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Archiv "Hepatitis-B-Schutzimpfung und AIDS: I. Hepatitis B: Schutzimpfung ohne Risiko?" (04.11.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUSSPRACHE

I, Hepatitis B:

Schutzimpfung ohne Risiko?

Reiner Thomssen und Wolfram Gerlich

Seit bekannt ist, daß das Acquired Immune Deficiency Syndrome (AIDS) durch das Blut von erkrank- ten oder inkubierten Personen übertragen werden kann (1), stellt sich die Frage, ob Hepatitis-B- Impfstoffe, die aus menschlichem Blut gewonnen werden, die mut- maßlichen Erreger des AIDS ent- halten können.

In mehreren Stellungnahmen wur- de kürzlich von Brede et al. (2) und von Deinhardt et al. (3) die Mög- lichkeit einer Übertragung des AIDS durch Hepatitis-B-Impfstoffe vollständig ausgeschlossen.

Es wurde weiterhin die uneinge- schränkte Durchführung der He- patitis-B-Schutzimpfung gemäß den Empfehlungen der Berufsge- nossenschaften für medizinische

Berufe (4) und der Ständigen Impfkommission des Bundesge- sundheitsamtes (5) gefordert.

Die Argumente, mit denen in den zitierten Publikationen jede Mög- lichkeit der AIDS-Übertragung durch Hepatitis-B-Impfungen aus- geschlossen wurde, sind in wichti- gen Punkten nicht stichhaltig. Wir haben unsere Einwände hierzu auf eine Anfrage dem Niedersächsi- schen Sozialministerium mitge- teilt und in Form eines Fragenka- talogs auch an das zuständige Bundesamt für Sera und Impfstof- fe (Präsident Professor Brede) ge- richtet. Eine Beantwortung unse- rer Fragen zum AIDS-Problem er- folgte bisher nur unvollständig.

Auf einer Expertensitzung des Bundesamtes wurden unsere Fra- gen zwar diskutiert, unsere Be- denken wurden jedoch durch die gegebenen mündlichen Auskünfte nicht zerstreut, sondern eher be- stätigt.

Wir folgen daher gerne der Auffor- derung des DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATTES, unseren Standpunkt öf- fentlich darzulegen.

1. AIDS-Erreger im Ausgangsmaterial der Impfstoffe?

Nach den Bestimmungen des amerikanischen Bureau of Biolo- gicals, der Prüfungsbehörde für Impfstoffe in den USA, darf nur das Blut von klinisch gesunden Personen für die Impfstoffherstel- lung verwendet werden. Diese Be- stimmung kann nicht die Verwen- dung von Blut, das von später er- krankten Personen stammt, aus- schließen. Nach Angaben des Bundesamtes stammt das Blut für den Impfstoff HB-Vax® (MSD/Beh- ring) von nordamerikanischen HBsAg-Trägern. Auch zwei neuere Chargen des Präparates Hevac Be (Institute Pasteur) wurden aus nordamerikanischen Blutspenden hergestellt. Das AIDS wurde neu- erdings zwar auch in Westeuropa beobachtet, etwa 94 Prozent der Ende April 1983 registrierten 1437 Fälle wurden jedoch in den USA gefunden, wobei etwa 70 Prozent der Erkrankten homosexuell waren.

Die Epidemiologie des AIDS äh- nelt sehr stark der des Hepatitis-B- Virus. Ein gehäuftes Auftreten des AIDS unter nordamerikanischen HBsAg-Trägern ist daher sehr wahrscheinlich. Um die Möglich- keit einer Kontamination der Aus- gangsmaterialien für den Impfstoff durch AIDS-Erreger aiiSchätzen zu können, wäre die Beantwortung folgender Fragen durch das Bun- desamt wichtig:

a) Ist für einzelne, bereits zugelas- sene Impfstoffchargen Plasma von Personen verwendet worden, die innerhalb von 3 Jahren nach der Spende (dies ist die maximale In- kubationszeit) an AIDS er- krankten?

b) Wieviele Spender werden pro Impfstoffcharge einbezogen, und wie hoch ist der Anteil der Perso- nen, bei denen ein hohes AIDS- Risiko (Homosexualität) anzuneh- men ist? Wie sollen homosexuelle Spender zuverlässig als solche er- kannt und ausgesondert werden?

Hepatitis-B-Schutzimpfung und AIDS

Divergierende Standpunkte — Kritische Stellungnahmen

Die unbekannte Ursache von AIDS (siehe Heft 26 vom 1. 7. 1983) hat auch hinsichtlich der Schutzimpfungen gegen Hepatitis zu einer Verun- sicherung der Ärzteschaft geführt (zum Beispiel: „AIDS-Hysterie", J.

Aumiller, „Die Welt" vom 12. September 1983, Seite 2). Auch unter den führenden Virologen sind die Meinungen geteilt: Soll man gegen Hepa- titis B impfen? Bei welche Gefährdungsgruppen ist zur Zeit eine Hepa- titis-B-Impfung vertretbar.

Für eine zuverlässige Unterrichtung der deutschen Ärzte bringen wir zunächst eine kritische Stellungnahme von Professor Thomssen und Professor Gerlich, Göttingen, dann eine impffreundlichere Stellung- nahme von Professor Deinhardt, München, der zugleich das Experten- treffen der WHO von Ende Juli 1983 verwertet hat, schließlich einen Bei- trag des Kölner Virologen Professor Eggers, der beide Standpunkte re- sümiert und die praktischen Konsequenzen zieht. Die Redaktion

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 44 vom 4. November 1983 45

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Hepatitis-Schutzimpfung und AIDS

c) Wie lange nach der Spende und auf welche Weise werden die Spender überwacht, und wie hoch ist die Schwundrate?

d) Ist geplant, das Ausgangsmate- rial oder aber die einzelne lmpf- stoffcharge so lange zu quarantä- nisieren, bis alle Spender eine mögliche Inkubationszeit von bis zu 3 Jahren gesund überstanden haben?

Bislang gibt es auf diese Fragen noch keine schlüssigen Antwor- ten. Es muß bezweifelt werden, ob Professor Brede seine Absicht (6) verifizieren kann, daß Impfstoffe, die aus stark AIDS-verdächtigem Plasma hergestellt werden, in der Bundesrepublik nicht zugelassen werden sollen.

..,.. Die ähnliche Epidemiologie von AIDS und Hepatitis B sowie die Herkunft des Ausgangsmate- rials aus den USA machen insge- samt eine Kontamination des seit 1982 gesammelten Ausgangsma- terials sehr wahrscheinlich, denn seit dieser Zeit hat die Zahl der AIDS-Patienten sprunghaft zuge- nommen. Bis Mitte September 1983 wurden in den USA 2259 Fäl- le registriert, darunter 917 Todes- fälle.

Das Ausmaß der Kontamination ist allerdings nur schwer abzuschät- zen,· da der Manifestationsgrad der Infektion, Dauer und Titer der Virämie, sowie die Stabilität der Erreger unbekannt sind. Eine Ver- ringerung des Kontaminationsrisi- kos durch den Ausschluß homo- sexueller Spender wird zur Zeit versucht. Wieweit diese Maßnah- me zuverlässig durchgeführt wer- den kann und ob sie bereits für zugelassene oder zur Zulassung beantragte Chargen angewendet wurde, sollte vom Bundesamt für Sera und Impfstoffe detailliert mit- geteilt werden. Eine Verringerung des Kontaminationsrisikos durch Herstellung eines Impfstoffes aus ausgewählten inländischen Spen- dern wird durch die patentrecht- liehe Situation verhindert. Das von MSD als Generallizenznehmer ge-

haltene Patent schützt die Ver- wendung von 20-nm-HBsAg-Parti- kel aus menschlichem Blut als He- patitis-B-Impfstoff. Wir selbst ha- ben 1976 bis 1982 im Auftrag des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit ein eige- nes Herstellungsverfahren ent- wickelt, zwei experimentelle lmpf- stoffchargen hergestellt und er- folgreich bei über 3000 Personen erprobt (7, 8). Eine Anwendung des Verfahrens wurde von MSD 1982 untersagt, eine Sublizenz generell verweigert.

2. Zuverlässige

Abtölung von AIDS-Erregern?

Von Brede et al. (2) wird die Sicher- heit der Hepatitis-B-Impfstoffe in bezug auf AIDS-Erreger damit begründet, daß die Herstellungs- verfahren Vertreter aller bekann- ten Virusgruppen inaktivieren.

Diese breite Wirksamkeit ließe er- warten, daß unbekannte Erreger inaktiviert würden. Ein Wider- spruch in dem Artikel von Brede et al.(2) ist dabei nicht zu übersehen.

Die Argumentation bezieht sich auf das dreistufige Inaktivierungs- verfahren von MSD (HB-Vax®). Zu- sammenfassend werden dann aber sowohl HB-Vax®, als auch der wesentlich schwächer inakti- vierte Impfstoff Hevac ß® des Insti- tute Pasteur als unbedenklich be- zeichnet. ln Wirklichkeit kann das vom Institute Pasteur angewende- te Verfahren (Formalin 1 :4000, 2 Tage, 30°C) eine Reihe bekannter Viren, z. B. das Tumorvirus SV 40, nicht vollständig inaktivieren. Da- mit bricht dieses Sicherheitsargu- ment für Hevac ß® zusammen. Das SV 40 ist zudem ein Beispiel dafür, daß scheinbar "saubere" Impfstof- fe unerwartete Kontaminationen enthalten können (9).

Erst nach Hunderttausenden von Polio-Impfungen erkannte man, daß der damalige Impfstoff SV 40 enthielt, daß die angewendete Inaktivierung (Formalin 1 :4000, 3 Tage, 37°C) SV 40 nicht vollstän- dig abtötete und daß zahlreiche

Menschen mit SV 40 infiziert wur- den, wenn auch glücklicherweise ohne erkennbare Folgen. Eine weitere Verwendung von Hevac ß® ist aus unserer Sicht untragbar.

Zukünftige Chargen von Hevac B sollten nur zugelassen werden, wenn der Hersteller die Inaktivie- rung drastisch verschärft. Daß dies möglich ist, haben wir mit un- serem experimentellen Impfstoff gezeigt. Formalin 1 :500 (achtmal mehr) für 4 Tage (doppelt so lan- ge) bei 37°C (statt 30°C) verursach- ten einen noch tolerablen Antige- nitätsverlust von 40 Prozent (7, 8).

Die Dreifachinaktivierung des MSD-Impfstoffes HB-Vax® mit Pepsin/Säure, Harnstoff und For- malin (dies allerdings nur 1:4000, 3 Tage, 37°C) ist sicherlich wirksa- mer als das Verfahren des Institute Pasteur und macht in der Tat ein Überleben infektiöser Kontamina- tionen unwahrscheinlich. Da der/

die Erreger des AIDS jedoch völlig unbekannt sind, stellt diese An- nahme nichts als eine erst durch Erfahrungen zu prüfende Extrapo- lation dar.

Daß der AIDS-Erreger ein überaus leicht zu inaktivierendes Retrovi- rus sei (6), ist zur Zeit noch unbe- wiesen. Zur Häufigkeit von Serum- antikörpern gegen das humane T- Zeii-Leukämie-Virus (HTLV) bei AIDS-Patienten liegen zur Zeit wi- dersprüchliche Informationen vor.

Eine serologische Korrelation die- ser Art ist ferner kein Beweis da- für, daß ein dem HTLV ähnliches Virus das AIDS-Agens darstellt.

Ähnliche Korrelationen werden auch für andere Viren berichtet*).

Noch weniger schlüssig ist das Ar- gument, daß die physikalische oder enzymatische Reinigung des Impfstoffes den/die AIDS-Erreger entfernen würde (6). Keines dieser Verfahren arbeitet so vollständig, daß daraus eine Sicherheitsgaran- tie abzuleiten wäre. Es ist nicht

einmal auszuschließen, daß die in-

b

fektiöse Kontamination durch die Reinigung mit angereichert wird.

') Siehe auch Dtsch. Ärztebl. 80, Heft 26 (1983)

46 Heft 44 vom 4. November 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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3. Mangelhafte Erfahrungswerte Es gibt zur Zeit keinen Hinweis darauf, daß die bisher erfolgten Hepatitis-B-Impfungen einen Fall von AIDS verursacht hätten. Ande- rerseits gibt es aber auch keine Studie, die das Nichtauftreten von AIDS nach den Impfungen mit hin- reichender Sicherheit nachweisen könnte. Die überzeugenden klini- schen Ergebnisse, die zur Zulas- sung der Impfung führten (10), wurden mit Impfstoffchargen aus Ausgangsmaterialien erhalten, die vor dem starken Anstieg des AIDS in den USA gesammelt wurden. Da in diese frühen Impfstoffchargen vermutlich kein oder nur wenig AIDS-verdächtiges Material ge- langt ist, erlaubt die zufriedenstel- lende AIDS-Statistik dieser Stu- dien (11) keine wirklichen Schlüs- se auf die Sicherheit des Herstel- lungsverfahrens.

Ob neuere Impfstoffchargen durchweg frei von AIDS-Erregern sind, kann erst die mindestens zweijährige Verfolgung der Emp- fänger von mehreren verschiede- nen Chargen zeigen. Das Problem stellt sich von Charge zu Charge neu, da der Kontaminationsgrad der einzelnen Ausgangsmateria- lien sehr unterschiedlich sein kann. Angesichts des bislang meist tödlichen Verlaufs des AIDS müssen solche Studien hohen sta- tistischen Genauigkeitsansprü- chen genügen. Dazu wäre es nö- tig, daß nicht nur einige, sondern möglichst alle geimpften Perso- nen registriert und in geeigneter Form überwacht würden.

Eine weiterhin uneingeschränkte Zulassung der Impfstoffe, wie sie das Bundesamt für Sera und Impf- stoffe offensichtlich vorsieht, macht solche Studien praktisch unmöglich. Wenn der Leiter des Amtes auf 800 000 bisher erfolgte komplikationslose Impfungen ver- weist (6), muß dazu angemerkt werden, daß die meisten dieser Impfungen seit einem Jahr erfolg- ten, also noch keine Aussage er- lauben. Bei fehlender Registrie- rung der geimpften Personen ist

überdies eine geringe Übertra- gungshäufigkeit des AIDS durch Impfungen gar nicht feststellbar.

4. Risikoabwägung

Durch das Auftreten des AIDS ha- ben sich die Voraussetzungen, die zur Entwicklung der Hepatitis-B- Impfstoffe führten, geändert. Bis- lang konnte man aufgrund millio- nenfacher Erfahrungen davon ausgehen, daß die Gefahren durch infektiöse Agentien in Blut und Blutprodukten bekannt und be- herrschbar sind. Auch die Un- schädlichkeit der frühesten Hepa- titis-B-Impfstoffchargen ist erwie- sen (11 ). Das Risiko einer AIDS- Übertragung durch neuere lmpf- stoffchargen ist dagegen zur Zeit noch unbekannt. Diesbezügliche

"Sicherheitsgarantien'' beruhen

auf unbewiesenen, zum Teil zwei- felhaften Angaben (2, 6). Der Vor- wurf der unnötigen Beunruhigung (3) mißachtet das Recht der Be- troffenen auf eine ausgewogene Information.

Würde die Hepatitis B nicht in 5 bis 10 Prozent der Fälle zu einem chronischen Verlauf mit stark ver- kürzter Lebenserwartung führen, wäre bei der Schwere des AIDS eine vollständige Aussetzung der Impfung, bis die Lage überschau- bar ist, eine angemessene Maß- nahme. So gilt es jedoch,

~ das unbekannte Risiko einer AIDS-Erkrankung gegen das ab- schätzbare Risiko einer eh roni- schen Hepatitis B abzuwägen. Nach den Angaben der Berufsge- nossenschaft treten etwa 1400 der in der BRD jährlich gemeldeten 14 000 akuten Hepatitis-B-Fälle bei medizinischem Personal auf, das die größte für die Impfung vorge- sehene Gruppe darstellt. Nimmt man eine Aussetzung der Impfung von zwei Jahren in Kauf, könnten 100 bis 300 prinzipiell vermeidbare chronische Hepatitis-B-Infaktio- nen auftreten. Die wahre Zahl dürfte niedriger liegen, da auch bei Fortsetzung der Impfung wie

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Hepatitis-Schutzimpfung und AIDS

bisher wohl nur ein Teil des medi- zinischen Personals in zwei Jah- ren erreicht werden kann und der Impfschutz manchmal zu spät oder gelegentlich auch gar nicht eintreten kann.

Um einerseits diesen zu erwarten- den Schaden zu begrenzen und andererseits das unbekannte AIDS-Risiko auf einen möglichst

kleinen Personenkreis einzugren-

zen, schlagen wir vor,

~ die Impfung nur in sehr be- grenzter Zahl fortzusetzen, und zwar bei solchen Personen, die ei- nen übertragungsfähigen Kontakt mit Hepatitis-B-Virus erwiesener- maßen nicht vermeiden können.

Für die Mehrzahl der Personen, bei denen nach den öffentlichen Empfehlungen ebenfalls eine Impfindikation besteht, wird es je- doch angesichts des AIDS-Pro- blems akzeptabel sein, zwei Jahre zu warten, bis eine exakte Erfah- rungsbasis vorliegt oder bis gänz- lich neue Impfstoffe verfügbar

sind, bei denen kein Infektionsrisi-

ko auftreten kann.

Eine bindende Empfehlung einer möglichst raschen Hepatitis-B- Impfung für medizinisches Perso- nal, wie sie von den Berufsgenos- senschaften für medizinische Be- rufe gefordert wird, halten wir zur Zeit für unzumutbar. Die Ständige Impfkommission des Bundesge- sundheitsamtes und die Gesund- heitsbehörden der Länder könn- ten der neuen Situation dadurch Rechnung tragen, daß die sehr breit gehaltene Impfindikation merklich eingeengt wird.

Literatur

(1) L'Age-Stehr, J.: Erworbene Immundefekte - eine neue Infektionskrankheit AIDS (Ac- quired Immune Deficiency Syndrome), Bun- desgesundheitsblatt 26 (1983) 93-JOO - (2) Brede, D.; Deinhardt, F.; Abb, J., Habermehl, K. 0.; Maass, G.: Sicherheit von Impfstoffen gegen Hepatitis B, Dtsch. Med. Wschr. 108 (1983) 754-755- (3) Deinhardt, F.: Schriftliche Stellungnahme auf der Tagung der Dtsch. Ver- einigung zur Bekämpfung der Viruskrankhei- ten, 11. 5. 1983, nchen - (4) Berufsgenos- senschaft für Gesundheitsdienst und Wohl- fahrtspflege (Unfallverhütungsausschuß): Ak- tive Immunisierung gegen Hepatitis B, Dtsch.

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 44 vom 4. November 1983 49

(4)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Hepatitis-Schutzimpfung und AIDS

Ärzteblatt 80, Heft 20 (1983) 85-90 — (5) 19.

Sitzung der Ständigen Impfkommission des Bundesgesundheitsamtes. Aktive Immunpro- phylaxe der Hepatitis B, Bundesgesundheits- blatt 25 (1983) 272 — (6) Windorfer, A.: Hepati- tis-B-Schutzimpfung und AIDS (Stellungnah- me des Nds. Sozialministeriums mit Zitaten eines Briefes von Prof. Brede auf eine Anfrage an das Bundesamt für Sera und Impfstoffe), Nds. Ärzteblatt 56 (1983) 473-476 — (7) Thoms- sen, R.; Gerlich, W.; Böttcher, U.; Stibbe, W.;

Legier, K.; Weinmann, E.; Klinge, 0. und Pfei- fer, U.: Herstellung und Erprobung eines He- patitis-B-Impfstoffes, Dtsch. Med. Wschr. 107 (1982) 125-131 —(8)Thomssen, R.; Gerlich, W.;

Böttcher, U.; Legier, K.; Ritter, S.; Stibbe, W.;

Weinmann, E.; Klinge, 0.; Pfeifer, U.: Safety Aspects in the Preparation of a HBsAg Vac- cine, Second International ABSI Symposium an Viral Hepatitis, 15.-18. 11.1982 (Athen), S.

Karger 1983 im Druck — (9) Gerber, P.; Hottle, G. A.; Grubbs, R. E.: Inactivation of Vacuolat- ing Virus (SV„) by Formaldehyde, Proc. Soc.

exp. Biol. et Med. 108 (1961) 205-209 — (10) Szmuness, W.; Stevens, C. E.; Harley, E. J.;

Zang, E. A.; Oleszko, W. R.; William, D. C.;

Sadovsky, R.; Morrison, J. M.; Kellner, A.:

Hepatitis B Vaccine. Demonstration of Efficacy in a Controlled Clinical Trial in a High-risk Population in the United States, New England Journal of Medicine 303 (1980) 833-841 — (11) Stevens, C. No Increased Incidence of AIDS in Recipients of Hepatitis B Vaccine, New Eng- land Journal of Medicine 308 (1983) 1163

Anschrift der Verfasser:

Professor

Dr. med. Reiner Thomssen Professor

Dr. rer. nat. Wolfram Gerlich Abteilung Mediz. Mikrobiologie Zentrum für Hygiene und Humangenetik der Universität Kreuzbergring 57

3400 Göttingen

II. Virushepatitis

und Impfempfehlungen

Bericht über ein konsultatives Expertentreffen bei der Welt- gesundheitsorganisation (WHO) Friedrich Deinhardt

Eine WHO Expertengruppe für Vi- rushepatitis kam nach mehrtägi- gen Beratungen Ende Juli zu dem Schluß, daß die bisher offiziell zu- gelassenen Hepatitis-B-Impfstoffe zu einem hohen Prozentsatz eine Hepatitis B verhindern, daß sie kei- ne wesentlichen Nebenreaktionen auslösen, und daß kein Anhalt da- für besteht, daß sie andere Krank- heiten, einschließlich des erwor-

benen Immundefektsyndroms (ac- quired immune deficiency syndro- me, AIDS) übertragen. Die Fortfüh- rung und Ausdehnung von Hepati- tis-B-Impfprogrammen in allen Teilen der Welt wurde deshalb nachdrücklichst empfohlen.

Das heißt für die Bundesrepublik Deutschland die baldmöglichste Impfung der von der Ständigen Impfkommission des Bundesge- sundheitsamtes und des Immuni- sierungsausschusses der Deut- schen Vereinigung zur Bekämp- fung der Viruskrankheiten defi- nierten Risikogruppen (Bundesge- sundheitsblatt 25 [9], 1982), die Untersuchung aller Schwangeren auf einen Hepatitis-B-Virus-Trä- gerstatus und die Impfung der Neugeborenen Hepatitis-B-Virus- positiver Mütter.

Die Expertengruppe wies außer- dem einstimmig darauf hin, daß alle nur möglichen Schritte unter- nommen werden müssen, um die Sicherheit dieser Impfstoffe auch in der Zukunft zu gewährleisten.

Hierzu gehört eine sorgfältige Blutspenderauswahl und die Her- stellung von Impfstoffen von größtmöglicher Reinheit und Frei- heit von allen Infektionserregern.

Die Herstellungsverfahren müssen garantieren, daß diese Bedingun- gen erfüllt sind und müssen den WHO-Vorschriften für die Hepati- tis-B-Impfstoffherstellung entspre- chen. Für die Bundesrepublik Deutschland wird dies durch eine sorgfältige laufende Kontrolle der Herstellungsbedingungen und in- dividuelle Chargenfreigabe der Impfstoffe gewährleistet. Es wird aber ausdrücklich vor der Einfuhr von in der Bundesrepublik nicht freigegebenen lmpfstoffchargen über den sogenannten grauen Markt gewarnt.

Bei den Beratungen wurden noch- mals alle Daten über die intensive, mehr als zweijährige Nachbeob- achtung von über 20 000 gegen Hepatitis B geimpften Personen, wie auch über die Erfahrungen mit den insgesamt über 800 000 Ge-

impften, bei denen die Impfung einige Monate bis zu über 4 Jahre zurückliegt, kritisch diskutiert.

Bei der ersten Gruppe sind bis heute unter den geimpften Perso- nen, die zu der Hochrisikogruppe für AIDS gehören und die mit dem in den USA hergestellten Impfstoff immunisiert wurden, in zwei von- einander unabhängigen Studien fast 50 Prozent weniger AIDS-Fälle aufgetreten als in den nicht ge- impften Kontrollgruppen aus dem- selben Personenkreis.

Dies heißt nicht, daß die Hepatitis- B-Impfung gegen AIDS schützt, aber es beweist außer Frage, daß der benutzte Impfstoff die Erkran- kung nicht überträgt. Außerdem sind keine AIDS-Fälle in Personen- gruppen aufgetreten, die kein er- höhtes Risiko für ein Auftreten von AIDS haben und die mit dem fran- zösischen (Hevac B®) oder dem amerikanischen (HB-Vax®) Impf- stoff immunisiert worden sind. Es besteht darüber hinaus kein An- halt für das gehäufte Auftreten an- derer Infekte oder sonstiger Er- krankungen nach der Impfung.

Im Gegensatz zu den Erfahrungen über die Effektivität und Sicher- heit dieser Impfstoffe stehen die Gefahren einer akuten und mög- licherweise tödlichen Hepatitis B, wie auch lang andauernde Ge- sundheitsschädigungen durch diese Infektion. Weit über 10 Mil- lionen Menschen erkranken jähr- lich (Schätzung der WHO Exper- tengruppe) an den verschiedenen

Formen der Virushepatitis (Hepati- tis A, B und Hepatitis Nicht-A, Nicht-B). Hepatitis B ist von be- sonderer Bedeutung, da 5 bis 15 Prozent der Infektionen in eine chronische Form mit persistieren- der oder chronisch-aktiver Hepati- tis mit nachfolgender Zirrhose übergehen und nicht wenige die- ser Kranken ein hepatozelluläres Karzinom (eines der 10 häufigsten Karzinoma weltweit) entwickeln und durch diese Erkrankungen vorzeitig arbeitsunfähig werden, ein chronisches Leiden erdulden müssen oder vorzeitig sterben.

50 Heft 44 vom 4. November 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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