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Archiv "Gesundheitstelematik: Der Arzt des Vertrauens ist gefragt" (02.12.2005)

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Das Jenaer Institut für Anatomie hat sich mit diesen Empfehlungen auseinan- der gesetzt und die ersten notwendigen Konsequenzen gezogen.

Die Einlieferung von Opfern der NS- Verbrechen in die Anatomischen Insti- tute erfolgte aufgrund einer Verordnung des Reichsministeriums für Wissen- schaft, Erziehung und Volksbildung vom 19. Februar 1939. Diese regelte, dass die Leichen der Hingerichteten dem Anato- mischen Institut der jeweils nächstgele- genen Universität überlassen werden sollten. Ähnliche Ereignisse, wie für Jena beschrieben, sind daher auch von ande- ren deutschen Universitäten bekannt, wie beispielsweise von Tübingen (13), Wien (14–16), und Halle (17).

Wie die anatomische Fachliteratur aus den 1940er-Jahren belegt, benutzten Anatomen in mehreren Anatomischen Instituten des Deutschen Reichs „Mate- rial“ von frisch Hingerichteten für For- schungszwecke (18). Zum Teil wurden die Leichen ausdrücklich für Forschungs- zwecke angefordert (18, 19), oder Ver- urteilte wurden vor der Hinrichtung durch Anatomen untersucht, oder es wurden ihnen pharmakologische Sub- stanzen verabreicht (18). Solche Vorgän- ge sind für Jena nicht bekannt. Deutlich wird aber, wie schnell in einem Staat, in dem Menschenrechte missachtet wer- den, die Würde der Toten auch an Ana- tomischen Instituten verletzt werden kann. Heute werden an die Anatomi- schen Institute nur Verstorbene über- führt, die zu Lebzeiten ihren Körper frei- willig, unentgeltlich und testamentarisch der anatomischen Lehre und Forschung zur Verfügung gestellt haben. Eine sol- che Regelung minimiert die Gefahr, dass Leichen aus einem Unrechtskontext heraus an die Anatomischen Institute gelangen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2005; 102: A 3322–3325 [Heft 48]

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 48⏐⏐2. Dezember 2005 AA3325

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4805 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Christoph Redies Institut für Anatomie I

Universitätsklinikum Jena 07740 Jena

E-Mail: redies@mti.uni-jena.de

D

er DAU – der ,Dümmste An- zunehmende User‘ – muss Aus- gangspunkt und Maßstab für jede Anwendung der elektronischen Ge- sundheitskarte sein.“ Harald Flex, Ge- schäftsführer der gematik GmbH, die als Betriebsgesellschaft der Selbstver- waltung für den Aufbau der Telematik- infrastruktur zuständig ist, stößt mit un- verblümten Äußerungen häufiger auf Widerspruch. Für diese erhält er jedoch stets Beifall, so auch bei einem von Eu- roforum veranstalteten Telematik-Kon- gress Anfang November in München.

Wie lassen sich einfache Handhabung der Technik, Datenschutz und Nutzer- akzeptanz praktisch miteinander ver- einbaren? Dies war eines der zentralen Themen des Kongresses.

Freiwilligkeit

Einig sind sich Daten- und Verbraucher- schützer darin, dass die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) nicht zu einer Verschlechterung der Patientenrechte führen darf. „Gesund- heitsdaten gehören zu den sensibelsten personenbezogenen, aber auch durch das Datenschutzrecht besonders stark geschützten Daten überhaupt“, betonte Jürgen H. Müller, Leiter der Projekt- gruppe Elektronische Gesundheitskar- te beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz. Eingriffe in das informa- tionelle Selbstbestimmungsrecht seien

nur möglich aufgrund eines Gesetzes oder einer persönlichen Einwilligung.

Aus der Sicht des Datenschutzes spielt der Aspekt der Freiwilligkeit bei der Einführung der eGK eine entscheiden- de Rolle, denn abgesehen vom elektro- nischen Rezept und der Aktualisierung der Versichertenstammdaten sind die meisten Anwendungen der eGK für den Versicherten freiwillig. Hierzu zählen unter anderem die elektronische Patien- tenakte (ePA), die Arzneimitteldoku- mentation und der Notfalldatensatz. In die Nutzung dieser Anwendungen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt schrittweise in die Telematikinfrastruk- tur integriert werden sollen, muss der Versicherte jeweils einwilligen.

Darüber hinaus hat der Patient die Datenhoheit über die im Rahmen der freiwilligen Anwendungen erhobenen Daten. Das heißt, er kann bestimmen, welche Gesundheitsdaten beispielsweise in seiner ePA gespeichert und welche gelöscht werden. „Allerdings kann er nicht beliebig einzelne Teile eines Be- fundes aus seiner Akte entfernen, son- dern muss beispielsweise den Labor- bericht als Ganzes entweder aufnehmen oder herausnehmen“, erläuterte Müller.

Außerdem kann der Patient darüber entscheiden, ob und welche Gesund- heitsdaten er einem Leistungserbringer zugänglich macht, indem er – voraus- sichtlich über die PIN seiner Gesund- heitskarte – die Zugriffe der Heilbe- rufler autorisiert. „Die Möglichkeit von

Gesundheitstelematik

Der Arzt des Vertrauens ist gefragt

Die Nutzerperspektive muss bei den Anwendungen der elektronischen Gesundheits- karte stärker berücksichtigt

werden.

Der Arzt ist gefordert, den Patienten über die Risiken einer unvollständigen Informations- weitergabe aufzuklären.

Foto:Barbara Krobath

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individuellen Zugriffsverweigerungen und -öffnungen, die sich aus der Daten- hoheit und -souveränität des Patienten ableiten, bedeutet auch, dass dies medi- zinische Folgewirkungen haben kann, wenn der Patient dem Arzt Informatio- nen bewusst vorenthält“, kommentierte Dr. Stefan Etgeton, Verbraucherzentra- le Bundesverband e.V. Dennoch müsse der Patient dieses Recht haben und gegebenenfalls die Konsequenzen dar- aus tragen. Ähnlich sieht das der Da- tenschutz: „Der Gesetzgeber hat sich grundsätzlich dafür entschieden, die Vollständigkeit der Patientenakte zu- gunsten der Freiwilligkeit der Nutzung hintanzustellen“, so Müller. Im Ver- gleich zur heutigen Situation, in der der Arzt nur auf die Angaben des Patienten angewiesen sei, erhöhe sich der Infor- mationsumfang dennoch beträchtlich.

Sein Fazit: „Die Gesundheitskarte wird den Ärzten einen sehr großen Nutzen bringen, weil sie den Informationsaus-

tausch beschleunigt und dazu beiträgt, dass Behandlungsfehler vermieden wer- den. Aber sie ersetzt die Ärzte nicht, denn diese müssen Anamnesedaten weiterhin selbst erheben. Auch können Patientenakten oder Arzneimitteldoku- mentation unvollständig sein.“

Patientenakte versus Primärdokumentation

Die ePA enthält als strukturierte IT- gestützte medizinische Dokumentation eines Versicherten seine zu unterschied- lichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten erhobenen Gesundheitsdaten. Sie soll einrichtungsübergreifend einen pro- blemorientierten Überblick über die Krankengeschichte ermöglichen und ist nicht zu verwechseln mit der Primärdo- kumentation in der Arztpraxis oder im Krankenhaus. Diese bleibt – von der ePA und der eGK unberührt – im Verfügungs-

bereich des Leistungserbringers. Nur bei der ePA kann der Versicherte somit von seinem Recht auf Mitbestimmung Ge- brauch machen, indem er mit dem Arzt seines Vertrauens – in der Regel dem Hausarzt – gemeinsam festlegt, welche Daten auf der Karte beziehungsweise in der ePA gespeichert und wem sie zu- gänglich gemacht werden sollen. Hier sei der Arzt gefordert, den Patienten über die Konsequenzen einer unvollständigen Akte oder Informationsweitergabe auf- zuklären, denn „die ePA wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie möglichst voll- ständig ist“, betonte Dr. jur. Jürgen Faltin, Ministerium für Arbeit, Soziales, Famile und Gesundheit Rheinland-Pfalz.

Außerdem seien finanzielle Anreize für Ärzte und Patienten erforderlich, damit die ePA auch genutzt werde.

Auf seine medizinischen Daten kann der Patient grundsätzlich nur zugreifen, wenn ein Heilberufsausweis und eine eGK vorhanden sind.Sämtliche Zugriffe, so auch Löschvorgänge, werden proto- kolliert. Ob die Protokollierung auf der Karte oder auf einem Server gespeichert wird, ist noch nicht geklärt. Diese Schutzvorschriften hat der Gesetzgeber vorgesehen, um Missbrauch, zum Bei- spiel beim Abschluss von Versicherungs- oder Arbeitsverträgen, zu verhindern.

Ausgenommen hiervon ist lediglich der Zugriff auf das Patientenfach, in das der Patient seine ePA oder auch nur Teile daraus spiegeln lassen kann. Auf dieses kann der Patient zugreifen, ohne dass dafür ein Heilberufsausweis erfor- derlich ist.Allerdings muss er dafür über eine qualifizierte Signatur verfügen. Mit dem Patientenfach lässt sich relativ ein- fach das Leserecht des Versicherten nicht nur in geschützten Umgebungen, wie etwa an Kiosken in der Arztpraxis oder im Krankenhaus, realisieren, son- dern auch am privaten PC. „Aus Sicht des Verbraucherschutzes bietet es eine gute Möglichkeit, die reale Umsetzung der Patientenrechte zu verbessern“, meinte Etgeton. Allerdings müsse bei den Anwendungen der eGK die Nutzer- perspektive zum Beispiel im Hinblick auf unterschiedliche Nutzertypen noch stärker berücksichtigt werden, damit der „DAU“ aufgrund der Komplexität der Verfahren letztlich nicht doch Ab- striche beim Datenschutz mache, for- derte er. Heike E. Krüger-Brand T H E M E N D E R Z E I T

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A3326 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 48⏐⏐2. Dezember 2005

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ie elektronische Patientenakte ist das, was den Ärzten im Alltag den meisten Nutzen bringt“, ist Dr. med. Michael Siegert über- zeugt. Als Beispiele nennt er die verbesserte Dokumentation, den rascheren Informations- fluss sowie Vorteile bei der Qualitätssicherung.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin ist ärztlicher Projektleiter im Modellversuch Elektronische Gesundheitskarte Rheinland-Pfalz (www.ge sundheitskarte-rlp.de). Im Rahmen der Akti- vitäten des Landes zur Einführung der elek- tronischen Gesundheitskarte (eGK) engagiert sich dieser Projektverbund seit November 2004 in der Region Trier. Projektträger sind das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz und die Compugroup Health Services GmbH als Industriepartner.

Um die Akzeptanz für die neue Technologie zu fördern, hat man sich in Rheinland-Pfalz entschieden, nicht die Pflichtanwendungen

der eGK, sondern die arztgeführte einrich- tungsübergreifende Patientenakte in den Mit- telpunkt des Projektes zu stellen. „Wir werden uns als Modellregion mit dem gesamten Spek- trum der Gesundheitskarte – den Plichtanwen- dungen, aber vor allem auch den freiwilligen Anwendungen, wie Notfalldaten und Patienten- akte – bewerben. Das Ziel ist, den Nutzen von Anfang an deutlich zu machen“, betonte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer bei einer Projektpräsentation in Berlin. Für die 2006 geplanten Tests mit bis zu 10 000 Versicherten werden voraussichtlich vier Modellregionen ausgewählt.

In Trier und Umgebung beteiligen sich inzwi- schen 45 Arztpraxen und zwei Krankenhäuser an dem Projekt. 530 Patienten nutzen die vita-X- Gesundheitskarte. Diese ermöglicht über eine PIN-Eingabe den Zugang zur vita-X-Patienten- akte. In diese Akte kann der Arzt in Abstimmung mit seinem Patienten medizinische Informa- tionen, wie Befunde, Diagnosen, Labordaten, Röntgenbilder und Arztbriefe, ablegen. Die me- dizinischen Daten werden aus der Karteikarte des Arztes übernommen, mit der Gesundheits- karte verschlüsselt und ohne Bezug zu den Per- sonendaten auf einem zentralen Server in einem Trustcenter gespeichert. Die Datenübertragung erfolgt über eine sichere VPN-Verbindung. Eine Arztpraxis, die an dem Projekt teilnehmen will, muss rund 1 500 Euro für die technische Aus- stattung sowie 25 Euro monatlich für Verbin-

dungskosten aufwenden. KBr

Patientenakte vita-X

Nutzen von Anfang an

Rheinland-Pfalz testet die

elektronische Patientenakte.

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