxe durchführen zu können, wurden in den drei großen städtischen Zentren des Landes, in Maputo/Matola im Süden, in Beira in Zentralmosambik und in Nampula im Norden, jeweils folgende medizinische Einrichtungen aufgebaut:

> molekularbiologische Labors zur Diagnostik (CD4/CD8-Zellzahl, Virus- last) nach westlichen Standards,

> Tageskliniken und Sozialstationen zur häuslichen Krankenpflege, in denen HIV/Aids-Patienten auch medika- mentös versorgt werden,

>Entbindungsstationen für HIV-posi- tive Schwangere zur Prophylaxe der Mutter-Kind-Übertragung (Mother and Child Prevention and Care, MCPC).

Seit Februar 2002 können sich die Pa- tienten im Rahmen von DREAM frei- willig und unentgeltlich einem HIV-Test unterziehen, Beratungsleistungen und HAART in Anspruch nehmen sowie op- portunistische Infektionen, sexuell über- tragbare Krankheiten und Malaria be- handeln lassen.

Zur Prophylaxe der Mutter-Kind- Transmission hat die Gemeinschaft Sant’Egidio in Gesundheitszentren mit Entbindungsstation Ambulanzen aufge-

baut, in denen sich Schwangere im Rah- men von Vorsorgeuntersuchungen auf HIV testen lassen können und im Fall ei- ner Infektion in das MCPC-Programm aufgenommen werden. Intensive psycho- soziale Beratung ist Standard. Als Mut- ter-Kind-Prophylaxe erhalten die Frauen ab der 25. Schwangerschaftswoche bis sechs Monate nach der Geburt HAART (2 × 300 mg AZT + 2 × 150 mg 3TC + 2 × 200 mg NVP); dem Neugeborenen wer- den innerhalb von 72 Stunden post par- tum einmalig 2 mg/kg NVP verabreicht.

Mit der zeitlich begrenzten Trippel- Therapie der Mutter, unabhängig von ihrem immunologischen und virologi- schen Status, kann im Gegensatz zur

„Ultrakurz-Prophylaxe“ (1 × 200 mg NVP für die Mutter zu Beginn der We- hen, 1 × 2 mg/kg innerhalb von 72 Stun- den für das Kind [5]) die vertikale Transmission längerfristig reduziert und das Risiko von Resistenzen mini- miert werden. Den Müttern wird emp- fohlen abzustillen. Sie erhalten Baby-

nahrung, einen Wasserfilter zur Verbes- serung der Trinkwasserqualität und Ma- larianetze für sich und das Kind. Mutter und Kind bleiben im DREAM-Pro- gramm und erhalten im Bedarfsfall HAART. Programme zur Prävention der vertikalen Transmission, die keine antiretrovirale Therapie der Mutter vorsehen, hält die Gemeinschaft Sant’Egidio für ethisch nicht vertretbar.

Im Rahmen des Mutter-Kind-Pro- gramms sind bislang mehr als 800 Kin- der geboren worden, weniger als vier Prozent von ihnen sind HIV-positiv; oh-

ne die Aids-Medikamente wären es ver- mutlich über 30 Prozent (Stand: No- vember 2004).

Angesichts des Ausmaßes der Aids- Katastrophe ist die Zusammenarbeit möglichst vieler staatlicher, kirchlicher und privater Organisationen nötig. Des- halb wurde im Rahmen von DREAM das Konzept der so genannten Satelli- tenzentren entwickelt: Ausgehend von den Zentren in den drei wichtigsten Städten Mosambiks wird ein Netz von Gesundheitsstationen und Kranken- häusern aufgebaut, in denen Menschen mit HIV/Aids angemessen medizinisch versorgt werden. Staatliche und kirchli- che Gesundheitszentren können die In- frastruktur von DREAM nutzen, um selbst mit HIV-Tests, Gesundheitserzie- hung und HAART zu beginnen. In Süd- und Zentralmosambik haben sich be- reits sechs Satellitenzentren angeschlos- sen, weitere sollen folgen. Geplant sind auch Kooperationen mit Gesundheits- einrichtungen in Malawi, Angola, Tan- sania, Guinea Co- nakry und Guinea Bissau.

In den DREAM- Zentren haben sich inzwischen über 12 000 Menschen auf HIV testen und be- raten lassen, mehr als 5 500 HIV-Infi- zierte sind in das Programm aufge- nommen worden, et- wa 2 300 von ihnen erhalten HAART.

Erste klinische Daten der DREAM- Kohorte (n = 443, da- von 70 Prozent Frau- en) wurden bei der 10. Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections 2003 in Boston vorgestellt (6).

Kriterien für den Beginn von HAART waren ein symptomatisches Aids-Sta- dium, eine CD4-Zellzahl unter 200 Zel- len/µl oder CD4-Werte unter 350/µl und eine Viruslast über 100 000 c/ml; auf- genommen wurden ebenfalls alle HIV- positiven Schwangeren ab der 25.

Schwangerschaftswoche.

Die Patienten des HAART-Arms (n = 212) und die der historischen Kon- trollgruppe (n = 231) entstammten dem- Das Kind leidet an Aids, die Mutter ist HIV-infiziert. Bis zu 1,5 Millio-

nen Menschen sind in Mosambik bereits an den Folgen gestorben.

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selben Bevölkerungskollektiv; sie unter- schieden sich nicht signifikant in den La- bor-Parametern (Hämoglobin, Eisen,Al- bumin, Transaminasen, Blutzucker), in Gewicht und Alter, CD4-Zellzahl und Viruslast. Die Daten der Kontrollgruppe stammen aus der Initialphase des Pro- gramms, als noch keine Antiretroviralia zur Verfügung standen.

Gemäß den WHO-Richtlinien zur an- tiretroviralen Therapie in ressourcenar- men Ländern (7) erhielten die Aids-Patienten zwei nukleosidi- sche Reverse-Transkriptase-Hem- mer sowie einen nichtnukleosi- dischen Reverse-Transkriptase- Hemmer oder einen Proteasein- hibitor: Als First-line-Therapie wurden zweimal täglich Zido- vudin, Lamivudin und Nevirapin (2 × 300 mg AZT + 2 x 150 mg 3TC + 2 × 200 mg NVP) gegeben.

Bei anämischen Patienten ersetz- te man AZT durch Stavudin (gewichtsadaptiert 2 × 30 mg be- ziehungsweise 2 × 40 mg d4T);

fünf Patienten mussten wegen Rush von Nevirapin auf Indinavir um- gestellt werden.

Die Medikationen der First- und Sec- ond-line-Therapie wurden als Kombina- tions-Tabletten verabreicht, die AZT be- ziehungsweise d4T, 3TC und NVP in ei- ner Formulierung enthalten. Es handelt sich dabei um in Indien produzierte Ge- nerika, die nach Mosambik importiert werden.

Viele HIV-Infizierte sind Kinder

Im Vergleich zur Kontrollgruppe war bei den Patienten unter HAART nach 16 Wochen das Mortalitätsrisiko um 80 Pro- zent gesunken, bei der Untergruppe der Patienten mit CD4-Werten unter 200/µl sogar um 85 Prozent. Dagegen zeigte sich eine erhöhte Mortalität bei älteren und symptomatischen Patienten. Faktoren für eine signifikante Verringerung der Mortalität waren HAART, eine höhere CD4-Zellzahl zu Beginn der Therapie, bessere Hämoglobin-Werte und ein höheres Körpergewicht. Bei drei der HAART-Patienten traten schwere Ne- benwirkungen auf (zwei Fälle von Ste- vens-Johnson-Syndrom, eine Hepatitis).

Die aktuellen Daten der DREAM- Studie, die anlässlich der 11. Conference on Retroviruses and Opportunistic In- fections im Februar dieses Jahres in San Francisco vorgestellt wurden, bestätigten die positiven Ergebnisse von HAART unter mosambikanischen Bedingungen (8). Bis August 2003 waren 802 HIV-infi- zierte Erwachsene (davon 510 Frauen) und 215 Kinder in die DREAM-Kohorte aufgenommen: 68,2 Prozent der Erwach-

senen wiesen CD4-Werte kleiner 200/µl auf, mehr als ein Drittel befand sich im WHO-Stadium 3 bis 4. In den HAART- Arm wurden symptomatische Patienten aufgenommen und asymptomatische Pa- tienten mit einer CD4-Zellzahl unter 200/µl oder mit einem CD-Wert zwischen 200 bis 350/µl und einer Viruslast über 55 000 Kopien/ml. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen und 75 Kinder began- nen mit HAART. Der durchschnittliche Follow-up betrug bei den Erwachsenen 290, bei den Kindern 92 Tage.

Der Anteil der Erwachsenen mit CD4- Werten kleiner 200/µl sank innerhalb ei- nes Jahres unter HAART von 68,2 Pro- zent auf 22,5 Prozent; bei etwa 75 Prozent von ihnen ließ sich die Viruslast unter die Nachweisgrenze von 50 Kopien HIV- RNA/ml senken. Auch bei den Kindern zeigte sich unter HAART eine Verringe- rung der Viruslast, die CD4-Zellen erhol- ten sich: Durchschnittlich sank die Virus- last um 5,2 log Stufen HIV/RNA (IQ: 4,3 to 5,6 log), die CD4-Zellen nahmen um 10,1 Prozent zu (IQ: 3,8 to 19,1). Die Mor- talität der Erwachsenen sank auf 12,5, die der Kinder auf 11,2 Prozent. Eine multi- variante Faktorenanalyse nach dem Cox- Modell ergab als unabhängige Faktoren

für längeres Überleben Hämoglobin, CD4-Zellen und Viruslast sowie HAART (jeweiliges Risiko 2.34, 1.41, 1.74 und 2.98; p < 0.001). Bei den Kindern waren die Daten ähnlich, mit Untergewicht als weiterem Risikofaktor.

In der Öffentlichkeit gilt als Haupt- problem bei der Bekämpfung von HIV/

Aids der unzureichende Zugang zu Me- dikamenten. Diese Betrachtung greift je- doch zu kurz. Denn bevor überhaupt an- tiretrovirale Arzneimittel eingesetzt wer- den können, muss in umfangreichen und kostenintensiven Vorarbeiten eine funk- tionierende Infrastruktur geschaffen werden. Dazu gehören

>die Aus- und Fortbildung von einhei- mischen Ärzten, Pflegepersonal, Sozial- arbeitern, Labortechnikern

>die Einrichtung von Labors

>die Organisation der Gesundheits- einrichtungen (Tageskliniken, häusliche Krankenpflege, Entbindungsstationen mit pädiatrisches Ambulanzen)

>der Aufbau einer belastbaren Logi- stik (Fahrdienste, Elektrizität, EDV-Pro- gramme zur Verwaltung der Patientenda- ten)

>die Verfügbarkeit von Aids-Medika- menten und der Aufbau einer Apotheke sowie

>Qualitätskontrolle und wissen- schaftliche Auswertung der klinischen Daten.

Der Mangel an Personal ist eine der entscheidenden Herausforderungen – in Mosambik kommen auf knapp 20 Millio- nen Einwohner 450 Ärzte. Ein weiteres grundlegendes Problem ist die antiretro- virale Therapie von Kindern: In Afrika stellen Neugeborene und Kinder mit HIV/Aids eine sehr große Patienten- gruppe dar. HAART ist bei Kindern in Entwicklungsländern zwar prinzipiell durchführbar, in der Praxis aber proble- matisch,da kaum Daten zur Wirksamkeit unter den in Entwicklungsländern herr- schenden Bedingungen vorliegen und geeignete pädiatrische Zubereitungen von Aids-Medikamenten fehlen. Diese sollten als Kombinationspräparate alle drei Wirkstoffe enthalten, in flüssiger Form applizierbar, einfach dosierbar so- wie unter schlechten hygienischen Be- dingungen und bei tropischen Tempera- turen ausreichend stabil sein. Die Kosten der First-line-Aids-Medikamente im Laborarbeit: Voraussetzung für die antiretrovirale

Therapie ist eine funktionierende Infrastruktur.

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DREAM-Programm sanken im Laufe der Zeit auf unter 200 Dollar je Patient und Jahr – berechnet man alle weiteren Kosten mit ein, kommt man auf etwa 600 Dollar. Mit weiteren Preissenkun- gen bei Aids-Medikamenten ist zu rech- nen. Ein entscheidender Kostenfaktor in der antiretroviralen Therapie ist die HIV-Diagnostik (Schnelltests, Test-Kits zur Bestimmung der Viruslast und CD4/CD8-Zellen). Neben der berech- tigten Forderung, die Preise für Aids- Medikamente insbesondere in der Sec- ond line weiter zu senken, sind eine Reduktion der Preise für HIV-Diagno- stika und die Entwicklung von diagno- stischen Methoden, die den Anforde- rungen in Entwicklungsländern ent- sprechen, dringend erforderlich. Hier leistet in Deutschland unter anderem das Aktionsbündnis gegen Aids wert- volle Lobby-Arbeit (9).

Die Ergebnisse der DREAM-Studie belegen Durchführbarkeit und Wirk- samkeit von HAART in Mosambik; da- mit hat das Programm Modell-Charak- ter für andere afrikanische Hochpräva- lenzländer. Die verbreitete Annahme, dass die antiretrovirale Therapie in Afri- ka aufgrund des niedrigen Bildungsni- veaus sowie der kulturellen und sozialen Unterschiede zu den Industrieländern nicht möglich ist, hat sich damit als falsch erwiesen. Durch intensive Beratung ge- lingt es, bei den Patienten ein Bewusst- sein für die HIV/Aids-Problematik zu wecken. Die Aussicht, im Fall einer HIV- Infektion oder einer Aidserkrankung medizinische Hilfe zu erhalten, motiviert die Patienten, mit beeindruckender Ge- wissenhaftigkeit und großem Verant- wortungsbewusstsein den Kampf aufzu- nehmen; sie befolgen die ärztlichen Empfehlungen genau und nehmen ihre Medikamente regelmäßig ein: Die Com- pliance von 94 Prozent ist mit der in Eu- ropa vergleichbar. Die antiretrovirale Therapie wäre in Entwicklungsländern sogar bezahlbar, wenn die Industrielän- der zu mehr Engagement im Kampf ge- gen die Aids-Pandemie bereit wären.

Dieter Wenderlein E-Mail: wenderlein_d@apotheke.uni-wuerzburg.de Giuseppe Liotta, Leonardo Palombi

F

ür den praktisch tätigen Arzt wird es immer schwieriger, qualitativ hoch- wertiges und für ihn relevantes Wis- sen aus der Menge an Informationen herauszufiltern. Evidenzbasierte Leitli- nien können diese Aufgabe erleichtern, vorausgesetzt, sie sind zeitnah abrufbar.

Das Internet bietet diesen Vorteil einer zeitlichen und räumlichen

Flexibilität. Durch den wach- senden Zuspruch zu diesem Medium wird voraussichtlich auch ein beachtlicher Teil der ärztlichen Fortbildung online stattfinden. Diese Entwick- lung soll ein neues qualitäts- geprüftes Angebot unterstüt- zen – www.leitlinien-wissen.de –, eine Kooperation zwischen Bundesärztekammer, Kassen- ärztlicher Bundesvereinigung, dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) und dem medizinischen Wis-

sensnetzwerk evidence.de der Univer- sität Witten/Herdecke (evidence).

Das GKV-Modernisierungsgesetz verpflichtet Vertragsärzte und Kran- kenhausärzte zur regelmäßigen Fortbil- dung. Der Nachweis ist alle fünf Jahre der zuständigen Kassenärztlichen Ver- einigung vorzulegen.Als Grundlage des Fortbildungsnachweises dient das Fort- bildungszertifikat der Ärztekammern.

Vertragsärzte, die seit dem 30. Juni 2004 zugelassen sind, müssen den Fortbil-

dungsnachweis erstmals ab dem 30. Juni 2009 erbringen, andernfalls drohen Ho- norarkürzungen bis hin zum Entzug der Kassenzulassung. Diesen Anforderun- gen hat der 107. Deutsche Ärztetag im Mai 2004 in Bremen Rechnung getra- gen und die obligatorische Fortbildung weiter ausdifferenziert. Interaktive Me-

dien wie CD-ROM oder Internet (Ka- tegorie D) sind demzufolge ein wichti- ger Bestandteil der kontinuierlichen beruflichen Entwicklung.

Die Fortbildungsinhalte basieren auf den Nationalen Versorgungsleitlinien (NVL) und Clearingberichten, die vom ÄZQ und den beteiligten Fachgesell- schaften, Experten und Verbänden er- stellt werden. Zusätzlich zur ärztlichen Fort- und Weiterbildung soll die Platt- form dazu beitragen, die NVL zu ver- breiten und die Versorgungsqualität zu verbessern (Kasten).

Ärzte, Apotheker und Gesundheits- wissenschaftler des medizinischen Wis- sensnetzwerks evidence.de der Univer- sität Witten/Herdecke entwickeln die

Online-Fortbildung

Realitätsnah lernen

Die Fortbildungsplattform Leitlinien-Wissen.de soll dazu beitragen, evidenz- und leitlinienbasiertes Wissen in die Praxis zu tragen und das lebenslange Lernen zu fördern.

Horst Christian Vollmar1, Hanna Kirchner2, Nik Koneczny1, Justina Engelbrecht3 Wilfried Kunstmann3, Cornelia-Christine Schürer-Maly1

Susanne Löscher1, Lothar Heymans2, Martin Butzlaff1, Günter Ollenschläger2

1Medizinisches Wissensnetzwerk evidence.de der Uni- versität Witten/Herdecke

2Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin

3Bundesärztekammer, Dezernat Fortbildung und Ge- sundheitsförderung, Berlin

Abbildung 1: Startseite www.leitlinien-wissen.de

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit5104 abrufbar ist.

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Literatur

1. Aids epidemic update 2004; unter www.unaids.org/

wad2004/report.html.

2. De Cock KM et al.: Prevention of mother-to-child- transmission in resource-poor countries. Jama 2000;

283: 1175–82.

3. World Health Organisation – The 3 by 5 Initiative, un- ter www.who.int/3by5/en/.

4. Unaids-Epidemiological fact sheets on HIV/Aids and sexually transmitted infections – Mozambique, 2004 Update; unter www.unaids.org/en/geographical+area/

by+country/mozambique.asp.

5. Guay LA et al.: Intrapartum and neonatal single-dose nevirapine compared with zidovudine for prevention of mother-to-child transmission of HIV-1 in Kampala, Uganda: HIVNET 012 randomised trial. Lancet 1999:

795–802.

6. Emberti Gialoretti L et al.: Increase in survival in HIV-1- infected subjects in Matola, Mozambique, after the in- troduction of combination therapy with generic-ma- nufactured antiretrovirals: preliminary results from the DREAM cohort. Presented at the 10th Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections, Boston, 10.–14.02.2003.

7. WHO Guidelines for a Public Health approach: Scaling up antiretroviral therapy in resource-limited settings.

April 2002; unter www.who.int/docstore/hiv/scaling/.

8. Palombi L et al.: One Year of HAART in Mozambique:

Survival, Virological, and Immunological Results of DREAM Project in Adults and Children. Presented at the 11th Conference on Retroviruses and Opportuni- stic Infections (CROI), San Francisco, 08.–10.02.2004;

www.retroconference.org/2004/cd/Abstract/148.htm.

9. Homepage des Aktionsbündnisses gegen Aids:

www.aids-kampagne.de.

Literaturverzeichnis Heft 51-52/2004

Aids in Mosambik

Antiretrovirale Therapie erfolgreich

Referenzen

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