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Archiv "Prophylaxe gegenüber HBV, HCV und HIV nach beruflicher Exposition: Hepatitis-B-Impfschutz" (17.02.2006)

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Vorgeschlagenes Verfahren potenziell gefährlich

Generell ist es sinnvoll, die Problema- tik des Expositionsrisikos, insbesonde- re gegenüber HIV, in diesem Forum zu diskutieren. Es ist an dieser Stelle jedoch kritisch anzumerken, dass die von den Autoren empfohlenen Maß- nahmen zur Durchführung einer sach- gerechten Postexpositionsprophylaxe (PEP) bei vielfach vorbehandelten HIV-Patienten die dargestellte Ver- fahrensweise unserer Meinung nach potenziell gefährlich erscheint. Bei Verletzungen an vorbehandelten HIV- positiven Patienten, die unter einer stabilen antiretroviralen Therapie (ART) wiederholt eine nicht nach- weisbare Viruslast dokumentiert ha- ben, sollten unserer Ansicht nach die gleichen Medikamente, die dieser Pa- tient einnimmt, zur Durchführung ei- ner PEP benutzt werden, weil die Wir- kung dieser Medikamente gegen den bei dem Patienten vorliegenden HIV- Stamm durch die unterdrückte Virus- last belegt ist. Dies ist gerade bei so genannten „Salvage-Regimen“ („Ret- tungsregimen“), bei denen von den herkömmlichen Therapiemodalitäten abgewichen wird, wichtig, weil hier na- hezu alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Auch die zum Teil weit über zehn Jahre dauernden The- rapien einer Reihe von HIV-Patienten mit vielen verschiedener Therapiere-

gimen macht es im Einzelfall schwie- rig, wenn nicht gar unmöglich, alle zu beachtenden Kreuzresistenten bezie- hungsweise Therapieversagen in der Vergangenheit zu überschauen und richtig zu beurteilen. Deshalb sollte nochmals mit Nachdruck darauf hin- gewiesen werden, dass bei Verletzun- gen an HIV-positiven Patienten, die mehr als zwei bis drei Therapieregime in der Krankheitsgeschichte aufwei- sen, umgehend Kontakt zu einem HIV-Schwerpunkt aufgenommen wer- den sollte, um die sehr guten Thera- piemöglichkeiten nach beruflicher Ex- position mit HIV nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Der Empfehlung der Autoren bei multipel vorbehan- delten Patienten zwei Medikamente zu benutzen, mit denen der Patient bislang nicht therapiert worden ist, kann in dieser Form nicht zugestimmt werden. Vielmehr sollten bei multipel vorbehandelten HIV-Patienten be- kannte Resistenzen und Kreuzresi- stenzen berücksichtigt werden und mindestens zwei voll wirksame Sub- stanzen im Rahmen der Kombinati- onstherapie verabreicht werden, und wenn möglich neue Substanzklassen, die vom Patienten bislang noch nicht eingenommen wurden, benutzt wer- den. An dieser Stelle wäre es hilfreich für den Arzt, der nicht täglich mit der Therapie HIV-positiver Patienten be- schäftigt ist, eine Liste mit möglichen Ansprechpartnern zu veröffentlichen oder zumindest mit einem Link im In- ternet zu verknüpfen, wie beispiels- weise der Homepage des RKI oder von

„HIV.net“, wo man jederzeit die ent- sprechenden Empfehlungen nochmals nachlesen kann.

Andreas Körber Dr. med. Stefan Esser

HIV-STD Kompetenzzentrum-Nordrhein Universitätshautklinik Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen

Hepatitis-B-Impfschutz

Wir möchten im Zusammenhang mit der beruflichen Exposition gegenüber HBV, HCV und HIV die Rolle der Betriebsärzte besonders hervorheben.

In Deutschland ist die betriebsärztli-

che Versorgung aller Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes und deren regel- mäßige Betreuung gemäß den Unfall- verhütungsvorschriften und der Bio- stoffVO vorgeschrieben. Personen, die von Nadelstichverletzungen betroffen sind, sind in der Mehrzahl im Gesund- heitsdienst tätig. Bestandteil der ar- beitsmedizinischen Vorsorge sind un- ter anderem serologische Untersu- chungen auf Infektionsparameter und Impfungen gegen Hepatitis B.

Betriebsärzte besitzen in dieser Thematik große Sachkompetenz und verfügen über die im Fall der Konta- mination wichtigen persönlichen Da- ten des Kontaminierten. Deshalb sind die Betriebsärzte oft diejenigen, die die Postexpositionsprophylaxe am be- sten durchführen können: Die Kennt- nis der serologischen Befunde ist der Schlüssel zu den indizierten Maßnah- men.

Wir möchten außerdem darauf hin- weisen, dass die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Postexpositionsprophylaxe der He- patitis B nicht den aktuellen Kennt- nisstand widerspiegeln (1). Inzwischen ist bekannt, dass sich nach einer erfol- greichen Impfung von Patienten ge- gen Hepatitis B ein immunologisches Gedächtnis ausbildet. Das immunolo- gische Gedächtnis persistiert über das Vorhandensein von anti-HBs hinaus – das hat Auswirkungen auf das prak- tische Vorgehen. Im Jahr 2003 hat eine Konsensuskonferenz der Deut- schen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten und das Kompetenznetz Hepatitis unter Be- rücksichtigung dieser Erkenntnisse neue Leitlinien erarbeitet (2, 3).

In den USA geht man sogar von ei- ner lebenslänglichen Immunität nach erfolgreicher Impfung gegen HBV aus und verzichtet auf weitere Titerkon- trollen. Konsequenterweise verzichtet man dort auch auf die vom Robert Koch-Institut vorgeschlagenen Maß- nahmen bei länger zurückliegender Impfung.

Wir haben gemeinsam (Hep-Net und Unfallkasse Baden-Württemberg) ein Postexpositionsprophylaxe-Sche- ma für Hepatitis B und C entwickelt.

Bei dem Schema zu HBV haben wir die Erkenntnis berücksichtigt, dass bei M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 7⏐⏐17. Februar 2006 AA417

zu dem Beitrag

Prophylaxe gegenüber HBV, HCV und HIV nach beruflicher Exposition

von

Dr. med. Ulrike Sarrazin Priv.-Doz. Dr. med.

Hans-Reinhard Brodt

Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Sarrazin

Prof. Dr. med. Stefan Zeuzem in Heft 33/2005

DISKUSSION

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der Beurteilung der Immunität mit dem Anti-HBs-Titer lediglich ein Pa- rameter zur Beurteilung der humora- len Immunität zur Verfügung steht, je- doch die zelluläre Immunität, obwohl zweifellos vorhanden, mit Routineme- thoden nicht messbar ist. Deshalb sind bei nicht länger als zehn Jahre zurück- liegender erfolgreicher HBV-Impfung keine spezifischen Maßnahmen er- forderlich. Dasselbe gilt, wenn die Impfung länger zurückliegt, aber ein aktueller Anti-HBs-Titer besteht oder bei der letzten betriebsärztlichen Un- tersuchung (die nicht länger als drei Jahre zurückliegt) ein ausreichender Schutz gegen Hepatitis B festgestellt wurde. In diesem Fall wurde keine Empfehlung zur Boosterung ausge- sprochen.

Bei der Passivimpfung mit HB-Im- munglobulin verweisen wir auf die in- ternationale Fachmeinung (4), die eine Immunglobulingabe uneingeschränkt bis zu 48 h postexpositionell und nicht bis 24 h empfiehlt. Bei länger zurücklie- gender Exposition ist die Rücksprache mit einem hepatologischen Zentrum oder dem Kompetenznetz Hepatitis an- geraten.

Die beiden Schemata sind im Inter- net zugänglich (www.kompetenznetz- hepatitis.de, www.uk-bw.de). Sie stellen einen Praxisleitfaden zur unmittelba- ren Anwendung durch den Arzt dar, der die PEP durchführt.

Literatur

1. Anonymous: Immunisation against hepatitis B. Lan- cet 1988; i: 875–6 (IV).

2. Jilg W, Rink C, Kallinowski B: Immunprophylaxe der Hepatitis B. Z Gastroenterol 2004; 42: 698–702.

3. www.dgvs.de/leitlinien.htm.

4. Mitsui T, Iwano K, Suzuki S et al.: Combined hepati- tis B immune globulin and vaccine for postexposure prophylaxis of accidental hepatitis B virus infection in hemodialysis staff members: comparison with im- mune globulin without vaccine in historical controls.

Hepatology 1989; 10: 324–7.

Dr. med. Kersten Borchert Kompetenznetz Hepatitis Medizinische Hochschule Hannover Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie

Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover

Dr. med. Ulrich Straile Unfallkasse Baden-Württemberg Augsburger Straße 700 70329 Stuttgart

Schlusswort

In ihrem Leserbrief zur HBV- und HCV-Infektion weist Dr. Borchert auf die Rolle der Betriebsärzte hin. Für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen ist eine qualitativ hoch stehende ar- beitsmedizinische Versorgung sicher- lich von wesentlicher Bedeutung. Ne- ben Anrufen von direkt betroffenen Kollegen erhalten wir daher beson- ders häufig Anfragen von Betriebsärz- ten zum Verhalten nach einer Exposi- tion gegenüber den genannten Viren.

Zur Validität der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ist zu sagen, dass sie regelmäßig dem aktuel- len Wissenstand angepasst werden, bei den Kollegen weithin bekannt sind und das Grundgerüst für das Vorgehen bei den verschiedenen Situationen ei- nes Viruskontaktes darstellen. Die von der Konsensuskonferenz der Deut- schen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten erarbei- teten Leitlinien zur Immunprophylaxe der Hepatitis B wurden kürzlich publi- ziert und geben ebenfalls den aktuel- len Kenntnisstand wieder. Allerdings sind nicht alle speziellen Konstellatio- nen abgedeckt. So enthalten die Leitli- nien zum Beispiel keine Empfehlun- gen zur Postexpositionsprophylaxe bei Personen, die zuvor gegen Hepatitis B geimpft wurden (1).

Für die Postexpositionsprophylaxe der Hepatitis B bei zuvor geimpften Personen gilt in der Tat, dass in ver- schiedenen Langzeitstudien ein hoher Schutz gegenüber einer Hepatitis-B- Virusinfektion auch bei nicht mehr de- tektierbaren Anti-HBs-Antikörperti- tern nachgewiesen werden konnte. Al- lerdings werden trotz erfolgreicher Grundimmunisierung einzelne Fälle einer Hepatitis-B-Virusinfektion be- schrieben (2, 3). Solche so genann- ten „break through“-Infektionen tre- ten insbesondere bei Personen mit fehlender beziehungsweise geringer Immunantwort auf die initiale Imp- fung auf und wenn die Grundimmuni- sierung vor dem 5. Lebensjahr durch- geführt wurde. Insbesondere bei der letztgenannten Gruppe findet man 10 bis 15 Jahre nach der Erstimpfung einen signifikanten Abfall der Anti- HBs-Titer. Die mögliche Notwendig-

keit einer Auffrischimpfung zum Erhalt eines Impfschutzes gegenüber Hepati- tis B ist hier noch nicht abschließend geklärt (2, 3). Die Empfehlungen der STIKO sind entsprechend konservativ gehalten.

Die passive Immunprophylaxe mit spezifischen Hepatitis-B-Immunglo- bulinpräparaten bei nicht geimpften Personen sollte, wie in unserem Arti- kel geschildert, möglichst innerhalb von 24 Stunden erfolgen, wobei eine Ausdehnung auf 48 Stunden aber noch vertretbar ist.

In ihrem Leserbrief zur Postexposi- tionsprophylaxe bei der HIV-Infekti- on weisen Herr Körber und Herr Dr. Esser auf die Problematik bei in vielfacher Weise vorbehandelten HIV- Patienten hin. Ziel der Empfehlungen zur PEP bei der HIV-Infektion und ihrer Publikation im Deutschen Ärz- teblatt war es, die Möglich- und Not- wendigkeiten einer antiviralen Postex- positionsprophylaxe vor allem auch den Kolleginnen und Kollegen zu ver- mitteln, deren Schwerpunkt nicht in der Behandlung dieser Infektionen liegt.

Alle Empfehlungen zur HIV-Post- expositionsprophylaxe leiden darun- ter, dass sowohl der Grad ihrer Wirk- samkeit bei nachgewiesenen Durch- bruchinfektionen als auch zum Zeit- punkt der Exposition die aktuelle Re- sistenz- und Replikationssituation in der Regel unbekannt sind und nicht alle HIV-Therapeutika an jeder Stelle (Arztpraxis, OP, Notarztwagen et ce- tera) vorgehalten werden können und für die Prophylaxe zugelassen sind.

Hinzu kommt die Erfahrung, dass nur etwa die Hälfte aller Betroffenen die empfohlenen Substanzen des Stan- dardregimes überhaupt in dem ange- messenen Zeitfenster und über die empfohlene Zeit einnehmen. Diese Bedingungen sollten auch bei der Be- urteilung von speziellen Prophyla- xeindikationen berücksichtigt werden.

Prinzipiell ist die Kritik an den vorlie- genden Empfehlungen für den von Herrn Kollegen Esser geschilderten speziellen Fall berechtigt: Nach Expo- sition bei einem Patienten mit multip- ler Vorbehandlung, „stabiler“ antire- troviraler Therapie und aktuell doku- mentierter nicht nachweisbarer Virus- M E D I Z I N

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A418 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 7⏐⏐17. Februar 2006

Referenzen

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