Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2413. Juni 2008 A1349
P H A R M A
D
ie therapeutischen Möglich- keiten der chronischen Infek- tion mit Hepatitis-B-Viren (HBV) haben sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Neben den Alpha-Interferonen stehen jetzt auch mehrere antiviral wirkende Nukleosid- beziehungsweise Nu- kleotidanaloga zur Verfügung, die über die Hemmung der HBV-Po- lymerase die Vermehrung der Vi- ren blockieren. Primäres Ziel der Therapie bei chronischer HBV ist eine maximale Reduktion der Virus- menge.Für eine langfristige Kontrolle der Infektion benötigt die Mehrzahl der Patienten mit chronischer Hepa- titis B eine antivirale Langzeitthera- pie über mehrere Jahre. Das Pro- blem dabei: Wegen persistierender Virusreplikation können sich Resis- tenzen entwickeln, die zum Thera- pieversagen führen.
Langfristig überwacht
Die verfügbaren antiviralen Sub- stanzen unterscheiden sich in ihrer antiviralen Aktivität und ihrem Re- sistenzprofil. Das Nukleosidanalo- gon Entecavir (Baraclude®) zeich- net sich nach den Worten von Helen Smith (New York/USA) durch eine hohe antivirale Potenz und hohe genetische Resistenzbarriere aus.So wurde in einem langfristigen Pro- gramm die Resistenzentwicklung von Entecavir in verschiedenen Stu- dien fünf Jahre lang überwacht.
Basis einer aktuellen Auswertung sind sechs Studien der Phase III, in denen mehr als 700 Patienten Enteca- vir erhielten. Zum Zeitpunkt der Analyse waren von den 663 HBeAg- positiven und HBeAg-negativen, zu- vor nicht mit einem Nukleosid- analogon vorbehandelten Patienten, 108 bereits fünf Jahre lang mit Ente- cavir behandelt worden: Die kumu-
lative Resistenzrate betrug 1,2 Pro- zent; im dritten und vierten Behand- lungsjahr entwickelten sich keine re- sistenten Viren mehr (Tenney et al., APASL 2008; Abstract PL02). Bei 0,8 Prozent der Patienten mit resis- tenten Viren kam es zu einem virolo- gischen Durchbruch. Bei den Patien- ten, die bereits mit dem Nukleosid- analogon Lamivudin vorbehandelt waren und deren Viren bereits Resis- tenzen dagegen entwickelt hatten, stieg die Resistenzrate unter Enteca- vir von sechs Prozent im ersten Jahr auf 51 Prozent im fünften Jahr.
Eine Auswertung von 200 japani- schen, bisher nicht behandelten Pa- tienten mit chronischer Hepatitis B bestätigte die geringe Resistenzrate unter Entecavir: Nach drei Jahren Therapie hatten 1,7 Prozent der Pa- tienten resistente Viren (Yokusuka O et al., APASL 2008; Abstract FP067). Für den Hepatologen Ma- sao Omata (Tokio/Japan) ist die ge- ringe Resistenzrate von Entecavir vor allem auch für Patienten in Asien wichtig: Dort leben die meis- ten Patienten mit einer chronischen Hepatitis B; die Infektion schreitet wegen der dort meist perinatalen Transmission sehr viel früher und schneller fort als bei Personen, die sich als Jugendliche oder Erwachse- ne infiziert haben. Mit einem Medi- kament, das lange wirksam bleibe, könne früher mit der Therapie be- gonnen und Spätfolgen könnten län- ger aufgehalten werden, sagte Omata.
Entecavir wird einmal täglich ein- genommen. Die Dosis richtet sich danach, ob der Patient im Vorfeld be- reits wegen chronischer Hepatitis B mit einem Arzneimittel derselben Gruppe (Nukleosidanalogon, wie zum Beispiel Lamivudin) behandelt worden ist. Patienten, die zuvor noch nicht mit einem Nukleosidanalogon behandelt wurden, erhalten eine Do-
sis von 0,5 mg, während die Dosie- rung von 1 mg bei Patienten ange- wendet wird, die zuvor Lamivudin erhalten haben, nun aber auf Lami- vudin nicht mehr ansprechen. Die 0,5-mg-Dosis kann zum Essen oder unabhängig von den Mahlzeiten ein- genommen werden. Die 1-mg-Dosis muss hingegen mindestens zwei Stunden vor oder zwei Stunden nach einer Mahlzeit eingenommen wer- den. Die Dosierung ist bei Nierenin- suffizienz entsprechend anzupassen.
Die Behandlungsdauer hängt davon ab, wie der Patient auf die Behand-
lung anspricht. I
Andrea Warpakowski
Symposium „Treatment paradigms in Hepatitis B:
A time to reflect“ anlässlich der 18thConference of the Asian Pacific Association of the Study of the Liver in Seoul/Korea, Veranstalter: Bristol-Myers-Squibb