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Archiv "Onkologische Therapie des Mannes: Prophylaxe von späteren Fertilitätsstörungen" (10.05.1996)

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Bereits 1990 rief die Weltgesund- heitsorganisation dazu auf, die gene- relle Impfung gegen Hepatitis B in al- len Ländern der Welt einzuführen.

Viele westliche Industrieländer sind diesem Aufruf schon längst gefolgt, zum Beispiel USA, Frankreich oder Italien. Seit Oktober 1995 ist die Imp- fung gegen Hepatitis B auch Bestand- teil des Säuglings-Impfplans der Stän- digen Impfkommission (STIKO). Die Umsetzung dieser Empfehlung muß nun in Deutschland rasch vorange- trieben werden.

Hohe Dunkelziffer

In Deutschland werden derzeit pro Jahr etwa 5 000 bis 6 000 akute Erkrankungen an Hepatitis B gemel- det. Man schätzt jedoch, daß jährlich tatsächlich 25 000 bis 50 000 Personen an akuter Hepatitis B erkranken, da die Meldemoral schlecht ist und viele Patienten wegen fehlender Sympto- me gar nicht zum Arzt kommen. Bei zehn Prozent der erwachsenen Pati- enten, die sich mit dem Hepatitis-B- Virus infizieren, entwickelt sich eine chronische Hepatitis mit dem Risiko von Leberzirrhose und Leberzellkar- zinom. Als Ursache hierfür erscheint ein Virusprotein (Hbx) verantwort- lich. Dieses soll eine Kaskade ver- schiedener Reaktionen innerhalb der Leberzelle anstoßen. Hierbei kommt es zu einer Regulations- störung wachstumsrelevanter Gene, und die Zelle verliert die Kontrolle über ihr Wachstum.

Besonders Kinder neigen zu ei- ner chronischen Verlaufsform; 90 Prozent der infizierten Säuglinge ent- wickeln eine chronische Hepatitis B.

Diese Rate nimmt mit zunehmendem Alter langsam ab, so daß im zehnten Lebensjahr etwa zehn Prozent der Kinder HBV-infiziert sind. Dieser Wert bleibt auch bei den Erwachse- nen stabil. Aufgrund der durch die

Hepatitis B hervorgerufenen gesund- heitlichen Einschränkungen als auch der damit verbundenen volkswirt- schaftlichen Kosten wird von seiten der STIKO empfohlen, Neugeborene im dritten Lebensmonat erstmalig ge- gen Hepatitis B zu impfen. Eine zwei- te Hepatitis-B-Vakzination sollte ab Beginn des fünften Lebensmonats –

also zwei Monate später – erfolgen, und die Abschlußimpfung sollte ab Beginn des 13. Lebensmonats durch- geführt werden.

Risiko nimmt mit Partnerwechsel zu

Bei ungeimpften Jugendlichen – wovon im Regelfall auszugehen ist – wird empfohlen, zu Beginn der Ge- schlechtsreife, das heißt ab dem 13.

Lebensjahr, eine Hepatitis-Grundim- munisierung nach dem Schema für Erwachsene durchzuführen. Hierbei ist eine Impfung im Abstand von vier beziehungsweise 26 Wochen erfor- derlich. Aus epidemiologischer Sicht

ist es geradzu notwendig, Jugendliche gegen Hepatitis B zu impfen, da Ju- gendliche schon meist frühzeitig erste sexuelle Erfahrungen machen. Auch häufiger Partnerwechsel ist nicht sel- ten. Hierdurch steigt das Hepatitis-B- Risiko überdurchschnittlich an. Zu- dem ist festzustellen, daß zwischen 20 und 30 Prozent der chronischen In- fektionen bereits im Kindesalter ak- quiriert werden. Deshalb muß eine Prophylaxe schon so bald als möglich, das heißt im Säuglingsalter, einsetzen.

Weitere Studien belegen, daß in wirtschaftlich entwickelten Ländern bis zu 75 Prozent aller Hepatitis-B-In- fektionen zwischen dem 14. und 25.

Lebensjahr erworben werden. Daher

ist es sinnvoll, Jugendliche im präpu- bertären Alter gegen Hepatitis B zu schützen.

Neben den gesundheitlichen Ein- schränkungen durch die Hepatitis B ist auch der volkswirtschaftliche Nut- zen nicht von der Hand zu weisen, da die durchschnittliche Behandlung ei- ner Hepatitis B zirka 50 000 DM be- trägt. Dies entspricht den Äquiva- lenzkosten von etwa 500 Impfdosen.

So haben sich im Jahre 1995 laut Jahresstatistik des RKI insgesamt 5 966 Menschen eine Hepatitis-B- Infektion zugezogen. Multipliziert man diese Anzahl mit 50 000 DM, so ergeben sich Gesamtkosten von 289 Millionen DM für die medizi- nische Behandlung und den Arbeits- A-1246 (30) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 19, 10. Mai 1996

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Hepatitis-B-Impfung

Vakzination sollte im

Säuglingsalter beginnen

Zum Schutz der Säuglinge empfehlen Länder der ganzen Welt eine Reihe von gut wirksamen Vakzinen

Foto: SmithKline Beecham

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ausfall allein für die akute Hepa- titis B.

Berechnet man nun anhand die- ser Zahlen die dafür mögliche Impf- aktion, so können unter Berücksichti- gung der Gebührenziffer 252 GOÄ mit 2,3fachem Satz (zehn DM) und der Impfstoffkosten (129 DM) et- wa 2 080 000 Hepatitis-B-Impfungen durchgeführt werden. Dies bedeutet, mit dem in der Zukunft ersparten Geld könnten zirka zwei Drittel eines Geburtsjahres durchgeimpft werden.

In diese Rechnung sind nur die Ko- sten für die Akutbehandlung einge- flossen.

Unter Berücksichtigung der epi- demiologisch erfolgreichen Polio- Impfung ist davon auszugehen, daß bei konsequenter Durchimpfung ein ähnlicher Erfolg bei der Eradikation der Hepatitis B zu erwarten ist. Aus diesem Grund empfehlen die Exper- ten den Krankenkassen, die Kosten der Hepatitis-B-Impfung zu überneh- men und mit dem öffentlichen Ge- sundheitswesen zusammenzuarbei- ten, da es die logistischen Vorausset- zungen für eine Schülerimpfung be- sitzt. Die Verbände der Ersatzkassen haben sich jetzt bereit erklärt, die Ko- sten der Vakzination für Kinder und Jugendliche zunächst zu übernehmen Die Hepatitis B wird hierzulande in 60 bis 70 Prozent der Fälle sexuell übertragen, in zweiter Linie durch Blutkontakte (iv. Drogenmißbrauch).

Bisher beschränkte sich die Hepatitis- B-Impfempfehlung der STIKO auf Risikogruppen, wie Beschäftigte im Bereich Medizin oder Drogenabhän- gige. Die seit 1982 verfügbaren Impf- stoffe gegen Hepatitis B haben laut Prof. Wolfgang Jilg (Regensburg) in- nerhalb der Risikogruppen die Zahl von HBV-Infektionen äußerst wirk- sam gesenkt. Doch auf die Häufigkeit der Erkrankung in der Gesamtbevöl- kerung hat sich dies nicht ausgewirkt.

Will man dies erreichen, muß ei- ne Durchimpfungsrate von 90 Pro- zent der Bevölkerung angestrebt wer- den. Aus strategischen Gründen eig- net sich deshalb nur das Säuglingsal- ter mit seinem ohnehin etablierten Impfprogramm als Impfzeitpunkt.

Spätere Altersgruppen wären sehr viel schlechter zu erfassen.

Dr. med. Angelika Bischoff Dr. med. Henrik Reygers

Die spätere Fertilität männlicher Krebspatienten wird ganz erheblich determiniert durch die Art der Che- motherapie und Radiatio. Fraglich ist, inwieweit eine Prophylaxe von Fruchtbarkeits-Störungen durch hor- monelle Suppression der Sperma- togenese möglich ist; am sichersten erscheint bei nicht abgeschlossener Familienplanung der Rat, Spermien vor der Onkotherapie in einem Kryo- depot einfrieren zu lassen.

Aufbewahren von Samenproben

Dieses Fazit haben die Vorträge bei der 7. Jahrestagung der Deut- schen Gesellschaft für Andrologie na- hegelegt. Auch wenn die Patienten die Kosten für das Tiefkühlen und Aufbewahren der Samenproben zum Teil selbst übernehmen müssen, ste- hen die Chancen auf ein späteres eige- nes Kind inzwischen auch dann nicht schlecht, wenn vor Beginn der Krebs- behandlung nur wenige und qualitativ schlechtere Spermatozoen zu finden sind. Denn seit der Einführung der in- trazytoplasmatischen Spermieninjek- tion (ICSI) kommen die Reprodukti- onsmediziner mit einer geringen Menge an männlichen Keimzellen bei der assistierten Fortpflanzung zu ak- zeptablen Erfolgen.

Nachdem sich herausgestellt hat, daß alkylierende Substanzen im Rah- men der Chemotherapie die Fertilität am nachhaltigsten schädigen, versu- chen die Onkologen, Cyclophos- phamid und ähnliche Chemothera- peutika durch weniger aggressive Substanzen zu ersetzen – und die Ra- diatio, so möglich, zu umgehen oder einzuschränken. Obwohl dabei vor- sichtige Erfolge im Sinne eines Ferti- litätserhaltes zu verzeichnen sind, kann das Wiedereinsetzen der Spermatogenese im Einzelfall nicht garantiert und der Zeitpunkt nicht

vorhergesagt werden. Nach Aus- führungen von Frau Prof. S. D. Fossa (Oslo) ist ein erhöhter FSH-Wert zwar prognostisch ungünstig, aber die Spermatogenese kann sich auch Jahre nach der Therapie wieder erholen – in einem Fall habe dies sogar zehn Jahre gedauert.

Relativ enttäuschend sind bisher die Versuche geblieben, die Fertilität der Krebspatienten durch eine hor- monelle Suppression der Spermato- genese vor der Onkotherapie zu schützen. Untersuchungen von Pro- fessor D. Klingmüller (Bonn) mit GnRH-Agonisten bestätigten erneut, daß mit diesen Substanzen keine aus- reichende Ruhigstellung der Sper- miogenese zu erzielen ist. Die Hoff- nungen ruhen nun auf den GnRH- Antagonisten, die sowohl beim Tier- versuch als auch beim Menschen eine komplette reversible Azoospermie erzielen.

Stimulation des Keimepithels

Ob diese allerdings geeignet sind, das Keimepithel bei einer Onkothera- pie zu schützen, darf bezweifelt wer- den. Denn das Konzept beruht auf der Vorstellung, daß der Hoden – in präpubertären Zustand versetzt – we- niger geschädigt wird.

Diese Hypothese ist nicht rich- tig, denn Prof. J. H. Brämswig (Mün- ster) hat nach der Behandlung kindli- cher Lymphome festgestellt, daß auch der präpubertäre Hoden ge- schädigt wird. Vielleicht, so fügte Prof. Eberhard Nieschlag (Münster) an, müssen wir dieses Konzept verlas- sen und das Gegenteil anstreben – die maximale Stimulation des Keim- epithels. Nieschlag zitierte dazu eine experimentelle Studie, wonach die Hoden beim Tier nach FSH-Stimula- tion die Chemotherapie besser über- lebt haben. Dr. Renate Leinmüller A-1248

P O L I T I K

(32) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 19, 10. Mai 1996

MEDIZINREPORT

Onkologische Therapie des Mannes

Prophylaxe von späteren

Fertilitätsstörungen

Referenzen

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