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Archiv "Hepatitis-B-Schutzimpfung und AIDS: II. Virushepatitis und Impfempfehlungen" (04.11.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Hepatitis-Schutzimpfung und AIDS

Ärzteblatt 80, Heft 20 (1983) 85-90 — (5) 19.

Sitzung der Ständigen Impfkommission des Bundesgesundheitsamtes. Aktive Immunpro- phylaxe der Hepatitis B, Bundesgesundheits- blatt 25 (1983) 272 — (6) Windorfer, A.: Hepati- tis-B-Schutzimpfung und AIDS (Stellungnah- me des Nds. Sozialministeriums mit Zitaten eines Briefes von Prof. Brede auf eine Anfrage an das Bundesamt für Sera und Impfstoffe), Nds. Ärzteblatt 56 (1983) 473-476 — (7) Thoms- sen, R.; Gerlich, W.; Böttcher, U.; Stibbe, W.;

Legier, K.; Weinmann, E.; Klinge, 0. und Pfei- fer, U.: Herstellung und Erprobung eines He- patitis-B-Impfstoffes, Dtsch. Med. Wschr. 107 (1982) 125-131 —(8)Thomssen, R.; Gerlich, W.;

Böttcher, U.; Legier, K.; Ritter, S.; Stibbe, W.;

Weinmann, E.; Klinge, 0.; Pfeifer, U.: Safety Aspects in the Preparation of a HBsAg Vac- cine, Second International ABSI Symposium an Viral Hepatitis, 15.-18. 11.1982 (Athen), S.

Karger 1983 im Druck — (9) Gerber, P.; Hottle, G. A.; Grubbs, R. E.: Inactivation of Vacuolat- ing Virus (SV„) by Formaldehyde, Proc. Soc.

exp. Biol. et Med. 108 (1961) 205-209 — (10) Szmuness, W.; Stevens, C. E.; Harley, E. J.;

Zang, E. A.; Oleszko, W. R.; William, D. C.;

Sadovsky, R.; Morrison, J. M.; Kellner, A.:

Hepatitis B Vaccine. Demonstration of Efficacy in a Controlled Clinical Trial in a High-risk Population in the United States, New England Journal of Medicine 303 (1980) 833-841 — (11) Stevens, C. No Increased Incidence of AIDS in Recipients of Hepatitis B Vaccine, New Eng- land Journal of Medicine 308 (1983) 1163

Anschrift der Verfasser:

Professor

Dr. med. Reiner Thomssen Professor

Dr. rer. nat. Wolfram Gerlich Abteilung Mediz. Mikrobiologie Zentrum für Hygiene und Humangenetik der Universität Kreuzbergring 57

3400 Göttingen

II. Virushepatitis

und Impfempfehlungen

Bericht über ein konsultatives Expertentreffen bei der Welt- gesundheitsorganisation (WHO) Friedrich Deinhardt

Eine WHO Expertengruppe für Vi- rushepatitis kam nach mehrtägi- gen Beratungen Ende Juli zu dem Schluß, daß die bisher offiziell zu- gelassenen Hepatitis-B-Impfstoffe zu einem hohen Prozentsatz eine Hepatitis B verhindern, daß sie kei- ne wesentlichen Nebenreaktionen auslösen, und daß kein Anhalt da- für besteht, daß sie andere Krank- heiten, einschließlich des erwor-

benen Immundefektsyndroms (ac- quired immune deficiency syndro- me, AIDS) übertragen. Die Fortfüh- rung und Ausdehnung von Hepati- tis-B-Impfprogrammen in allen Teilen der Welt wurde deshalb nachdrücklichst empfohlen.

Das heißt für die Bundesrepublik Deutschland die baldmöglichste Impfung der von der Ständigen Impfkommission des Bundesge- sundheitsamtes und des Immuni- sierungsausschusses der Deut- schen Vereinigung zur Bekämp- fung der Viruskrankheiten defi- nierten Risikogruppen (Bundesge- sundheitsblatt 25 [9], 1982), die Untersuchung aller Schwangeren auf einen Hepatitis-B-Virus-Trä- gerstatus und die Impfung der Neugeborenen Hepatitis-B-Virus- positiver Mütter.

Die Expertengruppe wies außer- dem einstimmig darauf hin, daß alle nur möglichen Schritte unter- nommen werden müssen, um die Sicherheit dieser Impfstoffe auch in der Zukunft zu gewährleisten.

Hierzu gehört eine sorgfältige Blutspenderauswahl und die Her- stellung von Impfstoffen von größtmöglicher Reinheit und Frei- heit von allen Infektionserregern.

Die Herstellungsverfahren müssen garantieren, daß diese Bedingun- gen erfüllt sind und müssen den WHO-Vorschriften für die Hepati- tis-B-Impfstoffherstellung entspre- chen. Für die Bundesrepublik Deutschland wird dies durch eine sorgfältige laufende Kontrolle der Herstellungsbedingungen und in- dividuelle Chargenfreigabe der Impfstoffe gewährleistet. Es wird aber ausdrücklich vor der Einfuhr von in der Bundesrepublik nicht freigegebenen lmpfstoffchargen über den sogenannten grauen Markt gewarnt.

Bei den Beratungen wurden noch- mals alle Daten über die intensive, mehr als zweijährige Nachbeob- achtung von über 20 000 gegen Hepatitis B geimpften Personen, wie auch über die Erfahrungen mit den insgesamt über 800 000 Ge-

impften, bei denen die Impfung einige Monate bis zu über 4 Jahre zurückliegt, kritisch diskutiert.

Bei der ersten Gruppe sind bis heute unter den geimpften Perso- nen, die zu der Hochrisikogruppe für AIDS gehören und die mit dem in den USA hergestellten Impfstoff immunisiert wurden, in zwei von- einander unabhängigen Studien fast 50 Prozent weniger AIDS-Fälle aufgetreten als in den nicht ge- impften Kontrollgruppen aus dem- selben Personenkreis.

Dies heißt nicht, daß die Hepatitis- B-Impfung gegen AIDS schützt, aber es beweist außer Frage, daß der benutzte Impfstoff die Erkran- kung nicht überträgt. Außerdem sind keine AIDS-Fälle in Personen- gruppen aufgetreten, die kein er- höhtes Risiko für ein Auftreten von AIDS haben und die mit dem fran- zösischen (Hevac B®) oder dem amerikanischen (HB-Vax®) Impf- stoff immunisiert worden sind. Es besteht darüber hinaus kein An- halt für das gehäufte Auftreten an- derer Infekte oder sonstiger Er- krankungen nach der Impfung.

Im Gegensatz zu den Erfahrungen über die Effektivität und Sicher- heit dieser Impfstoffe stehen die Gefahren einer akuten und mög- licherweise tödlichen Hepatitis B, wie auch lang andauernde Ge- sundheitsschädigungen durch diese Infektion. Weit über 10 Mil- lionen Menschen erkranken jähr- lich (Schätzung der WHO Exper- tengruppe) an den verschiedenen

Formen der Virushepatitis (Hepati- tis A, B und Hepatitis Nicht-A, Nicht-B). Hepatitis B ist von be- sonderer Bedeutung, da 5 bis 15 Prozent der Infektionen in eine chronische Form mit persistieren- der oder chronisch-aktiver Hepati- tis mit nachfolgender Zirrhose übergehen und nicht wenige die- ser Kranken ein hepatozelluläres Karzinom (eines der 10 häufigsten Karzinoma weltweit) entwickeln und durch diese Erkrankungen vorzeitig arbeitsunfähig werden, ein chronisches Leiden erdulden müssen oder vorzeitig sterben.

50 Heft 44 vom 4. November 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Hepatitis-Schutzimpfung und AIDS

Die Expertengruppe empfahl der WHO, baldmöglichst ausgedehnte

Hepatitis-B-Immunisierungspro- gramme in den geographischen Regionen durchzuführen, in de- nen Hepatitis B und das hepato- zelluläre Karzinom besonders häufig vorkommen. Da in diesen Ländern die meisten Hepatitis-B- Infektionen perinatal oder in den ersten Lebensjahren durch Kon- takt mit Hepatitis-B-Virus-positi- ven Müttern oder engem Kontakt mit anderen infizierten Kindern stattfinden und es keine spezifisch effektive Therapie gibt, wird die Ausrottung der Hepatitis B in die- sen Gebieten im Enderfolg nur durch eine allgemeine Impfung von allen Neugeborenen und von Kindern vor Schuleintritt gelingen.

In Gebieten mit niedriger Preva- lenz der Hepatitis B sollten die ent- sprechenden Risikogruppen ge- impft werden.

Die Expertengruppe bestätigte au- ßerdem die Notwendigkeit der Entwicklung von Impfstoffen ge- gen Hepatitis A, von weiteren For- schungen zur Identifizierung und Charakterisierung der noch unbe- kannten Erreger der epidemi- schen, fäkal-oral übertragenen und der endemischen, parenteral oder durch engen körperlichen Kontakt übertragenen Hepatitis Nicht-A, Nicht-B, wie die weitere Entwicklung von weltweit einsetz- baren und standardisierten dia- gnostischen Untersuchungsme- thoden für die verschiedenen He- patitisvirusmarker.

Es wurde schließlich noch festge- stellt, daß kein Anhalt für die Über- tragung von Infektionserregern einschließlich des hypothetischen AIDS-Erregers durch normale oder spezifische Immunglobuline, wie z. B. Hepatitis-B-Immunglobu- line, besteht, vorausgesetzt daß diese nach den allgemein akzep- tierten Methoden sachgerecht hergestellt werden.

Liste der Teilnehmer am WHO-Expertentreffen:

Dr. M. S. Balayan, Institute of Poliomyeli- tis and Virus Encephalitides, Moscow,

USSR; Professor M. Barme, Institute Pa- steur, Paris, France; Professor F. Dein- hardt, Max von Pettenkofer-Institut, Mün- chen, Bundesrepublik Deutschland; Dr. I.

D. Gust, Fairfield Hospital, Fairfield, Au- stralia; Professor E. S. Ketiladze, Ivanov- skij Institute of Virology, Moscow, USSR Dr. J. Maynard, Centers for Disease Con- trol, Phoenix, USA; Professor J. L. Mel- nick, Baylor College of Medicine, Hou- ston, USA; Dr. K. Nishioka, Tokyo Metro- politan Institute of Medical Science, To- kyo, Japan; Dr. 0. Sobeslavsky, Institute of Sera and Vaccines, Prague, Czecho- slovakia; Professor A. J. Zuckerman, London School of Hygiene and Treical Medicine, London, England

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. F. Deinhardt Direktor des Max v Pettenkofer Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Universität München WHO Collaborating Centre for Reference and Research an Viral Hepatitis

Pettenkoferstraße 9 a 8000 München 2

III. Risikoabwägung und strenge Indikation für Hepatitis-B-

Schutzimpfung

Hans J. Eggers

Die wissenschaftlichen Argumen- te zum AIDS-Risiko einer Hepati- tis-B-Impfung sind aus den beiden Stellungnahmen klar ersichtlich.

Sie sind insbesondere in der Ana- lyse von Reiner Thomssen er- schöpfend behandelt.

Zusammenfassend ist festzustel- len:

Es gibt bis dato keinen Anhalt da- für, daß eine AIDS-Erkrankung durch eine Hepatitis-B-Impfung ausgelöst wurde.

Aufgrund der Inaktivierungsver- fahren (zusätzlich zur Reinigung des Ausgangsmaterials) in 3 unab- hängigen chemischen Prozessen

(beim MSD Impfstoff HB-Vax®) er- scheint es nach aller Erfahrung unwahrscheinlich, daß ein mög- licher AIDS-Erreger in hohen Konzentrationen infektionstüchtig bliebe. Demgegenüber muß fest- gehalten werden, daß die älteren Impferfahrungen mit Chargen ge- wonnen wurden, deren Ausgangs- material vorder explosiven Zunah- me von AIDS abgenommen wurde.

Bei neueren Chargen sind — abge- sehen von der kurzen Erfahrungs- zeit — stochastische Prozesse bei der Gewinnung von Ausgangsma- terial von Spendern zu unterstel- len, das heißt, das Ausgangsmate- rial einer bestimmten Charge könnte AIDS-Erreger-frei sein, ein anderes aber stark kontaminiert.

Die Logik verbietet auch, die Inak- tivierungsprozesse als „absolut"

sicher zu charakterisieren. Über ein unbekanntes Agens — und der mutmaßliche AIDS-Erreger ist zur Zeit nicht bekannt—kann man kei- ne Aussagen machen.

Bei der gegenwärtigen Lage kommt der Arzt nicht umhin, die Risiken „abzuwägen", das heißt, ein nicht präzise abschätzbares Risiko dem schätzbaren Risiko ei- ner Hepatitis-B-Erkrankung mit al- len ihren Folgen (chronische He- patitis B, Infektiosität, Leberzell- karzinom) gegenüberzustellen.

Die persönliche Mentalität wird dabei eine wichtige Rolle spielen.

Ich selbst empfehle gefährdeten Personen die Hepatitis-B-Impfung.

Bei Einhaltung strenger Indikation (chirurgische Fächer, Zahnärzte, entsprechendes Laborpersonal etc.) scheint es mir gerechtfertigt, das höchstwahrscheinlich geringe Risiko einer Hepatitis-B-Impfung einzugehen. Es ist selbstverständ- lich, daß man den Impfling im Rah- men des Möglichen aufzuklären hat.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Hans J. Eggers Direktor des

Instituts für Virologie der Universität zu Köln Fürst-Pückler-Straße 56 5000 Köln 41

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 44 vom 4. November 1983 51

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