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Archiv "Generelles Hepatitis-B-Screening in der Schwangerschaft: Schlusswort" (06.08.2001)

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Offene Fragen

Die bundesdeutschen Impfempfehlun- gen haben im letzten Jahrzehnt eine außergewöhnliche Dynamik erfahren, zum großen Teil durch segensreiche Neuentwicklungen. Zusätzliche Unruhe kam mit Etablierung des HBsAg-Scree- ning in der Schwangerschaft auf, wurde doch jetzt die aktive Impfung des Neu- geborenen empfohlen, wenn der Such- test als erste Barriere nicht verfügbar war – die zunächst logische Simultan- prophylaxe wurde offiziell abgelehnt.

Schon bald musste die STIKO aber ihre eigenen Empfehlungen nachbes- sern und für den besagten Fall eines unklaren HBV-Status ein Sekundär- screening fordern, um die passive Im- munisierung gegebenenfalls doch noch nachzuholen. Musste sie wirklich?

Denn dieses Prozedere ist nicht in allen Ländern üblich, offenbar wird auch in den USA bewusst auf eine Steigerung der Schutzrate von etwa 90 auf 95 Pro- zent in der eigentlichen Zielgruppe ver- zichtet, der epidemiologische Unter- schied beträgt letztlich 0,5 Promille.

So bleiben durchaus Fragen offen: In welcher Größenordnung ist ein gutes Screening samt zugehöriger Konsequen- zen zu taxieren, wenn die imaginäre Quote von 100 Prozent in der Praxis nicht erreichbar ist? Werden die ange- sprochenen Vorteile nicht durch andere Prozentpunkte relativiert? Gibt es auch

falschnegative Screeningbefunde, die beispielsweise vier Wochen später nach- zutesten wären? Wie hoch ist die Zahl der Impfverweigerer bei einer definiti- onsgemäß freiwilligen Empfehlung, die von Leitlinien oder Verordnungen weit entfernt ist? Sind Einwände gegen Im- munglobulininjektionen souverän abzu- wehren, trotz mäßig restriktiver Indika- tionsstellung im Klinikbereich? Und wie ist mit der abgelehnten Simultanprophy- laxe einer HBs-Antigen-positiven Mut- ter zu verfahren, etwa wie vor Jahren bei der Austauschtransfusion im Zeugen- Jehova-Klientel? Oder ist der ganze Themenkomplex gar selbstlimitierend, wenn die Gesamtbevölkerung nach ei- ner Generation durchgeimpft ist?

Die Antwort liegt auf der Hand: Fast alle Probleme wären schlagartig gelöst, wenn man jedem Neugeborenen schon am Tage der Geburt den Impfstoff appli- ziert, also die Hepatitis-B-Impfung um zwei Monate vorverlegt. Damit wären aktuelle Impfempfehlungen weiterhin erfüllt und die kleine Gruppe von Risi- kofällen bekäme weitgehenden Schutz.

Konsequenterweise könnte dann sogar das gesamte Screeningprogramm ent- fallen beziehungsweie auf spezielle Kon- stellationen beschränkt werden. Diese Lösung wäre bei erheblich geringerem Aufwand und ähnlich guten Ergebnissen auch unter Kostenaspekten attraktiv.

Darüber hinaus sei noch eine formale Bemerkung erlaubt: Der Artikel ist interessant, übersichtlich, leicht zu lesen und im Ganzen plausibel. Allerdings sind die medizinischen Zusammenhänge lange bekannt und die therapeutischen beziehungsweise prophylaktischen Mög- lichkeiten seit den 80er Jahren verfügbar.

Bezogen auf die Fragestellung war somit in jedem Falle ein brauchbares Resultat zu erwarten, eigentlich die ideale Thema- tik für eine unkomplizierte Dissertation.

Auch wenn die Durchsicht von knapp 4 000 Geburtsprotokollen mühsam ist, reduziert sich die statistische Auswer- tung auf eine simple Prozentrechnung, jedenfalls sind echte mathematische Operationen ebenso wenig erkennbar wie anspruchsvolle neue Überlegungen.

Dr. med. Manfred Doerck Kinderklinik am Mönchberg Kinderfachabteilung der Missionsärztlichen Klinik GmbH Mönchbergstraße 27, 97074 Würzburg

Schlusswort

Die Einführung des HBsAg-Screening in der Schwangerschaft bedeutet ei- nen wichtigen Fortschritt in der Verhü- tung der chronischen Hepatitis B. In Deutschland sind ungefähr 0,8 Prozent der Schwangeren chronische Virusträ- ger. Sie stellen für ihre Neugeborenen und Säuglinge wegen der hohen Chro- nifizierungsrate bei einer Infektion eine hohe Gefahr dar. Der Vorschlag, auf das HBsAg-Screening zu verzichten und dafür alle Neugeborenen schon am Tage der Geburt zu impfen, hat gravie- rende Nachteile. Die Akzeptanz der Hepatitis-B-Impfung bei Kindern ist in Deutschland mit zirka 60 Prozent noch zu gering (5). Sie wird noch geringer sein, wenn eine frisch entbundene Mut- ter sich zu einer Impfung entscheiden soll. Aber auch nicht jede Hepatitis-B- Impfung führt bei Neugeborenen zu ei- nem Schutz. Frühgeborene haben, je nach ihrem Gestationsalter, gar keine oder eine schwächere Immunantwort (3). Aber auch bei den Reifgeborenen sind zirka 2,5 Prozent „non-responder“

und zirka 4 Prozent „low-responder“

(2). Deshalb wird eine Antikörper- Kontrolle gefordert, wenn die Impfung des Neugeborenen wegen eines be- kannten oder unbekannten HBsAg- Status der Mutter durchgeführt wurde (6). Die Prävention der Hepatitis B muss beim Risikoneugeborenen be- ginnen.

1984 wurde in Deutschland eine HBsAg-Untersuchung von Schwange- ren aus so genannten Riskiogruppen eingeführt. Bei Nachuntersuchungen HBV-infizierter Kinder stellte sich je- doch heraus, dass nur etwa ein Drittel der Schwangeren, die ihre Neugebore- nen infiziert hatten, einer der „klassi- schen“ Risikogruppen angehörten (4).

Deshalb entschied man sich, dem Bei- spiel anderer Länder folgend, für ein generelles HBsAg-Screening in der Schwangerschaft. Der Termin der Un- tersuchung wird in den einzelnen Län- dern sehr unterschiedlich angesetzt, in Deutschland nach der 32. Schwanger- schaftswoche, in einigen Ländern be- reits in den ersten Schwangerschafts- wochen. Seit über zehn Jahren wird von der „Ständigen Impfkommission“

bei Neugeborenen HBsAg-positiver M E D I Z I N

A

A2046 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 31–32½½6. August 2001

zu dem Beitrag

Generelles Hepatitis-B- Screening in der

Schwangerschaft

Noch immer ein ungelöstes Problem in der Geburtshilfe von

Dr. med. Kirn Parasher Dr. med. Marius Bartsch Dr. med.Marion Gstettenbauer Prof. Dr. med. Michael Entezami Prof. Dr. med. Hans Versmold Prof. Dr. med. Burghard Stuck in Heft 6/2001

DISKUSSION

(2)

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 31–32½½6. August 2001 AA2047

Mütter die Simultanimpfung empfoh- len. Nachdem sich herausstellte, dass durch den späten Untersuchungster- min eine größere Zahl von Schwange- ren nicht erfasst wird, empfahl die

„Ständige Impfkommission“ auch die aktive Impfung Neugeborener von Müttern mit unbekanntem HBsAg- Status (6). Eine Empfehlung, wie sie, entgegen der Behauptung im Diskussi- onsbeitrag, auch in den USA besteht (1). Unabhängig davon sollte immer versucht werden, die serologische Un- tersuchung bei der Mutter noch inner- halb der ersten zwölf Stunden post par- tum nachzuholen. Falschnegative Re- sultate sind bei einem chronischen Ver- lauf extrem selten und eigentlich nur bei Diagnose-Escape-Mutanten zu er- warten.

Die Ergebnisse unserer Untersu- chung haben wir im „Deutschen Ärzte- blatt“ publiziert, um die Problematik allen, die mit Schwangeren und Ge- bärenden zu tun haben, bewusst zu machen.

Literatur

1. American Acamdey of Pediatrics: Hepatitis B. In:

Pickering LK, ed.: Red Book 2000: Report of the Com- mittee on Infectious Diseases. Elk Grove Village, IL, 24thed. 2000; 298–300.

2. Belloni C, Tinelli C, Orsolini P et al.: Revaccination against hepatitis B virus of non-responding and low- responding infants immunised at birth. A parallel evaluation of rubella and tetatnus vaccine. Vaccine 1998; 16: 399–402.

3. Golebiowska M, Kardas-Sobantka D, Chlebna-Sokól, Sabanty W. Hepatitis B vaccination in preterm in- fants. Eur J Pediatr 1999; 158: 293–297.

4. Kassenärztliche Bundesvereinigung: Generelles Screening auf Hepatitis B in der Schwangerschaft.

Dt Ärztebl 1994; 91: A-2778–2779 (Heft 41).

5. Laubereau B, Hermann M, Weil J et al.: Durch- impfungsraten bei Kindern in Deutschland 1999.

Monatsschr Kinderheilkd 2001; 149: 367–372.

6. Robert-Koch-Institut: Impfempfehlungen der Stän- digen Impfkommission (STIKO)/Stand: Januar 2000;

2000: 9–20.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Kirn S. Parasher

Kinderklinik der Freien Universität Berlin Universitätsklinikum Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30

12200 Berlin

Kunstbegriffe und Unsinn

Die Autoren schreiben in ihrem Artikel unter anderem: „Antacida sind haupt- sächlich für den Freihandverkauf der Apotheker zur Selbstmedikation bei gelegentlichen Übersäuerungen zu emp- fehlen.“

Der Begriff Freihandverkauf ist künstlich, existiert nicht und ist Unsinn.

Gemeint sein dürfte der rezeptfreie Verkauf.

Der Begriff Übersäuerung findet sich in keinem einschlägigen Wörter- buch, da es kein medizinisches/physio- logisches Korrelat gibt. Was soll es denn sein? Zuviel Magensäure (normal sind 1 bis 3 Liter pro Tag)? Zu niedriger pH (normal ist pH 1–2)?

Was sollen Antacida denn machen?

1 000 mg Hydrotalcit können in vitro circa 50 ml Magensäure auf einen pH von etwa 3 anheben. Was bringt das klinisch? Auch in der Selbstmedikation muss ein Arzneimittel klinisch wirksam sein!

Der Begriff Übersäuerung gehört in die Indikationslyrik einiger Altpräpa- rate und hat in einer aktuellen wis- senschaftlichen Übersichtsarbeit nichts verloren.

So ein laxer Umgang mit Begriffen entwertet eine ansonsten gute Arbeit.

Dr. med. Robert Hoffmann Nonnenstrombergstraße 42 53757 Sankt Augustin

Schlusswort

Für die Autoren möchte ich mich für den Hinweis bedanken, dass der Aus- druck „Freihandverkauf“ nicht mehr gebräuchlich ist. In der Tat war die re- zeptfreie Abgabe von Antacida in der Apotheke gemeint.

Wer je mit Sodbrennen (gibt es die- ses Wort in einschlägigen Wörter- büchern?) zu tun hatte, weiß, was mit Übersäuerung gemeint ist. Jedenfalls ist der Magensaft zu sauer. Normalwer- te anzugeben, dürfte schwierig sein:

60 Prozent der Bevölkerung zeigen in Ruhe einen pH-Wert von 6. Normal ist ein Magensaft nur dann, wenn er auf Provokation die Werte von pH 1 bis 2 erreicht.

Selbstverständlich muss ein Arznei- mittel auch für die Selbstmedikation die behaupteten Wirkungen erbringen.

Nur, wer kontrolliert das im Einzelfall?

Diese Medikamente werden ohne Kon- takt mit einem Arzt gekauft und einge- nommen. Sie bringen soweit auch dem einzelnen Betroffenen, wenigstens für einige Zeit, Erleichterung. Außerdem empfehlen wir die Lektüre eines mo- dernen Gastroenterologie-Lehrbuchs.

Der Antacidafilm, der sich über die Schleimhaut legt, bringt dem Patienten Erleichterung; auch bei einer beginnen- den Gastritis!

Ich möchte noch auf die hier nicht angesprochene Psychotherapie einge- hen. Ja, es gab bei einschlägigen Fällen Erleichterung der Magenbeschwerden, aber erst nach der Scheidung. Auch hier werden Protonenpumpenhemmer gute Wirkungen entfalten: Ohne Schei- dung!

Prof. Dr. med. Wolfgang Forth Kolpingstraße 54

80638 München

zu dem Beitrag

Ulzera im oberen Magen- Darm-Trakt

Pharmakologische Grundlagen der Behandlung

Prof. Dr. med. Dr. med. habil.

Olaf Adam

Prof. Dr. med. Dr. med. habil.

Hans Dörfler

Prof. Dr. med. Wolfgang Forth in Heft 13/2001

DISKUSSION

Referenzen

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