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Archiv "Die Versorgung des Neugeborenen bei Hepatitis B der Mutter während der Schwangerschaft" (17.12.1981)

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(1)

Neue Erkenntnisse zur Pathogenese der Hepatitis B Durch die Entdeckung der Marker- antigene und -antikörper (Tabelle 1) wurden in den letzten Jahren we- sentliche, neue Erkenntnisse zur Pa- thogenese der Hepatitis B gewon- nen. Auch die aktuelle Frage, ob und wann eine Hepatitis B der Mutter während der Schwangerschaft auf das Kind übertragen wird bezie- hungsweise ob das Hepatitis-B-Vi- rus die Frucht schädigen kann, ließ sich erst durch Studien der Antigen- Antikörper-Entwicklung bei infizier- ten Schwangeren und ihren Kindern beantworten. Für die Interpretation virus-serologischer Befunde sind folgende Ergebnisse der Hepatitis- forschung zu berücksichtigen ; die teilweise im Widerspruch zu frühe- ren Lehrmeinungen stehen:

Entgegen der noch weitverbrei- teten Ansicht kann auch das Hepati- tis-B-Virus über Schleimhäute, also oral, übertragen werden (15) 1 ). Für diesen Infektionsmodus ist jedoch sehr intensiver Kontakt mit einer größeren Erregermenge nötig als bei parenteraler Inokulation. Zudem muß offenbar wenigstens eine kleine Schleimhautläsion vorliegen, damit das Hepatitis-B-Virus in den Orga- nismus gelangen kann (5). Auch bei der Übertragung der Hepatitis B

durch Schleimhaut- und Intimkon- takte spielt Blut und Serum die Hauptrolle, da es oft schon in winzi- gen Mengen hoch infektiös ist. Die Übertragung durch Sekrete wie Speichel, Vaginalschleim, Samen- flüssigkeit oder Muttermilch hängt offenbar davon ab, wie weit diese mit Blut kontaminiert sind (1). Expe- rimentelle und klinische Beobach- tungen haben ergeben, daß die Neu- geborenen HBsAg-positiver Mütter wahrscheinlich häufiger auf oralem Wege als durch materno-fetale Transfusion infiziert werden (1, 16).

Die Hepatitis-B-Infektion verläuft nicht immer mit klinisch, bioche- misch oder histologisch faßbarer Le- berentzündung. Ob eine „Hepatitis"

auftritt, hängt in komplexer Weise von der übertragenen Erregermen- ge, dem Infektionsweg und der zel- lulären Immunantwort ab. Ist die Er- regermenge klein, der Infektionsweg nichtparenteral und die zelluläre Im- munantwort unzureichend oder feh- lend (Tabelle 2), so kann die Hepati- tis-B-Infektion zu einer klinisch inap- parenten chronischen Erkrankung oder einem auch biochemisch und histologisch asymptomatischen HBsAg-Trägerstatus, dem soge- nannten Carrier, führen.

Es gibt zwei Arten von scheinbar lebergesunden Carriern: Bei den so-

Virusmarker-Bestimmungen haben ergeben, daß bei Hepa- titis B in der Schwangerschaft das Kind meist erst während der Geburt infiziert wird. In der Regel führt diese sog.

vertikale Transmission zu ei- nem symptomlosen HBsAg- Trägerstatus. Es wurden aber auch fulminant-tödliche Hepa- titiden und Leberzirrhosen im frühen Säuglingsalter beob- achtet. Durch i. m. Gabe eines

Hepatitis-B-Hyperimmunglo- bulins in den ersten Lebens- stunden kann die Infektion ei- nes Neugeborenen relativ sicher verhütet werden.

genannten wenig oder nicht infek- tiösen HBsAg-Trägern wird nur Oberflächenantigen des Hepatitis-B- Virus in den Leberzellen in größerer Menge produziert und in die Zirkula- tion abgegeben. Wahrscheinlich sind rassisch-genetische Ursachen verantwortlich, daß diese Form des Carrierstatus in unseren Breiten überwiegt. In Ostasien und Afrika findet sich dagegen häufiger der hoch infektiöse HBsAg-Trägersta- tus, bei dem das komplette Hepati- tis-B-Virus in der Mehrzahl aller Le- berzellen synthetisiert und in die Zir- kulation abgegeben wird (3, 18, 21, 22). Wegen der hohen Kontagiosität des Blutes ist in Regionen, in denen der infektiöse Carrierstatus über- wiegt, dieser weit verbreitet, und die Hepatitis-B-Übertragung durch In- timkontakte beziehungsweise von der Schwangeren auf das Kind spielt eine sozialmedizinisch bedeutende Rolle (16, 18, 21). So gehören in Tai- wan mehr als 10 Prozent der Bevöl- kerung zum infektiösen Carriersta- tus, während in den USA und den meisten westeuropäischen Ländern die HBsAg-Trägerfrequenz weniger als ein Prozent beträgt. Dem ent- spricht das Ansteckungsrisiko der Neugeborenen von Carriermüttern (Tabelle 3).

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Die Versorgung des Neugeborenen bei Hepatitis B der Mutter

während der Schwangerschaft

Dietrich Feist

Aus der Abteilung für Allgemeine Pädiatrie

(Geschäftsführender Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. Horst Bickel) der Universitätskinderklinik Heidelberg

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 51 vom 17. Dezember 1981 2441

(2)

Nomenklatur Bedeutung Entdecker

HBsAg Oberflächenantigen, Blumberg 1964

Hüllprotein Prince 1968

anti-HBs Immunität nach Infektion

Dane-Partikel komplettes Virus Dane et al. 1970 HBcAg*) Viruskern-Antigen (Core) Almeida et al. 1971

anti-HBc hoher Titer: Virusvermehrung Hoofnagle et al. 1973 niedr. Titer: frühere Infektion

HBeAg Serum infektiös Magnius

& Espmark 1972

anti-HBe Serum nicht infektiös (?)

DNS-Polymerase Virämie Kaplan et al.

1973

Subtypen des heterogene Erreger LeBouvier 1972 HBsAg

") HBcAg kann in der Regel nur in Leberzellkernen, nicht im Serum nachgewiesen werden

Tabelle 1: Antigene und Antikörper bei Hepatitis-B-Infektion (sog. Virus-Marker)

O Normales Immunsystem

Leberzellnekrosen, vollständige Elimination des Virus: akute Hepati- tis, Verschwinden des HB sAg

Ungenügende Immunantwort

Kontinuierliche Zeltnekrosen, unvollständige Elimination und Ver- mehrung des Virus: chronisch persistierende oder aggressive Hepati- tis mit bleibender HB,-Antigenämie

Fehlende Immunreaktion

Keine Leberzellnekrosen, Vermehrung des Virus in den Leberzellen:

HBs-Antigen-Träger ohne biochemische oder histologische Hepatitis- Symptome

Tabelle 2: Hepatitis-B-Infektion und zelluläre Immunität

2442 Heft 51 vom 17. Dezember 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(1)

Bei der akuten und chronischen Hepatitis B hängt die Infektiosität des Blutes vom Ausmaß der Leber- zellnekrosen ab, da aus diesen das komplette Virus (nicht nur HBsAg!) in die Zirkulation gelangt. Akute He- patitiden auf dem Höhepunkt der Er- krankung und chronisch-aggressive Verläufe sind deshalb stärker konta- giös als chronisch-persistierende oder „Minimalhepatitiden".

Die Infektiosität HBsAg-positiven Blutes wird heute meist durch die Bestimmung des HBeAg (Tabelle 1) festgestellt, da der Nachweis des kompletten Virus (= Dane-Partikel) nur in Speziallaboratorien möglich ist. Unter den HBeAg- und anti-HBe- Bestimmungsmethoden sind jedoch nur der Radioimmunoassay (RIA) und wahrscheinlich Enzymimmuno- assays (ELISA) empfindlich genug, um auch geringe Virusmengen aus- reichend zuverlässig zu erfassen.

Diese Einschränkung muß bei der Abschätzung des materno-fetalen Übertragungsrisikos berücksichtigt werden (Tabellen 5 und 6).

Materno-fetale

Hepatitis-B-Übertragung (vertikale Transmission)

Als vertikale Transmission bezeich- net man jede Art der Infektionsüber- tragung von der Schwangeren auf die Frucht (8).

Dieser Begriff ist also nicht auf dia- plazentare Übertragungen be- schränkt. Zahlreiche Arbeitsgrup- pen haben übereinstimmend festge- stellt, daß nur bei Hepatitis B der Mutter im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel die Gefahr der Infektionsübertragung auf die

Frucht besteht (Tabelle 4).

Die Hepatitis B im ersten Schwan- gerschaftsdrittel führt dagegen we- der zu Mißbildungen, noch wird sie auf die Frucht übertragen. Die Hepa- titis B in der Frühschwangerschaft ist aus diesen Gründen keine Indika- tion zur lnterruptio (12). Die Infek- tionsrate bei Neugeborenen sym- ptomloser Carriermütter ist erwar- tungsgemäß eng mit dem Nachweis

(3)

HBsAg

-

pos.

Kinder in % Mütter

0-8 Prozent Europa

16 Prozent Nordamerika

? Prozent Afrika

30-70 Prozent Ostasien

HBeAg

-

positiv

97

HBeAg-/anti-HBe-negativ 31

anti-HBe-positiv 21*)

*) Später Entwicklung von Immunität (anti-HBs-pos!)

Tabelle 3: Risiko der vertikalen Hepatitis-B-Übertragung von symptomlosen Trägermüttern in verschiedenen Regionen (nach Stevens und Szmuness 1980)

Tabelle 5: HBs-Antigenämie bei Säuglingen symptomloser Car- rier-Mütter in Abhängigkeit vom HBeAg/anti-HBe-Befund (nach Beasley et al. 1977, Stevens und Szmuness 1980)

Erkrankungszeitraum Kindliche Infektions- in der Gravidität quote in Prozent

Erstes Trimenon 0

Zweites Trimenon 25

Drittes Trimenon 72

Geburt und Wochenbett 80

O Immunglobulinmenge bei Erstinjektion

(9

Notwendigkeit, Zeitabstand, Zahl und Dosie- rung von Nachimmunisierungen

O Abschätzung des Infektionsrisikos in Abhän- gigkeit vom HBeAg-/anti-HBe-Nachweis bei der Mutter

• Einschränkung der Mutter-Kind-Kontakte (Stillverbot?)

Tabelle 4: Materno-fetales Übertragungsrisiko bei akuter Hepa- Tabelle 6: Strittige Fragen bei der Versorgung von Säuglingen titis B während der Schwangerschaft (nach 7, 17, 22, 23, 24) HBsAg-positiver Mütter

von HBeAg im mütterlichen Blut kor- reliert (Tabelle 5).

HBeAg-positive Carriermütter infi- zieren ihre Kinder aber nicht nur häufiger, sondern diese Kinder wer- den in der Regel auch selbst persi- stierend infektiöse HBsAg-Träger.

Die neonatale Infektionsrate von 31 Prozent bei den Kindern solcher Trä- germütter, bei denen der Nachweis von HBeAg und anti-HBe nicht ge- lang, ist wohl darauf zurückzufüh- ren, daß HBeAg zwar vorhanden war, aber mit zu wenig empfindli- chen Methoden nicht gefunden wur- de (Tabelle 5). Warum indessen auch ein kleiner Prozentsatz der Neugeborenen anti-HBe-positiver Carriermütter vorübergehend

HBsAg-positiv wird, ist nicht zu er- klären, solange Natur und Herkunft des HBeAg unbekannt sind.

Gegen die Hypothese, daß die verti- kale Hepatitis-B-Übertragung schon längere Zeit vor der Geburt transpla- zentar erfolgt, sprechen vor allem folgende Beobachtungen:

4) In der Regel ist das Körperblut der infizierten Kinder bei der Geburt HBsAg-negativ. Der selten mögliche HBsAg-Nachweis im Nabelschnur- blut beweist keine diaplazentare Übertragung, da er durch Kontami- nation bedingt sein kann (1). Auch läßt sich in solchen Fällen kein HBeAg im Nabelschnurblut nach- weisen (25).

• Wenn das Hepatitis-B-Virus schon längere Zeit vor der Geburt auf den Feten übergegangen und in dessen Leber eingedrungen wäre, so käme im Gegensatz zu den heute vorliegenden Erfahrungen die Im- munprophylaxe des Neugeborenen mit anti-HBs-Gammaglobulin fast immer zu spät.

(f)

Auch durch vorzeitige Schnitt- entbindung ist die Übertragung der Hepatitis B auf das Neugeborene nicht zu verhüten (1, 4).

C)

Im Gegensatz zum Nabelschnur- blut wurde HBsAg bei 96 Prozent der Neugeborenen infektiöser Carrier- mütter im Magensaft nachgewie- sen (16).

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 51 vom 17. Dezember 1981

2443

(4)

= Nachimmunisierung

—80

—60

—40

—20

—10

—5

1 /1

4 6 1 2

Jahre

0 0 2 4 1 2 3

Tage f Monate

anti-HBs RIA-Faktor

—150

—100

Darstellung 1: Hepatitis-B-Hyperimmunglobulin-Prophylaxe bei 9 Neugeborenen HBsAg-positiver Mütter (Univ. KiKI. Heidelberg). = HBs-Antikörperverlauf nach Zweitimmunisierung. Untersucher: Frau Dr. R. Seelig und Prof. Dr. H. P. Seelig, Karlsruhe

Anders als die B-Virus-Antigene ver- halten sich die Antikörper. So findet man alle IgG-Antikörper in ähnlich hohen Titern wie bei der Mutter auch in Nabelschnur- und Körper- blut des Neugeborenen. Da nur anti- HBs als Immunantikörper wirksam ist, weist das obligat vorhandene an- ti-HBc nicht auf Infektionsschutz beim Neugeborenen hin.

Klinik der vertikalen Hepatitis B In den meisten bisher vorliegenden Studien wurden vertikal mit Hepati- tis B infizierte Neugeborene in den ersten drei Lebensmonaten zu persi- stierenden HBsAG-Trägern, ohne daß eine klinische oder biochemi- sche Lebersymptomatik auftrat. Die- se Form der Infektion konnte vor der

Entdeckung der Hepatitis-B-Marker (Tabelle 1) nicht diagnostiziert wer- den. In den wenigen Fällen, in denen auch nach HBeAg gefahndet wurde, war dieses Antigen ebenfalls zumin- dest im Säuglingsalter nachweisbar (14). Ob sich mit reifender zellulärer Immunität ein weniger oder nicht in- fektiöser Carrierstatus entwickeln kann, wird sich erst durch Langzeit- beobachtungen vertikal infizierter Kinder klären lassen.

Gelegentlich erkranken vertikal infi- zierte Säuglinge im zweiten bis vier- ten Lebensmonat an einer fulminan- ten Hepatitis, die nahezu stets zum Tod im Leberkoma führt (6, 9, 11, 12). Noch seltener entwickelt sich aus diskreter hepatitischer Sympto- matik schon im Säuglingsalter eine Leberzirrhose.

Da keine der möglichen Infektions- formen therapeutisch beeinflußbar ist, sollten beim Neugeborenen alle verfügbaren Methoden der Prophy- laxe angewendet werden, wenn eine Schwangere im zweiten und dritten Trimenon oder während der Geburt HBsAg-positiv ist.

Passive Immunisierung zur Prophylaxe der vertikalen Hepatitis-B-Übertragung

Für die Prophylaxe der Hepatitis B ist im Gegensatz zur Hepatitis A Standardgammaglobulin nicht ge- eignet. Auch die passive Immunisie- rung mit Hepatitis-B-Hyperinnmun- globulin ist aber nur erfolgreich, wenn sie präexpositionell oder weni- ge Stunden nach der Virusinokula- tion vorgenommen wird (10). In zahlreichen Immunisierungsstudien bei Neugeborenen HBsAg-positiver Mütter konnte die Infektion der Kin- der durch Hepatitis-B-Hyperimmun- globulin (= hochtitriges anti-HBs- Gammaglobulin) nicht verhütet wer- den, weil sie später als 48 Stunden nach der Geburt erfolgte (4).

Neuere Untersuchungen haben je- doch eindeutig gezeigt, daß die vertikale Hepatitis-B-Infektion des Neugeborenen mit fast 100prozenti- ger Wahrscheinlichkeit verhütbar ist, 2444 Heft 51 vom 17. Dezember 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(5)

wenn das Kind unmittelbar nach der Geburt ein anti-HBs-Globulin intra- muskulär erhält (19, 26).

Für die Effektivität der Immunpro- phylaxe ist offenbar entscheidend, daß die HBs-Antikörper das Hepati- tis-B-Virus neutralisieren, ehe es die Leberzellen erreichen konnte. Weil der Infektionszeitpunkt während der Geburt nicht bestimmt werden kann, sollten Neugeborene einer HBsAg- positiven Mutter möglichst am Ge- burtstag, am besten schon im Kreiß- saal, immunisiert werden.

Nach den vorhergehend dargestell- ten Erkenntnissen über die Pathoge- nese der neonatalen Hepatitis-B-In- fektion hängt die Indikation zur Im- munisierung allein vom Hepatitis-B- Markerstatus der Mutter ab.

Untersuchungen des Antigen- und Antikörpergehaltes von Fruchtwas- ser, Nabelschnur- und Körperblut des Neugeborenen haben lediglich wissenschaftliche Bedeutung. Ihr Ergebnis darf deshalb nicht abge- wartet werden.

Nur teilgelöst sind die in Tabelle 6 aufgeworfenen Fragen zum prakti- schen Vorgehen bei ansteckungsge- fährdeten Neugeborenen.

Bis zu ihrer Klärung durch weitere .Studien kann folgendes Verhalten

empfohlen werden:

Erstimmunisierung: Intramus- kuläre Injektion von ca. 0,4 ml/kg Körpergewicht beziehungsweise 1 ml eines Hepatitis-B-Hyperimmun- globulins*) am ersten Lebenstag.

Spezielle 1-ml-Ampullen für die Neu- geborenenprophylaxe sind aus Ko- stengründen den größeren Chargen vorzuziehen. Da Gammaglobuline auch in höherer Dosierung unschäd- lich sind, sollte bei Verwendung ei- ner größeren Ampulle so viel injiziert werden, wie bei einem Neugebore- nen intramuskulär applizierbar ist.

Nachimmunisierungen: In allen bisher vorliegenden Studien mit ho-

•) Präparate: Aunativ (Kabi), Gammaprotect- Hepatitis (Biotest), Hepatis-B-Immunglobu- Iin (Behringwerke), Hepaglobin (Tropon)

her Erfolgsquote wurden Nachim- munisierungen vorgenommen, ohne daß durch Messung des anti-HBs- Titerverlaufes deren Notwendigkeit überprüft wurde. Deshalb können verbindliche Empfehlungen über Notwendigkeit, Dosis, Anzahl und Zeitabstand von Nachimmunisierun- gen noch nicht gegeben werden.

Aufgrund der in Taiwan gewonne- nen Erfahrungen empfiehlt der Im- munisierungsausschuß der Deut- schen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) jeweils eine Nachimmunisierung mit 0,5 bis 1 ml eines Hepatitis-B-Hyperimmun- globulins (= 100 bis 200 IE HBIG) nach 3 und 6 Monaten, wenn bei einer HBsAg-positiven Mutter auch HBeAg nachweisbar ist. Wie eigene Untersuchungen an neun Neugebo- renen gezeigt haben, fällt der anti- HBs-Titer nach nur einmaliger Im- munisierung nicht schneller ab als nach Zweitimmunisierung, wenn die Immunglobulingabe sofort nach der Geburt erfolgte (Darstellung 1). Wo regelmäßige Kontrollen des anti- HBs-Titers nicht möglich sind, sollte man sich aber an das Immunisie- rungsschema der DVV halten.

(;) Abschätzung des Infektionsrisi- kos: Da auch bei HBsAg-Trägermüt- tern mit positivem anti-HBe-Nach- weis noch ein geringes Übertra- gungsrisiko besteht, sollten alle Neugeborenen immunisiert werden, deren Mütter jemals in den letzten zwei Schwangerschaftsdritteln HBsAg-positiv waren, außer wenn sie während der Entbindung anti- HBs-positiv sind. In diesem Fall wer- den HBs-Antikörper der IgG-Klasse als sogenannte Leihantikörper von der Mutter auf das Kind diaplazentar übertragen, so daß sie nicht mehr von außen appliziert werden müssen.

Stillen und sonstige Mutter-Kind- Kontakte: Wurde ein Neugeborenes am ersten Lebenstag immunisiert, so besteht kein Grund, das Stillen zu verbieten und die üblichen engen Mutter-Kind-Kontakte einzuschrän- ken, da eventuell auf diesen Wegen übertragene Viren durch die bereits zirkulierenden Antikörper neutrali- siert werden. Derartige Antigenüber-

tragungen sind sogar erwünscht, da sie gelegentlich eine sogenannte passiv-aktive Immunisierung bewir- ken. Studien in Taiwan haben außer- dem keinen Unterschied in der In- fektionsgefährdung zwischen ge- stillten und künstlich ernährten Neu- geborenen ergeben, wenn diese nicht immunisiert worden waren (2).

Trotzdem sollte das Stillen untersagt werden, wenn die Immunprophylaxe versäumt wurde, um solche Kinder, die vielleicht der perinatalen Anstek- kung durch Zufall entgangen sind, nicht durch die Erreger in Mutter- milch zu gefährden.

Literatur

Feist, D.; Thamer, G.: Hepatitis B in der Schwangerschaft. Auswirkungen auf die Frucht, Manifestationsformen und Prophylaxe beim Neugeborenen, Gynäkol. Prax. 3 (1979) 229-235 — Lee, A. K. Y.; Ip, H. M. H.; Wong, V.

C. W.: Mechanisms of maternal-fetal transmis- sion of hepatitis B virus, J. Infect. Dis. 138 (1978) 668-671 — Reesink, H. W.; Reerink- Brongers, E. E.; Lafeber-Schut, B. J. Th.; Kal- shoven-Benschop, J.; Brummelhuis, H. G. J.:

Prevention of chronic HBsAg carrier state in infants of HBsAg-positive mothers by Hepatitis B lmmunoglobulin, Lancet 11 (1979) 436-438 — Schweitzer, I. L.; Du nn, A. E. G.; Peters, R. L.;

Spears, R. L.: Viral hepatitis B in neonates and infants, Amer. J. Med. 55 (1973) 762-771 — Stevens, C. E.; Szmuness, W.: Vertical trans- mission of hepatitis B and neonatal hepatitis B, in: Bianchi, L.; Gerok, W.; Sickinger, K.;

Stalder, G. A.: Virus and the liver, Falksym- posium 28, MTP Press Ltd., Lancaster (1980) 285-291

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Dietrich Feist Klinikum

der Universität Heidelberg Kinderklinik

Im Neuenheimer Feld 150 6900 Heidelberg 1

2446 Heft 51 vom 17. Dezember 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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